Figurencharakteristik (Reinhart Fuchs): Unterschied zwischen den Versionen

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== Der Fuchs und seine Eigenschaften ==
== Der Fuchs und seine Eigenschaften ==
Die Rückschlüsse über Reinharts Eigenschaften, sein Verhalten und auch das Äußere werden im folgenden interpretiert. Ebenso werden die Stellen der Übersetzungen die Figur analysieren und charakterisieren.


== Reinhart als Täter und Opfer ==
== Reinhart als Täter und Opfer ==

Version vom 12. Juni 2020, 12:06 Uhr

Der folgende Beitrag analysiert die Figur Reinhart Fuchs aus dem gleichnamigen Tierepos von Heinrich der Glichezare und dessen Charakter.

Dabei werden verschiedene Verse mit der Wortbelegung "kündikeit" und das Verhalten des Protagonisten in den Episoden untersucht und auf Deutungen und Zitate zurück gegriffen.


Übersetzungen

Verse mit Wortbelegungen „kündikeit“:

Vers 217

Reinhart pflegte seine Listigkeit.

Vers 307

Da brauchte er dringend einen Einfall.

Vers 364

Jetzt kam es auf seine Geschicklichkeit an.

Vers 1163

Provokant wedelte er seiner Freundin mit dem Schwanz durchs Maul.

Vers 1420ff

Reinhart hätte ihn wohl von seiner Listigkeit erlösen können.

Vers 1822f

Niemand kann euch erzählen, wie hinterlistig Reinhart war.

Vers 2037

Reinhart wandte seine Listigkeit an:

Verse mit Aussage über Reinharts Charakter:

Vers 9-10

Der Protagonist wird am Beginn des Tierepos wie folgt vorgestellt:

Iz hate vil vnchvste erkant vnd ist Reinhart genant.

Er trug viel Bosheit mit sich und wurde Reinhart genannt.

Vers 104-105

Reinhart will Scantecler fangen, der aber zu hoch auf einem Ast saß, sodass der Fuchs überlegte, wie er an Scantecler heran kommen kann:

Reinhart begonde uben baz sine Liste, die er hat.

Reinhart setzte am liebsten seine Listen ein, die er besaß.

Vers 189 - 191

Reinhart wollte auch die Meise überlisten, aber sie hatte schon viel über den Fuchs gehört und ist nicht naiv.

die meyse sprach: "Reinhart, mir ist vil manic ubel [] art von dir gesagt dicke. […]"

Die Meise sprach: "Reinhart, man hat mir häufig von vielen deiner bösen Eigenschaften berichtet. […]"

Vers 197 - 199

Nun will die Meise Reinharts Vertrauen testen und ihm drei Küsse geben, während er die Augen geschlossen haben soll, aber Reinhart hatte nur böses im Sinn und versuchte, sie zu fangen.

Reinhart wart vil gemeit von der cleinen leckerheit, er vrevte sich vaste.

Reinhart war vergnügt über die kleinen Hinterlist, er freute sich sehr.

Vers 416 - 421

Während der Wolf Isengrin und seine Söhne auf Beutejagd waren, witterte Reinhart die Gelegenheit und schmachtete er Isengrins Frau an. Später vergewaltigte Reinhart sie sogar.

sin wip nam er bi der hant vnde bevalch si Reinharte sere an sine trewe vnde an sine ere. Reinhart warb vmb di gevatern sin. do hat aber er Ysengrin einen vbelen kamerere. hi hebent sich vremde mere.

Er nahm seine Frau bei der Hand und empfahl sie an Reinharts Treue und an seine Ehre. Aber Reinhart warb um seine Gevatterin. Da hatte Ysengrin aber einen üblen Kämmerer. Denn von jetzt an begeben sich schändliche Geschichten.

Vers 744

Nachts ging Reinhart mit Isengrin zu einem zugefrorenen Weiher und band einen Eimer an Isengrins Schwanz, damit er Fische fangen konnte. Isengrin bedachte dabei aber nicht die kälte, sondern war nur auf seine Beute fixiert, sodass ihm der Schwanz fest fror. Damit ging Reinharts Plan auf.

Reinhart was los […].

Reinhart war hinterhältig […].

Vers 753

Reinhart warnte Isengrin nicht vor den Gefahren der Kälte, zumal sie sich davor Treue geschworen haben.

Reinhartis driuwe warin laz, […].

Reinharts Treue war unzuverlässig.

Vers 823 - 826

Isengrin wurde von einem Ritter unabsichtlich gerettet: Dieser wollte ihn eigentlich töten, schnitt dem Wolf aber lediglich den Schwanz mit einem Schwert ab, woraufhin er reiß aus nehmen konnte. Reinhart war schon längst davor geflüchtet.

Reinhart, der uil hat gelogin, der wirt noh hut betrogin. doch behalf ime sin kundigkeit von notlichir arbeit..

Reinhart, der schon viel gelogen hat, wird heute noch selbst betrogen. Doch half ihm seine listige Art aus feindlicher Bedrängnis.

Vers 1865

Reinhart wurde auf Grund seiner zahlreichen Hinterlisten und auch Morde verurteilt. Aber selbst im Gericht scheute er nicht davor, den König, der gleichzeitig Richter war, zu hintergehen, denn:

Reinhartes liste waren gros, […].

Aber Reinharts Hinterlistigkeit war unendlich, […].

Vers 2172 - 2175

Reinhart gab vor, den kranken König durch einen Trank zu heilen, jedoch war braute Reinhart ihm seinen Tod: Der Trank vergiftet.

Reinhart was vbele vnde rot, daz tet er da vil wol schin: er vergab dem herren sin.

Reinhart war böse und rot, das machte er vollends deutlich: er vergiftet seine Herrn.


(Heinrich der Glîchezære: Reinhart Fuchs. Mittelhochdeutsch / Neuhochdeutsch, hg. Karl-Heinz Götter, Stuttgart 1995.)


Der Fuchs und seine Eigenschaften

Die Rückschlüsse über Reinharts Eigenschaften, sein Verhalten und auch das Äußere werden im folgenden interpretiert. Ebenso werden die Stellen der Übersetzungen die Figur analysieren und charakterisieren.

Reinhart als Täter und Opfer

Der Protagonist Reinhart Fuchs schadete im Tierepos vielen Tieren, nutzte die Naivität aus und hintergang selbst seine Verbündete. Immer führte Reinhart etwas im Schilde und strebte lediglich nach seinem Wohlergehen. Er nahm bereitwillig in Kauf, dass er andere verletzte, sowohl seelisch als auch körperlich. Die Bedürfnisse seiner Umwelt interessierten ihn nicht. Aufgrund seiner Taten, muss er sich vor Gericht behaupten, sodass ihm bald die Todesstrafe blüht. Niemand setzt sich vorerst für eine gerechte Verhandlung ein, und der Angeklagte wurde vor Gericht durch zahlreiche Anschuldigungen selbst zum Opfer. Der folgende Abschnitt untersucht seine Rolle als Täter und Opfer und analysiert die dazu führende Umstände.

Die Konstruktion der Tierfiguren

"Ein Wesenszug und das in perfekter Ausprägung bestimmt Charakter und damit Funktion der Tierfigur. Die Episierung geschieht, indem die Tiere handelnd ihre eigene Natur enthüllen. […] Man kann auch sagen: die Tiere geben sich menschlich, nehmen noble Lebensformen, Sitte, Vernunft, Ideologien in Anspruch, handeln indes immer als Tiere, ihrer Natur entsprechend. Das aber bedeutet, da die handelnden Tiere die Menschenwelt spiegeln, Demaskierung. Der Widerspruch zwischen Ideal und Wirklichkeit tut sich drastisch auf, die Menschen, hier die adlige Gesellschaft, enthüllen ihre wahren, nämlich die kreatürlichen Kräfte. […] Eine besondere Rolle kommt dem Protagonisten zu. Reinhart ist es nämlich, der durch seine kundekeit die wahre Natur der Tierfiguren entlarvt."

Ruh_Reinhart Fuchs (1982)

Der Fuchs als Spiegel der Menschen

Der folgende Abschnitt bezieht sich auf Zitate und Forschungen und deren Deutungsvorschläge zu Wiederspiegelung der Menschen durch Reinharts Charakters.