Der Richter und der Teufel (Der Stricker): Unterschied zwischen den Versionen

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Am Markt angekommen, sehen die beiden, wie eine Frau ein Schwein zum Teufel wünscht, danach ein Rind und als letztes ein Kind. Jedes Mal fordert der Richter den Teufel dazu auf zuzugreifen. Der Teufel lehnt dies allerdings ab, da ihm bewusst ist, dass diese Aussagen nicht ernst gemeint sind.  
Am Markt angekommen, sehen die beiden, wie eine Frau ein Schwein zum Teufel wünscht, danach ein Rind und als letztes ein Kind. Jedes Mal fordert der Richter den Teufel dazu auf zuzugreifen. Der Teufel lehnt dies allerdings ab, da ihm bewusst ist, dass diese Aussagen nicht ernst gemeint sind.  
Letztendlich begegnen der Richter und der Teufel einer alten Frau, die den Richter erblickt und ihn anklagt, denn er habe ihr ihre einzige Kuh genommen, die das letzte war, was sie ihren Besitz nennen konnte. Sie wünscht sich den Richter zum Teufel. Der Teufel stellt fest, dass diese Aussage ernst gemeint sei, packt sich dabei den Richter und fliegt mit ihm davon.
Letztendlich begegnen der Richter und der Teufel einer alten Frau, die den Richter erblickt und ihn anklagt, denn er habe ihr ihre einzige Kuh genommen, die das letzte war, was sie ihren Besitz nennen konnte. Sie wünscht sich den Richter zum Teufel. Der Teufel stellt fest, dass diese Aussage ernst gemeint sei, packt sich dabei den Richter und fliegt mit ihm davon.
=''Gevüegiu kündikeit''=
Das Märe Der Richter und der Teufel thematisiert das Zusammenspiel von Recht und Gewalt. Im Vergleich zu anderen Mären zielt dieses Märe stärker auf die Verdeutlichung des Ordo-Bezugs.
Im Mittelpunkt steht der Richter, der durch einen Widerspruch in seiner Rolle und seinem tatsächlichen Verhalten gekennzeichnet ist.  Auch wenn man zunächst davon ausgeht, dass das Märe  von der richtigen Einschätzung des Richters handelt, geht es vielmehr um das Problem von dessen Überführung und Bestrafung. Der Richter tritt als Verwalter des Rechts auf, wodurch die Misere nahezu perfekt erscheint.
Im Laufe des Dialogs zwischen Richter und Teufel, nimmt das Unrecht des Richters immer konkretere Züge an. Er selbst sieht sich in einer hohen Gewalt, die sonst nur Gott zukommt. Dadurch drückt sich seine Sündhaftigkeit als Todsünde der Superbia aus.[Ragotzky 1981: 129] Der Teufel dagegen ist die Inkarnation der Superbia. Dem Richter gegenüber ist er jedoch in einer ungeordneten Position. Das Erscheinen des Teufels wird durch eine Unmenge an Sünden beschworen, er agiert als ein Werkzeug Gottes, wodurch er in seinem Handeln an das Recht gebunden ist.  In Bezug auf ''gevüege kündikeit'' erscheint der Teufel allerdings nicht als Versucher, sondern als der Sendbote Gottes. Seine Aufgabe besteht darin, die Ordo wiederherzustellen und den Richter dementsprechend zu richten. Als Instrument Gottes ist es seine Aufgabe die Sündhaftigkeit des Richters zu erkennen und eine Situation herzustellen, in der dessen Sündhaftigkeit offenbart wird. Das Ziel ist es, den Richter an seiner eigenen Willkür scheitern zu lassen. Diese Situation scheint zunächst paradox, dennoch handelt der Teufel im Sinne der ''gevüegen kündikeit''.[Ragotzky 1981: 131] In der Position des Unterlegenen prüft er demnach die Sündhaftigkeit des Richters, indem er dessen Rechtsbewusstsein hinterfragt.  Am Ende ist es der Richter selbst, der seine Rechtsunfähigkeit begründet und somit auch sein eigenes Urteil fällt. Die Provokation wendet sich somit an ihren Urheber, indem die Forderung des Richters, mit dem Teufel mitzugehen, ihn zu dessen einzigen Opfer macht.[Grubmüller 2006: 86]
Was zunächst nach einem Widerspruch aussieht, erklärt sich schließlich am Ende des Märes. Der Richter, der sich selbst in der übergeordneten Rolle sieht, entpuppt sich am Ende als Verlierer.[Ragotzky 1981: 133]Das Märe zeigt also, dass ''kündikeit'' das zentrale Thema darstellt. Die ''Gevüegiu kündikeit'' wirkt sozial konstruktiv , hat aber als eigentliches Ziel, die göttliche Ordnung zu wahren und wiederherzustellen. Das Zusammenspiel der Rollen, stellt in diesem Zusammenhang eine wichtige Bedingung für die von Gott gewollte Ordnung der Welt dar.
=Literaturverzeichnis=
*[*Ragotzky 1981] Ragotzky, Hedda: Gattungserneuerungen und Laienzuweisung in Texten des Strickers, Tübingen 1981.
*[*Grubmüller 2006] Grubmüller, Klaus: Die Ordnung, der Witz und das Chaos. Eine Geschichte der europäischen Novellisten im Mittelalter: Fabliau- Märe- Novelle, Tübingen 2006.

Aktuelle Version vom 18. April 2024, 15:30 Uhr

Handlung

Das Märe handelt von einem Richter, der als ungerecht, geizig und rücksichtslos beschrieben wird. An einem Morgen reitet er aus, um seinen Lieblingsweinberg zu besichtigen. Dort begegnet ihm ein vornehm begleiteter Mann. Der Richter erkundigt sich nach der herkunft des Mannes, dieser antwortet jedoch, dass es besser für ihn sei, nicht zu wissen wer er ist und woher er kommt. Daraufhin droht ihm der Richter mit dem Tod und der Fremde gibt sich als Teufel zu erkennen. Daraufhin gibt der Höllenfürst dem Richter zu verstehen, dass ihm die Macht gegeben worden ist, alles mit sich zu nehmen, was er möchte. Der Richter verlangt infolgedessen, um zu sehen, was der Teufel mit sich nimmt. Dieser versucht es ihm allerdings auszureden, woraufhin der Richter sich auf Gott beruft und der Teufel dazu gezwungen ist, den Juristen mit sich zu nehmen. Am Markt angekommen, sehen die beiden, wie eine Frau ein Schwein zum Teufel wünscht, danach ein Rind und als letztes ein Kind. Jedes Mal fordert der Richter den Teufel dazu auf zuzugreifen. Der Teufel lehnt dies allerdings ab, da ihm bewusst ist, dass diese Aussagen nicht ernst gemeint sind. Letztendlich begegnen der Richter und der Teufel einer alten Frau, die den Richter erblickt und ihn anklagt, denn er habe ihr ihre einzige Kuh genommen, die das letzte war, was sie ihren Besitz nennen konnte. Sie wünscht sich den Richter zum Teufel. Der Teufel stellt fest, dass diese Aussage ernst gemeint sei, packt sich dabei den Richter und fliegt mit ihm davon.

Gevüegiu kündikeit

Das Märe Der Richter und der Teufel thematisiert das Zusammenspiel von Recht und Gewalt. Im Vergleich zu anderen Mären zielt dieses Märe stärker auf die Verdeutlichung des Ordo-Bezugs. Im Mittelpunkt steht der Richter, der durch einen Widerspruch in seiner Rolle und seinem tatsächlichen Verhalten gekennzeichnet ist. Auch wenn man zunächst davon ausgeht, dass das Märe von der richtigen Einschätzung des Richters handelt, geht es vielmehr um das Problem von dessen Überführung und Bestrafung. Der Richter tritt als Verwalter des Rechts auf, wodurch die Misere nahezu perfekt erscheint. Im Laufe des Dialogs zwischen Richter und Teufel, nimmt das Unrecht des Richters immer konkretere Züge an. Er selbst sieht sich in einer hohen Gewalt, die sonst nur Gott zukommt. Dadurch drückt sich seine Sündhaftigkeit als Todsünde der Superbia aus.[Ragotzky 1981: 129] Der Teufel dagegen ist die Inkarnation der Superbia. Dem Richter gegenüber ist er jedoch in einer ungeordneten Position. Das Erscheinen des Teufels wird durch eine Unmenge an Sünden beschworen, er agiert als ein Werkzeug Gottes, wodurch er in seinem Handeln an das Recht gebunden ist. In Bezug auf gevüege kündikeit erscheint der Teufel allerdings nicht als Versucher, sondern als der Sendbote Gottes. Seine Aufgabe besteht darin, die Ordo wiederherzustellen und den Richter dementsprechend zu richten. Als Instrument Gottes ist es seine Aufgabe die Sündhaftigkeit des Richters zu erkennen und eine Situation herzustellen, in der dessen Sündhaftigkeit offenbart wird. Das Ziel ist es, den Richter an seiner eigenen Willkür scheitern zu lassen. Diese Situation scheint zunächst paradox, dennoch handelt der Teufel im Sinne der gevüegen kündikeit.[Ragotzky 1981: 131] In der Position des Unterlegenen prüft er demnach die Sündhaftigkeit des Richters, indem er dessen Rechtsbewusstsein hinterfragt. Am Ende ist es der Richter selbst, der seine Rechtsunfähigkeit begründet und somit auch sein eigenes Urteil fällt. Die Provokation wendet sich somit an ihren Urheber, indem die Forderung des Richters, mit dem Teufel mitzugehen, ihn zu dessen einzigen Opfer macht.[Grubmüller 2006: 86]

Was zunächst nach einem Widerspruch aussieht, erklärt sich schließlich am Ende des Märes. Der Richter, der sich selbst in der übergeordneten Rolle sieht, entpuppt sich am Ende als Verlierer.[Ragotzky 1981: 133]Das Märe zeigt also, dass kündikeit das zentrale Thema darstellt. Die Gevüegiu kündikeit wirkt sozial konstruktiv , hat aber als eigentliches Ziel, die göttliche Ordnung zu wahren und wiederherzustellen. Das Zusammenspiel der Rollen, stellt in diesem Zusammenhang eine wichtige Bedingung für die von Gott gewollte Ordnung der Welt dar.

Literaturverzeichnis

  • [*Ragotzky 1981] Ragotzky, Hedda: Gattungserneuerungen und Laienzuweisung in Texten des Strickers, Tübingen 1981.
  • [*Grubmüller 2006] Grubmüller, Klaus: Die Ordnung, der Witz und das Chaos. Eine Geschichte der europäischen Novellisten im Mittelalter: Fabliau- Märe- Novelle, Tübingen 2006.