Untersuchung der schâme im Parzival (Wolfram von Eschenbach, Parzival): Unterschied zwischen den Versionen

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==Der Begriff der ''schâme'' und des Schams==
==Der Begriff der ''schâme'' und des Schams==
Zuallererst gilt es den Begriff der ''schâme'' ins Neuhochdeutsche zu übersetzen. Das Wort ''schame'' bedeutet im Neuhochdeutschen Scham, Schamhaftigkeit und Keuschheit.  Es ist aufgrund seiner weitreichenden Bedeutung sinnvoll, dabei mehrere, auch unterschiedliche Definitionen aufzuführen. ''Schâme'' hat ein größeres Bedeutungsspektrum als das Neuhochdeutsche Scham, denn es ist polysem. Weiterhin ist es sinnvoll, das Neuhochdeutsche Wort Scham genauer zu definieren. Denn Scham kann unter verschiedenen Aspekten betrachtet werden, wie zum Beispiel unter psychologischen oder anthropologischen Aspekten.
Zuallererst gilt es den Begriff der ''schâme'' ins Neuhochdeutsche zu übersetzen. Das Wort ''schâme'' bedeutet im Neuhochdeutschen Scham, Schamhaftigkeit und Keuschheit.  Es ist aufgrund seiner weitreichenden Bedeutung sinnvoll, dabei mehrere, auch unterschiedliche Definitionen aufzuführen. ''Schâme'' hat ein größeres Bedeutungsspektrum als das Neuhochdeutsche Scham, denn es ist polysem. Weiterhin ist es sinnvoll, das Neuhochdeutsche Wort Scham genauer zu definieren. Denn Scham kann unter verschiedenen Aspekten betrachtet werden, wie zum Beispiel unter psychologischen oder anthropologischen Aspekten.
Nach Yeandle ist Scham aus psychologischer Sicht ein bipolarer Begriff, der auf der einen Seite Peinlichkeit, Schamgefühl und Schmach mit körperlichen Begleitreaktionen ( dazu siehe unter Körperlicher Manifestation der Schame ) auftreten kann, während Scham auch eine Tugend sein kann, die vor falschem Handeln bewahrt.[Yeandle 2001: xiv] Scham kann also die Reaktion eines Menschen auf eine für ihn peinliche Situation sein, oder eine durch Scham eines Menschen nicht ausgeführtete negative Handlung. Letzteres ist die sogenannte " positiv vorausblickende Fremdscham", da man sich durch den zu erwartenden Tadel/Hohn eines anderen(Fremden) zum schamauslösenden Handeln gehemmt fühlt.[Yeandle 2001: xvi] Zur Fremdscham abgrenzend gibt es noch den Eigenscham, bei der die Person sich schämt ohne davon von äußeren Faktoren davon beeinflusst zu sein.[Yeandle 2001: xvii] Das wäre der Fall, wenn man sich z.B. alleine für eine tadelhafte Handlung schämt, ohne dass der Tadel eines Dritten den Scham hervorruft.
Nach Yeandle ist Scham aus psychologischer Sicht ein bipolarer Begriff, der auf der einen Seite Peinlichkeit, Schamgefühl und Schmach mit körperlichen Begleitreaktionen ( dazu siehe unter Körperlicher Manifestation der Schame ) auftreten kann, während Scham auch eine Tugend sein kann, die vor falschem Handeln bewahrt.[Yeandle 2001: xiv] Scham kann also die Reaktion eines Menschen auf eine für ihn peinliche Situation sein, oder eine durch Scham eines Menschen nicht ausgeführtete negative Handlung. Letzteres ist die sogenannte " positiv vorausblickende Fremdscham", da man sich durch den zu erwartenden Tadel/Hohn eines anderen(Fremden) zum schamauslösenden Handeln gehemmt fühlt.[Yeandle 2001: xvi] Zur Fremdscham abgrenzend gibt es noch den Eigenscham, bei der die Person sich schämt ohne davon von äußeren Faktoren davon beeinflusst zu sein.[Yeandle 2001: xvii] Das wäre der Fall, wenn man sich z.B. alleine für eine tadelhafte Handlung schämt, ohne dass der Tadel eines Dritten den Scham hervorruft.



Version vom 5. Juli 2015, 13:53 Uhr

schame ist ein slôz ob allen siten (Schamgefühl ist ein Schloss über allen Sitten, 3,5[1]) heißt es schon im Prolog von Wolframs von Eschenbach Parzival. Damit ist gemeint, dass die schame beziehungsweise das Schamgefühl alle guten Sitten in sich einschließt. Der folgenden Artikel setzt den mittelhochdeutschen Begriff schâme mit dem neuhochdeutschen Scham gegebüber und geht auf die semantische Vielfältigkeit der schâme im Parzival ein.

Der Begriff der schâme und des Schams

Zuallererst gilt es den Begriff der schâme ins Neuhochdeutsche zu übersetzen. Das Wort schâme bedeutet im Neuhochdeutschen Scham, Schamhaftigkeit und Keuschheit. Es ist aufgrund seiner weitreichenden Bedeutung sinnvoll, dabei mehrere, auch unterschiedliche Definitionen aufzuführen. Schâme hat ein größeres Bedeutungsspektrum als das Neuhochdeutsche Scham, denn es ist polysem. Weiterhin ist es sinnvoll, das Neuhochdeutsche Wort Scham genauer zu definieren. Denn Scham kann unter verschiedenen Aspekten betrachtet werden, wie zum Beispiel unter psychologischen oder anthropologischen Aspekten. Nach Yeandle ist Scham aus psychologischer Sicht ein bipolarer Begriff, der auf der einen Seite Peinlichkeit, Schamgefühl und Schmach mit körperlichen Begleitreaktionen ( dazu siehe unter Körperlicher Manifestation der Schame ) auftreten kann, während Scham auch eine Tugend sein kann, die vor falschem Handeln bewahrt.[Yeandle 2001: xiv] Scham kann also die Reaktion eines Menschen auf eine für ihn peinliche Situation sein, oder eine durch Scham eines Menschen nicht ausgeführtete negative Handlung. Letzteres ist die sogenannte " positiv vorausblickende Fremdscham", da man sich durch den zu erwartenden Tadel/Hohn eines anderen(Fremden) zum schamauslösenden Handeln gehemmt fühlt.[Yeandle 2001: xvi] Zur Fremdscham abgrenzend gibt es noch den Eigenscham, bei der die Person sich schämt ohne davon von äußeren Faktoren davon beeinflusst zu sein.[Yeandle 2001: xvii] Das wäre der Fall, wenn man sich z.B. alleine für eine tadelhafte Handlung schämt, ohne dass der Tadel eines Dritten den Scham hervorruft.

Martin Baisch geht auf verschiedene Schambegriffe ein und behandelt dabei die Problematik, ob die Scham nur eine Begleitreaktion der Schuld sei.[Baisch 2004:109] Dies ist jedoch eher damit zu verwerfen, dass Scham und Schuld ganz unabhängig voneinander auftreten können. So kann man sich auch ohne Schuld schämen und sich ohne Scham schuldig gemacht haben. Doch die Frage führt zu einem Anthropologischem Aspekt der Scham, nämlich welchen Wert die jeweilige Gesellschaft der Scham beimisst. Dabei kann man zwischen zwei unterschiedliche Kulturen unterscheiden. So gibt es eine Schuld- und eine Schamkultur, die es voneinander abzugrenzen gilt.[Baisch 2004:110] Eine Schuldkultur setzt eine weiter entwickelte Religion - wie das Christentum - voraus und basiert auf dem Gewissen der Menschen sowie auf absolut moralischen oder religiösen Grundsätzen.[Yeandle 2001: xx] Eine Schamkultur hingegen funktioniert durch den Scham beziehungsweise die öffentliche Schande, die eine gewisse Handlung hervoruft.[Yeandle 2001: xix] Es ist also, anders bei der Schuldkultur keine von sich selbst aus moralischen Gründen ausgehende Kontrolle des Verhaltens. Vielmehr handelt es sich um eine soziale Kontrolle innerhalb einer Gesellschaft , bei der das Verhalten einer Einzelperson durch die Kritk von anderen in eben dieser Gesellschaft reguliert wird.[Marchand 1983: 284]

Emotionen in der mittelalterlichen Literatur

Durch sein Werk Parzival hat Wolfram von Eschenbach dem Begriff der Schame einen hohen ethischen Status zugewiesen. Deswegen ist es für Männer als auch Frauen die erstrebenswerteste Tugend

Bedeutungen der schâme im Parzival

Körperliche Manifestation der schâme

Schame ist eine Emotion, die in den meisten Fällen nicht vor anderen verborgen werden kann.[Yeandle 2005: 297] Dies liegt daran, dass durch die Schame eine für andere sichtbare, körperliche Reaktion hervorgerufen wird.

Bei dem Erröten fließt meist Blut in die Region der Wangen beziehungsweise in das Gesicht. So kann man nur leicht dezent erröten, oder aber auch eine starke Rötung in der Gesichtspartie bekommen. Das Erröten kommt im Parzival meist in einer erotischen oder einen quasi-erotischen Situation vor[Yeandle 2005: 298]:

550,23 diu süeze wart von scheme rôt Die Süße war vor Verschämtheit rot,
131,25 doch tet si daz der wirt gebôt: doch tat sie was der Gastgeber befahl:
131,26 zuo Gâwân saz frou Bêne. Zu Gâwan setzte sich Frau Bene.

Die Tochter des Gastgebers errötet hinsichtlich des Befehls ihres Vaters, Gâwan am Tisch Gesellschaft zu leisten. Der quasi-erotische Kontext erschließt sich, wenn der Gastgeber vorher noch sagt:

Die unterschiedlichen Arten von Schame

Schame im ethischen Sinne

Schame im nicht ethischen Sinne

Literaturverzeichnis

<HarvardReferences /> [*Baisch 2004] Martin Baisch:"Über Scham und Wahrnehmung in Wolframs Parzival", in: Wahrnehmung im Parzival Wolframs von Eschenbach. Actas do Colóquio Internacional 15 e 16 de Novembro de 2002, hg. von John Greenfield, Porto 2004, S. 105-133.

[*Marchand 1983] James W. Marchand:"Honor and shame in Wolfram's Parzival", in: Spectrum Medii Aevi. Essays in early german literature in honor of George Fenwick Jones, hg. von William C. McDonald, Göppingen 1983, S. 283-294.

[*Yeandle 2005] David N. Yeandle:"Shame in Middle High German Literatur: The Emotional Side of Medieval Virtue", in: Euphorion 2005(=Band 99, hg. von Wolfgang Adam, Heidelberg 2005, S. 295-321.

[*Yeandle 2001] David N. Yeandle:">schame< im Alt-und Mittelhochdeutschen bis um 1210", hg. von Fritz Peter Knapp, Heidelberg 2001.

  1. Alle Versangaben beziehen sich auf die Ausgabe: Wolfram von Eschenbach: Parzival. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/New York 2003.