Das Heidentum als Hindernis: Unterschied zwischen den Versionen

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=== Das Heidentum als Sinneseinschränkung ===
== Das Heidentum als Sinneseinschränkung ==


== Gahmuret und Belacane ==
== Gahmuret und Belacane ==

Version vom 25. Juni 2015, 17:37 Uhr

Im folgenden Artikel soll die Darstellung des Heidentums im Parzival untersucht werden. Vor allem soll die Charakterisierung des Heidentums als Hindernis sowie das Überwinden oder Vermeiden desselben herausgestellt werden. [1]


Das Heidentum als Sinneseinschränkung

Gahmuret und Belacane

Da sich Königin Belacane und ihr Königreich Zazamanc in Bedrängnis befinden, stellt sich Gahmuret in ihren Dienst (vgl. 29, 14 - 16). Trotz der Unterschiede bezüglich ihrer Hautfarbe sind sich die beiden recht schnell zugetan: Belacane erkennt Gahmuret als schönen Mann (vgl. 29, 2) und löst bei Gahmuret eine ähnliche Reaktion aus (vgl. 29, 8 und 34, 16). Nachdem Gahmuret ausstehende Gefahren in der Form von Rittern, die Belacane die Schuld am Tod eines ihr dienenden Königs gaben, abgewendet hat, kommt es dementsprechend zunächst zu einer Liebesnacht (vgl. 44, 27 - 30) und dann zur Hochzeit zwischen den beiden. Gahmuret's Liebe zu Belacane wird als stark und aufrichtig beschrieben, denn er "hatte [...] die schwarze Frau lieber als seinen eigenen Leib." (54, 21 - 22).


Königin Belacane wird insgesamt auffallend positiv charakterisiert:


Mittelhochdeutsch Neuhochdeutsch
ez enwart nie wîp geschicket baz:

der frouwen herze nie vergaz,

im enfüere ein werdiu volge mite

an rehter kiusche wîplich site.

Nie gab es eine Frau mit einem besseren Wesen;

das Herz dieser Dame blieb niemals ganz allein,

immer hatte es edle Begleitung

weibliche Sitte, die aus der Ruhe einer reinen Seele kommt.

54, 23 – 26


Obwohl Belacane demnach in ihrer Reinheit und ihrem Edelmut perfekt ist und Gahmuret sie wirklich liebt, verlässt er sie einige Zeit später, als sie mit dem gemeinsamen Kind Feirefiz schwanger ist (vgl. 55, 13 - 16). Die Gründe hierfür erscheinen widersprüchlich. Auf der einen Seite erklärt der Erzähler, dass Gahmuret sich wieder nach ritterlichen Abenteuern sehnt (vgl. 54, 17 - 20). Andererseits erwähnt Gahmuret in seinem Abschiedsbrief an seine Frau nichts davon, sondern führt ihre Religion als Abreisegrund an.


Mittelhochdeutsch Neuhochdeutsch
waer dîn ordn in mîner ê,

sô waer mir immer nâch dir wê:

Wäre nur dein Glaube in der Ordnung meiner Religion,

so müßte ich mich immer nach dir sehnen

55, 25 - 26


Mittelhochdeutsch Neuhochdeutsch
frouwe, wiltu toufen dich,

du maht ouch noch erwerben mich.

Meine Dame, wenn du dich taufen läßt,

vielleicht kannst du mich dann doch noch wiedergewinnen.

56, 25 - 26


Bis Gahmuret "die Glaubensdifferenz [instrumentalisiert], um sein Verhalten zu legitimieren" [Kellner 2009:31], wird Belacanes heidnischer Glaube nur als Unterschied erwähnt, jedoch nicht kommentiert oder gar als Hindernis beschrieben. Obwohl es deshalb zunächst den Anschein hat, dass die genannten Abschnitte im Kontrast zu dem vorangehenden Text stehen, "relativiert sich dies [...] dadurch, dass es sich um nichts als Ausreden für ein wenig ehrbares männliches Verhalten handelt" [Kellner 2009:31]. Indizien hierfür sind die Diskrepanz zwischen den Aussagen des Erzählers und denen Gahmurets (bzw. Gahmurets sagt sogar selbst, dass er eigentlich nur Fernweh hat??), sowie die Tatsache, dass Belacane durchaus bereit gewsen wäre, ihren Glauben für ihren Gatten aufzugeben. Dies wird in den folgenden Versen deutlich:


Mittelhochdeutsch Neuhochdeutsch
Des engerte se keinen wandel niht.

'ôwe wie balde daz geschiht!

wil er wider wenden,

schiere sol ichz enden.

Dagegen hatte sie nicht das geringste einzuwenden.

>> Ach, wie schnell ist das getan!

Wenn er nur wiederkommen will –

sofort kann das geschehen sein.

56, 25 - 26 (?)

Literaturnachweise

<HarvardReferences/> [*Kellner 2009] Kellner, Beate: Wahrnehmung und Deutung des Heidnischen in Wolframs von Eschenbach "Parzival". In: Wechselseitige Wahrnehmungen der Religionen im Spaetmittelalter und in der Fruehen Neuzeit. Ort, 2009.

(siehe: Gahmuret als Ritter (Wolfram von Eschenbach, Parzival)

(siehe: Die Beziehung zwischen Gahmuret und Belacane (Wolfram von Eschenbach, Parzival)

  1. Alle folgenden Versangaben beziehen sich auf die Ausgabe: Wolfram von Eschenbach: Parzival. Text und Übersetzung. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/ New York 2003.