Übersetzung "König Ermenrichs Tod"

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Der folgende Artikel übersetzt die spätmittelalterliche, niederdeutsche Heldenballade König Ermenrichs Tod (frnd. "Koninkh van Armentrikens Dôt") aus der Flugschrift "Van Dirick van dem Bërne" ins Neuhochdeutsche. Die niederdeutsche Textausgabe entspricht der von Karl Goedeke.[1]

Koninkh van Armentrikens Dôt - Textausgabe und Übersetzung

Strophe Textausgabe nach Karl Goedeke
der (früh-neu)niederdeutschen Flugschrift
Übersetzung durch Fridurich von Drusomagus
ins Neuhochdeutsche
1 So vern yn yennen Franckriken, dar wænth eyn Kœninkh ys wolgemeit.
Den wil der Berner vordriuen, vmme siner frœlicheit*.
He vœrt yn synem rike, Stëde, Bœrge vnd egen Landt.
Tho wëm schal ick my holden, giff radt Meister Hillebrandt.
So fern in jenem Frankenreich, da lebt ein König uns hocherfreut.
Den will der Berner vertreiben, zu seiner Fröhlichkeit.
Er führt in seinem Reiche; Städte, Burgen und eigen Land.
„An wen soll ich mich halten, gib Rat, Meister Hildebrand!” (Dietrich von Bern)
2 Ja radt will ick dy gëuen, ya Radt den schaltu han.
Stëde vnd Bœrge synt vns auërlegen, se synt vns nicht vnderdæn.
De Kœninkh van Armentriken, de ys vns suluen gram.
He wil vns Heren all twœlue, yn den Galgen hengen læn.
„Ja, Rat will ich dir geben, ja Rat, den sollst du erfahrn,
Städte und Burgen sind uns auferlegen, sie sind uns nicht Untertan.
Der König (von) Ermenrichen, der hat uns solchen Gram (~Zorn),
Er will uns Herren all zwölfe, an dem Galgen hängen lassen.” (Hildebrand)
3 Wueste ickt wor ick ën schold vinden, den Kœninkh van den Armentriken.
By ëm so wold ick setten, myn sell vnd ock myn lyff.
By ëm so wold ick setten, eyn sëcker wisse pant,
Dat hoge huß tho dem Bërne, dar tho myns Vaders egen Landt.
„Wüsst' ich wo ich ihn sollt finden, den König (von den) Ermenrichen.
Bei ihm so wollt ich setzen, meine Seel' und auch mein Leben.
Bei ihm so wollt ich setzen, einen sicher festen Pfand,
das hohe Haus zu Berne, dazu meines Vaters eigen Land.” (Dietrich von Bern)
4 Tohandt sprack sick van der Tynnen, Meister Hillebrandes syn wiff.
Tho dem Freysack* schaltu ën vinden, den Kœninkh van Armentrick.
He hefft auer syner Tafeln, wol veerdehalff Hundert Man.
Ick rades dy Dirick van dem Bërne, dat du ëm nicht tho na en gaest.
Sobald sprach von den Zinnen, Meister Hildebrandes sein Weib.
„Zu Friesach* sollst du ihn finden, den König von Ermenrich.
Er hat an seinen Tafeln, wohl viereinhalb Hundert Mann.
Ich rat' es dir Dietrich von dem Berne, dass du ihm nicht zu nahe gehst.” (Frau Ute?)
*These Goedeke: Friesach (Kärnten), These Weddige: Breisach am Oberrhein
5 Suender so verne yn yennen Franckricken, dar wænt ein Wëdewe stolt.
Vnd de hefft eynen sœnen, de is men twœlff yær oldt,
De ys twischen synen Winbranen, syner drier spenne widt.
Ick rades di Dirick van dem Bërne, nim ën mit dy yn dinen stridt
Anderweit so fern in jenem Frankenreiche, dort lebt eine Witwe stolz.
„Und die hat einen Sohne, der ist erst zwölf Jahr' alt.
Der ist zwischen seinen Wimpern, seiner dreier Spannen weit.
Ich rat' es dir Dietrich von dem Berne, nimm ihn mit dir in deinen Streit.”(Frau Ute?)
6 Du schalt synen fründen lauen, süluer vnd ock rot Goldt.
Vnd lauen dem yungen Dëgen, ock also riken soldt.
Du schalt siner Moder lauen, du wult ën tho Ridder slaen.
So krichstu den yungen Dëgen, mit dy op dine hërefardt.
„Du sollst seiner Freunde loben, Silber und auch Rotgold.
Und preisen den jungen Knaben, auch so reichen Sold.
Du sollst seiner Mutter loben, du wollest ihn zum Ritter schlagen.
So kriegst du den jungen Knaben, mit dir auf deine Heerfahrt.” (Frau Ute?)
7 De Berner leth sick wapnen, sülff twœlffte syner Man.
Sammith vnde syden, tœgen auer ër harnsch an.
Se setteden vp der hœuet, van Fyolen eynen Krans.
Do stünden de heren al twœlue, efft se makeden einē dantz.
Der Berner lies sich wappnen, selbst zwölfe seiner Mann.
Samt und Seiden, trugen über ihr' Harnisch' an.
Sie setzten auf der Hüte, aus Violen einen Kranz.
Da standen die Herren all Zwölfe, als macheten sie einen Tanz.
8 Se tœgen sick all gar richte, to dem Freysack wol yn dat Landt.
Wat fünden se by dem wëge, einen galgen gebuwet staen.
Do sprack sick de Berner süluen, wol hefft uns dith gedan.
De vns düssen nywen galgen, bi den wech gebuwet hath.
Sie begaben sich all' zur Richtung, zu Friesach wohl in das Land.
Was fanden sie bei dem Wege, einen Galgen gebauet stehen.
Da sprach der Berner zu den seinen, „wohl hat (für) uns das getan;
Der uns diesen neuen Galgen, bei dem Wege gebauet hat.” (Dietrich von Bern)
9 Tohandt sprack sick Kœninck Blœdelinck, de alderyüngeste Man.
Dat hefft gedan de Kœninkh van Armentriken, de is vns suluen gram.
Sege ick ën to felde kamen, mit veerdehalff hundert Mann.
Ick rëdes dy Dirick von dem Bërne, allene wold ick se vorslaen.
Sobald sprach sich König Blödelung, der allerjüngste Mann;
„Das hat getan der König von Ermenrichen, der hegt uns solchen Zorn.
Säh ich ihn zu Felde kommen, mit viereinhalb hundert Mann,
Ich rät' es dir Dietrich von (dem) Berne, alleine wollt' ich sie verschlagen.” (König Blödelung)
10 Se tœgen sick all gar richte, to dem Freysack wol vor dat dor.
Pœrtener sluth vp den porten, vnd lath vns darin gæn.
Wy willen den Kœninkh van Armentrick fragen, wat wi ëm hebbn to leide gedæn.
Dat he vns den nyen galgen, by dem wech gebuwet hath.
Sie begaben sich all' zur Richtung, zu Friesach wohl vor das Tor.
„Pförtner, schließ auf die Pforten, und lass uns hinein gehen!
Wir wollen den König (von) Ermenrich fragen, was wir ihm haben zu leide getan.
Dass er uns den neuen Galgen, auf dem Weg gebauet hat.” (Dietrich und seine 12 Männer)
11 Ick slute nicht vp de porten, ick late yw nit yngæn.
De kœninck dat is myn here, darümme moth ick dat lœn.
efft sick vp düsser bœrch vorhœue, ein sëker wisse kiff.
Vorlaren hed ick arme reinholdt, myn fine yunge lyff.
„Ich schließ nicht auf die Pforten, ich lasse euch nicht hineingehen.
Der König das ist mein Herre, darum muss ich das unterlassen.
wenn sich auf dieser Burg begehe, ein sicher harter Kampf,
Verloren hätt' ich armer Reinholt, mein zartes, junges Leben.” (Reinholt von Meilan)
12 .........
Scholdestu din liff vorlesen, so baldt vnd altohandt.
Dat myne wold ick setten, vor eyn sëcker wissen pandt.
Dat hoge huß thom Bërne, darto mins Vaders egen Landt
.........
„Solltest du dein Leben verlieren, so bald und allzugleich.
Das meine wollt ich setzen, als einen sicher festen Pfand;
das hohe Haus zu Berne, dazu meines Vaters eigen' Land.” (Dietrich von Bern)
13 De gude Reinholt von Meilan, de ginck sick vor den Kœninck stan
Och Kœninck leue Here, moth ick se wol yn lœn.
De berner de holt hir vœre, sülff twœlfte syner man.
He wolde yuw gerne fragen, wat he yuw hefft to leide gedæn.
Dat gy ëm den Nyen galgen gebuwet hæn.
Der gute Reinholt von Mailand, der ging sich vor den König stellen;
„Ach König, hoher Herr, muss ich sie wohl einlassen?
Der Berner der holt hier mit sich zwölfe seiner Mann,
Er wollte dich gern fragen, was er dir hat zu Leide getan,
dass du ihm den neuen Galgen gebauet hast.” (Reinholt von Meilan)
14 Wat hefft der berner to brannen, sülff twœlffte syner Man.
Reinholt sluth vp de porten, vnd lath se komen an.
Ër harnsck willen wy ën affbinden, vnse gefangen schœllen se syn.
Vnd willen de Herrn all twœlue, yn den galgen hengen laen.
„Was hat der Berner zu prahlen mit zwölfe seiner Mann?
Reinhold, schließ auf die Pforten und lass sie kommen an!
Ihre Harnisch' werden wir ihnen aufbinden, unsre Gefangenen sollen sie sein,
Und werden die Herren all zwölfe, an dem Galgen hängen lassen.” (König Ermenrich)
15 Reinholt sloth vp de porten, so balde vnd altohandt.
Her Dirick van dem Bërne, dar alderersten ynspranck.
Sinen broder van der stœre, den hadde he by der handt.
Vp syner lüchtern syden, ginck de yunge Hillenbrant.
Reinholt schloß auf die Pforten, so bald und allzugleich.
Herr Dietrich von (dem) Berne, da allervorderst hineinsprang.
Seinen Bruder von der Steier, den hatte er bei der Hand.
Zu seiner linken Seite ging der junge Hadubrand*.
16 Darnegest ginck sick ein Dëgen, des werdigen dëgen gudt
He vœrde yn synem schilde, wol drier Louwen modt.
Dar negest ginck sick eyn Hœrninck, mit synem hœrnen bagen.
De ys dem edlen Fœrsten, wol dœrch syn herte getagen.
Da nächst begab sich ein Ritter, des werten Ritters gut,
Er führte auf seinem Schilde, wohl dreier Löwen Mut.
Da nächst begab sich ein Hörnung, mit seinem hörnern Bogen.
Der ist dem edlen Fürsten, wohl durch sein Herz gewogen.
17 Darnegest ginck sick Kœninck blœdelinck, de alder yngeste man.
De was twischen synen winbranen, syner drier spinnen lanck.
Darnegest ginck sick her Lummert* vth dem garden*, dat was de 7. man.
Hardenacke mit dem barde, dat was de achte Man.
Da nächst begab sich König Blödelung, der allerjüngste Mann,
der war zwischen seinen Wimpern, seiner dreier Spannen lang.
Da nächst begab sich Herr Lummert aus (dem) Garten*, das war der 7. Mann.
Hardenache mit dem Barte, das war der achte Mann.

*These Goedeke/Weddige: Garda, Italien

18 Darnegest ginck sick wulff främ dirick, dat was de 9. man,
darnëgest ginck sick Isaak, dat was de 10. man
darnegest ginck sick wulf fram diderick, dat was de 11. man,
de rasende wulffram diderick, dat was de 12. man.
Da nächst begab sich Wolff von Dietrich, das war der 9. Mann,
Da nächst begab sich Isung, das war der 10. Mann
Da nächst begab sich Wolf von Dieterich, das war der 11. Mann,
Der rasende Wolfhart*, das war der 12. Mann.
19 De grep de slœtel yn sine weldigen hant,
vnd he sloth to de porten. Vnd dat de borch klanck,
dat dede he all darümme, dat ëm nemandes scholde affgan,
vnd eer de 12. Heren, ëren willen hadden gedän.
Der nahm den Schlüssel in seine starke Hand,
und er schloß die Pforten. Und dass die Burg erklang,
das tat er alles darum, dass ihm Niemandes sollte entgehen,
und ehe die 12 Herren ihren Willen hatten (kund)getan.
20 Och se nemen sick by den henden, se gingen vor den Kœninck stan.
Och kœning leue here, wat hebben wi yw to leide gedæn,
dat gy vns den nien galgen, by den wech gebuwet han.
..........
Und sie nahmen sich bei den Händen, sie gingen vor den König stehen.
„Ach König, hoher Herr, was haben wir Euch zu Leide getan,
dass ihr uns den neuen Galgen auf dem Weg gebauet habt?” (Dietrich und seine 12 Männer)
..........
21 De Kœninck de swech ganz stille, alse de außerweldigen doen.
Tohant toech sick her diderick van dem Bern, ein swerdt van golde so rodt.
He gaff dem Kœning van Armentriken, einen weldigliken slach.
Vnd dat ock yo syn hœuet, vor ëm vp der erden lach.
Der König der schwieg ganz stille, so auch die äußerwählten Krieger.
Sogleich tat sich Herr Dietrich von (dem) Bern, ein Schwert von Gold so Rot.
Er gab dem König (von) Ermenrichen einen gewaltigen Schlag.
Und dass auch ja sein Haupt, vor ihm auf der Erde lag.
22 Se slœgen sick doch allendt dat doth, wat vp der Borch was.
Sünder vp den guden Reinholdt, de synem Herren trüwe was.
hed he ëm nicht trüw gewësen, dat hedd ëm kostet syn lyff.
Hed he ëm nicht trüw gewësen, dat hedd ëm kostet syn yunge lyff.
Sie schlugen doch alles das zu Tode, was auf der Burg war.
Bis auf den guten Reinholt, der seinem Herren treue war.
Wär' er ihm nicht treu gewesen, das hätt' ihn gekostet sein Leben.
Wär' er ihm nicht treu gewesen, das hätt' ihn gekostet sein junges Leben.
23 De Bërner schriede syn wapen, o we dat ick hir qwam.
Nu hebb ick yo vorlaren, Kœninck blœdelinck myn alderyüngsten man.
Nu swyget gy Heren stille, ick lëue vnd syn noch gesundt.
Ick sta yn eynem kellerschrade, veerdehalff hundert hebb ick vorwundt.
Der Berner schrie (an) seinen Waffen, „Oh weh dass ich hierher kam!
Nun hab ich ja verloren, König Blödelung, meinen allerjüngsten Mann!” (Dietrich von Bern)
„Nun schweigt ihr Herren stille, ich lebe und bin noch gesund.
Ich steh auf einer Kellerstufe, viereinhalb Hundert hab ich verwund't!” (König Blödelung)
24 Veerdehalff hundert hebb ick vorwundt, mit eyner wapenden hant.
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Nu sy ydt Godt gelauet, de 12 Hern de lëuen, vnd syn noch gesundt.
Nu sy ydt Godt gelauet, se lëuen vnd syn noch gesundt.
„Viereinhalb Hundert hab ich verwund', mit einer Waffenhand, (König Blödelung)
................”
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„Nun sei es Gott gelobet, die 12 Herren die leben, und sind noch gesund!
Nun sei es Gott gelobet, sie leben und sind noch gesund!” (Dietrich von Bern oder der Erzähler)

Erklärung zur Identifikation der Figuren

Kœninck (van den) Armentriken - König Ermenrich | These Goedeke: Fälschlich zum Beiname geworden
Kœninck Blœdelinck - König Blödelung | nicht identisch mit Etzels Bruder Blödelin. (These Goedeke)
Broder van der Stör - Bruder von der Steiermark (Dietleib von Steier)
Hardenacke - Hardenache | These Goedeke: Eckehart; problematisch
(Meister) Hillebrant - Hildebrand
(yunge) Hillebrant - Hadubrand (These Goedeke)
Hœrninck - Hörnung/Hornboge (These Goedeke)
Isaak - Isung (These Weddige; verderbte Form)
Lummert yn dem garden - Lummert von Garte (Garda) | These Goedeke: verderbte Form von Amelolt/Amelung, problematisch
de rasende Wolffram - Wolfhart (These Goedeke)

Literatur

Primärtext

Koninck Ermenrîkes Dôt. Ein niederdeutsches Lied zur Dietrichsage, hg. von Karl Goedeke, Hannover 1851.

Anmerkungen

  1. Vgl. Goedeke 1851.