Das Lachen (Ulrich von Liechtenstein, Frauendienst): Unterschied zwischen den Versionen

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== Grundlagen und Geschichte des Lachens ==
== Grundlagen und Geschichte des Lachens ==
Bereits die abendländische Philosophie beschäftigte sich mit dem Lachen. Vor allem Platon war ein Gegner des Lachens und assoziierte das Ernste mit dem Guten und das Lächerliche mit dem Schlechten.[*Schörle 2007: S. 19]. Auch die Bibel hat ein ambivalentes Verhältnis zum Lachen weist ihm zwei Bedeutungen zu: Das negative und das positive Lachen. Auf Gott bezogen umfasst das negative Lachen das spottende, oft auch überlaute Lachen der Toren, das positive Lachen ist das Lachen der Gläubigen. Auch der Zisterzienserabt Burchard von Bellevaux hat, in der Mitte des 12. Jahrhunderts, in seiner ''Apologia de barbis'' zwei verschiedene Formen des Lachens unterschieden: das heitere Lachen der Weisen und das scherzende, spaßende Lachen der Dummen, welches zugleich ein Verlachen, ein Auslachen war. Das erste Lachen billigte von Bellevaux, während er das zweite Lachen, verständlicherweise, ablehnte. Lachen gehört demnach unabtrennbar zur menschlichen Natur. Und auch im biblischen Kontext geht es also keineswegs darum, das Lachen zu verbieten. Eine Schlüsselszene der Bibel ist die Namensgebung des Isaak, dem Sohn von Sara und Abhraham: ''Isaak'' bedeutet ''Lachen'' oder ''Sohn der Lust und des Lachens''.[Wolff 2009:86ff.] Dem entgegnet Auffarth, dass gerade die Ambivalenz der theologischen Auffassung und vor allem auch die Ablehnung des Lachens auffalle. Denn neben dem zugelassenen erlösenden Lachen<ref>Anm.: Im Sinne des Osterlachens, welches nach mehrtägiger Trauer und Stille über den Tod des Erlösers, zeigen soll, dass der Teufel keine Macht über die Menschen hat und selbst der Tod durch den Glauben an die Auferstehung überwunden werde[*Auffarth 2008: S. 10]</ref> wurde Gelächter "verboten, verpönt und tabuisiert"[*Auffarth 2008: S. 10]. Dies äußerte sich in Regeln, Normen und Lachverboten und in seiner striktesten Form als Leugnung Gottes und Zeichen des Teufels.[*Auffarth 2008: S. 11]<ref>Ausführend dazu Auffarth 2008, S. 10ff</ref>
Bereits die abendländische Philosophie beschäftigte sich mit dem Lachen. Vor allem Platon war ein Gegner des Lachens und assoziierte das Ernste mit dem Guten und das Lächerliche mit dem Schlechten.[*Schörle 2007]: S. 19 Auch die Bibel hat ein ambivalentes Verhältnis zum Lachen weist ihm zwei Bedeutungen zu: Das negative und das positive Lachen. Auf Gott bezogen umfasst das negative Lachen das spottende, oft auch überlaute Lachen der Toren, das positive Lachen ist das Lachen der Gläubigen. Auch der Zisterzienserabt Burchard von Bellevaux hat, in der Mitte des 12. Jahrhunderts, in seiner ''Apologia de barbis'' zwei verschiedene Formen des Lachens unterschieden: das heitere Lachen der Weisen und das scherzende, spaßende Lachen der Dummen, welches zugleich ein Verlachen, ein Auslachen war. Das erste Lachen billigte von Bellevaux, während er das zweite Lachen, verständlicherweise, ablehnte. Lachen gehört demnach unabtrennbar zur menschlichen Natur. Und auch im biblischen Kontext geht es also keineswegs darum, das Lachen zu verbieten. Eine Schlüsselszene der Bibel ist die Namensgebung des Isaak, dem Sohn von Sara und Abhraham: ''Isaak'' bedeutet ''Lachen'' oder ''Sohn der Lust und des Lachens''.[Wolff 2009:86ff.] Dem entgegnet Auffarth, dass gerade die Ambivalenz der theologischen Auffassung und vor allem auch die Ablehnung des Lachens auffalle. Denn neben dem zugelassenen erlösenden Lachen<ref>Anm.: Im Sinne des Osterlachens, welches nach mehrtägiger Trauer und Stille über den Tod des Erlösers, zeigen soll, dass der Teufel keine Macht über die Menschen hat und selbst der Tod durch den Glauben an die Auferstehung überwunden werde[*Auffarth 2008: S. 10]</ref> wurde Gelächter "verboten, verpönt und tabuisiert"[*Auffarth 2008: S. 10]. Dies äußerte sich in Regeln, Normen und Lachverboten und in seiner striktesten Form als Leugnung Gottes und Zeichen des Teufels.[*Auffarth 2008: S. 11]<ref>Ausführend dazu Auffarth 2008, S. 10ff</ref>


== Verschiedene Perspektiven und Formen ==
== Verschiedene Perspektiven und Formen ==

Version vom 12. Juli 2013, 19:47 Uhr

Was bedeutet das Lachen im Frauendienst? Welche Funktion erfüllt es? Dies soll folgend untersucht und analysiert werden. Zunächst werden verschiedene theoretische Perspektiven des Lachens beleuchtet wonach anschließend zunächst der 1. Frauendienst Ulrichs auf unterschiedlichen Formen des Lachens und dessen Funktion hin näher betrachtet. In einem zweiten Schritt wird dann der 2. Frauendienst anhand von exemplarischen Strophen untersucht.

Hintergrund

Grundlagen und Geschichte des Lachens

Bereits die abendländische Philosophie beschäftigte sich mit dem Lachen. Vor allem Platon war ein Gegner des Lachens und assoziierte das Ernste mit dem Guten und das Lächerliche mit dem Schlechten.[*Schörle 2007]: S. 19 Auch die Bibel hat ein ambivalentes Verhältnis zum Lachen weist ihm zwei Bedeutungen zu: Das negative und das positive Lachen. Auf Gott bezogen umfasst das negative Lachen das spottende, oft auch überlaute Lachen der Toren, das positive Lachen ist das Lachen der Gläubigen. Auch der Zisterzienserabt Burchard von Bellevaux hat, in der Mitte des 12. Jahrhunderts, in seiner Apologia de barbis zwei verschiedene Formen des Lachens unterschieden: das heitere Lachen der Weisen und das scherzende, spaßende Lachen der Dummen, welches zugleich ein Verlachen, ein Auslachen war. Das erste Lachen billigte von Bellevaux, während er das zweite Lachen, verständlicherweise, ablehnte. Lachen gehört demnach unabtrennbar zur menschlichen Natur. Und auch im biblischen Kontext geht es also keineswegs darum, das Lachen zu verbieten. Eine Schlüsselszene der Bibel ist die Namensgebung des Isaak, dem Sohn von Sara und Abhraham: Isaak bedeutet Lachen oder Sohn der Lust und des Lachens.[Wolff 2009:86ff.] Dem entgegnet Auffarth, dass gerade die Ambivalenz der theologischen Auffassung und vor allem auch die Ablehnung des Lachens auffalle. Denn neben dem zugelassenen erlösenden Lachen[1] wurde Gelächter "verboten, verpönt und tabuisiert"[*Auffarth 2008: S. 10]. Dies äußerte sich in Regeln, Normen und Lachverboten und in seiner striktesten Form als Leugnung Gottes und Zeichen des Teufels.[*Auffarth 2008: S. 11][2]

Verschiedene Perspektiven und Formen

Belachen

Verlachen

Soziales Lachen

Formen des Lachens im "Frauendienst"

Erster Dienst (Strophe 8-1389)

Lachen

119
134
538
600
676
744
933
989
1054
1090

Lächeln

688
1100
1111

Zweiter Dienst (Strophe 1390-1835)

1461
1510
1645 - 1648
Lied 43
1732
1733

Anmerkungen

  1. Anm.: Im Sinne des Osterlachens, welches nach mehrtägiger Trauer und Stille über den Tod des Erlösers, zeigen soll, dass der Teufel keine Macht über die Menschen hat und selbst der Tod durch den Glauben an die Auferstehung überwunden werde[*Auffarth 2008: S. 10]
  2. Ausführend dazu Auffarth 2008, S. 10ff

Literaturverzeichnis

<HarvardReferences />

Primärliteratur

  • [*FD mhd] Ulrich <von Liechtenstein>: Frauendienst. Hrsg. v. Franz Viktor Spechtler. Göppingen: Kümmerle, 1987 (Göppinger Arbeiten zur Germanistik 485) (zit. als FD: Strophe,Vers).
  • [*FD nhd] Ulrich <von Liechtenstein>: Frauendienst. Übers. v. Franz Viktor Spechtler. Klagenfurt: Wieser, 2000.

Sekundärliteratur

  • [*Ackermann 2009] Ackermann, Christiane: Im Spannungsfeld von Ich und Körper. Subjektivität im »Parzival« Wolframs von eschenbach und im »Frauendienst« Ulrichs von Liechtenstein. Köln/ Weimar/ Wien: Böhlau Verlag, 2009.
  • [*Althoff 2005] Althoff, Gerd: „Vom Lächeln zum Verlachen. In: Röcke, Werner / Velten, Rudolf (Hrsg.): Lachgemeinschaften. Kulturelle Inszenierungen und soziale Wirkungen von Gelächter im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit. Berlin: Walter de Gruyter, 2005.
  • [*Auffarth 2008] Auffarth, Christoph: „Glaubensstreit und Gelächter: Religion - Literatur - Kunst. Eine Einführung." In: Christoph Auffarth, Sonja Kerth (Hg.): Glaubensstreit und Gelächter. Reformation und Lachkultur im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit. Berlin: LIT VERLAG Dr. W. Hopf, 2008.
  • [*Brunner / Daim 1981] Brunner, Karl & Falko Daim: Ritter Knappen Edelfrauen Ideologie und Realität des Rittertums im Mittelalter. Graz: Hermann Böhlhaus Nachf., 1981.
  • [*Fleckstein 2011] Fleckstein, Josef: Rittertum und ritterliche Welt
  • [*Grebe 2005] Grebe, Anja: Heilige Narren: Einleitende Überlegungen zur Ästhetik von Sakralität und Komik im Mittelalter. In: Grebe, Anja / Staubach Nikolaus (Hrsg.): Komik und Sakralität, Frankfurt am Main: Lang, Peter, 2005, S.9-15.
  • [*Gerok-Reiter 1995] Gerok-Reiter, Annette: „Auf der Suche nach der Individualität in der Literatur des Mittelalters“. In: Aertsen, Jan A.,/ Speer, Andreas (Hrsg.): Individuum und Individualität im Mittelalter. Berlin: Walter de Gruyter, 1995, S. 223-246.
  • [*Seeber 2010] Seeber, Stefan: Poetik des Lachens. Untersuchungen zum mittelhochdeutschen Roman um 1200, Berlin: De Gruyter, 2010.
  • [*Schörle 2007] Schörle, Eckart: Die Verhöflichung des Lachens. Lachgeschichte im 18. Jahrhundert. Bielefeld: Aisthesis Verlag, 2007.
  • [*Pieper 1982] Pieper, Michael: Die Funktion der Kommentierung im »Frauendienst« Ulrichs von Liechtenstein. Göppingen: Kümmerle Verlag, 1982.
  • [*Wolff 2009] Wolff, Stefanie: Todesverlachen. Das Lachen in der religiösen und profanen Kultur und Literatur im Frankreich des 17. Jahrhunderts. Frankfurt am Main: Lang, Peter, 2009