Benutzerin:Ina Klompmaker: Unterschied zwischen den Versionen
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==Winterlied 10== | |||
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! Mittelhochdeutsch !! Übersetzung | |||
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| Dô der liebe summer || Als der geliebte Sommer | |||
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| ureloup genam, || sich verabschiedet hatte, | |||
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| dô muose man der tänze || da musste man die Tänze | |||
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| ûfm anger gar verphlegen. || auf dem Ackerland gänzlich aufgeben. | |||
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| des gewan sît kummer || Daher bekam der | |||
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| der herre Gunderam: || Herr Gunderam Kummer: | |||
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| der muose ouch sîn gestränze || Der musste ebenfalls sein müssiges Umherlaufen | |||
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| dô lazzen under wegen. || bisweilen unterlassen. | |||
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| der ist bickelmeister disen winder: || Der ist Aufseher beim Würfelspiel diesen Winter: | |||
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| oeder gouch ist in dem lande ninder, || einen närrischen Toren gibt es in diesem Land keineswegs; | |||
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| sîn rûmegazze kaphet zallen zîten wol hin hinder. || sein Schwert muss wohl für eine Weile nach hinten zeigen. | |||
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| || <br /> | |||
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| Waz er an den meiden || Was er den Mädchen | |||
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| wunders dâ begât, || Wunderliches dort gewährt hat, | |||
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| ê daz mîn vrouwe Schelle || ehe meine Dame es vollbrachte | |||
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| volender ir gebot! || ihm die Schelle anzubieten! | |||
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| erst vil unbescheiden, || Erst sehr unbestimmt, | |||
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| wan swelhe er bestât, || er hält dem leeren Schlinger stand, | |||
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| diu wirt von slegen helle || dieser wird von den Schlägen schwach | |||
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| und mîdende den spot; || und sie gebührten ihm den Spott; | |||
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| dâ von lâzen alle ir smutzemunden, || da formten alle ein Schmunzeln, | |||
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| des die jungen niht verheln enkunden! || das die Jungen nicht verheimlichen konnten! | |||
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| des hât ir hant von solher meisterschefte dicke enphunden. || Das hat ihre Hand von solcher Meisterlichkeit oft empfunden. | |||
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| || <br /> | |||
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| Immer, sô man vîret, || Immer wenn man feiert, | |||
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| sô hebent sî sich dar || dann machen sie sich dorthin auf | |||
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| mit einer samenunge, || mit einer Zusammenkunft, | |||
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| den ich wol schaden gan. || die ich gegründet habe. | |||
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| Werenbreht der lîret, || Werenbreht spielt die Leier, | |||
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| sô sumbert Sigemâr. || neben Sigemâr, der die Pauke schlägt. | |||
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| daz in dâ misselunge, || Dass ihm das misslingt, | |||
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| daz laege et eben an! || darauf ist es angelegt! | |||
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| daz sich doch vil lîhte mac verrîden: || Da sich das Licht sehr von uns abwenden mag: | |||
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| wellents ir getelse niht vermîden, || wollen sie ihr ... nicht vermeiden, | |||
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| sich mugen zwêne an mîner weibelruoten wol versnîden. || sie können sich zwei von meiner Gerte des Weibels sehr auseinander schneiden. | |||
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| || <br /> | |||
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| Koeme ich zeinem tanze, || Käme ich zu einem Tanz, | |||
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| dâs alle giengen bî, || zu dem alle gingen, | |||
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| dâ wurde ein spil von hende || da wäre ein behendes Spiel | |||
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| mit beiden ekken zuo. || zu beiden Seiten. | |||
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| lîhte geviele ein schanze, || Leicht würde sich ein Glücksspiel ergeben, | |||
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| daz vor mir laegen drî. || sodass vor mir drei Teile liegen würden. | |||
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| ich hielte ez âne wende, || Ich würde es unleugbar halten, | |||
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| verbüte ez einer vruo. || und es einer Frau verbieten. | |||
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| sige und saelde hulfen mir gewinnen, || Sieg und Glück hälfen mir zu gewinnen, | |||
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| daz si halbe müesen dan entrinnen. || dass sie von allen vier Seiten davonlaufen müssten. | |||
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| nu ziehen ûf und lâzen in ir gogelheit zerinnen! || Nun ziehen sie los und lassen ihr ausgelassenes Wesen zerrinnen! | |||
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| || <br /> | |||
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| Sîne weidegenge || Sein Treiben | |||
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| die verewent mich grâ, || lässt mich grau werden, | |||
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| swenn er verwendeclîchen || sobald er | |||
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| vür mîne vrouwen gât. || zu meiner Dame geht. | |||
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| trîbet erz die lenge, || Treibt er es lange, | |||
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| bestât er danne dâ, || und belagert er die Dame lange | |||
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| man hilft im ûz der kîchen, || dann hilft man ihm aus dem Keuchen heraus, | |||
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| daz er vil riuwic stât. || dass er dann viel Reue zeigt. | |||
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| er und etelîcher sîn geselle, || Er und irgendeiner seiner Gesellen, | |||
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| den ich tanzent an ir hant ersnelle, || den ich tanzend immerfort erwische, | |||
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| des sî gewis, ich slahe in, daz sîn offen stât ein elle! || das sei gewiss, ich schlage ihn, dass ihm eine Elle offen steht! | |||
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| || <br /> | |||
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| Im hilft niht sîn treie || Seine Treue hilft ihm nicht | |||
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| noch sîn hiubelhuot; || noch sein Haubenhut; | |||
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| ez wirt im in getrenket: || er wird getränkt: | |||
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| er zuhte ir einen bal. || Er zückte eine Kugel. | |||
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| erst ein toerscher leie; || Er ist ein törichter Laie; | |||
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| sîn tumbelîcher muot || sein törichter Mut | |||
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| der wirt im dâ bekrenket. || wird ihn verletzen. | |||
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| wil er vür Riuwental || Will er für Reuental | |||
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| hin und her sô vil gewentschelieren, || hin und her so sehr gewandelieren, | |||
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| er wirt wol zeteiset under vieren. || er wird wohl ... unter den Vieren. | |||
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| her Werenbreht, waz mag ich des, wirt im der umberieren? || Herr Werenbreht, was kann ich dafür, wenn er taumelt? | |||
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| || <br /> | |||
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| Die wîl ich die klingen || Die will ich klingend | |||
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| um mîne sîten trage, || an meiner Seite tragen, | |||
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| sô darf mir durch mîn sumber || daher darf mit durch meine Pauke | |||
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| niemen stechen nieht. || niemand hindurch stechen. | |||
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| er mouz vil wîte springen: || Er muss sehr weit wegspringen: | |||
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| begrîfe ichn mit dem slage, || Umfasse ich ihn nicht mit dem Schlage, | |||
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| ich slahe in, daz er tumber || schlage ich ihn, dass er taumelt | |||
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| schouwet nimmer lieht. || und nie mehr das Licht wieder erblickt. | |||
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| ich hilf im des lîbes in den aschen || Ich befördere seinen Leib in die Asche | |||
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| und slah im mit willen eine vlaschen, || und schlage ihn willentlich mit einer Flasche, | |||
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| daz im die hunt daz hirne ab der erde müezen naschen. || sodass ihm die Hunde das Hirn von der Erde wegfressen müssen. | |||
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| || <br /> | |||
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| Her Nîthart hât gesungen, || Herr Neidhart hat so gesungen, | |||
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| daz ich in hazzen wil || dass ich ihn dafür hassen will | |||
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| durch mînes neven willen, || durch meines Verwandten Willen, | |||
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| des neven er beschallt. || dessen Verwandten er beschuldigt hat. | |||
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| lieze ers unbetwungen! || Ließe er es doch ohne Zwang! | |||
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| es ist im gar ze vil. || Es ist ihm gar zu viel. | |||
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| enpflæge er sîner grillen || Entzöge er sich seines Zornes | |||
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| und het ouch der gewalt! || und auch der Gewalt! | |||
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| ez ist ein schelten, daz mich freuden letzet. || Es ist ein Schmähen, das meine Freude hemmt. | |||
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| wirt diu weibelroute mir gewetzet, || Wird das Gerichtsschwert mir gewetzt, | |||
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| ich trenne in ûf, daz man wol einen sezzel in in setzet. || trenne ich ihn auf, dass man wohl einen Sessel in ihn setzen könnte. | |||
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==Sommerlied 4== | |||
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! Mittelhochdeutsch !! Übersetzung | |||
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| Heid, anger, walt in fröuden stât; || Heide, Wiese und Wald stehen in Freuden; | |||
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| diu hânt sich bereitet mit ir besten wât || sie haben sich mit ihrer besten Kleidung geschmückt | |||
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| die in der meie hât gesant. || die der Mai ihnen beschert hat. | |||
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| sî wir alle || Alle sind | |||
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| frô mit schalle! || heiter mit Gelärme! | |||
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| sumer ist komen in diu lant. || Der Sommer ist ins Land gekommen. | |||
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| || <br /> | |||
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| Wol ûz der stuben, ir stolzen kint, || Schnell aus der Stube, ihr übermütigen Kinder, | |||
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| lât iuch ûf der strâze sehen! hin ist der scherfe wint || lasst euch auf der Straße sehen! Der strenge Winter ist dahin | |||
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| unde ouch der vil kalte snê. || und mit ihm der sehr kalte Schnee. | |||
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| hebt iuch balde || Begebt auch bald | |||
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| zu dem walde! || in den Wald! | |||
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| vogelîn singent, den was wê. || Die Vögel singen, dennoch gab es Schmerz. | |||
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| || <br /> | |||
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| Diu sint ergetzet leides gar. || Das sind ganz vergessene Leiden. | |||
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| ir sult mirz gelouben! nemt sîn selbe war, || Ihr sollt es mir glauben! Nehmt die Heilung wahr, | |||
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| waz der sumer erzeiget hât! || die der Sommer mir erwiesen hat! | |||
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| er wil rîchen || er wird | |||
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| sicherlîchen || sicher | |||
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| manegen boum mit loubes wât. || manchen Baum in Laub einkleiden. | |||
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| || <br /> | |||
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| Die nû vor grôzer huote megen, || Die sich in großer Sittlichkeit verstehen, | |||
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| die suln balde ir bestez vîrtacgewant an legen, || die sollen bald ihr bestes Festtagsgewand anziehen, | |||
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| lâzen sich dar inne ersehen! || sich darin sehen lassen! | |||
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| wir suln schouwen || wir sollen | |||
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| vor der ouwen || von dem Strom schauen | |||
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| maneger hande bluomen brehen. || von mancher Hand funkeln Blumen. | |||
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| || <br /> | |||
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| Swie Riuwental mîn eigen sî, || So wie Reuental mein eigen sei, | |||
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| ich bin disen sumer aller sorgen frî, || ich bin diesen Sommer frei von allen Sorgen, | |||
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| sît der winter ist dâ hin. || seit der Winter vorbei ist. | |||
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| ich wil lêren || ich will | |||
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| die jungen êren || die Jünglinge in Ehrerbietung und Freude unterweisen: | |||
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| freude: dar nâch stêt mîn sin. || Danach steht mir der Sinn. | |||
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==Sommerlied 18== | |||
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! Mittelhochdeutsch !! Übersetzung | |||
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| "Uns wil ein sumer komen", || "Der Sommer wird zu uns kommen", | |||
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| sprach ein magt: "jâ hân ich den von Riuwental vernomen || sprach ein Mädchen: "Ja, ich habe den von Reuental gehört, | |||
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| jâ wil ich in loben. || ja ich will ihn lobpreisen. | |||
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| mîn herze spilt gein im vor vreuden, als ez welle toben. || Mein Herz bewegt sich ihm entgegen vor Freude, als ob es nicht bei Versand sei. | |||
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| ich hœr in dort singen vor den kinden. || Ich höre ihn dort singen vor den Jungen und Mädchen. | |||
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| jâne will ich nimmer des erwinden, || Ja, ich will niemals zurückkehren, | |||
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| ich springe an sîner hende zuo der linden." || Ich eile an seiner Hand in seine Heimat." | |||
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| || <br /> | |||
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| Diu muoter rief ir nâch: || Die Mutter rief ihr nach: | |||
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| sî sprach: "tohter, volge mir, niht lâ dir wesen gâch! || Sie sprach: "Tochter, höre auf mich, entscheide nicht ungestüm! | |||
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| weistû, wie geschach || Weißt du, wie es | |||
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| dîner spilen Jiuten vert, alsam ir eide jach? || deiner Freundin Jiuten, ebenso wie ihrer Mutter, im vorigen Jahre erging? | |||
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| der wuohs von sînem reien ûf ir wempel, || Ihr wuchs von seinem Tanze ihr Bäuchlein, | |||
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| und gewan ein kint, daz hiez sie lempel. || und sie bekam ein Kind, das sie Lempel nannte. | |||
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| alsô lêrte er sî den gimpelgempel." || So also lehrte er ihr den Gimpelgempel. | |||
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| || <br /> | |||
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| "Muoter, lât iz sîn! || "Mutter, lass es sein! | |||
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| er sante mir ein rôsenschapel, daz het liehten schîn, || Er sandte mir einen Rosenkranz, der hatte einen leichten Glanz, | |||
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| ûf daz houbet mîn, || auf meinem Haupt, | |||
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| und zwêne rôte golzen brâhte er her mir über Rîn: || und zwei rote Stiefel brachte er mit über den Rhein: | |||
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| die trag ich noch hiwer an mînem beine. || Die trage ich noch hier an meinen Füßen. | |||
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| wes er mich bat, daz weiz niwan ich eine. || Um was er mich bat, das weiß niemand außer mir. | |||
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| jâ volge ich iuwer ræte harte kleine." || Ja, ich folge eurem Rate nicht." | |||
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| || <br /> | |||
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| Der muoter der wart leit, || Die Mutter war es leid, | |||
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| daz diu tohter niht enhôrte, daz si ir vor geseit; || dass die Tochter nicht auf das hörte, was sie ihr zuvor gesagt hatte; | |||
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| iz sprach diu stolze meit: || Es sprach das übermütige unreife Mädchen: | |||
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| "ich hân im gelobt: des hât er mîne sicherheit. || "Ich habe es ihm versprochen: und so er meine Sicherheit. | |||
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| waz verliuse ich dâ mit mîner êren? || Wie sollte ich da meine Ehre verlieren? | |||
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| jâne wil ich nimmer widerkêren, || Ja, ich will niemals zurückkommen, | |||
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| er muoz mich sîne geile sprünge lêren." || er muss mir seine lustigen Sprünge beibringen." | |||
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| || <br /> | |||
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| Diu muoter sprach: "wol hin! || Die Mutter sprach: "Gehe dahin! | |||
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| verstû übel oder wol, sich, daz ist dîn gewin. || Verstumme wohl oder übel, das ist dein Erwerb. | |||
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| dû hâst niht guoten sin. || Du bist nicht bei gesundem Verstand. | |||
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| wil dû mit im gein Riuwental, dâ bringet er dich hin. || willst du mit ihm nach Reuental, dort wird er dich hinbringen. | |||
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| alsô kan sîn treiros dich verkoufen. || Also kann sein Tanzlied dich hingeben. | |||
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| er beginnt dich slahen, stôzen, roufen || Er wird dich schlagen, stoßen, dir die Haare raufen | |||
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| und müezen doch zwô wiegen bî dir loufen." || und es müssen doch zwei Wiegen bei dir sein." | |||
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==Winterlied 24== | |||
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! Mittelhochdeutsch !! Übersetzung | |||
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| Sumer, dîner süezen weter müezen wir uns ânen; || Sommer, auf dein schönes Wetter müssen wir nun verzichten; | |||
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| dirre kalte winder trûren unde senen gît. || der kalte Winter kommt nun mit seiner Habgier. | |||
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| ich bin ungetroestet von der lieben wolgetânen. || Ich bin untröstlich von der guten Schönheit. | |||
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| wie sol ich vertrîben dise lange swaere zît, || Wie soll ich mir diese lange, schwere Zeit vertreiben, | |||
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| diu die heide velwet unde mange bluomen wolgetân? || in der die Heide verwelkt und die vielen Blumen verblassen? | |||
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| dâ von sint die vogele in dem walde des betwungen, daz si ir singen müezen lân. || auch die Vögel im Wald sind dazu gezwungen, mit ihren Gesängen aufzuhören. | |||
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| Alsô hât diu vrouwe mîn daz herze mir betwungen, || So also hat meine Dame mir das Herz gebrochen, | |||
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| daz ich âne vröude muoz verswenden mîne tage. || dass ich ohne Freude meine Tage verschwenden muss. | |||
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| ez vervaehet niht, swaz ich ir lange hân gesungen; || es hat nichts gebracht, was ich ihr lange vorgesungen habe; | |||
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| mir ist alsô maere, daz ich mêre stille dage. || Es ist mir also lieb, dass ich stille Tage verbringe. | |||
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| Ich geloube niht, das sî den mannen immer werde holt: || Ich glaube nicht, dass sie sich den Mann immer wieder herbeisehnt: | |||
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| wir verliesen, swaz wir dar gesingen unde gerûnen, ich und jener Hildebolt. || wir haben verlassen, was wir gesungen und geraunt haben, ich und jener Hildebolt. | |||
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| Der ist nû der tumbist under geilen getelingen, || Er ist nun der Törichste unter den lustigen Gesellen, | |||
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| er und einer, nennet man den jungen Willegêr: || er und ein anderer, man nennt ihn den jungen Willeger: | |||
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| den enkunde ich disen sumer nie von ir gedringen, || Den konnte ich diesen Sommer nie von ihr vertreiben, | |||
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| sô der tanz gein âbent an der strâze gie entwer. || so trug sich der Tanz am Abend zu. | |||
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| mangen twerhen blic den wurfel sî mich mit den ougen an, || So manchen Blick warf sie mir mit den Augen zu, | |||
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| daz ich sunder mînes guoten willen vor in beiden ie ze sweime muose gân. || sodass ich ohne einen guten Willen in beiden schweben muss. | |||
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| Wê, daz mich sô manger hât von lieber stat gedrungen || Wehe, mich hat so mancher von dem schönen Platze verdrängt | |||
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| beidiu von der guoten unde ouch wîlent anderswâ! || von dem guten Platz und auch von anderswo! | |||
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| oedelîchen wart von in ûf mînen tratz gesprungen. || Dasselbe war von ihnen auf meine Feindseligkeit gestoßen. | |||
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| ir gewaltes bin ich vor in mînem schophe grâ. || Wegen ihrer Gewalt habe ich schon einen grauen Schopf. | |||
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| doch sô neic diu guote mir ein lützel über schildes rant. || Doch so neigte sich die Gute ein Stückchen über ihren Schild zu mir. | |||
|- | |||
| gerne mugt ir hoeren, wie die dörper sint gekleidet: üppiclîch ist ir gewant. || Gerne wollt ihr hören, wie die Bauern gekleidet sind: Ihr Gewand ist üppig. | |||
|} | |||
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| Enge röcke tragent sî und smale schaperûne, || Sie tragen enge Beinkleider und schmale kurze Mäntel, | |||
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| rôte hüete, rinkelohte schuohe, swarze hosen. || rote Hüte, eiserne Schuhe, schwarze Hosen. | |||
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| Engelmâr getet mir nie sô leide an Vriderûne, || Engelmar tat mir nie so leid wie an Vriderun, | |||
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| sam die zwêne tuont. ich nîde ir phellerîne phosen, || wie die beiden es tun. Ich beneide ihre purpurfarbenen Beutel, | |||
|- | |||
| die si tragent: dâ lît inne ein wurze, heizet ingewer. || den sie tragen: Darin liegt eine Wurzel, die heißt Ingwer. | |||
|- | |||
| der gap Hildebolt der guoten eine bî dem tanze; die gezuhte ir Willegêr. || Diese gab Hildebolt der Guten; sie nahm jedoch Willeger. | |||
|} | |||
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|- | |||
| Gern west ich, wie es die torpper vnter einander trachten. || Gerne wüsste ich, wie es die Bauern untereinander treiben. | |||
|- | |||
| sie trugen peckkelhauben, darczu lange swert. || Sie trugen Pickelhauben, dazu lange Schwerter. | |||
|- | |||
| ir spottigkeit, ir laster sie gar zu laster brachten: || Ihr Spott, ihre lasterhaften Sitten brachten sie gar zu weiteren: | |||
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| des wurdens durch die goller mer denn halb gewert. || Sie wurden durch den Goller abgewehrt. | |||
|- | |||
| sie stritten mit einander einen ganczen summer langen tag. || Sie stritten im Sommer den ganzen Tag. | |||
|- | |||
| das ir geläße sahe herre Neithart, do er in dem vas bey dem wein lag. || Das sah Herr Neidhart, als er in dem Fass bei dem Wein lag. | |||
|} | |||
{| | |||
|- | |||
| Sagte ich nû diu maere, wie siz mit ein ander schuofen, || Erzählte ich nun die Geschichte, wie sie es miteinander trieben, | |||
|- | |||
| des enweiz ich niht: ich schiet von danne sâ zehant. || dann weiß ich nicht: Ich müsste dahin scheiden. | |||
|- | |||
| manneglîch begunde sînen vriunden vaste ruofen; || Sie begannen sich mit ihren Freunden zu raufen; | |||
|- | |||
| einer der schrê lûte: „hilf, gevater Weregant!“ || einer schrei laut: "Hilfe, Gevatter Weregant!" | |||
|- | |||
| er was lîhte in grôzen noeten, dô er sô nâch helfe schrê. || Er war in sehr großen Nöten, als er so nach Hilfe schrie. | |||
|- | |||
| Hildeboldes swester hôrte ich eines lûte schrîen: „wê mir mînes bruoder, wê!“ || Ich hörte den lauten Schrei der Schwester Hildebolts: "Weh mir meines Bruders, weh!" | |||
|} | |||
{| | |||
|- | |||
| Dô kam schiere ein geteline geloufen von dem strîte: || Da kam ein Teilnehmer von dem Streit herbeigelaufen: | |||
|- | |||
| den frâgt ich der maere. "Willeher mit ellen streit. || Den fragte ich nach der Geschichte. "Willeher stritt mit den Ellenbogen. | |||
|- | |||
| Hildeboltes schapperûn der ist zerzerret wîte || Hildebolts Kapuze ist weit aufgerissen | |||
|- | |||
| und dar zuo sîn enger roc wol drîer spannen breit." || und sein enger Rock ist wohl drei Spannen breit." | |||
|- | |||
| daz geschach umb eine wurzen, die man ûz der hende ir brach. || Das geschah wegen einer Wurzel, die man ihr aus der Hand riss. | |||
|- | |||
| des engalt vil mangiu spaehiu hûbe, die man bî dem tanze zerzerret ligen sach. || Das vergolt man mir vielen schweren Hieben, die man bei dem Tanze geschehen sah. | |||
|} | |||
{| | |||
|- | |||
| Wâ bî sol man mîn geplätze hinne vür erkennen? || Wie soll man meinen Gesang hier wohl erkennen? | |||
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| hie envor dô kande man iz wol bî Riuwental. || Hier kannte man mich wohl als Reuental. | |||
|- | |||
| dâ von solde man mich noch von allem rehte nennen: || So sollte man mich noch rechtens nennen: | |||
|- | |||
| nust mir eigen unde lêhen dâ gemezzen smal. || Mein Eigentum und mein Lehen sind eng bemessen. | |||
|- | |||
| kint, ir heizet iu den singen, der sîn nû gewaltic sî! || Kinder, lasst den singen, der nun gewaltig ist! | |||
|- | |||
| ich bin sîn verstôzen âne schulde: mîne vriunt, nu lâzet mich des namen vrî! || Ich wurde ohne Schuld verstoßen: meine Freunde, nun befreit mich von diesem Namen! | |||
|} | |||
{| | |||
|- | |||
| Ich hân mînes herren hulde vloren âne schulde: || Ich habe die Gunst meines Herren ohne Schuld verloren: | |||
|- | |||
| dâ von so ist mîn herze jâmers unde trûrens vol. || Deshalb ist mein Herz voll von Jammer und Kummer. | |||
|- | |||
| rîcher got, nu rihte mirz sô gar nâch dîner hulde, || Guter Gott, nun richte es mir ganz nach deiner Gunst, | |||
|- | |||
| manges werden friundes daz ich mich des ânen sol! || manchmal wird es Freundschaft, ohne dass man es davor ahnen sollte! | |||
|- | |||
| des hân ich ze Beiern lâzen allez, daz ich ie gewan, || Das habe ich alles zu Bayern gelassen, damit ich hier gewann, | |||
|- | |||
| unde var dâ hin gein Ôsterrîche und wil mich dingen an den werden Ôsterman. || und ich brach dann nach Österreich auf und ich will mich bemühen ein Österreicher zu werden. | |||
|} | |||
{| | |||
|- | |||
| Mîner vînde wille ist niht ze wol an mir ergangen: || Weniger Wille ist wohl nicht zu gut an mir vorübergegangen: | |||
|- | |||
| wolde ez got, sîn mähte noch vil lîhte werden rât. || Wenn Gott es wollte, bringt seine Macht und sein Licht einen Rat. | |||
|- | |||
| in dem lande ze OEsterrîche wart ich wol enphangen || Im Land Österreich ward ihr gut empfangen | |||
|- | |||
| von dem edeln vürsten, der mich nû behûset hât. || von den edlen Fürsten, der mich nie bewirtet hat. | |||
|- | |||
| hie ze Medelicke bin ich immer âne ir aller danc. || Hier in Medelicke bin ich immer ohne ihren Dank. | |||
|- | |||
| mir ist leit, daz ich von Eppen und von Gumpen ie ze Riuwental sô vil gesanc. || Ich bin es Leid, dass ich in Reuental so viel von Eppen und Gumpen gesungen habe. | |||
|} | |||
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| Her Nîthart hât uns hie verlâzen als diu krâ den stecken, || Herr Neidhart hat uns hier verlassen, als du den Stickhusten bekamst, | |||
|- | |||
| diu dâ hinne fliuget unde sitzet ûf ein sât. ||die da hinfliegen und auf einer Saat sitzen. | |||
|- | |||
| ez sol ein man mit fremden frouwen niht ze vil gezecken, || Es soll sich ein Mann nicht zu viel mit fremden Frauen herumtreiben, | |||
|- | |||
| der der wâren schulde an sîner keine vunden hât. || er wäre selbst Schuld an seinen Wunden. | |||
|- | |||
| er niez sîn tegelîche spîse (der hât er dâ heime genouc), || Er nimmt seine tägliche Speise (davon hat er daheim genug), | |||
|- | |||
| lâz Hildebolten mit gemache! ez was ein eichel, die er bî im in dem biutel truoc. || lass Hildebolt in Ruhe! Es war eine Eichel, die er bei sich im Beutel trug. | |||
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| Rädelohte sporen treit mir Fridepreht ze leide, || Viele Spuren tat mir Friedprecht zu Leide, | |||
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| niuwen vezzel hât er baz dan zweier hende breit. || er hat Fesseln, die mehr als zwei Hände breit sind. | |||
|- | |||
| rucket er den afterreif hin wider ûf die scheide, || Er rückt den Ring an der Schwertkoppel immer wieder auf die Scheide, | |||
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| wizzet, mîne vriunde, daz is mir ein herzenleit! || wisst ihr, meine Freunde, dass ist mir ein Herzensleiden! | |||
|- | |||
| zwêne niuwe hantschuoh er unz ûf den ellenbogen zôch. || Er zog uns zwei neue Handschuhe auf den Ellenbogen. | |||
|- | |||
| mugt ir hoeren, wie der selbe gemzinc von der lieben hiuwer ab dem tanze vlôch? || könnt ihr hören, wie er selbst vor dem Tanze floh? | |||
|} | |||
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| Er gap versengelt wol, rehte als im waer an gebunden || Er gab wohl Versengeld, es war ihm so recht, als ob er angebunden wäre | |||
|- | |||
| ein swînes blâse, alsô man den wilden hunden tuot. || an die Blase eines Schweines, als an den wilden toten Hund. | |||
|- | |||
| ofte brach er sînen zelt, als sî doch wol befunden, || oft brach er sein Zelt, als sie ihn doch gefunden hatten, | |||
|- | |||
| Hatze und Pletze und jeniu ir gespile Hademuot. || Hatze und Pletze und jener Freund Hademut. | |||
|- | |||
| frâget Engeltrûten, wiez laeg umbe ir bruoder Fridebreht! || Fragt Engeltrude, wie es um ihren Bruder Friedbrecht stand! | |||
|- | |||
| "ach ach, er hât verrenket sich vor vorhte", alsô hât si mir geseit, "der toersche kneht." || "ach ach, er hat sich vor Angst verrenkt", so hat sie mir gesagt, "der tore Knecht." | |||
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| Sach ab ieman jenen mit der gickelvêhen täcken? || Sah jemand jenen mit der buntscheckigen Decke? | |||
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| die treget er ûf der hende und klopfet ûf sîn niuwez swert: || Die trägt er auf der Hand und klopft damit sein neues Schwert ab: | |||
|- | |||
| dâ mite er uns des nahtes ab der gazzen wil erschrecken. || Damit will er uns des Nachts auf der Straße erschrecken. | |||
|- | |||
| der selbe dünket sich noch mêr dan drîer bônen wert, || Der selbst erfreut sich noch mehr ein drei Bohnen wert, | |||
|- | |||
| als er danne gerûzet unde gedraeset, der vil übele man, || wenn er dann gerüstet und dressiert ist, der sehr schlechte Mann, | |||
|- | |||
| und im sîn täcke ringeleht erklinget dem gelîche, als er trage ein goller an. || und wenn seine mit Ringen versehene Decke erklingt, dann gleicht es, als ob er einen Goller trägt. | |||
|} | |||
==Winterlied 13== | |||
<br /> | |||
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! Mittelhochdeutsch !! Neuhochdeutsch | |||
|- | |||
| Wi überwinde ich beide || Wie überwinde ich beide | |||
|- | |||
| mîn liep und die sumerzít? || meine Liebe und die Sommerzeit? | |||
|- | |||
| ine kan die wolgetânen schiere niht verklagen. || Ich kann die Schönheiten nicht schnell vergessen. | |||
|- | |||
| von sô grôzem leide, || Von so großem Leid, | |||
|- | |||
| mir riuwe âne fröude gît, || das mir Jammer ohne Freude gibt, | |||
|- | |||
| trûre ich wol von schulden nû ze diesen trüben tagen, || trauere ich sehr über dieses vergehen in diesen trüben Tagen, | |||
|- | |||
| di uns den winder kündent, der uns manger vröude roubet. || die uns den Winter ankündigen, die uns manche Freude rauben. | |||
|- | |||
| sanges habent sich diu kleinen vogelîn geloubet: || Mit ihrem Gesang haben die kleinen Vögel nachgelassen: | |||
|- | |||
| alsô möhte ich wol mit mînem sange stille dagen. || Ebenso sehr möchte ich es mit meinem Gesang in den stillen Tagen. | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
| Sol mich niht verwâhen || Es soll mir nicht nützen | |||
|- | |||
| mîn trôst und mîn lieber wân, || mein Trost und meine angenehme Hoffnung, | |||
|- | |||
| sô enweiz ich, waz genâden ich mich trœsten mac. || so weiß ich nicht, mit welcher Gnädigkeit ich mich trösten kann. | |||
|- | |||
| wol mac ir versmâhen|| gewiss kann ich | |||
|- | |||
| mîn dienest, den ich ir hân || meinen Dienst verschmähen, den ich an ihr | |||
|- | |||
| lange her geleistet und des ie mit triuwen phlac. || lange geleistet habe und den ich immer mit Treue pflegte. | |||
|- | |||
| alsô phlæge ichs immer gerne, möhte ich des geniezen, || So sorge ich ich immer gerne, ich möchte es genießen, | |||
|- | |||
| sô daz mich die dörper mînes lônes iht verstiezen. || dass die Bauern mir meinen Lohn nicht verwehrten. | |||
|- | |||
| des ist Uoze grîfic und sîn rûher schavernac. || Das ist der nu Nehmen geneigte Uoze und sein derber Schabernack. | |||
|} | |||
<br /> | |||
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|- | |||
| Engelwân und Uoze || Engelwân und Uoze | |||
|- | |||
| die zwêne sint mir gehaz || die beiden sind mir verhasst | |||
|- | |||
| (schaden unde nîdes muoz ich mich von in versehen) || (Schaden und Neid muss ich von ihnen ertragen) | |||
|- | |||
| und der geile Ruoze: || und der lustige Ruoze: | |||
|- | |||
| wie tiuwer er sich vermaz, || Wie sehr er sie in beschämender Weise übertraf, | |||
|- | |||
| er bestüende mich durch sî! die drîe widerwehen || er hielt mir ihnen Stand! Die drei Widersacher | |||
|- | |||
| râtent unde brüevent, daz ich âne lôn belîbe. || brieten sich und prüften, dass ich ohne Lohn blieb. | |||
|- | |||
| niht envolge ir lêre, vrouwe, liebist aller wîbe! || Gehe nicht ihrer Lehre nach, Dame, liebste aller Frauen! | |||
|- | |||
| lône mîner jâre; lâz in leit an mir geschehen! || Lohn meiner Jahre; lass ihnen ein Leid geschehen! | |||
|} | |||
<br /> | |||
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|- | |||
| Vrouwe, dîne güete || Dame, deine Güte | |||
|- | |||
| die erkenne ich sô manicvalt, || erkenne ich so mannigfaltig, | |||
|- | |||
| daz ich liebes lônes von dir noch gedingen hân. || da ich den freundlichen Lohn von dir noch erhalten habe. | |||
|- | |||
| daz mich ie gemüete, || Dass mich ihr Gemüt, | |||
|- | |||
| die spränzler und ir gewalt, || das Gehabe und ihre Gewalt, | |||
|- | |||
| daz was mit den bluomen hin. nu wil mir Engelwân || die waren mit den Blumen hin. Nun will mir Engelwân | |||
|- | |||
| dîne hulde verren: daz im müeze misselingen, || deine Huld verwehren: Das muss ihm misslingen, | |||
|- | |||
| sô daz hundert swert ûf sînem kophe lûte erklingen! || sodass hundert Schwerter auf seinem Kopf laut erklingen! | |||
|- | |||
| snîdent sî ze rehte, sî zerüttent im den spân. || Sie schneiden sie zurecht, sie verwirren ihm das Haar. | |||
|} | |||
<br /> | |||
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|- | |||
| Seht an Engelwânen, || Seht an Engelwân, | |||
|- | |||
| wie hôhe er sîn houbet treit! || wie hoch er sein Haupt trägt! | |||
|- | |||
| swanne er mit gespannem swerte bî dem tanze gât, || Wie er mit gezücktem Schwert beim Tanze umhergeht, | |||
|- | |||
| sô ist er niht âne || so ist er nicht ohne | |||
|- | |||
| der vlæmischen hövescheit, || die flämische feine Sittlichkeit, | |||
|- | |||
| dâ sîn vater Batze wênic mit ze schaffen hât. || wo sein Vater Batze wenig mit ihm zu schaffen hat. | |||
|- | |||
| nu ist sîn sun ein œder gouch mit sîner rûhen hûben: || Nun ist sein Sohn ein dummer Narr mit seiner behaarten Mütze: | |||
|- | |||
| ich gelîche sîn gephnæte ze einer saten tûben, || Ich stelle sein Schnauben mit einer gesättigten Taube gleich, | |||
|- | |||
| diu mit vollem krophe ûf einem korenkasten stât. || die mit gefülltem Kropf auf einem Getreidestapel sitzt. | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
| Swer in sîner tougen || Wer auch immer in seinem Geheimnis | |||
|- | |||
| ie liep ode leit gewan, || immer Liebe oder Betrübnis bekam, | |||
|- | |||
| dem sint mîne sorgen und mîn kumber wol bekant. || dem sind mein Kummer und meine Sorgen wohl bekannt. | |||
|- | |||
| sît ich mînen ougen || Seit ich meinen Augen | |||
|- | |||
| den stîc niht verbieten kan, || den Anblick nicht verwehren kann, | |||
|- | |||
| sî enblicken hin, da Ruoze tanzet an ir hant, || sie schauen hin, als Ruoze an ihrer Hand tanzt, | |||
|- | |||
| sô verlâze ich kûme, deich mich selben niht enruofe: || so verlasse ich schwach, bringe mich selber nicht in Verrufung: | |||
|- | |||
| solhen wehsel nement, die dâ minnent, an ir koufe. || So ein Auf und Ab nehmen sie, die lieben, in Kauf. | |||
|- | |||
| Minne, lâ mich vrî! mich twingent sêre dîniu bant. || Liebe, lass mich frei! Deine Bänder zwängen mich sehr ein. | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
| Minne, dîne snüere || Liebe, deine Fesseln | |||
|- | |||
| die twingent daz herze mîn, || zwängen mein Herz ein, | |||
|- | |||
| daz ich hân ze strîte wider dich deheine wer. || sodass ich zu meinem Streit wieder dich abwehre. | |||
|- | |||
| swie verholne ich rüere || Wie ich heimlich in Bewegung setze | |||
|- | |||
| den zimbel der zelle dîn, || die Glocke deiner Kammer, | |||
|- | |||
| sô bin ich betwungen des, daz ich dir hulde swer. || so bin ich gezwungen, dir zu huldigen. | |||
|- | |||
| vrouwe Minne, din gewalt ist wider mich ze strenge; || Frau Liebe, deine Gewalt gegen mich ist zu streng; | |||
|- | |||
| küneginne, dîner ungenâde niht verhenge, || Königin, ich erlaube dir deine Ungnade nicht, | |||
|- | |||
| daz si mich verderbe! ja ist si über mich ein her. || dass sie mich verderbe! Ja sie ist über mich her. | |||
|} | |||
==Winterlied 1== | |||
{| | |||
|- | |||
! Mittelhochdeutsch !! Neuhochdeutsch | |||
|- | |||
| Winder, uns wil dîn gewalt || Winter, uns will deine Gewalt | |||
|- | |||
| in die stuben dringen || in die Stube drängen | |||
|- | |||
| von der linden breit: || hinweg von der großen Linde: | |||
|- | |||
| dîne winde die sint kalt. || Deine Winde, die sind kalt. | |||
|- | |||
| lerche, lâ dîn singen! || Lerche, höre auf mit deinem Gesang! | |||
|- | |||
| dir hât widerseit! || Dir wurde Widerstand geleistet! | |||
|- | |||
| beide rîfe und ouch der snê; || Sowohl der Reif als auch der Schnee; | |||
|- | |||
| dû muost stille swîgen: || du musst still sein: | |||
|- | |||
| sô klag ich den grüenen klê. || So beklage ich den grünen Klee. | |||
|- | |||
| meie, ich wil dir nîgen; || Mai, ich will dir ehrerbieten; | |||
|- | |||
| mir tuot der winder wê. || mir schmerzt der Winter. | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
| Tanzet, lachet, weset vrô! || Tanzt, lacht, seid froh! | |||
|- | |||
| daz zimt wol den jungen || Das dünkt wohl den Jungen | |||
|- | |||
| disen winder lanc. || diesen langen Winter. | |||
|- | |||
| iu ze stiuwer gibe ich sô || Als Stütze gebe ich so | |||
|- | |||
| hiwer von mîner zungen || in diesem Jahre von meiner Zunge | |||
|- | |||
| einen niuwen sanc, || ein neues Lied, | |||
|- | |||
| daz ir âne zwæren muot || das euch ohne eine schweres Gemüt | |||
|- | |||
| vreude mugt erbîten. || Freude bieten kann. | |||
|- | |||
| Engelmâr, dîn stube ist guot: || Engelmâr, deine Stube ist gut: | |||
|- | |||
| küele ist an der lîten. || Die Kühle ist am Bergabhang. | |||
|- | |||
| der winder schaden tuot. || Der Winter schadet. | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
| Etzel, Ruoze und Adelber || Etzel, Ruoze und Adelber | |||
|- | |||
| und der geile Rüele || und der lustige Rüele | |||
|- | |||
| zesamen hânt gesworn || haben zusammen geschworen | |||
|- | |||
| alle ûf einen dörper hêr: || alle auf einen Bauern hoch und heilig: | |||
|- | |||
| derst von Wîtenbrüele || Der ist von Wîtenbrüele | |||
|- | |||
| und brüevet grôzen zorn. || und hegt großen Zorn. | |||
|- | |||
| daz enkunde ich ê noch sît || Das konnte ich früher oder später | |||
|- | |||
| nie voltagedingen, || nicht gerichtlich verhandeln, | |||
|- | |||
| Rüele enwolte enwiderstrît || Rüele wollte nicht um die Wette | |||
|- | |||
| an dem reien springen: || bei dem Tanze springen. | |||
|- | |||
| daz was Lanzen nît. || Das war Lanze nicht. | |||
|} | |||
<br /> | |||
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|- | |||
| Lanze eine treiten treit, || Lanze trug ein Getreide, | |||
|- | |||
| diu ist von barchâne, || das ist der Preis vom Wettschießen, | |||
|- | |||
| grüene alsô der klê. || grün wie der Klee. | |||
|- | |||
| ze wîge hât er sich bereit: || Zum Kampf hält er sich bereit: | |||
|- | |||
| er lebet in dem wâne, || Er lebt in dem Wahn, | |||
|- | |||
| daz im niht widerstê. || dass man ihm nicht widerstehen kann. | |||
|- | |||
| dar in er gesteppet hât || Das liegt daran, dass er sich | |||
|- | |||
| ein guot îsnîn hemde. || ein eisernes Hemd genäht hat. | |||
|- | |||
| limmende als ein ber er gât; || Zischend wie eine Schlange geht er; | |||
|- | |||
| guot muot ist im vremde. || eine gute Stimmung ist ihm fremd. | |||
|- | |||
| erst kint, der in bestât. || Sogar ein Kind besteht gegen ihn. | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
! (IVa) !! | |||
|- | |||
| Lanze der hât noch die frünt, || Lanze der hat noch die Freunde, | |||
|- | |||
| die in niht enlâzen, || die ihn nicht im Stich lassen, | |||
|- | |||
| swie gar er sî ein kint. || wie immer seit er ein Kind war. | |||
|- | |||
| drî hân ich iu schiere gekünt, || Drei habe ich sogleich geprüft, | |||
|- | |||
| die im ûf der strâzen || die ihm auf der Straße | |||
|- | |||
| bîgestendic sint: || beigestanden sind: | |||
|- | |||
| Îsenbolt und Îsenhart || Îsenbolt und Îsenhart | |||
|- | |||
| und der junge Vrîte. || und der junge Vrîte. | |||
|- | |||
| Rüele der wart nie sô zart, || Rüele war nie so sanft, | |||
|- | |||
| er wær an dem strîte || er war an dem Streit | |||
|- | |||
| ze verhe wol bewart. || sehr Wohl im Auge behalten. | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
! (IVb) !! | |||
|- | |||
| Sô lâz wirs vehten umb den lîp. || So kämpfen wir um den Leib. | |||
|- | |||
| und gê wir zuo dem tanze: || Und wir gehen zum Tanz: | |||
|- | |||
| dâ spring wir schône enbor. || Da springen wir schön in die Höhe. | |||
|- | |||
| nu wol ûf, meide und jungiu wîp, || Nun wohl auf, Mädchen und junge Frauen, | |||
|- | |||
| Afrâ, Englîn, Franze, || Afrâ, Englîn, Franze, | |||
|- | |||
| diu wil uns singen vor. || die wollen uns vorsingen. | |||
|- | |||
| Metze beit ... || Metze zögert... | |||
|- | |||
| und kumet Adelheite || und Adelheite kommt | |||
|- | |||
| und über ... Engellint || und über ... Engellint | |||
|- | |||
| und Irmengart gemeite, || und Irmengart macht uns Freude, | |||
|- | |||
| daz sint gar schœniu kint. || das sind gar schöne Kinder. | |||
|} | |||
==Winterlied 27== | |||
{| | |||
|- | |||
! Mittelhochdeutsch !! Neuhochdeutsch | |||
|- | |||
| Mirst von herzen leide, || Mir ist es von Herzen ein Betrübnis, | |||
|- | |||
| daz der küele winder || dass der kalte Winter | |||
|- | |||
| verderbet schœner bluomen vil: || die schönen Blumen sehr zu Grunde gehen lässt: | |||
|- | |||
| sô verderbet mich ein senelîchiu arebeit. || So richtet mich eine schmerzliche Not zu Grunde. | |||
|- | |||
| dise sorge beide || Diese beiden Sorgen | |||
|- | |||
| dringent mich hin hinder || drängen mich von Hinnen | |||
|- | |||
| ze ende an mîner vreuden zil. || an das Ende meiner erfreulichen Bestimmung. | |||
|- | |||
| owê, daz diu guote mit ir willen daz vertreit, || Owe, seit die Gute mit ihrem Willen mir das verwehrt, | |||
|- | |||
| sît si wol geringen mac || seit sie sehr verringern kann | |||
|- | |||
| alle mîne swære! || all mein Leid! | |||
|- | |||
| hei, gelebte ich noch den tac, || Hei, würde ich doch den Tag erleben, | |||
|- | |||
| daz sî genædic wære! || an dem sie gnädig wäre! | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
| Swenne ich mich vereine || Wenn ich mich absondere | |||
|- | |||
| unde an sî gedenke, || und an sie denke, | |||
|- | |||
| wær inder wîbes güete dâ, || wäre irgend eines Weibes Güte da, | |||
|- | |||
| diune hæte sich sô lange bî ir niht verholn. || die hätte sich so lange bei ihr nicht verdient. | |||
|- | |||
| sît si lônet kleine || Seit sie schmächtig lohnt | |||
|- | |||
| mîner niuwen klenke, || meiner neuen Gesänge, | |||
|- | |||
| wan mac ich dienen anderswâ? || wann kann ich anderswo dienen? | |||
|- | |||
| nein, ich will mit willen disen kumber langer doln. || Nein, ich will mit Absicht diesen Kummer lange ertragen. | |||
|- | |||
| waz, ob noch ein sælic wîp || Was, wenn noch ein seliges Weib | |||
|- | |||
| gar den muot verkêret? || gar den Mut ändert? | |||
|- | |||
| vreu mîn herze und trœste den lîp! || Erfreue mein Herz und tröste den Leib! | |||
|- | |||
| diu zwei diu sint gesêret. || Die zwei die sind verletzt. | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
| Zuo dem ungemache, || Zu dem Unbequemen, | |||
|- | |||
| den ich von ir lîde, || das ich durch sie erleide, | |||
|- | |||
| sô twinget mich ein ander leit, || so zwingt mich ein anderes Leid, | |||
|- | |||
| daz vor allem leide mich sô sêre nie betwanc, || das vor allem anderen Leid mich noch nie so sehr in Not und Kummer versetzte, | |||
|- | |||
| swiech dar umbe lache || so wie ich darüber lache | |||
|- | |||
| und gebâre blîde: || und mich ebenso erfreut: | |||
|- | |||
| mir hât ein dörper widerseit || Mir hat sich ein dörper widersetzt | |||
|- | |||
| umb anders niht wan umbe den mînen üppeclîchen sanc. || um nichts anderes als um meinen überflüssigen Gesang. | |||
|- | |||
| derst geheizen Adeltir, || Der heißt Adeltir, | |||
|- | |||
| bürtic her von Ense. || gebürtig stammt er von Ense. | |||
|- | |||
| zallen zîten drôt er mir || Zu allen Zeiten droht er mir | |||
|- | |||
| als einer veizten gense. || wie einer fetten Gans. | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
| Hiwer an einem tanze || Häufig bei einem Tanz | |||
|- | |||
| gie er umbe und umbe. || ging er im Kreis. | |||
|- | |||
| den wehsel het er al den tac: || Den Wechsel hätter er den ganzen Tag: | |||
|- | |||
| glanziu schapel gap er umbe niuwiu krenzelîn. || Gänzenden Kopfschmuck gab er mit neuen Kränzen herum. | |||
|- | |||
| Etzel und Lanze, || Etzel und Lanze, | |||
|- | |||
| zwêne knappen tumbe, || Zwei dumme Junggesellen, | |||
|- | |||
| die phlâgen ouch, des jener phlac. || die sorgten auch dafür, dass jener die Aufsicht führte. | |||
|- | |||
| Lanze der beswæret ein vil stolzez magedîn; || Lanze der belästigte ein sehr stolzes Fräulein; | |||
|- | |||
| eine kleine rîsen guot || einen kleinen guten Schleier | |||
|- | |||
| zarte er ab ir houbet, || zerrte er von ihrem Kopf herunter, | |||
|- | |||
| dar zuo einen bluomenhuot: || dazu einen Hut mit Blumen: | |||
|- | |||
| wer het im daz erloubet? || Wer hat ihm das erlaubt? | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
| Owê sîner hende! || Wehe seiner Hände! | |||
|- | |||
| daz si sîn verwâzen! || Dass sie sie verderben! | |||
|- | |||
| die vinger müezen werden vlorn, || Die Finger müssen verloren gehen, | |||
|- | |||
| dâ mit er gezerret hât den schedelîchen zar! || mit denen er das Stück auf schadenbringende Weise abgerissen hat! | |||
|- | |||
| hiete er ir gebende || Hätte er ihre Bandschleife | |||
|- | |||
| ungezerret lâzen, || nicht zerrissen, | |||
|- | |||
| daz kränzel hiete ouch sî verkorn. || den Kranz hätte auch sie verschmäht. | |||
|- | |||
| er ist ungevüeger danne wîlen Engelmâr, || Er ist noch unartiger als Engelmâr, | |||
|- | |||
| der gewalticlîchen nam || der gewalttätige nahm | |||
|- | |||
| den spiegel Vriderûne. || Vriderun den Spiegel. | |||
|- | |||
| des bin ich dem dörper gram, || Deshalb bin ich auf den dörper wütend, | |||
|- | |||
| dem selben Walberûne. || so auch auf Walberûne. | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
| Dise alten schulde || Diese alte Pflicht | |||
|- | |||
| wecket mir diu niuwe: || weckt in mir die Neue: | |||
|- | |||
| ez hât ein geiler getelinc || Es hat ein lustiger Bauernbursche | |||
|- | |||
| hiwer an mir erwecket, swaz mir leides ie geschach. || dieses Jahr in mir erweckt, was auch immer mir an Leid geschah. | |||
|- | |||
| ê ichz langer dulde, || Bevor ich es länger dulde, | |||
|- | |||
| sêt des mîne triuwe, || siehe da meine Treue, | |||
|- | |||
| gespringe ich zuo zim in den rinc, || springe ich zu ihm in den Ring, | |||
|- | |||
| er bestât sîn buoze, daz er ir ze vrouwen jach, || er bekommt seine Strafe, dafür dass er die Dame jagte, | |||
|- | |||
| der ich lange gedienet hân || der ich lange bitter gedient habe | |||
|- | |||
| her mit ganzer stæte! || mit ganzer Beständigkeit! | |||
|- | |||
| wolder er sî gerouwet lân, || Wollte er es lassen, sie zu rauben, | |||
|- | |||
| wie rehte er danne tæte! || wie recht er dann täte! | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
| Wê, waz hât er muochen! || Wehe, was hat er für Flausen im Kopf! | |||
|- | |||
| si kumt im niht ze mâze. || Sie ist ihm nicht angemessen. | |||
|- | |||
| zwiu sol sîn pîneclîch gebrech? || Was soll sein straffälliges Gekrach? | |||
|- | |||
| im enmac gehelfen niht sîn hovelîch gewant. || Ihm wird auch nicht sein höfisches Gewand helfen. | |||
|- | |||
| er sol im eine suochen, || Er soll ihm eine suchen, | |||
|- | |||
| diu in werben lâze. || die ihn werben lässt. | |||
|- | |||
| diu sînen rôten buosemblech || Seine roten Metallblättchen | |||
|- | |||
| diu sint ir ungenæme gar, dar zuo sîn hiufelbant. || die sind ihr gar unangenehm, dazu auch sein Band an der Wange. | |||
|- | |||
| enge ermel treit er lanc, || Er trägt enge lange Ärmel, | |||
|- | |||
| die sint vor gebræmet, || die sind vorne eingefasst, | |||
|- | |||
| innen swarz und ûzen blanc. || innen schwarz und außen weiß. | |||
|- | |||
| mit sîner rede er vlæmet. || Er spricht nach Art der Flamländer. | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
! '''VIIa''' !! | |||
|- | |||
| Sîner snüere strangen || Seine geschnürten Stricke | |||
|- | |||
| tengelnt an den orten: || dengeln außen: | |||
|- | |||
| dâ hanget wunder pfeffers an, || Da hängen wunderliche Pfeffersorten dran, | |||
|- | |||
| muscât, negele, pfâwenspiegel: dêst der dörper glanz. || Muskatnuss, Nägel, Pfauenkraut: Das ist der Glanz der Bauern. | |||
|- | |||
| er wil überdrangen || Er will überwältigen | |||
|- | |||
| ein meit mit süezen worten, || ein Mädchen mit süßen Worten, | |||
|- | |||
| des im doch niht gehelfen kan || da ihm doch nicht helfen können | |||
|- | |||
| sîn üppiclîch gewant und dar zuo sîn vil wæher swanz. || sein überflüssiges Gewand und dazu seine glänzende Schleppe. | |||
|- | |||
| ein vil guotez lînîn tuoch, || Ein sehr gutes Leinentuch, | |||
|- | |||
| sehzehn elen kleine, || sechzehn Ellen lang, | |||
|- | |||
| hât sîn hemde und ouch sîn brouch: || ist sein Hemd und auch seine Form: | |||
|- | |||
| der site ist ungemeine. || Seine Art und Weise ist nicht zusammenstimmend. | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
! '''VIIb''' !! | |||
|- | |||
| Her Nîthart, mugt irz lâzen? || Herr Neidhart, könnt ihr es lassen? | |||
|- | |||
| iu mac misselingen. || Euch kann es misslingen. | |||
|- | |||
| nu habt ez ûf die triuwe mîn, || Ihr habt es auf meine Treue abgesehen, | |||
|- | |||
| und mag ich, ez muoz iu bî dem tanze werden leit! || und wenn ich kann, dann wird es euch beim Tanze leid tun! | |||
|- | |||
| welt ir ûf der strâzen || Wenn Ihr auf der Straße | |||
|- | |||
| vil mit uns gedringen, || uns sehr bedrängen wollt, | |||
|- | |||
| swie breit ab iuwer multer sîn, || wie berühmt auch immer eure Erscheinung ist, | |||
|- | |||
| dâ gelpfe schînet under iuwer ringelehte pfeit, || dort scheint der Glanz unter euren geringelte Rock, | |||
|- | |||
| und sult ir sîn der tiuvel gar || und solltet ihr gar der Teufel sein | |||
|- | |||
| mit iuwerm glitzeden huote, || mit eurem glitzernden Hut, | |||
|- | |||
| zwâre ich mache in bluotes var || wahrhaftig bringe ich das Blut in Bewegung | |||
|- | |||
| mit mînem swerte guote. || mit meinem guten Schwert. | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
! '''VIIc''' !! | |||
|- | |||
| "Nû dar, ziere gesellen, || "Nur zu, prächtige Gesellen, | |||
|- | |||
| nu stât mir algelîche, || nun seid mir alle ebenmäßig, | |||
|- | |||
| helfet, daz wir in bestân, || helft, dass wir gegen ihn bestehen, | |||
|- | |||
| der uns bî dem tanze mit gemache niht enlât! || der uns beim Tanze mit seinem Gehabe nicht in Ruhe lässt! | |||
|- | |||
| ich trûwe in wol ervellen", || Ich hoffe sehr ihn zu Fall zu bringen", | |||
|- | |||
| sô sprach Amelrîche; || so sprach Amelrîche; | |||
|- | |||
| "die hant die muoz er mir hie lân, || "die Hand, die muss er mir hier lassen, | |||
|- | |||
| dâ der spreckelehte vogel oben ûfe stât, || dort oben steht der gefleckte Vogel, | |||
|- | |||
| und dar zuo den zeswen fuoz, || und dazu den rechten Fuß, | |||
|- | |||
| dar an der spore klinget. || der dort an dem Sporn tönt. | |||
|- | |||
| jâ geschaffe ich mir sîn buoz, || Ja wenn ich seine Strafe anordne, | |||
|- | |||
| daz er von uns niht singet." || dann wird er von uns nicht singen." | |||
|} | |||
==c1== | |||
{| | |||
! Mittelhochdeutsch !! Neuhochdeutsch | |||
|- | |||
| Der swarcze dorn ist worden weis, || Der schwarze Dorn ist weiß geworden, | |||
|- | |||
| nun hat der maie seinen vleis || nun hat der Mai seinen Körper | |||
|- | |||
| geleget an den anger, || auf die Wiese gelegt, | |||
|- | |||
| gar zergangen ist der schne, || der Schnee ist gänzlich geschmolzen, | |||
|- | |||
| man siht hewer aber als ee || man sieht aber für eine lange Zeit | |||
|- | |||
| die liechten plumblein swanger. || die hellen Blümlein in voller Blüte stehen. | |||
|- | |||
| der maie hat die veld gar schön beseczet || Der Mai hat die Felder ganz und gar schön besetzt | |||
|- | |||
| mit gamillen plúmlein fein, || mit feinen Kamillenblumen, | |||
|- | |||
| fro so singen die vogelein, || froh singen die Vögel, | |||
|- | |||
| irs laids sind sie ergeczet. || ihr Leid haben sie vergessen. | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| Da fúr ich lob die rainen weib, || Dafür lobe ich die reinen Frauen, | |||
|- | |||
| der wolgetraut globter leib || deren wohlgetrauter gelobter Leib | |||
|- | |||
| kan pringen hoch gemúte. || hohen Mutes springen kann. | |||
|- | |||
| die sich vor valsche hand behút, || Die sich vor falscher Hand hütet, | |||
|- | |||
| die lob ich fur alles gut, || die lobe ich für alles Gute, | |||
|- | |||
| so wol dir, weibes gute! || so sei dir wohl, gutes Weib! | |||
|- | |||
| weib, behalt dein er, das will ich dir raten, || Frau, behalte deine Ehre, das will ich dir raten, | |||
|- | |||
| durch dein frölich weiblich zucht || durch deine fröhlich weibliche Sittsamkeit | |||
|- | |||
| weib, du auserwelte frucht, || Frau, du auserwählte Frucht, | |||
|- | |||
| la túme minner braten! || lass den törichten Liebhaber plaudern! | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| Nun sung ich gern der frawen mein, || Nun sang ich gerne für meine Frauen, | |||
|- | |||
| so irret mich ein ander pein, || aber es hindert mich ein anderer Schmerz, | |||
|- | |||
| ich sahe die dörper raien || ich sah die Bauern tanzen | |||
|- | |||
| gar uppiglichen auf dem plan, || ganz und gar eitel auf dem Platz, | |||
|- | |||
| baide, frawen unde man, || beide, sowohl Frauen als auch Männer, | |||
|- | |||
| die empfiengen schön den maien. || die empfingen den schönen Mai. | |||
|- | |||
| her langer Lancze, daz sult ir mir rechen, || Zu mir langer Lanze, das sollt ihr mir vergelten, | |||
|- | |||
| darczu so clag ich euch, herr Pflug, || dazu beklage ich euch, Herr Pflug, | |||
|- | |||
| ir rechet mir diesen ungefug, || ihr bestraft mir diesen Unfug, | |||
|- | |||
| das in ir rúcken brechen. || sodass ihre Rücken brechen. | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| Ich kam dohin gein Zeisselmaur, || Ich kam dorthin zur Zeiselmauer, | |||
|- | |||
| die fart ward mir eins tails zu sawer, || die Fahrt war mir zu schwer, | |||
|- | |||
| ich hört da fremde mere. || ich hörte dort fremde Geschichten. | |||
|- | |||
| do fand ich einen lobetancz || So fand ich einen Lobestanz | |||
|- | |||
| und von rosen mangen krancz, || und manche Kränze aus Rosen, | |||
|- | |||
| zergangen was mein swere. || so war mein Leid vergangen. | |||
|- | |||
| ich zogt zu einem wirte, der was ziere, || Ich zog zu einem Wirt, der war prächtig, | |||
|- | |||
| des ward Engelmair gewar, || das war Engelmair hinderlich, | |||
|- | |||
| elen weit was im sein har, || ellenweit stand ihm sein Haar, | |||
|- | |||
| da hin so eilt er schiere. || dahin eilt er schnell. | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| zu vierczig gattelingen gut, || Zu guten Vierzig zusammen, | |||
|- | |||
| uppiglich stund in ir mut, || Eitelkeit vermischte sich mit ihrem Mut, | |||
|- | |||
| die tanczten bei der linden. || so tanzten sie bei der Linde. | |||
|- | |||
| er sprach: "herr Neithart der ist hie, || Er sprach: "Herr Neidhart der ist hier, | |||
|- | |||
| der uns gespöttes nie erlie, || der uns den Spott nie vorenthielt, | |||
|- | |||
| wol auf, das wir in finden. || wohl auf, dass wir ihn finden. | |||
|- | |||
| ir solt euch keines argen nicht gedencken, || Ihr sollt eure Gedanken nicht auf Sorgen richten, | |||
|- | |||
| ir get mir zúchtiglichen nach, || ihr geht mir gesittet nach, | |||
|- | |||
| auch seit zu fechten nicht zu gache, || auch seid mit dem Fechten nicht zu voreilig, | |||
|- | |||
| wir sond im frolich schencken." || wir wollen uns ihm fröhlich geben." | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| Vierczig käntelin mit wein || Sie trugen vierzig Kännchen mit Wein | |||
|- | |||
| sie trungen in ein gertelein, || in ein Gärtchen, | |||
|- | |||
| gar gros was ir geraisse: || ganz und gar großzügig war ihr Gehabe: | |||
|- | |||
| "seit got wilkum, herr Neithart, || "Seid uns willkommen, Herr Neidhart, | |||
|- | |||
| euch sei geschenckt an diser fart." || ihr sollt beschenkt sein auf dieser Fahrt." | |||
|- | |||
| ich saß in einem swaisse, || Ich war ganz verschwitzt, | |||
|- | |||
| ich sprach:"ich pin dem Neidhart ungeleiche, || ich sprach: "Ich bin nicht wie Neidhart, | |||
|- | |||
| ich pin ein jeger, mir ist zorn, || ich bin ein Jäger, ich bin zornig, | |||
|- | |||
| ich hab die hunde sein verlorn, || ich habe die Hunde verloren, | |||
|- | |||
| des fursten von Osterreiche." || die des Fürsten von Österreich." | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| Engelmair in da gepot || Da bot Engelmair ihm an | |||
|- | |||
| bei dem Leben an den todt, || bei Leben und Tod, | |||
|- | |||
| das sie sich saczten alle. || dass sie sich alle setzten. | |||
|- | |||
| so zuhant da schankt man ein || So schenkte man ein | |||
|- | |||
| den vil klaren osterwein, || den sehr klaren oesterreichischen Wein, | |||
|- | |||
| den truncken sie mit schalle. || den tranken sie mit viel Lärm. | |||
|- | |||
| er sprach: "und wolt ir gogelfur erkennen, || Er sprach: "Und wollt ihr die Ausgelassenheit erkennen, | |||
|- | |||
| so siczt und seit ein frolich man, || so sitzt und seid ein fröhlicher Mann, | |||
|- | |||
| ich hilf euch mit gemach hin dan, || ich helfe euch gerne dabei, | |||
|- | |||
| wolt ir mich nimmer nennen." || dann wollt ihr mich nicht mehr nennen." | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| "Dir sei gelobet an die hant: || "Ich gelobe dir auf die Hand: | |||
|- | |||
| du wirst von mir nicht mer genant, || Du wirst von mir nicht mehr genannt, | |||
|- | |||
| was ich will furbas singen, || was ich singen will, | |||
|- | |||
| und auch was gedichten kan, || und auch was ich dichten kann, | |||
|- | |||
| du haist der ungenante man, || du bist dabei der ungenannte Mann, | |||
|- | |||
| du solt frolichen springen, || du sollt fröhlich springen, | |||
|- | |||
| und hais die öden schaiden aus dem garten." || und es klagt der öde Abschied aus dem Garten." | |||
|- | |||
| "wol auf, ir herrn, wir sollen gan || "Wohl auf, ihr Herren, wir sollen gehen | |||
|- | |||
| gar zuchtiglichen auf den plan || gänzlich sittsam auf den Platz | |||
|- | |||
| und dienen frauen zarten." || und dienen zarten Frauen." | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| Die verswunden so zuhant, || Die verschwanden auf der Stelle, | |||
|- | |||
| do bracht man mir ein gut gewant, || da brachte man mir ein gutes Gewand, | |||
|- | |||
| das must ich dannen furen || dann musste ich von da weg fahren | |||
|- | |||
| darczu so gabns mir ein pfert, || dazu gaben sie mir ein Pferd, | |||
|- | |||
| das was wol dreissig pfunde werdt || das wohl dreißig Pfund wert war | |||
|- | |||
| und zeltet nach den schnúren. || und an den Zügeln ging. | |||
|- | |||
| des danckt ich schon den manen und den frawen || Da dankte ich schon den Männern und den Frauen | |||
|- | |||
| und rait daczu in auf den plan, || und ritt dazu auf den Platz, | |||
|- | |||
| da mochten siben hundert stan, || da mochten wohl siebenhundert stehen, | |||
|- | |||
| die mich begunden schawen. || die mich anschauen konnten. | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| Auf die rais so was mir gah, || Auf der Reise hatte ich es eilig, | |||
|- | |||
| mir ward ein michel kaffen nach || eine große Bergkuppe lag hinter mir | |||
|- | |||
| von liechten augen schöne. || von hellen schönen Augen. | |||
|- | |||
| Friderunen näckelin, || Frideruns Nacken, | |||
|- | |||
| das gab fur die andern schein, || der war für die anderen schön, | |||
|- | |||
| mit lob ichs imber kröne. || ich lobe ihn immer mit Gesang. | |||
|- | |||
| ich rait gein Wien und sagt die abenteure, || Ich ritt nach Wien und erzählte die Abenteuer, | |||
|- | |||
| wie sie mir alle trúgen has, || wie sie sich zugetragen haben, | |||
|- | |||
| da ich in dem garten saß, || als ich in dem Garten saß, | |||
|- | |||
| iedoch ward mir ir stewre. || dennoch gaben sie mir ihre Steuer. | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| Der herczog sandt gein Zeisselmaur, || Der Herzog sandte mich nach Zeisselmauer, | |||
|- | |||
| er lie frei den selben pauer || er machte sich frei davon | |||
|- | |||
| und all sein hausgenossen. || und von all seinen Hausgenossen. | |||
|- | |||
| des ward fro der Engelmar, || Da war der Engelmar froh, | |||
|- | |||
| der mir half frölich von der schar || der mir von allen fröhlich half | |||
|- | |||
| wol auf des reiches strassen. || auf den Straßen des Reiches. | |||
|- | |||
| und Engelmair wil ich nimmer nennen, || Und Engelmair will ich nicht mehr nennen, | |||
|- | |||
| er haist der ungenante man, || er heißt der ungenannte Mann, | |||
|- | |||
| der wol mit Friderúnen kan, || der gut mir Friderun umgehen kann, | |||
|- | |||
| ir múgt in wol erkennen. || ihr könnt ihn gut erkennen. | |||
|} | |||
==Sommerlied 22== | |||
{| | |||
|- | |||
! Mittelhochdeutsch !! Neuhochdeutsch | |||
|- | |||
| Der winter hât ein ende. || Der Winter hat ein Ende. | |||
|- | |||
| komen ist uns der meie, || Der Mai ist uns gekommen, | |||
|- | |||
| der uns bluomen bringet manger leie. || der uns Blumen bringt auf manchen Felsen. | |||
|- | |||
| ich hœr diu vogelîn singen. || Ich hör die Vögelchen singen. | |||
|- | |||
| wir suln alle springen, || Wir sollen alle springen, | |||
|- | |||
| sîn gemeit. || freudig sein. | |||
|- | |||
| der walt ist wol geloubet, || Der Wald ist sehr begrünt, | |||
|- | |||
| diu linde guldîn tolden treit. ||die Linde trägt eine goldene Krone. | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
| Der linden welnt ir tolden || Der Linde ihr Wipfel will | |||
|- | |||
| von niuwem loube rîchen, ||aus neuen Blättern werden, | |||
|- | |||
| dar under lâzent nachtigal dar strîchen: || darunter putzen sich die Nachtigallen: | |||
|- | |||
| si singent wol ze prîse || Sie singen sehr um zu loben | |||
|- | |||
| vremde süeze wîse, || in fremder süßer Art und Weise, | |||
|- | |||
| dœne vil. || tönen sehr. | |||
|- | |||
| si vreunt sich gein dem meien: || Sie freuen sich an dem Mai: | |||
|- | |||
| sîn kunft diu ist ir herzen spil. || Seine Ankunft ist das Vergnügen ihrer Herzen. | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
| Si sprechent, daz der winder || Sie sagen, dass der Winter | |||
|- | |||
| hiuwer sî gelenget. || heuer in die Länge gezogen sei. | |||
|- | |||
| nu ist diu wise mit bluomen wol gemenget, || Nun ist die Wiese mit Blumen sehr bestückt, | |||
|- | |||
| mit liehter ougenweide || mit heller Augenweide | |||
|- | |||
| rôsen ûf der heide || Rosen auf der Heide | |||
|- | |||
| durch ir glanz. || durch ihren Flitter. | |||
|- | |||
| der sante ich Vriderûnen || Da gab ich Vriderun | |||
|- | |||
| einen wolgetânen kranz. || einen schöne gearbeiteten Kranz. | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
| Die vogele in dem walde || Die Vögel in dem Wald | |||
|- | |||
| singent wünneclîchen. || singen herrlich. | |||
|- | |||
| stolze mägde, ir sult ein niuwez tîchen. || Übermütige Mädchen, ihr sollt etwas neues schaffen. | |||
|- | |||
| vreut iuch lieber mære! || Freut euch an der Nachricht! | |||
|- | |||
| maneges herzen swære || Manches schwere Herz | |||
|- | |||
| wil zergân. || wird vergehen. | |||
|- | |||
| tuot, als ich iuch lêre, || Tut, wie ich euch lehre, | |||
|- | |||
| strîchet iuwer kleider an! || zieht eure Kleider an! | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
| Ir brîset iuch zen lanken, || Ihr schnürt euch zehn Hüften, | |||
|- | |||
| stroufet ab die rîsen! || streift die Schleier ab! | |||
|- | |||
| wir sulnz ûf dem anger wol wikîsen. || Wir sollen auf die Wiese steigen. | |||
|- | |||
| Vriderûn als ein tocke || Vriderun als eine Puppe | |||
|- | |||
| spranc in ir reidem rocke || sprang in ihrem Drehrock | |||
|- | |||
| bî der schar: || in der Menge umher: | |||
|- | |||
| des nam anderthalben || Das nahm | |||
|- | |||
| Engelmâr vil tougen war. || Engelmar sehr heimlich war. | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
| Dô sich aller liebes || Als sich alle Liebenden | |||
|- | |||
| gelîch begunde zweien, || es einem gleichen Körper gewährten sich zu zweien zusammenzugesellen, | |||
|- | |||
| dô sold ich gesungen haben den reien, || da sollte ich den Tanz gesungen haben, | |||
|- | |||
| wan daz ich der stunde || nur als ich das in der Stunde | |||
|- | |||
| niht bescheiden kunde || nicht trennen konnte | |||
|- | |||
| gegen der zît, || gemäß der Zeit, | |||
|- | |||
| sô diu somerwünne || so gibt die Sommerwonne | |||
|- | |||
| manegem herzen vreude gît. || manchem Herzen Freude. | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
| Nu heizent sî mich singen; || Nun bitten sie mich zu singen; | |||
|- | |||
| ich muoz ein hûs besorgen, || ich muss ein Haus besorgen, | |||
|- | |||
| daz mich sanges wendet manegen morgen. || das mir den Gesang abwendet an manchem morgen. | |||
|- | |||
| wie sol ich gebâren? || Wie soll ich mich verhalten? | |||
|- | |||
| mirst an Engelmâren || Mir ist an Engelmar | |||
|- | |||
| ungemach, || unheilvoll, | |||
|- | |||
| daz er Vriderûnen || dass er Vriderun | |||
|- | |||
| ir spigel von der sîten brach. || ihren Spiegel aus der Hand brach. | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
! VIa !! | |||
|- | |||
| Sîner basen bruoder || Dem Bruder seiner Tante | |||
|- | |||
| hiet sis wol erlâzen. || hätte sie es wohl erlassen. | |||
|- | |||
| er kan sich deheiner dinge mâzen; || Er kann sich irgendwelcher Dinge messen; | |||
|- | |||
| er ist ein tœrscher Beier. || er ist ein dummer Bayer. | |||
|- | |||
| er und der junge meier || Er und der junge Meier | |||
|- | |||
| tuont ir leit. || tun ihr leid. | |||
|- | |||
| noch hât sî den vriunt, || Noch hat sie den Freund, | |||
|- | |||
| der imz die lenge niht vertreit. || der ihm lange Zeit nicht entsagt. | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
! VIb !! | |||
|- | |||
| Dar umbe wil si aber || Darum will sie aber | |||
|- | |||
| ein Engelmâr vertrîben. || Engelmar vertreiben. | |||
|- | |||
| er ist ein gemzinc under jungen wîben. || Er ist ein ungestümer Gemsbock unter den Frauen. | |||
|- | |||
| er ist ein ridewanzel, || Er ist einer, der den Ridewanzel tanzt, | |||
|- | |||
| in dem geu vortanzel. || bei dem Vortanzen. | |||
|- | |||
| sîn gewalt || Seine Gewalt | |||
|- | |||
| der ist an dem reien || die ist bei dem Tanz | |||
|- | |||
| under den kinden manicvalt. || unter den Kindern verbreitet. | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
! VIc !! | |||
|- | |||
| Daz ist Friderûne || Das ist Vriderun | |||
|- | |||
| ein lange werndiu swære || mit einer langen und schweren Vorsicht | |||
|- | |||
| von Engelmâre dem tœrschen tanzprüevære, || vor Engelmar dem dummen Tanzenden, | |||
|- | |||
| daz er ir torste lâgen. || dass er es wagte ihr nachzustellen. | |||
|- | |||
| daz klagtes al ir mâgen. || Das beklagten all ihre Mädchen. | |||
|- | |||
| umbe den schal || Vor dieser Schale | |||
|- | |||
| solt dû dich nu hüeten, || sollst du dich nun bewahren, | |||
|- | |||
| Friderûn! fluch gein Riuwental! || Vriderun! Flüchte nach Reuental! | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
! VId !! | |||
|- | |||
| Der het ir genomen || Der hätte ihr genommen | |||
|- | |||
| in schimphe ein tockenwiegel. || zum Scherz eine Puppenwiege. | |||
|- | |||
| daz hiet wir verklagt, niewan den spiegel || Das hätten wir ertragen, nur nicht den Spiegel | |||
|- | |||
| (der was von helfenbeine, || (Der war aus Elfenbein, | |||
|- | |||
| wæhe, ergraben kleine), || von Schönheit, mit einer künstlerischen Gravur), | |||
|- | |||
| den sîn hant || den seine Hand | |||
|- | |||
| ir nam gewalticlîche; || ihr gewaltsam nahm; | |||
|- | |||
| dâ von al mîn vreude swant. || davon schwand all meine Freude. | |||
|} | |||
<br /> | |||
{| | |||
|- | |||
! VIe !! | |||
|- | |||
| Ir sult mirz wol gelouben || Ihr sollt es mir wohl glauben | |||
|- | |||
| ich sag iz niht gerne: || ich sage es nicht gerne: | |||
|- | |||
| diu spiegelsnuor diu kom her von Iberne. || Die Spiegelschnur die kam her aus Iberien. | |||
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| ez was ein wæher borte. || Es war eine schöne Borte. | |||
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| niden an dem orte || Nach unten an dem Orte | |||
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| stuonden tier || standen Tiere | |||
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| geworht von rôten golde. || gewirkt von rotem Gold. | |||
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| nie geschach sô leide mir. || Nie geschah mir so ein Leid. | |||
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! VIf !! | |||
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| Daz ich niht frœlîch singe, || Dass ich nicht fröhlich singe, | |||
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| daz wendet mir ein swære, || das bereitet mir eine Schwere, | |||
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| von der ich alsô gerne ledic wære. || von der ich so gerne befreit wäre. | |||
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| dise dorfgebûwer || Diese Dorfbauern | |||
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| die nimt des gar untûwer: || die rechnen mir das nicht hoch an: | |||
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| si tragent mir haz. || Die entbieten mir Hass. | |||
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| ob si niht enwæren, || Wenn sie nicht wären, | |||
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| sô sunge ich für wâr fürebaz. || so sänge ich fürwahr. | |||
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! VIg !! | |||
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| Erkenbreht und Uoze || Erkenbrecht und Uoze | |||
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| und der ungenante, || und der Ungenannte, | |||
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| Gozbreht, der mich ofte sanges wante, || Gozbrecht, der mich oft wegen meines Sanges anrührte, | |||
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| die sint nu gar gesweiget || die sind nun sogar zum Stillschweigen gebracht | |||
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| unde ir freude seiget || und ihre Freude neigt sich | |||
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| hin unt her. || hin und her. | |||
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| ir schîbe, diu gienc ebene, || Ihr Rad, das ging gerade, | |||
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| diu ist gestrûchet nû entwer. || das ist nun endlich zu Falle gekommen. | |||
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! VIh !! | |||
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| Frou Hilde und getelinge, || Frau Hilde und ihre Gesellen, | |||
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| die sprungen an ir hende, || die sprangen an ihren Händen, | |||
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| ir tanz der was dô âne missewende. || ihr Tanz der war da ohne Makel. | |||
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| nu habent sî erworben, || Nun haben sie bekommen, | |||
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| daz er ist verdorben. || dass er verdorben ist. | |||
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| ir üppekeit || Ihre Eitelkeit | |||
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| ich wæn diu hât geprüevet || meine ich hat sich erprobt | |||
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| in manec gespötte unde leit. || in manches Spotten und Leid. | |||
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Dass das Lied c34 in seiner Kommunikationshaltung eine Abirrung darstellt, ein Abgleiten in eine Ansprache, die keinerlei "Lösung" für die Verweigerung der Dame liefert, ist eine sehr spannende, pointierte Beobachtung! Lässt sich das interpretativ für die Frage der Typologie nutzen? |
Aktuelle Version vom 12. März 2021, 11:34 Uhr
Winterlied 10
Mittelhochdeutsch | Übersetzung | ||
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Dô der liebe summer | Als der geliebte Sommer | ||
ureloup genam, | sich verabschiedet hatte, | ||
dô muose man der tänze | da musste man die Tänze | ||
ûfm anger gar verphlegen. | auf dem Ackerland gänzlich aufgeben. | ||
des gewan sît kummer | Daher bekam der | ||
der herre Gunderam: | Herr Gunderam Kummer: | ||
der muose ouch sîn gestränze | Der musste ebenfalls sein müssiges Umherlaufen | ||
dô lazzen under wegen. | bisweilen unterlassen. | ||
der ist bickelmeister disen winder: | Der ist Aufseher beim Würfelspiel diesen Winter: | ||
oeder gouch ist in dem lande ninder, | einen närrischen Toren gibt es in diesem Land keineswegs; | ||
sîn rûmegazze kaphet zallen zîten wol hin hinder. | sein Schwert muss wohl für eine Weile nach hinten zeigen. | ||
Waz er an den meiden | Was er den Mädchen | ||
wunders dâ begât, | Wunderliches dort gewährt hat, | ||
ê daz mîn vrouwe Schelle | ehe meine Dame es vollbrachte | ||
volender ir gebot! | ihm die Schelle anzubieten! | ||
erst vil unbescheiden, | Erst sehr unbestimmt, | ||
wan swelhe er bestât, | er hält dem leeren Schlinger stand, | ||
diu wirt von slegen helle | dieser wird von den Schlägen schwach | ||
und mîdende den spot; | und sie gebührten ihm den Spott; | ||
dâ von lâzen alle ir smutzemunden, | da formten alle ein Schmunzeln, | ||
des die jungen niht verheln enkunden! | das die Jungen nicht verheimlichen konnten! | ||
des hât ir hant von solher meisterschefte dicke enphunden. | Das hat ihre Hand von solcher Meisterlichkeit oft empfunden. | ||
Immer, sô man vîret, | Immer wenn man feiert, | ||
sô hebent sî sich dar | dann machen sie sich dorthin auf | ||
mit einer samenunge, | mit einer Zusammenkunft, | ||
den ich wol schaden gan. | die ich gegründet habe. | ||
Werenbreht der lîret, | Werenbreht spielt die Leier, | ||
sô sumbert Sigemâr. | neben Sigemâr, der die Pauke schlägt. | ||
daz in dâ misselunge, | Dass ihm das misslingt, | ||
daz laege et eben an! | darauf ist es angelegt! | ||
daz sich doch vil lîhte mac verrîden: | Da sich das Licht sehr von uns abwenden mag: | ||
wellents ir getelse niht vermîden, | wollen sie ihr ... nicht vermeiden, | ||
sich mugen zwêne an mîner weibelruoten wol versnîden. | sie können sich zwei von meiner Gerte des Weibels sehr auseinander schneiden. | ||
Koeme ich zeinem tanze, | Käme ich zu einem Tanz, | ||
dâs alle giengen bî, | zu dem alle gingen, | ||
dâ wurde ein spil von hende | da wäre ein behendes Spiel | ||
mit beiden ekken zuo. | zu beiden Seiten. | ||
lîhte geviele ein schanze, | Leicht würde sich ein Glücksspiel ergeben, | ||
daz vor mir laegen drî. | sodass vor mir drei Teile liegen würden. | ||
ich hielte ez âne wende, | Ich würde es unleugbar halten, | ||
verbüte ez einer vruo. | und es einer Frau verbieten. | ||
sige und saelde hulfen mir gewinnen, | Sieg und Glück hälfen mir zu gewinnen, | ||
daz si halbe müesen dan entrinnen. | dass sie von allen vier Seiten davonlaufen müssten. | ||
nu ziehen ûf und lâzen in ir gogelheit zerinnen! | Nun ziehen sie los und lassen ihr ausgelassenes Wesen zerrinnen! | ||
Sîne weidegenge | Sein Treiben | ||
die verewent mich grâ, | lässt mich grau werden, | ||
swenn er verwendeclîchen | sobald er | ||
vür mîne vrouwen gât. | zu meiner Dame geht. | ||
trîbet erz die lenge, | Treibt er es lange, | ||
bestât er danne dâ, | und belagert er die Dame lange | ||
man hilft im ûz der kîchen, | dann hilft man ihm aus dem Keuchen heraus, | ||
daz er vil riuwic stât. | dass er dann viel Reue zeigt. | ||
er und etelîcher sîn geselle, | Er und irgendeiner seiner Gesellen, | ||
den ich tanzent an ir hant ersnelle, | den ich tanzend immerfort erwische, | ||
des sî gewis, ich slahe in, daz sîn offen stât ein elle! | das sei gewiss, ich schlage ihn, dass ihm eine Elle offen steht! | ||
Im hilft niht sîn treie | Seine Treue hilft ihm nicht | ||
noch sîn hiubelhuot; | noch sein Haubenhut; | ||
ez wirt im in getrenket: | er wird getränkt: | ||
er zuhte ir einen bal. | Er zückte eine Kugel. | ||
erst ein toerscher leie; | Er ist ein törichter Laie; | ||
sîn tumbelîcher muot | sein törichter Mut | ||
der wirt im dâ bekrenket. | wird ihn verletzen. | ||
wil er vür Riuwental | Will er für Reuental | ||
hin und her sô vil gewentschelieren, | hin und her so sehr gewandelieren, | ||
er wirt wol zeteiset under vieren. | er wird wohl ... unter den Vieren. | ||
her Werenbreht, waz mag ich des, wirt im der umberieren? | Herr Werenbreht, was kann ich dafür, wenn er taumelt? | ||
Die wîl ich die klingen | Die will ich klingend | ||
um mîne sîten trage, | an meiner Seite tragen, | ||
sô darf mir durch mîn sumber | daher darf mit durch meine Pauke | ||
niemen stechen nieht. | niemand hindurch stechen. | ||
er mouz vil wîte springen: | Er muss sehr weit wegspringen: | ||
begrîfe ichn mit dem slage, | Umfasse ich ihn nicht mit dem Schlage, | ||
ich slahe in, daz er tumber | schlage ich ihn, dass er taumelt | ||
schouwet nimmer lieht. | und nie mehr das Licht wieder erblickt. | ||
ich hilf im des lîbes in den aschen | Ich befördere seinen Leib in die Asche | ||
und slah im mit willen eine vlaschen, | und schlage ihn willentlich mit einer Flasche, | ||
daz im die hunt daz hirne ab der erde müezen naschen. | sodass ihm die Hunde das Hirn von der Erde wegfressen müssen. | ||
Her Nîthart hât gesungen, | Herr Neidhart hat so gesungen, | ||
daz ich in hazzen wil | dass ich ihn dafür hassen will | ||
durch mînes neven willen, | durch meines Verwandten Willen, | ||
des neven er beschallt. | dessen Verwandten er beschuldigt hat. | ||
lieze ers unbetwungen! | Ließe er es doch ohne Zwang! | ||
es ist im gar ze vil. | Es ist ihm gar zu viel. | ||
enpflæge er sîner grillen | Entzöge er sich seines Zornes | ||
und het ouch der gewalt! | und auch der Gewalt! | ||
ez ist ein schelten, daz mich freuden letzet. | Es ist ein Schmähen, das meine Freude hemmt. | ||
wirt diu weibelroute mir gewetzet, | Wird das Gerichtsschwert mir gewetzt, | ||
ich trenne in ûf, daz man wol einen sezzel in in setzet. | trenne ich ihn auf, dass man wohl einen Sessel in ihn setzen könnte. |
Sommerlied 4
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
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Heid, anger, walt in fröuden stât; | Heide, Wiese und Wald stehen in Freuden; |
diu hânt sich bereitet mit ir besten wât | sie haben sich mit ihrer besten Kleidung geschmückt |
die in der meie hât gesant. | die der Mai ihnen beschert hat. |
sî wir alle | Alle sind |
frô mit schalle! | heiter mit Gelärme! |
sumer ist komen in diu lant. | Der Sommer ist ins Land gekommen. |
Wol ûz der stuben, ir stolzen kint, | Schnell aus der Stube, ihr übermütigen Kinder, |
lât iuch ûf der strâze sehen! hin ist der scherfe wint | lasst euch auf der Straße sehen! Der strenge Winter ist dahin |
unde ouch der vil kalte snê. | und mit ihm der sehr kalte Schnee. |
hebt iuch balde | Begebt auch bald |
zu dem walde! | in den Wald! |
vogelîn singent, den was wê. | Die Vögel singen, dennoch gab es Schmerz. |
Diu sint ergetzet leides gar. | Das sind ganz vergessene Leiden. |
ir sult mirz gelouben! nemt sîn selbe war, | Ihr sollt es mir glauben! Nehmt die Heilung wahr, |
waz der sumer erzeiget hât! | die der Sommer mir erwiesen hat! |
er wil rîchen | er wird |
sicherlîchen | sicher |
manegen boum mit loubes wât. | manchen Baum in Laub einkleiden. |
Die nû vor grôzer huote megen, | Die sich in großer Sittlichkeit verstehen, |
die suln balde ir bestez vîrtacgewant an legen, | die sollen bald ihr bestes Festtagsgewand anziehen, |
lâzen sich dar inne ersehen! | sich darin sehen lassen! |
wir suln schouwen | wir sollen |
vor der ouwen | von dem Strom schauen |
maneger hande bluomen brehen. | von mancher Hand funkeln Blumen. |
Swie Riuwental mîn eigen sî, | So wie Reuental mein eigen sei, |
ich bin disen sumer aller sorgen frî, | ich bin diesen Sommer frei von allen Sorgen, |
sît der winter ist dâ hin. | seit der Winter vorbei ist. |
ich wil lêren | ich will |
die jungen êren | die Jünglinge in Ehrerbietung und Freude unterweisen: |
freude: dar nâch stêt mîn sin. | Danach steht mir der Sinn. |
Sommerlied 18
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
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"Uns wil ein sumer komen", | "Der Sommer wird zu uns kommen", |
sprach ein magt: "jâ hân ich den von Riuwental vernomen | sprach ein Mädchen: "Ja, ich habe den von Reuental gehört, |
jâ wil ich in loben. | ja ich will ihn lobpreisen. |
mîn herze spilt gein im vor vreuden, als ez welle toben. | Mein Herz bewegt sich ihm entgegen vor Freude, als ob es nicht bei Versand sei. |
ich hœr in dort singen vor den kinden. | Ich höre ihn dort singen vor den Jungen und Mädchen. |
jâne will ich nimmer des erwinden, | Ja, ich will niemals zurückkehren, |
ich springe an sîner hende zuo der linden." | Ich eile an seiner Hand in seine Heimat." |
Diu muoter rief ir nâch: | Die Mutter rief ihr nach: |
sî sprach: "tohter, volge mir, niht lâ dir wesen gâch! | Sie sprach: "Tochter, höre auf mich, entscheide nicht ungestüm! |
weistû, wie geschach | Weißt du, wie es |
dîner spilen Jiuten vert, alsam ir eide jach? | deiner Freundin Jiuten, ebenso wie ihrer Mutter, im vorigen Jahre erging? |
der wuohs von sînem reien ûf ir wempel, | Ihr wuchs von seinem Tanze ihr Bäuchlein, |
und gewan ein kint, daz hiez sie lempel. | und sie bekam ein Kind, das sie Lempel nannte. |
alsô lêrte er sî den gimpelgempel." | So also lehrte er ihr den Gimpelgempel. |
"Muoter, lât iz sîn! | "Mutter, lass es sein! |
er sante mir ein rôsenschapel, daz het liehten schîn, | Er sandte mir einen Rosenkranz, der hatte einen leichten Glanz, |
ûf daz houbet mîn, | auf meinem Haupt, |
und zwêne rôte golzen brâhte er her mir über Rîn: | und zwei rote Stiefel brachte er mit über den Rhein: |
die trag ich noch hiwer an mînem beine. | Die trage ich noch hier an meinen Füßen. |
wes er mich bat, daz weiz niwan ich eine. | Um was er mich bat, das weiß niemand außer mir. |
jâ volge ich iuwer ræte harte kleine." | Ja, ich folge eurem Rate nicht." |
Der muoter der wart leit, | Die Mutter war es leid, |
daz diu tohter niht enhôrte, daz si ir vor geseit; | dass die Tochter nicht auf das hörte, was sie ihr zuvor gesagt hatte; |
iz sprach diu stolze meit: | Es sprach das übermütige unreife Mädchen: |
"ich hân im gelobt: des hât er mîne sicherheit. | "Ich habe es ihm versprochen: und so er meine Sicherheit. |
waz verliuse ich dâ mit mîner êren? | Wie sollte ich da meine Ehre verlieren? |
jâne wil ich nimmer widerkêren, | Ja, ich will niemals zurückkommen, |
er muoz mich sîne geile sprünge lêren." | er muss mir seine lustigen Sprünge beibringen." |
Diu muoter sprach: "wol hin! | Die Mutter sprach: "Gehe dahin! |
verstû übel oder wol, sich, daz ist dîn gewin. | Verstumme wohl oder übel, das ist dein Erwerb. |
dû hâst niht guoten sin. | Du bist nicht bei gesundem Verstand. |
wil dû mit im gein Riuwental, dâ bringet er dich hin. | willst du mit ihm nach Reuental, dort wird er dich hinbringen. |
alsô kan sîn treiros dich verkoufen. | Also kann sein Tanzlied dich hingeben. |
er beginnt dich slahen, stôzen, roufen | Er wird dich schlagen, stoßen, dir die Haare raufen |
und müezen doch zwô wiegen bî dir loufen." | und es müssen doch zwei Wiegen bei dir sein." |
Winterlied 24
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
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Sumer, dîner süezen weter müezen wir uns ânen; | Sommer, auf dein schönes Wetter müssen wir nun verzichten; |
dirre kalte winder trûren unde senen gît. | der kalte Winter kommt nun mit seiner Habgier. |
ich bin ungetroestet von der lieben wolgetânen. | Ich bin untröstlich von der guten Schönheit. |
wie sol ich vertrîben dise lange swaere zît, | Wie soll ich mir diese lange, schwere Zeit vertreiben, |
diu die heide velwet unde mange bluomen wolgetân? | in der die Heide verwelkt und die vielen Blumen verblassen? |
dâ von sint die vogele in dem walde des betwungen, daz si ir singen müezen lân. | auch die Vögel im Wald sind dazu gezwungen, mit ihren Gesängen aufzuhören. |
Alsô hât diu vrouwe mîn daz herze mir betwungen, | So also hat meine Dame mir das Herz gebrochen, |
daz ich âne vröude muoz verswenden mîne tage. | dass ich ohne Freude meine Tage verschwenden muss. |
ez vervaehet niht, swaz ich ir lange hân gesungen; | es hat nichts gebracht, was ich ihr lange vorgesungen habe; |
mir ist alsô maere, daz ich mêre stille dage. | Es ist mir also lieb, dass ich stille Tage verbringe. |
Ich geloube niht, das sî den mannen immer werde holt: | Ich glaube nicht, dass sie sich den Mann immer wieder herbeisehnt: |
wir verliesen, swaz wir dar gesingen unde gerûnen, ich und jener Hildebolt. | wir haben verlassen, was wir gesungen und geraunt haben, ich und jener Hildebolt. |
Der ist nû der tumbist under geilen getelingen, | Er ist nun der Törichste unter den lustigen Gesellen, |
er und einer, nennet man den jungen Willegêr: | er und ein anderer, man nennt ihn den jungen Willeger: |
den enkunde ich disen sumer nie von ir gedringen, | Den konnte ich diesen Sommer nie von ihr vertreiben, |
sô der tanz gein âbent an der strâze gie entwer. | so trug sich der Tanz am Abend zu. |
mangen twerhen blic den wurfel sî mich mit den ougen an, | So manchen Blick warf sie mir mit den Augen zu, |
daz ich sunder mînes guoten willen vor in beiden ie ze sweime muose gân. | sodass ich ohne einen guten Willen in beiden schweben muss. |
Wê, daz mich sô manger hât von lieber stat gedrungen | Wehe, mich hat so mancher von dem schönen Platze verdrängt |
beidiu von der guoten unde ouch wîlent anderswâ! | von dem guten Platz und auch von anderswo! |
oedelîchen wart von in ûf mînen tratz gesprungen. | Dasselbe war von ihnen auf meine Feindseligkeit gestoßen. |
ir gewaltes bin ich vor in mînem schophe grâ. | Wegen ihrer Gewalt habe ich schon einen grauen Schopf. |
doch sô neic diu guote mir ein lützel über schildes rant. | Doch so neigte sich die Gute ein Stückchen über ihren Schild zu mir. |
gerne mugt ir hoeren, wie die dörper sint gekleidet: üppiclîch ist ir gewant. | Gerne wollt ihr hören, wie die Bauern gekleidet sind: Ihr Gewand ist üppig. |
Enge röcke tragent sî und smale schaperûne, | Sie tragen enge Beinkleider und schmale kurze Mäntel, |
rôte hüete, rinkelohte schuohe, swarze hosen. | rote Hüte, eiserne Schuhe, schwarze Hosen. |
Engelmâr getet mir nie sô leide an Vriderûne, | Engelmar tat mir nie so leid wie an Vriderun, |
sam die zwêne tuont. ich nîde ir phellerîne phosen, | wie die beiden es tun. Ich beneide ihre purpurfarbenen Beutel, |
die si tragent: dâ lît inne ein wurze, heizet ingewer. | den sie tragen: Darin liegt eine Wurzel, die heißt Ingwer. |
der gap Hildebolt der guoten eine bî dem tanze; die gezuhte ir Willegêr. | Diese gab Hildebolt der Guten; sie nahm jedoch Willeger. |
Gern west ich, wie es die torpper vnter einander trachten. | Gerne wüsste ich, wie es die Bauern untereinander treiben. |
sie trugen peckkelhauben, darczu lange swert. | Sie trugen Pickelhauben, dazu lange Schwerter. |
ir spottigkeit, ir laster sie gar zu laster brachten: | Ihr Spott, ihre lasterhaften Sitten brachten sie gar zu weiteren: |
des wurdens durch die goller mer denn halb gewert. | Sie wurden durch den Goller abgewehrt. |
sie stritten mit einander einen ganczen summer langen tag. | Sie stritten im Sommer den ganzen Tag. |
das ir geläße sahe herre Neithart, do er in dem vas bey dem wein lag. | Das sah Herr Neidhart, als er in dem Fass bei dem Wein lag. |
Sagte ich nû diu maere, wie siz mit ein ander schuofen, | Erzählte ich nun die Geschichte, wie sie es miteinander trieben, |
des enweiz ich niht: ich schiet von danne sâ zehant. | dann weiß ich nicht: Ich müsste dahin scheiden. |
manneglîch begunde sînen vriunden vaste ruofen; | Sie begannen sich mit ihren Freunden zu raufen; |
einer der schrê lûte: „hilf, gevater Weregant!“ | einer schrei laut: "Hilfe, Gevatter Weregant!" |
er was lîhte in grôzen noeten, dô er sô nâch helfe schrê. | Er war in sehr großen Nöten, als er so nach Hilfe schrie. |
Hildeboldes swester hôrte ich eines lûte schrîen: „wê mir mînes bruoder, wê!“ | Ich hörte den lauten Schrei der Schwester Hildebolts: "Weh mir meines Bruders, weh!" |
Dô kam schiere ein geteline geloufen von dem strîte: | Da kam ein Teilnehmer von dem Streit herbeigelaufen: |
den frâgt ich der maere. "Willeher mit ellen streit. | Den fragte ich nach der Geschichte. "Willeher stritt mit den Ellenbogen. |
Hildeboltes schapperûn der ist zerzerret wîte | Hildebolts Kapuze ist weit aufgerissen |
und dar zuo sîn enger roc wol drîer spannen breit." | und sein enger Rock ist wohl drei Spannen breit." |
daz geschach umb eine wurzen, die man ûz der hende ir brach. | Das geschah wegen einer Wurzel, die man ihr aus der Hand riss. |
des engalt vil mangiu spaehiu hûbe, die man bî dem tanze zerzerret ligen sach. | Das vergolt man mir vielen schweren Hieben, die man bei dem Tanze geschehen sah. |
Wâ bî sol man mîn geplätze hinne vür erkennen? | Wie soll man meinen Gesang hier wohl erkennen? |
hie envor dô kande man iz wol bî Riuwental. | Hier kannte man mich wohl als Reuental. |
dâ von solde man mich noch von allem rehte nennen: | So sollte man mich noch rechtens nennen: |
nust mir eigen unde lêhen dâ gemezzen smal. | Mein Eigentum und mein Lehen sind eng bemessen. |
kint, ir heizet iu den singen, der sîn nû gewaltic sî! | Kinder, lasst den singen, der nun gewaltig ist! |
ich bin sîn verstôzen âne schulde: mîne vriunt, nu lâzet mich des namen vrî! | Ich wurde ohne Schuld verstoßen: meine Freunde, nun befreit mich von diesem Namen! |
Ich hân mînes herren hulde vloren âne schulde: | Ich habe die Gunst meines Herren ohne Schuld verloren: |
dâ von so ist mîn herze jâmers unde trûrens vol. | Deshalb ist mein Herz voll von Jammer und Kummer. |
rîcher got, nu rihte mirz sô gar nâch dîner hulde, | Guter Gott, nun richte es mir ganz nach deiner Gunst, |
manges werden friundes daz ich mich des ânen sol! | manchmal wird es Freundschaft, ohne dass man es davor ahnen sollte! |
des hân ich ze Beiern lâzen allez, daz ich ie gewan, | Das habe ich alles zu Bayern gelassen, damit ich hier gewann, |
unde var dâ hin gein Ôsterrîche und wil mich dingen an den werden Ôsterman. | und ich brach dann nach Österreich auf und ich will mich bemühen ein Österreicher zu werden. |
Mîner vînde wille ist niht ze wol an mir ergangen: | Weniger Wille ist wohl nicht zu gut an mir vorübergegangen: |
wolde ez got, sîn mähte noch vil lîhte werden rât. | Wenn Gott es wollte, bringt seine Macht und sein Licht einen Rat. |
in dem lande ze OEsterrîche wart ich wol enphangen | Im Land Österreich ward ihr gut empfangen |
von dem edeln vürsten, der mich nû behûset hât. | von den edlen Fürsten, der mich nie bewirtet hat. |
hie ze Medelicke bin ich immer âne ir aller danc. | Hier in Medelicke bin ich immer ohne ihren Dank. |
mir ist leit, daz ich von Eppen und von Gumpen ie ze Riuwental sô vil gesanc. | Ich bin es Leid, dass ich in Reuental so viel von Eppen und Gumpen gesungen habe. |
Her Nîthart hât uns hie verlâzen als diu krâ den stecken, | Herr Neidhart hat uns hier verlassen, als du den Stickhusten bekamst, |
diu dâ hinne fliuget unde sitzet ûf ein sât. | die da hinfliegen und auf einer Saat sitzen. |
ez sol ein man mit fremden frouwen niht ze vil gezecken, | Es soll sich ein Mann nicht zu viel mit fremden Frauen herumtreiben, |
der der wâren schulde an sîner keine vunden hât. | er wäre selbst Schuld an seinen Wunden. |
er niez sîn tegelîche spîse (der hât er dâ heime genouc), | Er nimmt seine tägliche Speise (davon hat er daheim genug), |
lâz Hildebolten mit gemache! ez was ein eichel, die er bî im in dem biutel truoc. | lass Hildebolt in Ruhe! Es war eine Eichel, die er bei sich im Beutel trug. |
Rädelohte sporen treit mir Fridepreht ze leide, | Viele Spuren tat mir Friedprecht zu Leide, |
niuwen vezzel hât er baz dan zweier hende breit. | er hat Fesseln, die mehr als zwei Hände breit sind. |
rucket er den afterreif hin wider ûf die scheide, | Er rückt den Ring an der Schwertkoppel immer wieder auf die Scheide, |
wizzet, mîne vriunde, daz is mir ein herzenleit! | wisst ihr, meine Freunde, dass ist mir ein Herzensleiden! |
zwêne niuwe hantschuoh er unz ûf den ellenbogen zôch. | Er zog uns zwei neue Handschuhe auf den Ellenbogen. |
mugt ir hoeren, wie der selbe gemzinc von der lieben hiuwer ab dem tanze vlôch? | könnt ihr hören, wie er selbst vor dem Tanze floh? |
Er gap versengelt wol, rehte als im waer an gebunden | Er gab wohl Versengeld, es war ihm so recht, als ob er angebunden wäre |
ein swînes blâse, alsô man den wilden hunden tuot. | an die Blase eines Schweines, als an den wilden toten Hund. |
ofte brach er sînen zelt, als sî doch wol befunden, | oft brach er sein Zelt, als sie ihn doch gefunden hatten, |
Hatze und Pletze und jeniu ir gespile Hademuot. | Hatze und Pletze und jener Freund Hademut. |
frâget Engeltrûten, wiez laeg umbe ir bruoder Fridebreht! | Fragt Engeltrude, wie es um ihren Bruder Friedbrecht stand! |
"ach ach, er hât verrenket sich vor vorhte", alsô hât si mir geseit, "der toersche kneht." | "ach ach, er hat sich vor Angst verrenkt", so hat sie mir gesagt, "der tore Knecht." |
Sach ab ieman jenen mit der gickelvêhen täcken? | Sah jemand jenen mit der buntscheckigen Decke? |
die treget er ûf der hende und klopfet ûf sîn niuwez swert: | Die trägt er auf der Hand und klopft damit sein neues Schwert ab: |
dâ mite er uns des nahtes ab der gazzen wil erschrecken. | Damit will er uns des Nachts auf der Straße erschrecken. |
der selbe dünket sich noch mêr dan drîer bônen wert, | Der selbst erfreut sich noch mehr ein drei Bohnen wert, |
als er danne gerûzet unde gedraeset, der vil übele man, | wenn er dann gerüstet und dressiert ist, der sehr schlechte Mann, |
und im sîn täcke ringeleht erklinget dem gelîche, als er trage ein goller an. | und wenn seine mit Ringen versehene Decke erklingt, dann gleicht es, als ob er einen Goller trägt. |
Winterlied 13
Mittelhochdeutsch | Neuhochdeutsch |
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Wi überwinde ich beide | Wie überwinde ich beide |
mîn liep und die sumerzít? | meine Liebe und die Sommerzeit? |
ine kan die wolgetânen schiere niht verklagen. | Ich kann die Schönheiten nicht schnell vergessen. |
von sô grôzem leide, | Von so großem Leid, |
mir riuwe âne fröude gît, | das mir Jammer ohne Freude gibt, |
trûre ich wol von schulden nû ze diesen trüben tagen, | trauere ich sehr über dieses vergehen in diesen trüben Tagen, |
di uns den winder kündent, der uns manger vröude roubet. | die uns den Winter ankündigen, die uns manche Freude rauben. |
sanges habent sich diu kleinen vogelîn geloubet: | Mit ihrem Gesang haben die kleinen Vögel nachgelassen: |
alsô möhte ich wol mit mînem sange stille dagen. | Ebenso sehr möchte ich es mit meinem Gesang in den stillen Tagen. |
Sol mich niht verwâhen | Es soll mir nicht nützen |
mîn trôst und mîn lieber wân, | mein Trost und meine angenehme Hoffnung, |
sô enweiz ich, waz genâden ich mich trœsten mac. | so weiß ich nicht, mit welcher Gnädigkeit ich mich trösten kann. |
wol mac ir versmâhen | gewiss kann ich |
mîn dienest, den ich ir hân | meinen Dienst verschmähen, den ich an ihr |
lange her geleistet und des ie mit triuwen phlac. | lange geleistet habe und den ich immer mit Treue pflegte. |
alsô phlæge ichs immer gerne, möhte ich des geniezen, | So sorge ich ich immer gerne, ich möchte es genießen, |
sô daz mich die dörper mînes lônes iht verstiezen. | dass die Bauern mir meinen Lohn nicht verwehrten. |
des ist Uoze grîfic und sîn rûher schavernac. | Das ist der nu Nehmen geneigte Uoze und sein derber Schabernack. |
Engelwân und Uoze | Engelwân und Uoze |
die zwêne sint mir gehaz | die beiden sind mir verhasst |
(schaden unde nîdes muoz ich mich von in versehen) | (Schaden und Neid muss ich von ihnen ertragen) |
und der geile Ruoze: | und der lustige Ruoze: |
wie tiuwer er sich vermaz, | Wie sehr er sie in beschämender Weise übertraf, |
er bestüende mich durch sî! die drîe widerwehen | er hielt mir ihnen Stand! Die drei Widersacher |
râtent unde brüevent, daz ich âne lôn belîbe. | brieten sich und prüften, dass ich ohne Lohn blieb. |
niht envolge ir lêre, vrouwe, liebist aller wîbe! | Gehe nicht ihrer Lehre nach, Dame, liebste aller Frauen! |
lône mîner jâre; lâz in leit an mir geschehen! | Lohn meiner Jahre; lass ihnen ein Leid geschehen! |
Vrouwe, dîne güete | Dame, deine Güte |
die erkenne ich sô manicvalt, | erkenne ich so mannigfaltig, |
daz ich liebes lônes von dir noch gedingen hân. | da ich den freundlichen Lohn von dir noch erhalten habe. |
daz mich ie gemüete, | Dass mich ihr Gemüt, |
die spränzler und ir gewalt, | das Gehabe und ihre Gewalt, |
daz was mit den bluomen hin. nu wil mir Engelwân | die waren mit den Blumen hin. Nun will mir Engelwân |
dîne hulde verren: daz im müeze misselingen, | deine Huld verwehren: Das muss ihm misslingen, |
sô daz hundert swert ûf sînem kophe lûte erklingen! | sodass hundert Schwerter auf seinem Kopf laut erklingen! |
snîdent sî ze rehte, sî zerüttent im den spân. | Sie schneiden sie zurecht, sie verwirren ihm das Haar. |
Seht an Engelwânen, | Seht an Engelwân, |
wie hôhe er sîn houbet treit! | wie hoch er sein Haupt trägt! |
swanne er mit gespannem swerte bî dem tanze gât, | Wie er mit gezücktem Schwert beim Tanze umhergeht, |
sô ist er niht âne | so ist er nicht ohne |
der vlæmischen hövescheit, | die flämische feine Sittlichkeit, |
dâ sîn vater Batze wênic mit ze schaffen hât. | wo sein Vater Batze wenig mit ihm zu schaffen hat. |
nu ist sîn sun ein œder gouch mit sîner rûhen hûben: | Nun ist sein Sohn ein dummer Narr mit seiner behaarten Mütze: |
ich gelîche sîn gephnæte ze einer saten tûben, | Ich stelle sein Schnauben mit einer gesättigten Taube gleich, |
diu mit vollem krophe ûf einem korenkasten stât. | die mit gefülltem Kropf auf einem Getreidestapel sitzt. |
Swer in sîner tougen | Wer auch immer in seinem Geheimnis |
ie liep ode leit gewan, | immer Liebe oder Betrübnis bekam, |
dem sint mîne sorgen und mîn kumber wol bekant. | dem sind mein Kummer und meine Sorgen wohl bekannt. |
sît ich mînen ougen | Seit ich meinen Augen |
den stîc niht verbieten kan, | den Anblick nicht verwehren kann, |
sî enblicken hin, da Ruoze tanzet an ir hant, | sie schauen hin, als Ruoze an ihrer Hand tanzt, |
sô verlâze ich kûme, deich mich selben niht enruofe: | so verlasse ich schwach, bringe mich selber nicht in Verrufung: |
solhen wehsel nement, die dâ minnent, an ir koufe. | So ein Auf und Ab nehmen sie, die lieben, in Kauf. |
Minne, lâ mich vrî! mich twingent sêre dîniu bant. | Liebe, lass mich frei! Deine Bänder zwängen mich sehr ein. |
Minne, dîne snüere | Liebe, deine Fesseln |
die twingent daz herze mîn, | zwängen mein Herz ein, |
daz ich hân ze strîte wider dich deheine wer. | sodass ich zu meinem Streit wieder dich abwehre. |
swie verholne ich rüere | Wie ich heimlich in Bewegung setze |
den zimbel der zelle dîn, | die Glocke deiner Kammer, |
sô bin ich betwungen des, daz ich dir hulde swer. | so bin ich gezwungen, dir zu huldigen. |
vrouwe Minne, din gewalt ist wider mich ze strenge; | Frau Liebe, deine Gewalt gegen mich ist zu streng; |
küneginne, dîner ungenâde niht verhenge, | Königin, ich erlaube dir deine Ungnade nicht, |
daz si mich verderbe! ja ist si über mich ein her. | dass sie mich verderbe! Ja sie ist über mich her. |
Winterlied 1
Mittelhochdeutsch | Neuhochdeutsch |
---|---|
Winder, uns wil dîn gewalt | Winter, uns will deine Gewalt |
in die stuben dringen | in die Stube drängen |
von der linden breit: | hinweg von der großen Linde: |
dîne winde die sint kalt. | Deine Winde, die sind kalt. |
lerche, lâ dîn singen! | Lerche, höre auf mit deinem Gesang! |
dir hât widerseit! | Dir wurde Widerstand geleistet! |
beide rîfe und ouch der snê; | Sowohl der Reif als auch der Schnee; |
dû muost stille swîgen: | du musst still sein: |
sô klag ich den grüenen klê. | So beklage ich den grünen Klee. |
meie, ich wil dir nîgen; | Mai, ich will dir ehrerbieten; |
mir tuot der winder wê. | mir schmerzt der Winter. |
Tanzet, lachet, weset vrô! | Tanzt, lacht, seid froh! |
daz zimt wol den jungen | Das dünkt wohl den Jungen |
disen winder lanc. | diesen langen Winter. |
iu ze stiuwer gibe ich sô | Als Stütze gebe ich so |
hiwer von mîner zungen | in diesem Jahre von meiner Zunge |
einen niuwen sanc, | ein neues Lied, |
daz ir âne zwæren muot | das euch ohne eine schweres Gemüt |
vreude mugt erbîten. | Freude bieten kann. |
Engelmâr, dîn stube ist guot: | Engelmâr, deine Stube ist gut: |
küele ist an der lîten. | Die Kühle ist am Bergabhang. |
der winder schaden tuot. | Der Winter schadet. |
Etzel, Ruoze und Adelber | Etzel, Ruoze und Adelber |
und der geile Rüele | und der lustige Rüele |
zesamen hânt gesworn | haben zusammen geschworen |
alle ûf einen dörper hêr: | alle auf einen Bauern hoch und heilig: |
derst von Wîtenbrüele | Der ist von Wîtenbrüele |
und brüevet grôzen zorn. | und hegt großen Zorn. |
daz enkunde ich ê noch sît | Das konnte ich früher oder später |
nie voltagedingen, | nicht gerichtlich verhandeln, |
Rüele enwolte enwiderstrît | Rüele wollte nicht um die Wette |
an dem reien springen: | bei dem Tanze springen. |
daz was Lanzen nît. | Das war Lanze nicht. |
Lanze eine treiten treit, | Lanze trug ein Getreide, |
diu ist von barchâne, | das ist der Preis vom Wettschießen, |
grüene alsô der klê. | grün wie der Klee. |
ze wîge hât er sich bereit: | Zum Kampf hält er sich bereit: |
er lebet in dem wâne, | Er lebt in dem Wahn, |
daz im niht widerstê. | dass man ihm nicht widerstehen kann. |
dar in er gesteppet hât | Das liegt daran, dass er sich |
ein guot îsnîn hemde. | ein eisernes Hemd genäht hat. |
limmende als ein ber er gât; | Zischend wie eine Schlange geht er; |
guot muot ist im vremde. | eine gute Stimmung ist ihm fremd. |
erst kint, der in bestât. | Sogar ein Kind besteht gegen ihn. |
(IVa) | |
---|---|
Lanze der hât noch die frünt, | Lanze der hat noch die Freunde, |
die in niht enlâzen, | die ihn nicht im Stich lassen, |
swie gar er sî ein kint. | wie immer seit er ein Kind war. |
drî hân ich iu schiere gekünt, | Drei habe ich sogleich geprüft, |
die im ûf der strâzen | die ihm auf der Straße |
bîgestendic sint: | beigestanden sind: |
Îsenbolt und Îsenhart | Îsenbolt und Îsenhart |
und der junge Vrîte. | und der junge Vrîte. |
Rüele der wart nie sô zart, | Rüele war nie so sanft, |
er wær an dem strîte | er war an dem Streit |
ze verhe wol bewart. | sehr Wohl im Auge behalten. |
(IVb) | |
---|---|
Sô lâz wirs vehten umb den lîp. | So kämpfen wir um den Leib. |
und gê wir zuo dem tanze: | Und wir gehen zum Tanz: |
dâ spring wir schône enbor. | Da springen wir schön in die Höhe. |
nu wol ûf, meide und jungiu wîp, | Nun wohl auf, Mädchen und junge Frauen, |
Afrâ, Englîn, Franze, | Afrâ, Englîn, Franze, |
diu wil uns singen vor. | die wollen uns vorsingen. |
Metze beit ... | Metze zögert... |
und kumet Adelheite | und Adelheite kommt |
und über ... Engellint | und über ... Engellint |
und Irmengart gemeite, | und Irmengart macht uns Freude, |
daz sint gar schœniu kint. | das sind gar schöne Kinder. |
Winterlied 27
Mittelhochdeutsch | Neuhochdeutsch |
---|---|
Mirst von herzen leide, | Mir ist es von Herzen ein Betrübnis, |
daz der küele winder | dass der kalte Winter |
verderbet schœner bluomen vil: | die schönen Blumen sehr zu Grunde gehen lässt: |
sô verderbet mich ein senelîchiu arebeit. | So richtet mich eine schmerzliche Not zu Grunde. |
dise sorge beide | Diese beiden Sorgen |
dringent mich hin hinder | drängen mich von Hinnen |
ze ende an mîner vreuden zil. | an das Ende meiner erfreulichen Bestimmung. |
owê, daz diu guote mit ir willen daz vertreit, | Owe, seit die Gute mit ihrem Willen mir das verwehrt, |
sît si wol geringen mac | seit sie sehr verringern kann |
alle mîne swære! | all mein Leid! |
hei, gelebte ich noch den tac, | Hei, würde ich doch den Tag erleben, |
daz sî genædic wære! | an dem sie gnädig wäre! |
Swenne ich mich vereine | Wenn ich mich absondere |
unde an sî gedenke, | und an sie denke, |
wær inder wîbes güete dâ, | wäre irgend eines Weibes Güte da, |
diune hæte sich sô lange bî ir niht verholn. | die hätte sich so lange bei ihr nicht verdient. |
sît si lônet kleine | Seit sie schmächtig lohnt |
mîner niuwen klenke, | meiner neuen Gesänge, |
wan mac ich dienen anderswâ? | wann kann ich anderswo dienen? |
nein, ich will mit willen disen kumber langer doln. | Nein, ich will mit Absicht diesen Kummer lange ertragen. |
waz, ob noch ein sælic wîp | Was, wenn noch ein seliges Weib |
gar den muot verkêret? | gar den Mut ändert? |
vreu mîn herze und trœste den lîp! | Erfreue mein Herz und tröste den Leib! |
diu zwei diu sint gesêret. | Die zwei die sind verletzt. |
Zuo dem ungemache, | Zu dem Unbequemen, |
den ich von ir lîde, | das ich durch sie erleide, |
sô twinget mich ein ander leit, | so zwingt mich ein anderes Leid, |
daz vor allem leide mich sô sêre nie betwanc, | das vor allem anderen Leid mich noch nie so sehr in Not und Kummer versetzte, |
swiech dar umbe lache | so wie ich darüber lache |
und gebâre blîde: | und mich ebenso erfreut: |
mir hât ein dörper widerseit | Mir hat sich ein dörper widersetzt |
umb anders niht wan umbe den mînen üppeclîchen sanc. | um nichts anderes als um meinen überflüssigen Gesang. |
derst geheizen Adeltir, | Der heißt Adeltir, |
bürtic her von Ense. | gebürtig stammt er von Ense. |
zallen zîten drôt er mir | Zu allen Zeiten droht er mir |
als einer veizten gense. | wie einer fetten Gans. |
Hiwer an einem tanze | Häufig bei einem Tanz |
gie er umbe und umbe. | ging er im Kreis. |
den wehsel het er al den tac: | Den Wechsel hätter er den ganzen Tag: |
glanziu schapel gap er umbe niuwiu krenzelîn. | Gänzenden Kopfschmuck gab er mit neuen Kränzen herum. |
Etzel und Lanze, | Etzel und Lanze, |
zwêne knappen tumbe, | Zwei dumme Junggesellen, |
die phlâgen ouch, des jener phlac. | die sorgten auch dafür, dass jener die Aufsicht führte. |
Lanze der beswæret ein vil stolzez magedîn; | Lanze der belästigte ein sehr stolzes Fräulein; |
eine kleine rîsen guot | einen kleinen guten Schleier |
zarte er ab ir houbet, | zerrte er von ihrem Kopf herunter, |
dar zuo einen bluomenhuot: | dazu einen Hut mit Blumen: |
wer het im daz erloubet? | Wer hat ihm das erlaubt? |
Owê sîner hende! | Wehe seiner Hände! |
daz si sîn verwâzen! | Dass sie sie verderben! |
die vinger müezen werden vlorn, | Die Finger müssen verloren gehen, |
dâ mit er gezerret hât den schedelîchen zar! | mit denen er das Stück auf schadenbringende Weise abgerissen hat! |
hiete er ir gebende | Hätte er ihre Bandschleife |
ungezerret lâzen, | nicht zerrissen, |
daz kränzel hiete ouch sî verkorn. | den Kranz hätte auch sie verschmäht. |
er ist ungevüeger danne wîlen Engelmâr, | Er ist noch unartiger als Engelmâr, |
der gewalticlîchen nam | der gewalttätige nahm |
den spiegel Vriderûne. | Vriderun den Spiegel. |
des bin ich dem dörper gram, | Deshalb bin ich auf den dörper wütend, |
dem selben Walberûne. | so auch auf Walberûne. |
Dise alten schulde | Diese alte Pflicht |
wecket mir diu niuwe: | weckt in mir die Neue: |
ez hât ein geiler getelinc | Es hat ein lustiger Bauernbursche |
hiwer an mir erwecket, swaz mir leides ie geschach. | dieses Jahr in mir erweckt, was auch immer mir an Leid geschah. |
ê ichz langer dulde, | Bevor ich es länger dulde, |
sêt des mîne triuwe, | siehe da meine Treue, |
gespringe ich zuo zim in den rinc, | springe ich zu ihm in den Ring, |
er bestât sîn buoze, daz er ir ze vrouwen jach, | er bekommt seine Strafe, dafür dass er die Dame jagte, |
der ich lange gedienet hân | der ich lange bitter gedient habe |
her mit ganzer stæte! | mit ganzer Beständigkeit! |
wolder er sî gerouwet lân, | Wollte er es lassen, sie zu rauben, |
wie rehte er danne tæte! | wie recht er dann täte! |
Wê, waz hât er muochen! | Wehe, was hat er für Flausen im Kopf! |
si kumt im niht ze mâze. | Sie ist ihm nicht angemessen. |
zwiu sol sîn pîneclîch gebrech? | Was soll sein straffälliges Gekrach? |
im enmac gehelfen niht sîn hovelîch gewant. | Ihm wird auch nicht sein höfisches Gewand helfen. |
er sol im eine suochen, | Er soll ihm eine suchen, |
diu in werben lâze. | die ihn werben lässt. |
diu sînen rôten buosemblech | Seine roten Metallblättchen |
diu sint ir ungenæme gar, dar zuo sîn hiufelbant. | die sind ihr gar unangenehm, dazu auch sein Band an der Wange. |
enge ermel treit er lanc, | Er trägt enge lange Ärmel, |
die sint vor gebræmet, | die sind vorne eingefasst, |
innen swarz und ûzen blanc. | innen schwarz und außen weiß. |
mit sîner rede er vlæmet. | Er spricht nach Art der Flamländer. |
VIIa | |
---|---|
Sîner snüere strangen | Seine geschnürten Stricke |
tengelnt an den orten: | dengeln außen: |
dâ hanget wunder pfeffers an, | Da hängen wunderliche Pfeffersorten dran, |
muscât, negele, pfâwenspiegel: dêst der dörper glanz. | Muskatnuss, Nägel, Pfauenkraut: Das ist der Glanz der Bauern. |
er wil überdrangen | Er will überwältigen |
ein meit mit süezen worten, | ein Mädchen mit süßen Worten, |
des im doch niht gehelfen kan | da ihm doch nicht helfen können |
sîn üppiclîch gewant und dar zuo sîn vil wæher swanz. | sein überflüssiges Gewand und dazu seine glänzende Schleppe. |
ein vil guotez lînîn tuoch, | Ein sehr gutes Leinentuch, |
sehzehn elen kleine, | sechzehn Ellen lang, |
hât sîn hemde und ouch sîn brouch: | ist sein Hemd und auch seine Form: |
der site ist ungemeine. | Seine Art und Weise ist nicht zusammenstimmend. |
VIIb | |
---|---|
Her Nîthart, mugt irz lâzen? | Herr Neidhart, könnt ihr es lassen? |
iu mac misselingen. | Euch kann es misslingen. |
nu habt ez ûf die triuwe mîn, | Ihr habt es auf meine Treue abgesehen, |
und mag ich, ez muoz iu bî dem tanze werden leit! | und wenn ich kann, dann wird es euch beim Tanze leid tun! |
welt ir ûf der strâzen | Wenn Ihr auf der Straße |
vil mit uns gedringen, | uns sehr bedrängen wollt, |
swie breit ab iuwer multer sîn, | wie berühmt auch immer eure Erscheinung ist, |
dâ gelpfe schînet under iuwer ringelehte pfeit, | dort scheint der Glanz unter euren geringelte Rock, |
und sult ir sîn der tiuvel gar | und solltet ihr gar der Teufel sein |
mit iuwerm glitzeden huote, | mit eurem glitzernden Hut, |
zwâre ich mache in bluotes var | wahrhaftig bringe ich das Blut in Bewegung |
mit mînem swerte guote. | mit meinem guten Schwert. |
VIIc | |
---|---|
"Nû dar, ziere gesellen, | "Nur zu, prächtige Gesellen, |
nu stât mir algelîche, | nun seid mir alle ebenmäßig, |
helfet, daz wir in bestân, | helft, dass wir gegen ihn bestehen, |
der uns bî dem tanze mit gemache niht enlât! | der uns beim Tanze mit seinem Gehabe nicht in Ruhe lässt! |
ich trûwe in wol ervellen", | Ich hoffe sehr ihn zu Fall zu bringen", |
sô sprach Amelrîche; | so sprach Amelrîche; |
"die hant die muoz er mir hie lân, | "die Hand, die muss er mir hier lassen, |
dâ der spreckelehte vogel oben ûfe stât, | dort oben steht der gefleckte Vogel, |
und dar zuo den zeswen fuoz, | und dazu den rechten Fuß, |
dar an der spore klinget. | der dort an dem Sporn tönt. |
jâ geschaffe ich mir sîn buoz, | Ja wenn ich seine Strafe anordne, |
daz er von uns niht singet." | dann wird er von uns nicht singen." |
c1
Mittelhochdeutsch | Neuhochdeutsch |
---|---|
Der swarcze dorn ist worden weis, | Der schwarze Dorn ist weiß geworden, |
nun hat der maie seinen vleis | nun hat der Mai seinen Körper |
geleget an den anger, | auf die Wiese gelegt, |
gar zergangen ist der schne, | der Schnee ist gänzlich geschmolzen, |
man siht hewer aber als ee | man sieht aber für eine lange Zeit |
die liechten plumblein swanger. | die hellen Blümlein in voller Blüte stehen. |
der maie hat die veld gar schön beseczet | Der Mai hat die Felder ganz und gar schön besetzt |
mit gamillen plúmlein fein, | mit feinen Kamillenblumen, |
fro so singen die vogelein, | froh singen die Vögel, |
irs laids sind sie ergeczet. | ihr Leid haben sie vergessen. |
Da fúr ich lob die rainen weib, | Dafür lobe ich die reinen Frauen, |
der wolgetraut globter leib | deren wohlgetrauter gelobter Leib |
kan pringen hoch gemúte. | hohen Mutes springen kann. |
die sich vor valsche hand behút, | Die sich vor falscher Hand hütet, |
die lob ich fur alles gut, | die lobe ich für alles Gute, |
so wol dir, weibes gute! | so sei dir wohl, gutes Weib! |
weib, behalt dein er, das will ich dir raten, | Frau, behalte deine Ehre, das will ich dir raten, |
durch dein frölich weiblich zucht | durch deine fröhlich weibliche Sittsamkeit |
weib, du auserwelte frucht, | Frau, du auserwählte Frucht, |
la túme minner braten! | lass den törichten Liebhaber plaudern! |
Nun sung ich gern der frawen mein, | Nun sang ich gerne für meine Frauen, |
so irret mich ein ander pein, | aber es hindert mich ein anderer Schmerz, |
ich sahe die dörper raien | ich sah die Bauern tanzen |
gar uppiglichen auf dem plan, | ganz und gar eitel auf dem Platz, |
baide, frawen unde man, | beide, sowohl Frauen als auch Männer, |
die empfiengen schön den maien. | die empfingen den schönen Mai. |
her langer Lancze, daz sult ir mir rechen, | Zu mir langer Lanze, das sollt ihr mir vergelten, |
darczu so clag ich euch, herr Pflug, | dazu beklage ich euch, Herr Pflug, |
ir rechet mir diesen ungefug, | ihr bestraft mir diesen Unfug, |
das in ir rúcken brechen. | sodass ihre Rücken brechen. |
Ich kam dohin gein Zeisselmaur, | Ich kam dorthin zur Zeiselmauer, |
die fart ward mir eins tails zu sawer, | die Fahrt war mir zu schwer, |
ich hört da fremde mere. | ich hörte dort fremde Geschichten. |
do fand ich einen lobetancz | So fand ich einen Lobestanz |
und von rosen mangen krancz, | und manche Kränze aus Rosen, |
zergangen was mein swere. | so war mein Leid vergangen. |
ich zogt zu einem wirte, der was ziere, | Ich zog zu einem Wirt, der war prächtig, |
des ward Engelmair gewar, | das war Engelmair hinderlich, |
elen weit was im sein har, | ellenweit stand ihm sein Haar, |
da hin so eilt er schiere. | dahin eilt er schnell. |
zu vierczig gattelingen gut, | Zu guten Vierzig zusammen, |
uppiglich stund in ir mut, | Eitelkeit vermischte sich mit ihrem Mut, |
die tanczten bei der linden. | so tanzten sie bei der Linde. |
er sprach: "herr Neithart der ist hie, | Er sprach: "Herr Neidhart der ist hier, |
der uns gespöttes nie erlie, | der uns den Spott nie vorenthielt, |
wol auf, das wir in finden. | wohl auf, dass wir ihn finden. |
ir solt euch keines argen nicht gedencken, | Ihr sollt eure Gedanken nicht auf Sorgen richten, |
ir get mir zúchtiglichen nach, | ihr geht mir gesittet nach, |
auch seit zu fechten nicht zu gache, | auch seid mit dem Fechten nicht zu voreilig, |
wir sond im frolich schencken." | wir wollen uns ihm fröhlich geben." |
Vierczig käntelin mit wein | Sie trugen vierzig Kännchen mit Wein |
sie trungen in ein gertelein, | in ein Gärtchen, |
gar gros was ir geraisse: | ganz und gar großzügig war ihr Gehabe: |
"seit got wilkum, herr Neithart, | "Seid uns willkommen, Herr Neidhart, |
euch sei geschenckt an diser fart." | ihr sollt beschenkt sein auf dieser Fahrt." |
ich saß in einem swaisse, | Ich war ganz verschwitzt, |
ich sprach:"ich pin dem Neidhart ungeleiche, | ich sprach: "Ich bin nicht wie Neidhart, |
ich pin ein jeger, mir ist zorn, | ich bin ein Jäger, ich bin zornig, |
ich hab die hunde sein verlorn, | ich habe die Hunde verloren, |
des fursten von Osterreiche." | die des Fürsten von Österreich." |
Engelmair in da gepot | Da bot Engelmair ihm an |
bei dem Leben an den todt, | bei Leben und Tod, |
das sie sich saczten alle. | dass sie sich alle setzten. |
so zuhant da schankt man ein | So schenkte man ein |
den vil klaren osterwein, | den sehr klaren oesterreichischen Wein, |
den truncken sie mit schalle. | den tranken sie mit viel Lärm. |
er sprach: "und wolt ir gogelfur erkennen, | Er sprach: "Und wollt ihr die Ausgelassenheit erkennen, |
so siczt und seit ein frolich man, | so sitzt und seid ein fröhlicher Mann, |
ich hilf euch mit gemach hin dan, | ich helfe euch gerne dabei, |
wolt ir mich nimmer nennen." | dann wollt ihr mich nicht mehr nennen." |
"Dir sei gelobet an die hant: | "Ich gelobe dir auf die Hand: |
du wirst von mir nicht mer genant, | Du wirst von mir nicht mehr genannt, |
was ich will furbas singen, | was ich singen will, |
und auch was gedichten kan, | und auch was ich dichten kann, |
du haist der ungenante man, | du bist dabei der ungenannte Mann, |
du solt frolichen springen, | du sollt fröhlich springen, |
und hais die öden schaiden aus dem garten." | und es klagt der öde Abschied aus dem Garten." |
"wol auf, ir herrn, wir sollen gan | "Wohl auf, ihr Herren, wir sollen gehen |
gar zuchtiglichen auf den plan | gänzlich sittsam auf den Platz |
und dienen frauen zarten." | und dienen zarten Frauen." |
Die verswunden so zuhant, | Die verschwanden auf der Stelle, |
do bracht man mir ein gut gewant, | da brachte man mir ein gutes Gewand, |
das must ich dannen furen | dann musste ich von da weg fahren |
darczu so gabns mir ein pfert, | dazu gaben sie mir ein Pferd, |
das was wol dreissig pfunde werdt | das wohl dreißig Pfund wert war |
und zeltet nach den schnúren. | und an den Zügeln ging. |
des danckt ich schon den manen und den frawen | Da dankte ich schon den Männern und den Frauen |
und rait daczu in auf den plan, | und ritt dazu auf den Platz, |
da mochten siben hundert stan, | da mochten wohl siebenhundert stehen, |
die mich begunden schawen. | die mich anschauen konnten. |
Auf die rais so was mir gah, | Auf der Reise hatte ich es eilig, |
mir ward ein michel kaffen nach | eine große Bergkuppe lag hinter mir |
von liechten augen schöne. | von hellen schönen Augen. |
Friderunen näckelin, | Frideruns Nacken, |
das gab fur die andern schein, | der war für die anderen schön, |
mit lob ichs imber kröne. | ich lobe ihn immer mit Gesang. |
ich rait gein Wien und sagt die abenteure, | Ich ritt nach Wien und erzählte die Abenteuer, |
wie sie mir alle trúgen has, | wie sie sich zugetragen haben, |
da ich in dem garten saß, | als ich in dem Garten saß, |
iedoch ward mir ir stewre. | dennoch gaben sie mir ihre Steuer. |
Der herczog sandt gein Zeisselmaur, | Der Herzog sandte mich nach Zeisselmauer, |
er lie frei den selben pauer | er machte sich frei davon |
und all sein hausgenossen. | und von all seinen Hausgenossen. |
des ward fro der Engelmar, | Da war der Engelmar froh, |
der mir half frölich von der schar | der mir von allen fröhlich half |
wol auf des reiches strassen. | auf den Straßen des Reiches. |
und Engelmair wil ich nimmer nennen, | Und Engelmair will ich nicht mehr nennen, |
er haist der ungenante man, | er heißt der ungenannte Mann, |
der wol mit Friderúnen kan, | der gut mir Friderun umgehen kann, |
ir múgt in wol erkennen. | ihr könnt ihn gut erkennen. |
Sommerlied 22
Mittelhochdeutsch | Neuhochdeutsch |
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Der winter hât ein ende. | Der Winter hat ein Ende. |
komen ist uns der meie, | Der Mai ist uns gekommen, |
der uns bluomen bringet manger leie. | der uns Blumen bringt auf manchen Felsen. |
ich hœr diu vogelîn singen. | Ich hör die Vögelchen singen. |
wir suln alle springen, | Wir sollen alle springen, |
sîn gemeit. | freudig sein. |
der walt ist wol geloubet, | Der Wald ist sehr begrünt, |
diu linde guldîn tolden treit. | die Linde trägt eine goldene Krone. |
Der linden welnt ir tolden | Der Linde ihr Wipfel will |
von niuwem loube rîchen, | aus neuen Blättern werden, |
dar under lâzent nachtigal dar strîchen: | darunter putzen sich die Nachtigallen: |
si singent wol ze prîse | Sie singen sehr um zu loben |
vremde süeze wîse, | in fremder süßer Art und Weise, |
dœne vil. | tönen sehr. |
si vreunt sich gein dem meien: | Sie freuen sich an dem Mai: |
sîn kunft diu ist ir herzen spil. | Seine Ankunft ist das Vergnügen ihrer Herzen. |
Si sprechent, daz der winder | Sie sagen, dass der Winter |
hiuwer sî gelenget. | heuer in die Länge gezogen sei. |
nu ist diu wise mit bluomen wol gemenget, | Nun ist die Wiese mit Blumen sehr bestückt, |
mit liehter ougenweide | mit heller Augenweide |
rôsen ûf der heide | Rosen auf der Heide |
durch ir glanz. | durch ihren Flitter. |
der sante ich Vriderûnen | Da gab ich Vriderun |
einen wolgetânen kranz. | einen schöne gearbeiteten Kranz. |
Die vogele in dem walde | Die Vögel in dem Wald |
singent wünneclîchen. | singen herrlich. |
stolze mägde, ir sult ein niuwez tîchen. | Übermütige Mädchen, ihr sollt etwas neues schaffen. |
vreut iuch lieber mære! | Freut euch an der Nachricht! |
maneges herzen swære | Manches schwere Herz |
wil zergân. | wird vergehen. |
tuot, als ich iuch lêre, | Tut, wie ich euch lehre, |
strîchet iuwer kleider an! | zieht eure Kleider an! |
Ir brîset iuch zen lanken, | Ihr schnürt euch zehn Hüften, |
stroufet ab die rîsen! | streift die Schleier ab! |
wir sulnz ûf dem anger wol wikîsen. | Wir sollen auf die Wiese steigen. |
Vriderûn als ein tocke | Vriderun als eine Puppe |
spranc in ir reidem rocke | sprang in ihrem Drehrock |
bî der schar: | in der Menge umher: |
des nam anderthalben | Das nahm |
Engelmâr vil tougen war. | Engelmar sehr heimlich war. |
Dô sich aller liebes | Als sich alle Liebenden |
gelîch begunde zweien, | es einem gleichen Körper gewährten sich zu zweien zusammenzugesellen, |
dô sold ich gesungen haben den reien, | da sollte ich den Tanz gesungen haben, |
wan daz ich der stunde | nur als ich das in der Stunde |
niht bescheiden kunde | nicht trennen konnte |
gegen der zît, | gemäß der Zeit, |
sô diu somerwünne | so gibt die Sommerwonne |
manegem herzen vreude gît. | manchem Herzen Freude. |
Nu heizent sî mich singen; | Nun bitten sie mich zu singen; |
ich muoz ein hûs besorgen, | ich muss ein Haus besorgen, |
daz mich sanges wendet manegen morgen. | das mir den Gesang abwendet an manchem morgen. |
wie sol ich gebâren? | Wie soll ich mich verhalten? |
mirst an Engelmâren | Mir ist an Engelmar |
ungemach, | unheilvoll, |
daz er Vriderûnen | dass er Vriderun |
ir spigel von der sîten brach. | ihren Spiegel aus der Hand brach. |
VIa | |
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Sîner basen bruoder | Dem Bruder seiner Tante |
hiet sis wol erlâzen. | hätte sie es wohl erlassen. |
er kan sich deheiner dinge mâzen; | Er kann sich irgendwelcher Dinge messen; |
er ist ein tœrscher Beier. | er ist ein dummer Bayer. |
er und der junge meier | Er und der junge Meier |
tuont ir leit. | tun ihr leid. |
noch hât sî den vriunt, | Noch hat sie den Freund, |
der imz die lenge niht vertreit. | der ihm lange Zeit nicht entsagt. |
VIb | |
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Dar umbe wil si aber | Darum will sie aber |
ein Engelmâr vertrîben. | Engelmar vertreiben. |
er ist ein gemzinc under jungen wîben. | Er ist ein ungestümer Gemsbock unter den Frauen. |
er ist ein ridewanzel, | Er ist einer, der den Ridewanzel tanzt, |
in dem geu vortanzel. | bei dem Vortanzen. |
sîn gewalt | Seine Gewalt |
der ist an dem reien | die ist bei dem Tanz |
under den kinden manicvalt. | unter den Kindern verbreitet. |
VIc | |
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Daz ist Friderûne | Das ist Vriderun |
ein lange werndiu swære | mit einer langen und schweren Vorsicht |
von Engelmâre dem tœrschen tanzprüevære, | vor Engelmar dem dummen Tanzenden, |
daz er ir torste lâgen. | dass er es wagte ihr nachzustellen. |
daz klagtes al ir mâgen. | Das beklagten all ihre Mädchen. |
umbe den schal | Vor dieser Schale |
solt dû dich nu hüeten, | sollst du dich nun bewahren, |
Friderûn! fluch gein Riuwental! | Vriderun! Flüchte nach Reuental! |
VId | |
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Der het ir genomen | Der hätte ihr genommen |
in schimphe ein tockenwiegel. | zum Scherz eine Puppenwiege. |
daz hiet wir verklagt, niewan den spiegel | Das hätten wir ertragen, nur nicht den Spiegel |
(der was von helfenbeine, | (Der war aus Elfenbein, |
wæhe, ergraben kleine), | von Schönheit, mit einer künstlerischen Gravur), |
den sîn hant | den seine Hand |
ir nam gewalticlîche; | ihr gewaltsam nahm; |
dâ von al mîn vreude swant. | davon schwand all meine Freude. |
VIe | |
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Ir sult mirz wol gelouben | Ihr sollt es mir wohl glauben |
ich sag iz niht gerne: | ich sage es nicht gerne: |
diu spiegelsnuor diu kom her von Iberne. | Die Spiegelschnur die kam her aus Iberien. |
ez was ein wæher borte. | Es war eine schöne Borte. |
niden an dem orte | Nach unten an dem Orte |
stuonden tier | standen Tiere |
geworht von rôten golde. | gewirkt von rotem Gold. |
nie geschach sô leide mir. | Nie geschah mir so ein Leid. |
VIf | |
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Daz ich niht frœlîch singe, | Dass ich nicht fröhlich singe, |
daz wendet mir ein swære, | das bereitet mir eine Schwere, |
von der ich alsô gerne ledic wære. | von der ich so gerne befreit wäre. |
dise dorfgebûwer | Diese Dorfbauern |
die nimt des gar untûwer: | die rechnen mir das nicht hoch an: |
si tragent mir haz. | Die entbieten mir Hass. |
ob si niht enwæren, | Wenn sie nicht wären, |
sô sunge ich für wâr fürebaz. | so sänge ich fürwahr. |
VIg | |
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Erkenbreht und Uoze | Erkenbrecht und Uoze |
und der ungenante, | und der Ungenannte, |
Gozbreht, der mich ofte sanges wante, | Gozbrecht, der mich oft wegen meines Sanges anrührte, |
die sint nu gar gesweiget | die sind nun sogar zum Stillschweigen gebracht |
unde ir freude seiget | und ihre Freude neigt sich |
hin unt her. | hin und her. |
ir schîbe, diu gienc ebene, | Ihr Rad, das ging gerade, |
diu ist gestrûchet nû entwer. | das ist nun endlich zu Falle gekommen. |
VIh | |
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Frou Hilde und getelinge, | Frau Hilde und ihre Gesellen, |
die sprungen an ir hende, | die sprangen an ihren Händen, |
ir tanz der was dô âne missewende. | ihr Tanz der war da ohne Makel. |
nu habent sî erworben, | Nun haben sie bekommen, |
daz er ist verdorben. | dass er verdorben ist. |
ir üppekeit | Ihre Eitelkeit |
ich wæn diu hât geprüevet | meine ich hat sich erprobt |
in manec gespötte unde leit. | in manches Spotten und Leid. |
Dass das Lied c34 in seiner Kommunikationshaltung eine Abirrung darstellt, ein Abgleiten in eine Ansprache, die keinerlei "Lösung" für die Verweigerung der Dame liefert, ist eine sehr spannende, pointierte Beobachtung! Lässt sich das interpretativ für die Frage der Typologie nutzen?