Sigune (Wolfram von Eschenbach, Parzival): Unterschied zwischen den Versionen

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===Sîgune auf der Linde (Pz. 249,11 – 255,30)===
===Sîgune auf der Linde (Pz. 249,11 – 255,30)===
Als Parzival das zweite Mal Sigune begegnet erkennt er sie nicht wieder, da sie durch das große Leid, welches sie als von Gott gesandt ansieht (Pz. 252, 20-22), ihre Schönheit verlor. Es wird ein weiteres Mal deutlich wie sehr sie sich der Klage um Schianatulander hingibt, wodurch wiederum ihre ewige Treue als eine der wichtigen Charaktereigenschaften hervortritt. Diese ewige Treue ist auch Grund dafür, dass sie das Angebot Parzivals den Leichnam zu begraben, ausschlägt. Sie vermag es noch nicht sich von ihrem Geliebten zu trennen. Bezeichnend ist allerdings, dass sie trotz ihres großen Leids zu enormer Nächstenliebe in der Lage ist. Sie bringt ihr tiefes Mitleid gegenüber dem schwer kranken  Anfortas zum Ausdruck und sagt, dass das einzige was ihr noch Freude bereiten könnte die Erlösung [[Anfortas (wolfram von Eschenbach, Parzival)|Anfortas]] von seinem Leid wäre. Als sie dann allerdings erfährt, dass Parzival es versäumte Anfortas die erlösende Frage zu stellen, wirft sie ihm Feigheit  vor und verflucht ihn als ehrlosen Mann. Die bisher als vom Leid überwältigte, seelisch erschütterte junge Frau zeigt hier, zu welcher Boshaftigkeit und Stärke sie in der Lage ist.
Als Parzival das zweite Mal Sigune begegnet erkennt er sie nicht wieder, da sie durch das große Leid, welches sie als von Gott gesandt ansieht (Pz. 252, 20-22), ihre Schönheit verlor. Es wird ein weiteres Mal deutlich wie sehr sie sich der Klage um Schianatulander hingibt, wodurch wiederum ihre ewige Treue als eine der wichtigen Charaktereigenschaften hervortritt. Diese ewige Treue ist auch Grund dafür, dass sie das Angebot Parzivals den Leichnam zu begraben, ausschlägt. Sie vermag es noch nicht sich von ihrem Geliebten zu trennen. Bezeichnend ist allerdings, dass sie trotz ihres großen Leids zu enormer Nächstenliebe in der Lage ist. Sie bringt ihr tiefes Mitleid gegenüber dem schwer kranken  Anfortas zum Ausdruck und sagt, dass das einzige was ihr noch Freude bereiten könnte die Erlösung [[Anfortas (Wolfram von Eschenbach, Parzival)|Anfortas]] von seinem Leid wäre. Als sie dann allerdings erfährt, dass Parzival es versäumte [[Anfortas (Wolfram von Eschenbach, Parzival)|Anfortas]] die erlösende Frage zu stellen, wirft sie ihm Feigheit  vor und verflucht ihn als ehrlosen Mann. Die bisher als vom Leid überwältigte, seelisch erschütterte junge Frau zeigt hier, zu welcher Boshaftigkeit und Stärke sie in der Lage ist.


===Sîgune als Klausnerin (Pz. 435,1 – 442,26)===
===Sîgune als Klausnerin (Pz. 435,1 – 442,26)===

Version vom 2. Juni 2012, 13:24 Uhr

Als Tochter Schoysianes und Kyots ist Sîgune eine Cousine Parzivals und ebenfalls Mitglied der Gralssippe. Im Handlungsverlauf von Wolfram von Eschenbachs Parzival kommt es zu insgesamt vier Begegnungen zwischen Sîgune und dem Protagonisten. Diese sind prägend für Parzivals persönliche Entwicklung und stellen Wendepunkte in seinem Leben dar. Eine der Besonderheiten der Figur Sîgunes ist, dass Wolfram von Eschenbach im Nachhinein den Titurel verfasste, in welchem ihre Vorgeschichte vorallem aber die Liebesbeziehung zu Schîânatulander dargestellt wird.

Die vier Sîgune-Szenen

Sîgune am Felsenhang (Pz. 138,9 – 142,2)

Nach dem tragischen Tod ihres Geliebten Schîânatulanders sich Sîgune in den Wald zurückgezogen um ein Dasein in Klage um den Verstorbenen zu fristen. Auf der Suche nach dem Arthushof wird Parzival auf schreckliche Klagerufe aufmerksam, denen er sogleich nachfolgt. Kurze Zeit später trifft er auf Sîgune, die wehklagend ihren toten Geliebten im Schoß hält. Die Trauer um den Ritter Schîânatulander scheint sie zu überwältigen. Ihre Verzweiflung spiegelt ihre tiefe Liebe wieder. Der Tod nahm ihr nicht nur den Geliebten sondern auch all ihre Hoffnung auf persönliches Glück. Da er im Dienst um sie sein Leben ließ klagt sie sich schließlich selbst an.

ich hete kranke sinne, Schwachsinnig war ich,
daz ich im niht minne gap: daß ich ihm nicht Liebe geben wollte!
des hât der sorgen urhap So hat denn der erste Grund allen Leids
mir freude verschrôten: auch mein Glück zerhauen.
nu minne i´n alsô tôten. Jetzt bin ich die Geliebte dieses Toten.

[1]

Diese Selbstvorwürfe Sigunes steigern sich zu Selbsthass, der zerstörerische Züge annimmt:

dâ brach frou Sigûne Da riß die edle Sigûne
ir langen zöpfe brûne ihre langen Zöpfe, die braunen,
vor jâmer ûzer swarten. vor Jammer aus der Kopfhaut

[2]

Auffällig ist bereits in dieser ersten Szene Sîgunes besondere Art der minne und triwe. Ihre Liebe überdauert den Tod und somit wird sie zur „Geliebten des Toten“ (Pz. Übersetzung: 141, 23-24) und sagt wie selbstverständlich: „Nu minne i´n alsô tôten." [3] Als Parzival verkündet den Tod Schîânatulanders rächen zu wollen, weißt sie ihm die falsche Richtung, weil sie um sein Leben fürchtet und nicht noch einen Toten beklagen möchte, der für sie das Leben ließ. Gleichzeitig verneint sie somit auch jede Art von Tröstung und verhindert dadurch die Linderung ihres Leids, sodass sie sich weiterhin völlig dem Schmerz und der Kasteiung hingeben kann. Desweiteren tritt Sîgune als eine Art Wegweiserin in Parzivals Leben und ermöglicht ihm den „ersten Schritt zur Selbsterkenntnis“ [4] . Parzival erfährt von ihr seinen Namen und seine Herkunft, somit ebenfalls, dass Sigune seine Cousine ist und er Erbe dreier Königreiche.


Sîgune auf der Linde (Pz. 249,11 – 255,30)

Als Parzival das zweite Mal Sigune begegnet erkennt er sie nicht wieder, da sie durch das große Leid, welches sie als von Gott gesandt ansieht (Pz. 252, 20-22), ihre Schönheit verlor. Es wird ein weiteres Mal deutlich wie sehr sie sich der Klage um Schianatulander hingibt, wodurch wiederum ihre ewige Treue als eine der wichtigen Charaktereigenschaften hervortritt. Diese ewige Treue ist auch Grund dafür, dass sie das Angebot Parzivals den Leichnam zu begraben, ausschlägt. Sie vermag es noch nicht sich von ihrem Geliebten zu trennen. Bezeichnend ist allerdings, dass sie trotz ihres großen Leids zu enormer Nächstenliebe in der Lage ist. Sie bringt ihr tiefes Mitleid gegenüber dem schwer kranken Anfortas zum Ausdruck und sagt, dass das einzige was ihr noch Freude bereiten könnte die Erlösung Anfortas von seinem Leid wäre. Als sie dann allerdings erfährt, dass Parzival es versäumte Anfortas die erlösende Frage zu stellen, wirft sie ihm Feigheit vor und verflucht ihn als ehrlosen Mann. Die bisher als vom Leid überwältigte, seelisch erschütterte junge Frau zeigt hier, zu welcher Boshaftigkeit und Stärke sie in der Lage ist.

Sîgune als Klausnerin (Pz. 435,1 – 442,26)

Bei der dritten Begegnung erscheint Sigune als Klausnerin. Die Jahre in Trauer und asketischem Dasein nahmen ihre all ihre Schönheit, sodass Parzival sie anfangs nicht wiedererkennt. Sie hat Schionatulander in der Klause begraben und verbringt die Tage betend über den Sarg gebeugt, verharrt somit in ihrer Trauer und völliger Hingabe zu Gott. Durch das Begräbnis scheint sich Sîgune nun mit dem Tod ihres Geliebten zu arrangieren und sucht nun Trost im Gebet. Doch, ob sie auf durch die Zuwendung zu Gott auf der Suche nach Heilung ihrer Trauer ist, ist fraglich, da sie sich parallel völlig aus dem gesellschaftlichen Leben zurückgezogen hat und jedem irdischen Glück widersagt. Auch ihre Schönheit, welche als Merkmal einer lebensbejahenden Einstellung angesehen werden kann, verlor Sîgune im Laufe der Zeit.

ir dicker munt heiz rôt gevar Ihre vollen Lippen,heiß und von roter Farbe,
was dô erblichen unde bleich, waren erblichen und bleich seit damals,
sît werltlîch freude ir gar gesweich. als das Glück der Menschenwelt sie verriet.
ez erleit nie magt sô hôhen pîn: Nie hat ein Mädchen so hohen Schmerz leiden müssen.
durch klage si muoz al eine sîn. Der KLage hingegeben lebt sie in Einsamkeit

[5]

Auch nach Jahren hält sie fest an der Liebe zu Schîânatulander und bleibt ihm über den Tod hinaus treu. Sie scheint sich ihm auch der Liebe schuldig zu fühlen, die sie ihm zu Lebzeiten nicht gewährte, wobei er wiederum um der Liebe Willen für sie starb. (Pz. 436, 1-3). Als Zeichen ihrer Treue trägt sie noch immer den Verlobungsring, der für sie auch vor Gott die Ehe zu Schîânatulander besiegelt. Sîgune stellt ihre ewige Treue allerdings nicht nur als freie Entscheidung dar, sondern der Ring fesselt sie an die Trauer, die dadurch passive Züge erhält.

daz ist ob mîner triwe ein slôz, Er ist eine Fessel meiner Treue
vonme herzen mîner ougen vlôz. und macht, daß mein Herz sich ausgießt mit den Augen.

[6]

Schließlich vergibt Sîgune, die Parzival bei ihrer letzten Begegnung verfluchte, ihrem Cousin und wünscht ihm Gottes helfende Hand auf seinem weiteren Weg. Sie rät ihm Cundrie zu nachzureiten, unterstützt Parzival somit bei seiner Suche und beeinflusst somit wieder als Beraterin Parzivals folgende Handlung.

Sîgunes Tod

Auf dem Weg nach Munsalvaesche fragt Parzival, der erst kürzlich zum Gralsritter berufen worden ist, die Gralsritter, welche ihn begleiten, nach der Klausnerin Sîgune. Tatsächlich, so sagen sie, wohne sie noch immer dort in dieser Klause. Sie bewundern Sîgune für ihre Treue und loben sie als rehter güete ein arke (eine Arche rechter Güte) [7]. Durch diesen Ausspruch wird deutlich, dass Sîgune auf ihr gesamtes Umwelt einen prägenden Eindruck macht und sich als besonders Charakterstarke Person auszeichnet. Als Parzival und seine Begleiter daraufhin die Klause aufsuchen, finden sie Sigune tot auf, in kniender Haltung vor dem Sarg ihres Geliebten. „Sigune ist ihrem Geliebten nachgestorben“ [8] und findet somit der sêle ruowe >ref> Pz. 499, 30 </ref> . Parzival lässt das Grab Schîânatulander aufbrechen und Sîgunes neben seinen Leichnam legen. So sind die Liebenden im Tode wiedervereint.









<references>

  1. Pz. 141,20-24
  2. Pz. 138, 17-19
  3. Pz. 141, 23-34
  4. Bumke, 2004: S.58
  5. Pz. 435, 26-30
  6. Pz. 440, 15-16
  7. Prz. 804, 16
  8. Bumke 2004: S.120