Agneslegende: Unterschied zwischen den Versionen
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=== Der Märtyrertod von Frauen === | === Der Märtyrertod von Frauen === | ||
Im Gegensatz zu den männlichen Heiligen, erleiden Frauen in Legenden einen etwas anderen Märtyrertod. Dieser zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass die Jungfräulichkeit der Frauen genommen wird bzw. versucht wird, diese zu nehmen. Es ist die Furcht vor den schamlosen Augen Anderer (impudici oculi), welche die Märtyrerinnen fürchten, wie auch am Beispiel der heiligen Barbara verdeutlicht wird. Auch sie wird nackt durch die Stadt geführt und ist den schamlosen Blicken Fremder ausgesetzt und sorgt sich, dass sie dadurch zum Gespött der grausamen Menschen wird. Aus dieser Sorge heraus, betet sie, dass Gott ihren Körper bedecken würde, so wie die Wolken den Himmel.<ref>Entblößung und Heiligung in Märtyrerinnenlegenden, Weibrecht Julia, S.272</ref> Die Märtyrerinnen sind somit ständig in Gefahr ihre Keuschheit und damit auch die direkte Verbindung zu Gott zu verlieren. Der Verlust der Jungfräulichkeit und Keuschheit wird hierbei jedoch nicht ausschließlich durch einen köperlichen Missbrauch erfahren, sondern die Frauen erfahren oft eine gewaltsame Entblößung in Verbindung mit einer öffentlichen Vorführung, initiiert von heidnischen Widersachern<ref>Entblößung und Heiligung in Märtyrerinnenlegenden, Weibrecht Julia, S.269</ref>. Ziel ist es, die Frau mit ihrem Körper bloßzustellen und sie somit von ihrer Reinheit und Jungfräulichkeit zu trennen. Die Entblößung gilt somit als eine Demütigung und wird meistens als Auftakt zur eigentlichen Strafe, beispielsweise der Vergewaltigung, gesehen. Die öffentliche Vorführung der Märtyrerinnen kann auch als Machtinszenierung imperialer Institutionen gesehen werden und soll als eine Strafe für die Verletzung der geltenden Normen vestanden werden. Durch das Scheitern dieser Inszenierung, wird der Kern christliche Selbstdeutung sichtbar und es erfolgt eine Wiederherstellung des entblößten/gefolterten Körpers.<ref>Entblößung und Heiligung in Märtyrerinnenlegenden, Weibrecht Julia, S.269.</ref> Die Definition der Heiligkeit als eine Form der kategorialen Ununterscheidbarkeit wird durch den Beobachtungssaspekt gefährdet. Die Heilige versucht sich dieser Beobachtung zu entziehen um eine notwendige Vollzugsform der Weltabkehr zu realisieren. Durch diese notwenige Abwendung von Weltlichkeit gelingt die Erhaltung der Heiligkeit.<ref> | Im Gegensatz zu den männlichen Heiligen, erleiden Frauen in Legenden einen etwas anderen Märtyrertod. Dieser zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass die Jungfräulichkeit der Frauen genommen wird bzw. versucht wird, diese zu nehmen. Es ist die Furcht vor den schamlosen Augen Anderer (impudici oculi), welche die Märtyrerinnen fürchten, wie auch am Beispiel der heiligen Barbara verdeutlicht wird. Auch sie wird nackt durch die Stadt geführt und ist den schamlosen Blicken Fremder ausgesetzt und sorgt sich, dass sie dadurch zum Gespött der grausamen Menschen wird. Aus dieser Sorge heraus, betet sie, dass Gott ihren Körper bedecken würde, so wie die Wolken den Himmel.<ref>Entblößung und Heiligung in Märtyrerinnenlegenden, Weibrecht Julia, S.272.</ref> Die Märtyrerinnen sind somit ständig in Gefahr ihre Keuschheit und damit auch die direkte Verbindung zu Gott zu verlieren. Der Verlust der Jungfräulichkeit und Keuschheit wird hierbei jedoch nicht ausschließlich durch einen köperlichen Missbrauch erfahren, sondern die Frauen erfahren oft eine gewaltsame Entblößung in Verbindung mit einer öffentlichen Vorführung, initiiert von heidnischen Widersachern<ref>Entblößung und Heiligung in Märtyrerinnenlegenden, Weibrecht Julia, S.269.</ref>. Ziel ist es, die Frau mit ihrem Körper bloßzustellen und sie somit von ihrer Reinheit und Jungfräulichkeit zu trennen. Die Entblößung gilt somit als eine Demütigung und wird meistens als Auftakt zur eigentlichen Strafe, beispielsweise der Vergewaltigung, gesehen. Die öffentliche Vorführung der Märtyrerinnen kann auch als Machtinszenierung imperialer Institutionen gesehen werden und soll als eine Strafe für die Verletzung der geltenden Normen vestanden werden. Durch das Scheitern dieser Inszenierung, wird der Kern christliche Selbstdeutung sichtbar und es erfolgt eine Wiederherstellung des entblößten/gefolterten Körpers.<ref>Entblößung und Heiligung in Märtyrerinnenlegenden, Weibrecht Julia, S.269.</ref> Die Definition der Heiligkeit als eine Form der kategorialen Ununterscheidbarkeit wird durch den Beobachtungssaspekt gefährdet. Die Heilige versucht sich dieser Beobachtung zu entziehen um eine notwendige Vollzugsform der Weltabkehr zu realisieren. Durch diese notwenige Abwendung von Weltlichkeit gelingt die Erhaltung der Heiligkeit.<ref>Textheiligung, Strohscneider Peter, S. 132.</ref> Die Rettung erfolgt meist durch ein göttliches Verhüllungswunder. Der nackte Körper der Frau wird durch unterschiedliche Art und Weise bedeckt, sodass die Heilige jungfräulich und rein bleibt, um das Martyrium sowie den Himmel unversehrt betreten zu können. Somit ist die Päsenz von Transzendenz, Zeugnis der göttlichen Gnade. Nach der Definition der Heiligkeit von Strohschneider | ||
Viele Märtyrerinnen folgen dem Beispiel vorausgegangener Heiligen und nehmen sich an deren Personen ein Beispiel, welchem sie nacheifern oder folgen. So erfolgt eine Nachahmung der ursprünglichen „imitatio“ Jesu Christis ebenfalls von Märtyrerinnen zu Märtyrerinnen. So dient die heilige Agnes, der heiligen Konstantia als Vorbild in ihrem Martyrium. | Viele Märtyrerinnen folgen dem Beispiel vorausgegangener Heiligen und nehmen sich an deren Personen ein Beispiel, welchem sie nacheifern oder folgen. So erfolgt eine Nachahmung der ursprünglichen „imitatio“ Jesu Christis ebenfalls von Märtyrerinnen zu Märtyrerinnen. So dient die heilige Agnes, der heiligen Konstantia als Vorbild in ihrem Martyrium. | ||
Version vom 22. Februar 2021, 11:21 Uhr
Begriffsklärung
Ursprung der Agneslegende
Die Agneslegende aus der Legenda Aurea verfasst von Jacobus de Voragine ist überliefert aus den Jahren um 1260 und handelt zur Zeit Konstantins des Großen im Jahre 309 und erzählt die Geschichte von Agnes von Rom (* um 237; † ca. 250 in Rom), welche den Märtyrertod stirbt.
Bedeutung des Namen "Agnes"
Der Name Agnes stammt vom lateinischen „agna“ was soviel bedeutet wie „weibliches Lamm“. Auch gibt es eine Verbindung zum griechischen Begriff „(h)agnós“ was übersetzt „fromm“ bedeutet.
Das Leben der heiligen Agnes
Die heilige Agnes stammt aus einer römischen Adelsfamilie und ist ein kluges, außerordentlich schönes und vor allem frommes Mädchen von hoher geistlicher Reife. Als sie eines Tages auf dem Heimweg von der Schule ist, verliebt sich der Sohn des Präfekten in sie. Er verspricht ihr unermessliches Reichtum, wenn sie die Heirat mit ihm einwillige. Agnes hingehen zeigt keinerlei Interesse und beschimpft ihn als „Sündenzunder“. Im selben Zug schwärmt die junge Agnes von ihrem Zukünftigen, wessen Namen sie nicht nennt. Sie preist diesen förmlich an und hebt besonders seine Tugenden, wie Schönheit, Tapferkeit und Seligkeit hervor. Auch spricht sie von besonderen Wohltaten, welche dieser vollbracht haben soll. Der Sohn des Präfekten ist von diesen Worten niedergeschlagen und erkrankt vor Liebe. Sein Vater forscht dem Kummer seines Sohnes nach und findet heraus, dass die junge Agnes angibt, Jesu Christi versprochen zu sein. Der Präfekt treibt die fromme Agnes erst mit schönen Worten, dann aber mit Drohungen in die Enge. Agnes aber lacht über diese Einschüchterung und bleibt beständig in ihrem Glauben. Sie wird daraufhin entkleidet und nackt in ein Bordell geführt. In diesem Moment entfaltet sich ihre Mittlerfunktion und sie wurde von Gott geschützt, indem dieser ihr die Haare so dicht und schnell am Körper herunter wachsen lässt, dass ihr nackter Körper verdeckt wird. Als sie das Bordell erreicht, wartet dort schon ein Engel auf sie, der den Ort mit so viel Licht beleuchtet und Agnes ein schneeweißes Gewand bereithält. Als der Sohn des Präfekten mit anderen jungen Leuten zum Bordell kommt, fordert dieser sie auf vor ihm hineinzugehen. Die Jungen erschrecken über das Wunder und kehrten betroffen zurück. Über das Verhalten seiner Wegbegleiter verärgert, tritt der Sohn selbst hinein und wird Teufel erwürgt. Als der Präfekt dies hört, weint dieser bitterlich und fleht Agnes an seinen Sohn wiederzuerwecken. Daraufhin betet Agnes zu Gott, erweckt den Sohn zum Leben und predigt das Wort Christi. Als Hexe und Zauberin beschimpft, wird sie in ein Feuer geworfen. Dieses Feuer teilt sich jedoch und verbrennt das aufrührerische Volk stattdessen. Schlussendlich stößt Aspasius Agnes ein Schwert in die Kehle und weiht sie somit zur Märtyrerin.
Der Märtyrertod von Frauen
Im Gegensatz zu den männlichen Heiligen, erleiden Frauen in Legenden einen etwas anderen Märtyrertod. Dieser zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass die Jungfräulichkeit der Frauen genommen wird bzw. versucht wird, diese zu nehmen. Es ist die Furcht vor den schamlosen Augen Anderer (impudici oculi), welche die Märtyrerinnen fürchten, wie auch am Beispiel der heiligen Barbara verdeutlicht wird. Auch sie wird nackt durch die Stadt geführt und ist den schamlosen Blicken Fremder ausgesetzt und sorgt sich, dass sie dadurch zum Gespött der grausamen Menschen wird. Aus dieser Sorge heraus, betet sie, dass Gott ihren Körper bedecken würde, so wie die Wolken den Himmel.[1] Die Märtyrerinnen sind somit ständig in Gefahr ihre Keuschheit und damit auch die direkte Verbindung zu Gott zu verlieren. Der Verlust der Jungfräulichkeit und Keuschheit wird hierbei jedoch nicht ausschließlich durch einen köperlichen Missbrauch erfahren, sondern die Frauen erfahren oft eine gewaltsame Entblößung in Verbindung mit einer öffentlichen Vorführung, initiiert von heidnischen Widersachern[2]. Ziel ist es, die Frau mit ihrem Körper bloßzustellen und sie somit von ihrer Reinheit und Jungfräulichkeit zu trennen. Die Entblößung gilt somit als eine Demütigung und wird meistens als Auftakt zur eigentlichen Strafe, beispielsweise der Vergewaltigung, gesehen. Die öffentliche Vorführung der Märtyrerinnen kann auch als Machtinszenierung imperialer Institutionen gesehen werden und soll als eine Strafe für die Verletzung der geltenden Normen vestanden werden. Durch das Scheitern dieser Inszenierung, wird der Kern christliche Selbstdeutung sichtbar und es erfolgt eine Wiederherstellung des entblößten/gefolterten Körpers.[3] Die Definition der Heiligkeit als eine Form der kategorialen Ununterscheidbarkeit wird durch den Beobachtungssaspekt gefährdet. Die Heilige versucht sich dieser Beobachtung zu entziehen um eine notwendige Vollzugsform der Weltabkehr zu realisieren. Durch diese notwenige Abwendung von Weltlichkeit gelingt die Erhaltung der Heiligkeit.[4] Die Rettung erfolgt meist durch ein göttliches Verhüllungswunder. Der nackte Körper der Frau wird durch unterschiedliche Art und Weise bedeckt, sodass die Heilige jungfräulich und rein bleibt, um das Martyrium sowie den Himmel unversehrt betreten zu können. Somit ist die Päsenz von Transzendenz, Zeugnis der göttlichen Gnade. Nach der Definition der Heiligkeit von Strohschneider Viele Märtyrerinnen folgen dem Beispiel vorausgegangener Heiligen und nehmen sich an deren Personen ein Beispiel, welchem sie nacheifern oder folgen. So erfolgt eine Nachahmung der ursprünglichen „imitatio“ Jesu Christis ebenfalls von Märtyrerinnen zu Märtyrerinnen. So dient die heilige Agnes, der heiligen Konstantia als Vorbild in ihrem Martyrium.
Sexualisierung des weiblichen Körpers in Legenden
Der weibliche Körper der Märtyrerinnen wird oftmals in Legenden einer körperlichen Sexualisierung unterzogen. Die Nacktheit und Körperlichkeit der Frau fungiert hierbei als Symbol der Verführung, der Lust und der Sünde. Diese Sexualisierung wird der Märtyrerin als Strafe für ihre Treue und ihr unerschütterlicher Glaube zu Gott auferlegt. Die Nacktheit wird nicht als natürlicher Zustand gewertet, sondern führt dazu, dass das Opfer seiner sozialen Identität entkleidet wird. Die Transformation des Körpers durch das Eingreifen Gottes, in Form eines Verhüllungswunders, stellt folglich die Befreiung von Triebhaftigkeit dar. Dies sorgt für die Rückführung in einen Zustand der Einheit mit Gott.
Literatur
Jacobus de Voragine: Legenda Aurea – Goldene Legende, Lateinisch-Deutsch, übersetzt von Bruno W. Häuptli. Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 2014.
Köpke, Friedrich Karl: Das Passional eine Legenden-Sammlung des dreizehnten Jahrhunderts. Basse Verlag, Quedlinburg 1852.