Die Erzählstruktur des Reinhart Fuchs als Interpretationsgrundlage: Unterschied zwischen den Versionen
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
K (Textersetzung - „<HarvardReferences />“ durch „“) |
||
(23 dazwischenliegende Versionen von einem anderen Benutzer werden nicht angezeigt) | |||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
Gegenstand der Sitzung | == Poetologische Selbstreflexionen: Autor und Werk == | ||
{| | |||
|- | |||
! Mittelhochdeutsch !! Übersetzung | |||
|- | |||
| nv vernemet seltzene dinc || | |||
|- | |||
| vnde vremde mere, || | |||
|- | |||
| '''der die glichesere''' || [Tips: "der die" => "die der"; glichesere s. Wörterbuch >> mhd. gelîchsnaere = 'Heuchler'] | |||
|- | |||
| v kvnde geit, wen sie sint '''gewerlich.''' || | |||
|- | |||
| [] er ist geheizen Heinrich, || | |||
|- | |||
| der hat '''die bvch zesamene geleit''' || | |||
|- | |||
| von Isengrines arbeit. || | |||
|- | |||
|} (RF V. 9819, 1784-1790) | |||
== Diskussionsgrundlage: Forschungstexte == | |||
Gegenstand der Sitzung sind zwei Grundlagentexte von Kurt Ruh [Ruh 1980] und Karl Bertau [Bertau 1983], die ihre Interpretationsskizzen zum ''Reinhart Fuchs'' auf den Erzählaufbau des Textes stützen. Ziel der Sitzung ist, die Strukturierungsvorschläge zu vergleichen, methodisch zu prüfen und ihre interpretatorischen Schlüsse zu diskutieren. | |||
<br /> | |||
Aufgabenschritte:<br /> | |||
'''(1.) Struktur:''' Wie ist nach Ruh bzw. Bertau der ''Reinhart Fuchs'' aufgebaut? <br /> | |||
A. Ruh (1980): | |||
* Ungerade Episodenanzahl und Mittelzäsur bei Isengrins Unheilsgeschichte und Hoftag mit klassisch-episch / sukzessiver Anordnung (= syntagmatische Reihung) | |||
* zu Beginn Aventiurenreihe mit 375 Versen(Reinharts schlechter Tag = "Vorspiel"), danach unterteilt in zwei gleich große Hauptteile ( zu jeweils 7 Szenen): Teil 1 "Fuchs-Wolf-Auseinandersetzung" und Teil 2 "König Vrevels Hoftag".<br /> | |||
B. Bertau (1983): | |||
* Episodensammlung (paradigmatisch), statt Episodenreihung | |||
* Simultanlogische Lektüre: keine zwingend-kausale Folge der Episoden; Vielmehr beliebige, exemplarsiche Auswahl von Taten des Helden. | |||
* 3 Teile, je 7 Episoden; Zentrum stellt Teil B dar | |||
* alternativ denkbar: sukzessivlogische Tendenzen (s. Ruh)<br /> | |||
'''(2.) Methodik''': Wie ermitteln Ruh bzw. Bertau diese Struktur?<br /> | |||
<br /> | |||
A. Ruh (1980): | |||
<!-- | |||
* quantitativ: beide Großteile entsprechen sich ungefähr im Versumfang | |||
* die beiden Versionen der Texte werden kontrastiert | |||
* strukturelle Ähnlichkeiten der beiden Teile werden hervorgehoben | |||
* "Zentralkomposition" als Gliederungsprinzip<br /> | |||
--> | |||
<br /> | |||
B. Bertau (1983): | |||
<!-- | |||
* Situationsfolge: nicht zwingend; raümlich nebeneinander und beliebig | |||
* jede Episode ist in sich am Ziel | |||
* jedoch nicht ohne Finalität | |||
* anstatt sukzessivlogischer Folge der Episoden: räumlich-statische Komposition | |||
--> | |||
<br /> | |||
'''(3.) Interpretation''': Welche Deutungen leiten Ruh bzw. Bertau aus ihren Strukturbeschreibungen ab?<br /> | |||
A. Ruh (1980): | |||
<!-- | |||
*"Reinhart Fuchs" als Zusammenführung und Erweiterung bereits bestehender Erzählungen (Isengrins not). | |||
* Anspielungen auf elsässische Verhältnisse | |||
* politische Kritik: antistaufische Haltung des Autors | |||
* "Warnfabel": "ritterliche Idealwelt" wird unterhöhlt | |||
* kombiniert im zweiten Teil Hoftag, Klage und missglückte Botschaften mit Krankheit des Königs und Heilung durch Wolfsfell | |||
--> | |||
<br /> | |||
B. Bertau (1983): | |||
<!-- | |||
* ein einzelnes Ereignis ist ein Gleichnis für typische im Allgemein-menschlichen anzutreffende Situation | |||
* einzelne Episoden als expemlarische Taten des Helden: Der (Anti-)Held selbst wird zu einer allegorischen Verkörperung des Bösen. | |||
* satirische Kritik an den Ständen und der höfischen Welt -> nicht konstruktiv, sondern Heinrich sieht die Welt "ganz schwarz" ! (totaler destruktiver "Einspruch") | |||
--> | |||
<br /> | |||
Sichern Sie Ihre Antworten stichpunktartig in einem kollaborativen [https://cryptpad.fr/pad/#/2/pad/edit/DgVltlb9kYrTQ4ScjNix-Yco/ Dokument auf Cryptpad ]. | |||
Zeile 12: | Zeile 99: | ||
== Verwendete Literatur == | == Verwendete Literatur == | ||
* [*Bertau 1983] Bertau, Karl: 'Reinhart Fuchs'. Ästhetische Form als historische Form, in: ders.: Über Literaturgeschichte. Literarischer Kunstcharakter und Geschichte in der höfischen Epik um 1200, München 1983, S. 19-29. | * [*Bertau 1983] Bertau, Karl: 'Reinhart Fuchs'. Ästhetische Form als historische Form, in: ders.: Über Literaturgeschichte. Literarischer Kunstcharakter und Geschichte in der höfischen Epik um 1200, München 1983, S. 19-29. | ||
* [*Ruh 1980] Ruh, Kurt: Höfische Epik des deutschen Mittelalters. Bd. 2: 'Reinhart Fuchs', 'Lanzelet', Wolfram von Eschenbach, Gottfried von Straßburg, Berlin 1980 (Grundlagen der Germanistik 25), S. 13-33. | * [*Ruh 1980] Ruh, Kurt: Höfische Epik des deutschen Mittelalters. Bd. 2: 'Reinhart Fuchs', 'Lanzelet', Wolfram von Eschenbach, Gottfried von Straßburg, Berlin 1980 (Grundlagen der Germanistik 25), S. 13-33. |
Aktuelle Version vom 22. April 2024, 10:16 Uhr
Poetologische Selbstreflexionen: Autor und Werk
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
---|---|
nv vernemet seltzene dinc | |
vnde vremde mere, | |
der die glichesere | [Tips: "der die" => "die der"; glichesere s. Wörterbuch >> mhd. gelîchsnaere = 'Heuchler'] |
v kvnde geit, wen sie sint gewerlich. | |
[] er ist geheizen Heinrich, | |
der hat die bvch zesamene geleit | |
von Isengrines arbeit. |
(RF V. 9819, 1784-1790)
Diskussionsgrundlage: Forschungstexte
Gegenstand der Sitzung sind zwei Grundlagentexte von Kurt Ruh [Ruh 1980] und Karl Bertau [Bertau 1983], die ihre Interpretationsskizzen zum Reinhart Fuchs auf den Erzählaufbau des Textes stützen. Ziel der Sitzung ist, die Strukturierungsvorschläge zu vergleichen, methodisch zu prüfen und ihre interpretatorischen Schlüsse zu diskutieren.
Aufgabenschritte:
(1.) Struktur: Wie ist nach Ruh bzw. Bertau der Reinhart Fuchs aufgebaut?
A. Ruh (1980):
- Ungerade Episodenanzahl und Mittelzäsur bei Isengrins Unheilsgeschichte und Hoftag mit klassisch-episch / sukzessiver Anordnung (= syntagmatische Reihung)
- zu Beginn Aventiurenreihe mit 375 Versen(Reinharts schlechter Tag = "Vorspiel"), danach unterteilt in zwei gleich große Hauptteile ( zu jeweils 7 Szenen): Teil 1 "Fuchs-Wolf-Auseinandersetzung" und Teil 2 "König Vrevels Hoftag".
B. Bertau (1983):
- Episodensammlung (paradigmatisch), statt Episodenreihung
- Simultanlogische Lektüre: keine zwingend-kausale Folge der Episoden; Vielmehr beliebige, exemplarsiche Auswahl von Taten des Helden.
- 3 Teile, je 7 Episoden; Zentrum stellt Teil B dar
- alternativ denkbar: sukzessivlogische Tendenzen (s. Ruh)
(2.) Methodik: Wie ermitteln Ruh bzw. Bertau diese Struktur?
A. Ruh (1980):
B. Bertau (1983):
(3.) Interpretation: Welche Deutungen leiten Ruh bzw. Bertau aus ihren Strukturbeschreibungen ab?
A. Ruh (1980):
B. Bertau (1983):
Sichern Sie Ihre Antworten stichpunktartig in einem kollaborativen Dokument auf Cryptpad .
Verwendete Literatur
- [*Bertau 1983] Bertau, Karl: 'Reinhart Fuchs'. Ästhetische Form als historische Form, in: ders.: Über Literaturgeschichte. Literarischer Kunstcharakter und Geschichte in der höfischen Epik um 1200, München 1983, S. 19-29.
- [*Ruh 1980] Ruh, Kurt: Höfische Epik des deutschen Mittelalters. Bd. 2: 'Reinhart Fuchs', 'Lanzelet', Wolfram von Eschenbach, Gottfried von Straßburg, Berlin 1980 (Grundlagen der Germanistik 25), S. 13-33.