Die halbe Birne: Unterschied zwischen den Versionen
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==Das Motiv der halben Birne== | ==Das Motiv der halben Birne== | ||
Wie der Titel bereits vermuten lässt, ist die Birne ein bedeutsames und symbolträchtiges Motiv des Märe. Nachdem Arnold es schafft, sich im Turnier zu beweisen, wird er an der Tafel neben der Prinzessin platziert, wo sein Siegeszug letztlich an mangelnden Tischsitten scheitert. Die Ausgangslage für seinen Fehltritt ist folgende: Ihm wird eine Birne zum Essen gereicht, die er für sich und die Prinzessin zunächst halbiert. Allerdings begeht er den Fehler, seine Hälfte auf bäuerliche Art zu verschlingen, ehe er die andere Hälfte zerteilt und übergibt. Arnolds unhöfisches Verhalten wird durch den ungezügelten Umgang mit der Birne entlarvt, die einerseits Weiblichkeit und weibliche Sexualität und andererseits Mäßigung und Selbstbeherrschung versinnbildlicht. Ein besonderer Kontrast entsteht, indem die Schamesröte der Prinzessin mit der Kirsche verglichen wird, die im Gegensatz zur Birne mit einem Mal verzehrt werden kann und aus diesem Grund mit Triebhaftigkeit konnotiert wird. Hinzu kommt, dass der Verzehr von Äpfeln und Birnen bereits im Schwank als Umschreibung des Geschlechtsverkehrs galt. Daher beschränke sich der Hintergrund für die Reaktion der Königstochter laut Tschachtli nicht auf reine Schadenfreude, vielmehr enthalte ihr Verhalten einen ethischen Anspruch, da die Birne zum Symbol seiner mangelhaften Fähigkeiten als Liebhaber und Ehemann wird. | Wie der Titel bereits vermuten lässt, ist die Birne ein bedeutsames und symbolträchtiges Motiv des Märe. Nachdem Arnold es schafft, sich im Turnier zu beweisen, wird er an der Tafel neben der Prinzessin platziert, wo sein Siegeszug letztlich an mangelnden Tischsitten scheitert. Die Ausgangslage für seinen Fehltritt ist folgende: Ihm wird eine Birne zum Essen gereicht, die er für sich und die Prinzessin zunächst halbiert. Allerdings begeht er den Fehler, seine Hälfte auf bäuerliche Art zu verschlingen, ehe er die andere Hälfte zerteilt und übergibt. Arnolds unhöfisches Verhalten wird durch den ungezügelten Umgang mit der Birne entlarvt, die einerseits Weiblichkeit und weibliche Sexualität und andererseits Mäßigung und Selbstbeherrschung versinnbildlicht. <ref> Tschachtli, Sarina: Sexuelle Ethik und narrative Kontrolle. Zur Grenzueberschreitung in der Halben Birne A, in: Silvan Wagner (Hg.): Mären als Grenzphaenomen, Berlin 2018, S. 162. </ref> Ein besonderer Kontrast entsteht, indem die Schamesröte der Prinzessin mit der Kirsche verglichen wird, die im Gegensatz zur Birne mit einem Mal verzehrt werden kann und aus diesem Grund mit Triebhaftigkeit konnotiert wird. Hinzu kommt, dass der Verzehr von Äpfeln und Birnen bereits im Schwank als Umschreibung des Geschlechtsverkehrs galt. Daher beschränke sich der Hintergrund für die Reaktion der Königstochter laut Tschachtli nicht auf reine Schadenfreude, vielmehr enthalte ihr Verhalten einen ethischen Anspruch, da die Birne zum Symbol seiner mangelhaften Fähigkeiten als Liebhaber und Ehemann wird. | ||
Außerdem bestehen gewisse Parallelen zwischen dem Märe und dem weitverbreiteten Motiv der Apfelprobe, bei der „das Schälen der Frucht […] besondere höfische Sensibilität ausweist.“ In Konrads „Engelhard“ begeht der gleichnamige Held ebenso einen Fehltritt: Ihn durchfährt ein plötzlicher Liebesschmerz, durch den er das Messer fallen lässt. Die positive Reaktion seiner Tischpartnerin verdeutlicht, dass beim gemeinsamen Essen nicht primär die höfischen Tischsitten, sondern der gemeinsame Umgang und „das Sozialverhalten“ unter Beweis zu stellen sind. | Außerdem bestehen gewisse Parallelen zwischen dem Märe und dem weitverbreiteten Motiv der Apfelprobe, bei der „das Schälen der Frucht […] besondere höfische Sensibilität ausweist.“ In Konrads „Engelhard“ begeht der gleichnamige Held ebenso einen Fehltritt: Ihn durchfährt ein plötzlicher Liebesschmerz, durch den er das Messer fallen lässt. Die positive Reaktion seiner Tischpartnerin verdeutlicht, dass beim gemeinsamen Essen nicht primär die höfischen Tischsitten, sondern der gemeinsame Umgang und „das Sozialverhalten“ unter Beweis zu stellen sind. | ||
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==Forschungstexte== | ==Forschungstexte== |