Der Alexandrinische Krieg und die Schlacht um Pâtelamunt - ein intertextueller Vergleich

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Dieser Artikel wird versuchen Parallelen zwischen den kriegerischen Auseinandersetzungen von Gaius Iulius Caesar mit der alexandrinischen Hofelite bezüglich der Thronstreitigkeiten von Kleopatra VII und ihrem Brudergemahl Ptolemaios XIII, sowie Gahmurets Kampf gegen die Verbündeten Isenharts im Königreich Zazamanc aufzuzeigen.

Gaius Julius Caesar und Gahmuret von Anschevîn

Bei genauerer Betrachtung des römischen Imperators und des Königssohnes Gahmuret von Anschevîn zeichnen sich einige Parallelen ab bezüglich ihrer Persönlichkeit und im Besonderen ihrer Aufenthalte bzw. Kontakte im Orient, welche im Folgenden genauer analysiert werden sollen. Bereits bezüglich ihrer Herkunft sind sie sich sehr ähnlich, den beide stammen von einem traditionsreichen Adelsgeschlecht ab (im Falle des römischen Feldherren handelt es sich um die Patrizierfamilie der Julier und Gahmuret ist der zweite Prinz des Königreiches Anschevîn). Ferner ist beiden Kriegern besonders internationaler Erfolg wichtig, wobei Gahmuret aus eigener Motivation heraus agiert:

Mittelhochdeutsch Übersetzung
diu seit, sîn manlîchiu kraft In Marroch und in
behielt den prîs in heidenschaft, Persien, aber auch überall sonst, in Damaskus
ze Marroch unt ze Persîâ. und in Aleppo etwa, überall, wo
sîn hant bezalt ouch anderswâ, sich Gelegenheit zu Rittertaten bot, in
ze Dâmasc und ze Hâlap, Arabien und vor Arabien, das seine Hand

(15, 15-19) [1]

während Caesar primär als Vertreter des römischen Staates kämpfte [2] Die Motivation zum Kampf um Pâtelamunt schöpft der Vater Parzivals aus der Liebe zur Königin Belacane, für die er als Minneritter kämpft und sich zahlreichen Tjosten stellt, sodass er letztendlich den Krieg - fast im Alleingang - beenden kann. Der römische Feldherr handelt primär aus einem machtpolitischen Interesse heraus, trotzdem führt Plutarch in seiner Doppelbiographie von Alexander dem Großen und Caesar an, dass der Krieg der nun folgte wäre nach dem Urteil einiger Geschichtsschreiber überhaupt nicht nötig gewesen, sondern an diesem unrühmlichen und gefahrvollen Feldzug sei nur Caesars Liebe zu Kleopatra Schuld gewesen.(Plutarch Caesar 49). An weiteren Stellen beschreibt Plutarch, wie es Caesars strategischer Eigenleistung zu verdanken ist, dass der Alexandrinische Krieg innerhalb weniger Monate beendet werden konnte. Eine weitere Gemeinsamkeit ist ihre oft beschriebene Großzügigkeit ihren Mitstreiter gegenüber, - wobei der Römer sogar eine soziale Absicherung für seine Veteranen eingerichtet hat. [3] - sowie den gerechten Umgang mit unterlegenen Gegner. Bezüglich der Caesar Rezeption wird generell vom Topos der clementia gesprochen [4]. Da der Minnedienst meist eine individuellen Kampf beinhaltet, unterhält Gahmuret in diesem Sinne kein Heer. Dennoch sind die oben genannten Attribute der Großzügigkeit und der Milde auch bei ihm zu finden, indem er einerseits ein spendabler Lehnsherr ist ( si enphiengen, als ir frouwe hiez, von im ir lant und des geniez, als ieslîchen an gezôch. 52, 5-7) und andererseits seine Gegner gnädig behandelt ( si giengen für ir hêrren sân: der liez si ledic umb ir bete, des dancten si dô Gahmurete 52, 20-22).Die finale Parallele in der Lebensgeschichte der Krieger ist von eher unrühmlicher Natur da sowohl Gaius Julius Caesar seine orientalische Geliebte schwanger zurücklässt (Hierauf ließ Caesar Kleopatra als Königin von Ägypten zurück. Sie schenkte ihm kurze Zeit später einen Sohn, den man in Alexandria Caesarion nannte. Caeasar selber aber brach nach Syrien auf. Plutarch, Caesar 49), als auch Gahmuret von Pâtelamunt abreist dô er entran dem wîbe, dô hete si in ir libe zwelf wochen lebndic ein kint 55, 13-15).

Kleopatra VII und Belacâne

Im Folgenden sollen nun die weiblichen Charaktere der beiden Paare - Kleopatra VII und Belacâne - auf Gemeinsamkeiten hin untersucht werden. Zunächst einmal befinden sich beide Königinnen in einer politisch instabilen Situation, da ihre Herrschaftslegitimation von externen Parteien in Frage gestellt werden. In Ägypten gab es zu dieser Zeit Thronstreitigkeiten zwischen Kleopatra VII und ihrem Brudergemahl Ptolemaios XIII, was eigentlich primär der Grund dafür war, dass der römische Imperator nach Alexandria reiste, nämlich um die Herrschaftsstruktur zu organisieren. Königin Belacâne ist ebenfalls bedroht in ihrer Herrschaftsposition, da die treuen Gefährten ihres Minneritters Isenhart sie für seinen Tod verantwortlich machen. ( si waenent daz i´n schüef erslagen: verrâtens ich doch wênic kann, swie mich des zîhen sîne man 26, 30- 27, 2). Insofern benötigen beide Herrscherinnen die Unterstützung ihrer zukünftigen Partner, um ihr Königreich zu verteidigen. Jene Hilfeleistungen verschaffen sich beide Frauen, indem sie ihren Charme, sowie ihre Schönheit einsetzen und - im Falle der schwarzen Königin Belacâne - offensiv um Hilfe bitten ( hêrre, ich hân von iu vernomn vil rîterlîcher werdekeit. durch iwer zuht lât iu niht leit, ob i´u mînen kumber klage, den ich nâhe im herzen trage 24, 16-20). Obwohl beide Frauen einen höheren Rang als ihre Partner haben, erniedrigen sie sich vor den Männern um womöglich ihr Mitleid und Unterstützung zu erhalten. Dabei entsteht die berühmte Szene, in der die Ägypterin aus einem Betttuch vor die Füße des Römers gerollt wird, da sie lediglich durch diese List unbemerkt in den Palast gelangen konnte. Auch die Herrscherin über Pâtelamunt kniet vor Gahmuret nieder als Zeichen der Bittstellerin. ( si kniete nider (daz was im leit) 33, 9).

Fazit

Zunächst stellt sich die Frage: Könnte es überhaupt möglich sein, dass sich Eschenbach hier auf Caesar und Kleopatra VII bezieht? Darüber lässt sich lediglich spekulieren, dennoch ist zu konstatieren, dass bereits an anderen Stellen berühmte antike Persönlichkeiten erwähnt werden ( zum Beispiel: daz was ein stolz werder man ( niht der von Rôme entran Julîus dâ bevor) 102, 1-3), sodass die Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein antikes Quellenrepertoire zur Verfügung stand. Ein Gegenargument für die aufgestellte These der Intertextualität, ist bezüglich der Ausgangssituation der beiden Szenarien zu entdecken. Während Caesar nämlich in offizieller Position nach Alexandria reist, um die Thronstreitigkeiten des Geschwisterpaares zu regeln [5] , befindet sich Gahmuret auf einer ziellosen Reise und trifft eher zufällig auf das belagerte Pâtelamunt. Dennoch hat dieser Artikel gezeigt, dass die Protagonisten nicht nur in ihren Charaktereigenschaften zu großen Teilen übereinstimmen, sondern auch der Ausgang jener orientalischen Episoden erstaunlich ähnlich sind.

Anmerkungen

  1. Im Folgenden stets zitierte Ausgabe: [Parzival].
  2. Ein detaillierte Aufstellung von Caesars Imperium bietet u. a. Gaius Julius Caesar: Die Kriege in Alexandrien, Afrika und Spanien, Darmstadt 2012.
  3. Vgl.: Fischer, Thomas: Die Armee der Caesaren. Archäologie und Geschichte, Regensburg 2012.
  4. Eine intensive Analyse der sogenannten Milde Caesars bietet Rochlitz, Sabine: Das Bild Caesars in Ciceros "Orationes Casarianae. Untersuchungen zur "clementia" und "sapientia Caesaris", Frankfurt am Main 1993.
  5. Vgl.: Schuller, Wolfgang: Kleopatra. Königin in drei Kulturen, Reinbeck 2012, S. 64-70.

Literaturverzeichnis

  • [Fischer 2012] Fischer, Thomas: Die Armee der Caesaren. Archäologie und Geschichte, Regensburg 2012.
  • [Rochlitz 1993] Rochlitz, Sabine: Das Bild Caesars in Ciceros "Orationes Casarianae. Untersuchungen zur "clementia" und "sapientia Caesaris", Frankfurt am Main 1993.
  • [Schuller 2012] Schuller, Wolfgang: Kleopatra. Königin in drei Kulturen, Reinbeck 2012.
  • [Caesar]Gaius Julius Caesar: Die Kriege in Alexandrien, Afrika und Spanien, Darmstadt 2012.
  • [Plutarchus] Plutarchus: Alexander et Caesar, Stuttgart 2007.

Textausgabe

[*Parzival]Wolfram von Eschenbach: Parzival. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/New York 2003.