Silvesterlegende: Unterschied zwischen den Versionen

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==Silvesters Kampf gegen den Drachen==
==Silvesters Kampf gegen den Drachen==
Sowohl in der Hagiographie als auch in den höfischen Erzählungen finden sich diverse Kämpfe gegen Drachen. Doch unterscheiden sich diese, wie in diesem Kapitel am Beispiel der Silvesterlegende Konrads von Würzburg aufgezeigt wird. Wie auch im Falle des höfischen Helden handelt es sich beim Heiligen um einen Vollbringer außerordentlicher und übermenschlicher Taten. Dies zeigt, dass auch ein Heiliger über einen Drachen siegen kann. Durch seinen Sieg wird ebenso seine Exorbitanz ersichtlich. Doch bestehen neben diesen Gemeinsamkeiten auch grundlegende Unterschiede zwischen dem Helden und dem Heiligen. Während der Held seine Kraft und Stärke, die es zum Sieg über das Ungeheuer bedarf, aus sich selbst schöpft, erhält der Heilige seine Exorbitanz als Teil der göttlichen Begnadigung. Sowohl der Held als auch der Heilige müssen ihre Fähigkeiten einsetzen und deren Exorbitanz zeigen, indem sie gegen ein die Ordnung bedrohendes Ungeheuer kämpfen. Der Drache bedroht in beiden Fällen eine Gemeinschaft, die von dem außenstehenden Helden beziehungsweise Heiligen befreit werden muss. Wie der Heilige seine Stärke von Gott, so erhält der Drache seine Kraft von bösen, teuflischen Mächten. Folglich sind der göttlich gesandte Silvester und das mit den teuflischen und chaosbringenden Mächten in Verbindung stehende Ungeheuer miteinander konfrontiert. Die Verbindung zwischen dem Drachen und der Hölle beziehungsweise dem Teufel korreliert mit den Beschreibungen des stinkenden Pesthauches, da sowohl die Hölle als auch die Teufel mit einem derartigen Gestank in Verbindung gebracht werden. In der Auseinandersetzung zwischen Silvester und dem Drachen ist es dem Heiligen nicht möglich, den Drachen mit physischer Gewalt zu besiegen oder diesen gar zu töten, da er zu Gewaltlosigkeit und Friedfertigkeit verpflichtet ist. Vielmehr sind es die „geistlichen“ Waffen, derer sich der Heilige im Kampf bedienen muss. Seine Fähigkeiten stellen anders als im Falle des Helden nicht Tapferkeit, Kraft und Kampfgeschick dar. Es sind Glaubensstärke, Heilsgewissheit und Gebet, die dem Heiligen zum Sieg über den Drachen verhelfen. So ist es der Apostel selbst, der Silvester erscheint und ihm die notwendigen Mittel zur Drachenbannung zur Verfügung stellt. Neben Instruktionen und den bannenden Worten erhält der päpstliche Nachfolger Petrus dessen Reliquien: einen Schlüssel und eine Kette. Zunächst scheint es, als ob es sich bei den durch den Apostel vermittelten Worten um eine Beschwörungsformel handle. Auf Grund der Tatsache, dass diese Worte jedoch im Augenblick der Drachenbannung von Silvester in anderer Form wiedergegeben werden, wird ersichtlich, dass es sich um keine Zauberformel handeln kann: Bei Zauberformeln kommt es auf die getreue Wiedergabe des Wortlautes an, da diese sonst nicht ihre Wirkung entfalten kann. Silvester folgt mit seinen Worten jedoch keiner Formelhaftigkeit. Er bannt den Drachen somit nicht mit den magischen Kräften einer Zauberformel, vielmehr gelingt ihm der Sieg über das Ungeheuer auf Grund der Realpräsenz des Apostels Petrus in dessen Reliquien. In ebendieser Bannung unterscheidet sich der hagiographische Drachenkampf vom höfischen. Während die Helden den Drachen meist töten, um ihn zu besiegen, verbannt der Heilige ihn lediglich. Der Drache muss sein Dasein in der Höhle fristen, bis der Tag des Jüngsten Gerichts kommt und so analog zu den Teufeln über dessen Schicksal entschieden wird. Dabei führen nicht die Waffen Silvester zum Sieg, es ist sein Glaube, dem er den Sieg über das ordnungsgefährdende Ungeheuer zu verdanken hat. Wie bereits in der Inhaltszusammenfassung angesprochen, führt Silvesters Sieg zur Bekehrung der Heiden und deren Taufe. Somit verkörpere der Drache nach Hammer in gewisser Weise das Heidentum, von dem die Menschen durch dessen Bannung befreit würden. Der Heilige befreit die Menschen auf diese Weise sowohl von weltlichen als auch von geistlichen Nöten. Schließlich erfolgt eine Neuordnung der Verhältnisse. Silvester sorgt für eine dauerhafte und ideale Ordnung, das Christentum. [Hammer 2010: 153-160] Folglich lässt sich nach Bleumer das folgende Schema für die Erzählung entwerfen: „Das Martyrium führt zum Bekenntnis, das Bekenntnis führt zum Wunder, das Wunder führt zur Umkehr der anderen.“ [Bleumer 2010: 245] Dabei wird ersichtlich, dass die Legende von Konrad von Würzburg sowohl eine syntagmatische als auch eine paradigmatische Organisation aufweist. Somit werden die beiden Grundformen von Handlungsverläufen, Märtyrerlegende und Bekennerlegende, miteinander vermischt. Die Form der Märtyrerlegende beschreibt nach Edith Feistner eine recht simple Struktur, deren Grundmuster aus Verhör, Haft und Hinrichtung besteht. [--> Verweis auf Feistner!] Somit ergibt sich die Struktur Anfang, Mitte, Schluss. Hingegen weist die Bekennerlegende keine derartige syntagmatische Organisation auf, vielmehr ist sie paradigmatisch und tendiert zum seriellen Geschehen. Der Heilige muss in einer Reihe von Ereignissen seinen Glauben bekennen oder es kommt in diesen Ereignisreihen, die die Handlung darstellen, zu Wundern. Bei Konrads von Würzburg Silvesterlegende finden sich gleichermaßen derartige syntagmatische Organisationen. So werden auch hier die Christen wiederholt verfolgt, bis Silvester sie rettet. Hierbei wird das Bekenntnis syntagmatisch umgewertet, da es zur Begründung der Aufhebung dieses Martyriums dient. Doch finden sich auch paradigmatische Elemente, da ebendiese syntagmatische Erklärung zur Nachfolge auffordert. Eine derartige Korrelation zwischen Martyrium und Bekenntnis setzt sich in der gesamten Legende fort. Folglich resultiert aus der Geschichte des Heiligen Timotheus das Bekenntnis Silvesters. Letzterer wiederum sorgt auf Grund seines Bekenntnisses und dem darauffolgenden Wunder dafür, dass sich die Heiden unterwerfen, wodurch die Umkehrbewegung zum Christentum initiiert wird. Auch der Leser wird durch die Wahrnehmung der Legende zum Nachfolgen des Vorbildes Silvesters angeregt. Somit ist die Geschichte vorgängig wirksam und geht gleichermaßen über den Text hinaus. [Bleumer 2010: 238-251]
Sowohl in der Hagiographie als auch in den höfischen Erzählungen finden sich diverse Kämpfe gegen Drachen. Doch unterscheiden sich diese, wie in diesem Kapitel am Beispiel der Silvesterlegende Konrads von Würzburg aufgezeigt wird. Wie auch im Falle des höfischen Helden handelt es sich beim Heiligen um einen Vollbringer außerordentlicher und übermenschlicher Taten. Dies zeigt, dass auch ein Heiliger über einen Drachen siegen kann. Durch seinen Sieg wird ebenso seine Exorbitanz ersichtlich. Doch bestehen neben diesen Gemeinsamkeiten auch grundlegende Unterschiede zwischen dem Helden und dem Heiligen. Während der Held seine Kraft und Stärke, die es zum Sieg über das Ungeheuer bedarf, aus sich selbst schöpft, erhält der Heilige seine Exorbitanz als Teil der göttlichen Begnadigung. Sowohl der Held als auch der Heilige müssen ihre Fähigkeiten einsetzen und deren Exorbitanz zeigen, indem sie gegen ein die Ordnung bedrohendes Ungeheuer kämpfen. Der Drache bedroht in beiden Fällen eine Gemeinschaft, die von dem außenstehenden Helden beziehungsweise Heiligen befreit werden muss. Wie der Heilige seine Stärke von Gott, so erhält der Drache seine Kraft von bösen, teuflischen Mächten. Folglich sind der göttlich gesandte Silvester und das mit den teuflischen und chaosbringenden Mächten in Verbindung stehende Ungeheuer miteinander konfrontiert. Die Verbindung zwischen dem Drachen und der Hölle beziehungsweise dem Teufel korreliert mit den Beschreibungen des stinkenden Pesthauches, da sowohl die Hölle als auch die Teufel mit einem derartigen Gestank in Verbindung gebracht werden. In der Auseinandersetzung zwischen Silvester und dem Drachen ist es dem Heiligen nicht möglich, den Drachen mit physischer Gewalt zu besiegen oder diesen gar zu töten, da er zu Gewaltlosigkeit und Friedfertigkeit verpflichtet ist. Vielmehr sind es die „geistlichen“ Waffen, derer sich der Heilige im Kampf bedienen muss. Seine Fähigkeiten stellen anders als im Falle des Helden nicht Tapferkeit, Kraft und Kampfgeschick dar. Es sind Glaubensstärke, Heilsgewissheit und Gebet, die dem Heiligen zum Sieg über den Drachen verhelfen. So ist es der Apostel selbst, der Silvester erscheint und ihm die notwendigen Mittel zur Drachenbannung zur Verfügung stellt. Neben Instruktionen und den bannenden Worten erhält der päpstliche Nachfolger Petrus dessen Reliquien: einen Schlüssel und eine Kette. Zunächst scheint es, als ob es sich bei den durch den Apostel vermittelten Worten um eine Beschwörungsformel handle. Auf Grund der Tatsache, dass diese Worte jedoch im Augenblick der Drachenbannung von Silvester in anderer Form wiedergegeben werden, wird ersichtlich, dass es sich um keine Zauberformel handeln kann: Bei Zauberformeln kommt es auf die getreue Wiedergabe des Wortlautes an, da diese sonst nicht ihre Wirkung entfalten kann. Silvester folgt mit seinen Worten jedoch keiner Formelhaftigkeit. Er bannt den Drachen somit nicht mit den magischen Kräften einer Zauberformel, vielmehr gelingt ihm der Sieg über das Ungeheuer auf Grund der Realpräsenz des Apostels Petrus in dessen Reliquien. In ebendieser Bannung unterscheidet sich der hagiographische Drachenkampf vom höfischen. Während die Helden den Drachen meist töten, um ihn zu besiegen, verbannt der Heilige ihn lediglich. Der Drache muss sein Dasein in der Höhle fristen, bis der Tag des Jüngsten Gerichts kommt und so analog zu den Teufeln über dessen Schicksal entschieden wird. Dabei führen nicht die Waffen Silvester zum Sieg, es ist sein Glaube, dem er den Sieg über das ordnungsgefährdende Ungeheuer zu verdanken hat. Wie bereits in der Inhaltszusammenfassung angesprochen, führt Silvesters Sieg zur Bekehrung der Heiden und deren Taufe. Somit verkörpere der Drache nach Hammer in gewisser Weise das Heidentum, von dem die Menschen durch dessen Bannung befreit würden. Der Heilige befreit die Menschen auf diese Weise sowohl von weltlichen als auch von geistlichen Nöten. Schließlich erfolgt eine Neuordnung der Verhältnisse. Silvester sorgt für eine dauerhafte und ideale Ordnung, das Christentum. [Hammer 2010: 153-160] Folglich lässt sich nach Bleumer das folgende Schema für die Erzählung entwerfen: „Das Martyrium führt zum Bekenntnis, das Bekenntnis führt zum Wunder, das Wunder führt zur Umkehr der anderen.“ [Bleumer 2010: 245] Dabei wird ersichtlich, dass die Legende von Konrad von Würzburg sowohl eine syntagmatische als auch eine paradigmatische Organisation aufweist. Somit werden die beiden Grundformen von Handlungsverläufen, Märtyrerlegende und Bekennerlegende, miteinander vermischt. Die Form der Märtyrerlegende beschreibt nach Edith Feistner eine recht simple Struktur, deren Grundmuster aus Verhör, Haft und Hinrichtung besteht. [Feistner 1995: 23-48] Somit ergibt sich die Struktur Anfang, Mitte, Schluss. Hingegen weist die Bekennerlegende keine derartige syntagmatische Organisation auf, vielmehr ist sie paradigmatisch und tendiert zum seriellen Geschehen. Der Heilige muss in einer Reihe von Ereignissen seinen Glauben bekennen oder es kommt in diesen Ereignisreihen, die die Handlung darstellen, zu Wundern. Bei Konrads von Würzburg Silvesterlegende finden sich gleichermaßen derartige syntagmatische Organisationen. So werden auch hier die Christen wiederholt verfolgt, bis Silvester sie rettet. Hierbei wird das Bekenntnis syntagmatisch umgewertet, da es zur Begründung der Aufhebung dieses Martyriums dient. Doch finden sich auch paradigmatische Elemente, da ebendiese syntagmatische Erklärung zur Nachfolge auffordert. Eine derartige Korrelation zwischen Martyrium und Bekenntnis setzt sich in der gesamten Legende fort. Folglich resultiert aus der Geschichte des Heiligen Timotheus das Bekenntnis Silvesters. Letzterer wiederum sorgt auf Grund seines Bekenntnisses und dem darauffolgenden Wunder dafür, dass sich die Heiden unterwerfen, wodurch die Umkehrbewegung zum Christentum initiiert wird. Auch der Leser wird durch die Wahrnehmung der Legende zum Nachfolgen des Vorbildes Silvesters angeregt. Somit ist die Geschichte vorgängig wirksam und geht gleichermaßen über den Text hinaus. [Bleumer 2010: 238-251]
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*[*Bleumer 2010] Bleumer, Hartmut: Historische Narratologie. Metalegendarisches Erzählen im Silvester Konrads von Würzburg, hg. von Harald Haferland, Berlin u.a. 2010, S. 231-262.
*[*Bleumer 2010] Bleumer, Hartmut: Historische Narratologie. Metalegendarisches Erzählen im Silvester Konrads von Würzburg, hg. von Harald Haferland, Berlin u.a. 2010, S. 231-262.
*[*Hammer 2010] Hammer, Andreas: Der heilige Drachentöter. Transformationen eines Strukturmusters, hg. von Andreas Hammer, Heidelberg 2010 (Germanisch-romanische Monatsschrift 42), S. 143-180).
*[*Feistner 1995] Feistner, Edith: Historische Typologie der deutschen Heiligenlegende des Mittelalters von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis zur Reformation, Wiesbaden 1995 (Wissensliteratur im Mittelalter 20).
*[*Hammer 2010] Hammer, Andreas: Der heilige Drachentöter. Transformationen eines Strukturmusters, hg. von Andreas Hammer, Heidelberg 2010 (Germanisch-romanische Monatsschrift 42), S. 143-180.
*[*Kliege-Biller 2000] Kliege-Biller, Herma: ... und ez in tiusch getihte bringe von latîne. Studien zum Silvester Konrads von Würzburg auf Basis der Actus Silvestri, Münster 2000.
*[*Kliege-Biller 2000] Kliege-Biller, Herma: ... und ez in tiusch getihte bringe von latîne. Studien zum Silvester Konrads von Würzburg auf Basis der Actus Silvestri, Münster 2000.
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Version vom 22. März 2021, 21:01 Uhr