Der Königinnenstreit (Nibelungenlied): Unterschied zwischen den Versionen

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<!--=Kurze Zusammenfassung des Königinnenstreits=
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Der Streit der Königinnen wird in der 14. Aventiure des [[Das Nibelungenlied|Nibelungenlieds]] ausgetragen. [[Kriemhild (Nibelungenlied)|Kriemhild]] und [[Brünhild (Nibelungenlied)|Brünhild]] geraten, während sie bei einem Turnier zusehen, in einen Streit über den Rang ihrer Ehemänner, der seinerseits aus der Schemaüberkreuzung der [[Die Brautwerbung (Nibelungenlied)|Brautwerbung]] und der damit verbundenen Zeichenhaftigkeit resultiert. Für den weiteren Verlauf der Handlung stellt der Königinnenstreit ein richtungsweisendes und bedeutungsträchtiges Element dar.  
Der Streit der Königinnen wird in der 14. Aventiure des [[Das Nibelungenlied|Nibelungenlieds]] ausgetragen. [[Kriemhild (Nibelungenlied)|Kriemhild]] und [[Brünhild (Nibelungenlied)|Brünhild]] geraten, während sie bei einem Turnier zusehen, in einen Streit über den Rang ihrer Ehemänner, der seinerseits aus der Schemaüberkreuzung der [[Die Brautwerbung (Nibelungenlied)|Brautwerbung]] und der damit verbundenen Zeichenhaftigkeit resultiert. Für den weiteren Verlauf der Handlung stellt der Königinnenstreit ein richtungsweisendes und bedeutungsträchtiges Element dar.  


==Allgemeine Informationen zu den Königinnen==
==Allgemeine Informationen zu den Königinnen==
===Figur der Brünhild===
===Figur der Brünhild===
Brünhild von Isenstein wird als beinah unmenschlich anmutende Frau eingeführt, welche hauptsächlich durch ihre enorme physische Stärke, aber auch durch ihre beindruckende Schönheit, charakterisiert wird: „ir gelîche enheine man wesse ninder mê, / diu was unmâzen schœne. vil michel was ir kraft.“ (Str. 324<ref> Dieser Artikel zitiert das Nibelungenlied in Strophenform nach der Textausgabe hg. von Ursula Schulze, die von Siegfried Grosse ins Neuhochdeutsche übersetzt und kommentiert wurde, vgl. hierzu [Nibelungenlied 2004]. </ref>). Die Kombination der Eigenschaften Kraft und Schönheit zeichnet Brünhild zu einem einzigartigen Frauenbild aus. Damit steht sie im Kontrast zu ihrer Rivalin Kriemhild, welche ausschließlich durch ihre überragende Schönheit definiert wird und einer männlichen Autoritätsperson bedarf, um agieren zu können. Brünhild hingegen wird als Alleinherrscherin über ihr Königreich in Island eingeführt und repräsentiert Unabhängigkeit, Autonomie und Selbstbewusstsein. Ihr kämpferisches und politisches Auftreten bricht mit dem vorherrschenden Stereotyp der Frau, was ihre Bezeichnung als Teufelsweib zur Folge hat („die ist des tîvels wîp.“ (Str. 436)). Brünhild schreckt nicht vor Gewalt zurück, um ihren Willen durchzusetzen. Sie widerspricht den höfischen Konventionen der Minne, als sie ihren Ehegatten eigens wählt: Da sie unbestrittenermaßen die stärkste Frau weit und breit ist, möchte sie sich ausschließlich mit jemandem Ebenbürtigen vermählen. Das Kriterium der Brautwerbung muss im Kampf bestanden werden: Besiegt der Werbende Brünhild, darf er sie zur Frau nehmen. Verliert er jedoch, droht ihm der Tod.  
Brünhild von Isenstein wird als beinah unmenschlich anmutende Frau eingeführt, welche hauptsächlich durch ihre enorme physische Stärke, aber auch durch ihre beindruckende Schönheit, charakterisiert wird: „ir gelîche enheine man wesse ninder mê, / diu was unmâzen schœne. vil michel was ir kraft.“ (Str. 324<ref> Dieser Artikel zitiert das Nibelungenlied in Strophenform nach der Textausgabe hg. von Ursula Schulze, die von Siegfried Grosse ins Neuhochdeutsche übersetzt und kommentiert wurde, vgl. hierzu [Nibelungenlied 2004]. </ref>). Die Kombination der Eigenschaften Kraft und Schönheit zeichnet Brünhild zu einem einzigartigen Frauenbild aus. Damit steht sie im Kontrast zu ihrer Rivalin [[Kriemhild (Nibelungenlied)|Kriemhild]], welche ausschließlich durch ihre überragende Schönheit definiert wird und einer männlichen Autoritätsperson bedarf, um agieren zu können. Brünhild hingegen wird als Alleinherrscherin über ihr Königreich in Island eingeführt und repräsentiert Unabhängigkeit, Autonomie und Selbstbewusstsein. Ihr kämpferisches und politisches Auftreten bricht mit dem vorherrschenden Stereotyp der Frau, was ihre Bezeichnung als Teufelsweib zur Folge hat („die ist des tîvels wîp.“ (Str. 436)). Brünhild schreckt nicht vor Gewalt zurück, um ihren Willen durchzusetzen. Sie widerspricht den höfischen Konventionen der Minne, als sie ihren Ehegatten eigens wählt: Da sie unbestrittenermaßen die stärkste Frau weit und breit ist, möchte sie sich ausschließlich mit jemandem Ebenbürtigen vermählen. Das Kriterium der Brautwerbung muss im Kampf bestanden werden: Besiegt der Werbende Brünhild, darf er sie zur Frau nehmen. Verliert er jedoch, droht ihm der Tod.  


Brünhilds Aktionsbereich beschränkt sich ausschließlich auf den Hof: Eingeführt in ihrem eigenen Hof auf Isenstein, verbringt sie ihr Leben nach der Heirat auf dem Hof der Burgunden in Worms. Während Brünhild den Konventionen einer Frau im höfischen Kontext in Isenstein widerspricht, indem sie dort als alleinstehende Alleinherrscherin regiert und als gewaltbereite Kriegerin auftritt, entspricht sie diesen Konventionen als König Gunthers Ehefrau in Worms: Dort gibt sie ihre politische und soziale Autonomie auf und besitzt nur beschränkt Macht. Zudem ist sie wehrlos den Intrigen ihres Gatten und Siegfrieds ausgesetzt.
Brünhilds Aktionsbereich beschränkt sich ausschließlich auf den Hof: Eingeführt in ihrem eigenen Hof auf Isenstein, verbringt sie ihr Leben nach der Heirat auf dem Hof der Burgunden in Worms. Während Brünhild den Konventionen einer Frau im höfischen Kontext in Isenstein widerspricht, indem sie dort als alleinstehende Alleinherrscherin regiert und als gewaltbereite Kriegerin auftritt, entspricht sie diesen Konventionen als König Gunthers Ehefrau in Worms: Dort gibt sie ihre politische und soziale Autonomie auf und besitzt nur beschränkt Macht. Zudem ist sie wehrlos den Intrigen ihres Gatten und Siegfrieds ausgesetzt.

Version vom 28. August 2020, 10:20 Uhr