Minnegrotte (Gottfried von Straßburg, Tristan): Unterschied zwischen den Versionen
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Gottfrieds Allegorese nutzt laut Tomasek „Verfahren geistlicher Hermeneutik, um einem diesseitigen Wertesystem würdevollen Ausdruck zu verleihen."<ref name="drei">[Tomas Tomasek: Gottfried von Straßburg, Stuttgart 2007, S. 158.]</ref> | Gottfrieds Allegorese nutzt laut Tomas Tomasek „Verfahren geistlicher Hermeneutik, um einem diesseitigen Wertesystem würdevollen Ausdruck zu verleihen."<ref name="drei">[Tomas Tomasek: Gottfried von Straßburg, Stuttgart 2007, S. 158.]</ref> | ||
Tomasek weist außerdem auf das Innen und Außen der Grotte hin und weist ihm jeweils eine Bedeutung zu: „Tugenden, welche die Binnenbeziehung unter Liebenden betreffen, [...], finden sich im Inneren der Grotte angesiedelt, während die Anerkennung [...] im Bild des Sonnenlichtes gefasst ist, das von außen durch die Grottenfenster einstrahlt [...].“<ref name="zwei"></ref> | Tomas Tomasek weist außerdem auf das Innen und Außen der Grotte hin und weist ihm jeweils eine Bedeutung zu: „Tugenden, welche die Binnenbeziehung unter Liebenden betreffen, [...], finden sich im Inneren der Grotte angesiedelt, während die Anerkennung [...] im Bild des Sonnenlichtes gefasst ist, das von außen durch die Grottenfenster einstrahlt [...].“<ref name="zwei"></ref> | ||
Bezüglich des Bettes meint Tomasek, im Kristallbett werde von einigen Foschern „eine Anspielung auf das Bett Salomons aus dem biblischen Hohelied vermutet“.<ref name="fünf">[Tomas Tomasek: Gottfried von Straßburg, Stuttgart 2007, S. 156.]</ref> | Bezüglich des Bettes meint Tomas Tomasek, im Kristallbett werde von einigen Foschern „eine Anspielung auf das Bett Salomons aus dem biblischen Hohelied vermutet“.<ref name="fünf">[Tomas Tomasek: Gottfried von Straßburg, Stuttgart 2007, S. 156.]</ref> | ||
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Dass Tristan und Isolde von Anfang an davon ausgehen, dass sie nur eine begrenzte Zeit in der Grotte verbringen werden, wird dadurch deutlich, dass sie ihre gemeinsame Freundin Brangäne beauftragen, "eine kurzlîche vrist" (V. 16674) am Hofe zu bleiben, um die Versöhnung mit Marke wieder herbeiführen zu können. | Dass Tristan und Isolde von Anfang an davon ausgehen, dass sie nur eine begrenzte Zeit in der Grotte verbringen werden, wird dadurch deutlich, dass sie ihre gemeinsame Freundin Brangäne beauftragen, "eine kurzlîche vrist" (V. 16674) am Hofe zu bleiben, um die Versöhnung mit Marke wieder herbeiführen zu können. | ||
Außerdem wird Kurvenal beauftragt, "z'einem mâle in zweinzec tagen" (V. 16801) zur Grotte zu kommen und Tristan und Isolde über Neuigkeiten zu informieren. Gottfried schreibt, dass Kurvenal tat, was man ihm auftrug. Allerdings wird kein Besuch Kurvenals beschrieben. Dies kann, muss aber nicht, als Hinweis gesehen werden, dass Tristan und Isolde weniger als 20 Tage in der Grotte verbingen. | Außerdem wird Kurvenal beauftragt, "z'einem mâle in zweinzec tagen" (V. 16801) zur Grotte zu kommen und Tristan und Isolde über Neuigkeiten zu informieren. Gottfried schreibt, dass Kurvenal tat, was man ihm auftrug. Allerdings wird kein Besuch Kurvenals beschrieben. Dies kann, muss aber nicht, als Hinweis gesehen werden, dass Tristan und Isolde weniger als 20 Tage in der Grotte verbingen. | ||
Janet Wharton gleicht das Zusammenleben Tristan und Isoldes in der Minnegrotte mit der Metapher ''daz lebende paradîs'' (V. 18066-18067), die im ''huote''-Exkurs ausgeführt wird, ab.[Wharton:150] Tristan und Isolde können nach Wharton das absolute Ideal des ''lebenden paradiz'' nicht erreichen, ihr Leben in der Minnegrotte nähere sich diesem Ideal nur an. Was ihnen fehle ist ''werltlîcher pris'' (V. 18087), eine der Früchte im ''lebenden paradîs'' (neben ''triuwe'', ''minne'' und ''ere'', siehe V. 18086-18087).[Wharton:150] Tristan und Isoldes Beziehung ist von der Gesellschaft nicht anerkannt, deshalb ist ihr „Paradies“, d.h. ihr Zusammenleben, verletzlich. Der Sündenfall, bzw. ein Herausfallen aus dem „Paradies“, in dem sie sich durch ihre gegenseitige Liebe befinden, ist bei Tristan und Isolde deshalb möglich. | |||
==Verlassen der Grotte== | ==Verlassen der Grotte== | ||
Tomas Tomasek meint, die Tatsache, dass Marke Tristan und Isolde aus der Minnegrotte zurück an den Hof lädt, erscheine „sinnlos“, da die Beziehung von Tristan und Isolde „nicht ohne Zutun Markes schrittweise zum öffentlichen Skandal“ werde.<ref name="skandal">[Tomas Tomasek: Gottfried von Straßburg, Stuttgart 2007, S. 104.]</ref> | Tomas Tomasek meint, die Tatsache, dass Marke Tristan und Isolde aus der Minnegrotte zurück an den Hof lädt, erscheine „sinnlos“, da die Beziehung von Tristan und Isolde „nicht ohne Zutun Markes schrittweise zum öffentlichen Skandal“ werde.<ref name="skandal">[Tomas Tomasek: Gottfried von Straßburg, Stuttgart 2007, S. 104.]</ref> | ||
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*An der Stelle kurz vor dem Entdecktwerden sollte sicherlich ein besonderes Augenmerk auf der Symbolhaftigkeit des großen weißen Hirsches liegen, der dem Jäger den Weg zur Grotte verrät und den Gottfried bezeichnenderweise, ebenso wie Petitcreiu, als ''vremede'' bezeichnet (V.17.293). In gleichem Maße wie das Zauberhündchen "weist das Außergewöhnliche aus der alltäglichen Welt ins Reich des Wunderbaren"<ref>Hahn, Ingrid: Raum und Landschaft in Gottfrieds Tristan. Ein Beitrag zur Werkdeutung. Eidos Verlag München 1964. S. 92.</ref>. Die rätselhafte, beinahe wunderliche Kreatur fungiert also gewissermaßen als vermittelnde Instanz, die eine Verbindung zwischen den beiden gegensätzlichen Welten schafft, auf der einen Seite die alltägliche Realität, auf der anderen die isolierte Sphäre der reinen Minne.<br /><br /> | *An der Stelle kurz vor dem Entdecktwerden sollte sicherlich ein besonderes Augenmerk auf der Symbolhaftigkeit des großen weißen Hirsches liegen, der dem Jäger den Weg zur Grotte verrät und den Gottfried bezeichnenderweise, ebenso wie Petitcreiu, als ''vremede'' bezeichnet (V.17.293). In gleichem Maße wie das Zauberhündchen "weist das Außergewöhnliche aus der alltäglichen Welt ins Reich des Wunderbaren"<ref>Hahn, Ingrid: Raum und Landschaft in Gottfrieds Tristan. Ein Beitrag zur Werkdeutung. Eidos Verlag München 1964. S. 92.</ref>. Die rätselhafte, beinahe wunderliche Kreatur fungiert also gewissermaßen als vermittelnde Instanz, die eine Verbindung zwischen den beiden gegensätzlichen Welten schafft, auf der einen Seite die alltägliche Realität, auf der anderen die isolierte Sphäre der reinen Minne.<br /><br /> | ||
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*[*Wharton] Wharton, Janet: "Daz lebende paradis? A consideration of the love of Tristan and Isot in the light of the "huote" discourse", in: | |||
Gottfried von Strassburg and the medieval legend: papers from an Anglo-North American symposium, hg. von Brewer, Cambridge 1990 S. 143-154. | |||
*[*Krohn 2007] Gottfried von Straßburg: ''Tristan'', ins Neuhochdeutsche übers. von Krohn, 12. Auflage, Stuttgart 1980. | |||
Friedrich Ranke: "Die Allegorie der Minnegrotte in Gottfrieds Tristan", in: ''Schriften der Königsberger Gelehrten Gesellschaft'' 2 (1925), S. 21-39. | Friedrich Ranke: "Die Allegorie der Minnegrotte in Gottfrieds Tristan", in: ''Schriften der Königsberger Gelehrten Gesellschaft'' 2 (1925), S. 21-39. | ||
Version vom 8. Februar 2011, 14:57 Uhr
Gottfried von Straßburg steht vor der Herausforderung, die Liebe, die Tristan und Isolde erleben, dazustellen. Er löst diese, indem er eine Art metaphorischen Kosmos - die Minnegrotte - erschafft, der die Liebe zwischen zwei Liebenden generell darstellen soll.
Definition
Das Kapitel XXVII ist mit "Die Minnegrotte" überschrieben und umfasst die Verse 16679 bis 17274.
Es handelt sich bei der Minnegrotte[1] um eine Höhle in einem Berg, die der Liebe geweiht wurde. (in einem wilden berge ein hol (V. 16684)).
Tomas Tomasek spricht im Zusammenhang mit der Minnegrotte von „Exil“ und „allegorische[m] Lehrgebäude“.[2]
Es handelt sich um eine „Grottenallegorese“, Tomasek schreibt, die Grottendeutung nutze „die architektonischen Gegebenheiten des Gebäudes, um den Funktionswert einzelner Tugenden innerhalb des Ganzen anzugeben.“[3]
Tristan und Isolde werden von Markes Hof verbannt. Die beiden beauftragen Kurvenal, bei Hof zu erzählen, dass sie beide nach Irland gefahren seien, um ihre Unschuld öffentlich zu beweisen. (siehe V. 16773 f.). Stattdessen begeben sie sich aber in die Minnegrotte. Tristan ist derjenige, der die Minnegrotte bereits kennt und Isolde dorthin führt (Tristan [en]kêrte dar în, / er und sîn trûtgesellîn (V. 16769-16770).
Entstehung
Der Erzähler behauptet, die Grotte sei in einer Zeit in den Berg gehauen worden, als Riesen in dem Gebiet herrschten. (daz selbe hol was wîlent ê / under der heidnischen ê / vor Corinêis jâren, / dô risen dâ wâren, / gehouwen in den wilden berc. (V. 16689-16693)).
Der Erzähler berichtet, dass es mehrere Grotten in der Art der Minnegrotte gäbe. Wann immer eine passende Grotte gefunden worden sei, sei sie der Liebe geweiht worden. Nachdem eine Grotte der Liebe geweiht worden sei, heiße sie la fossiure a la gent amant; Liebesgrotte. (und swâ der einez vunden wart, / [...] / und was der Minnen benant: / la fossiure a la gent amant (V. 16697-16700).
Tristan hat die Höhle einmal während der Jagd durch Zufall gefunden (dâ wiste Tristan lange ê wol / in einem wilden berge ein hol, / daz haete er z’einen stunden / von âventiure vunden. / dô was er dâ geriten jagen (V. 16683-16687)).
Lokalisierung
Die Minnegrotte liegt zwei Tagesreisen zu Pferd von Markes Burg Tintajol entfernt. (Tristan, Isolde und Kurvenal reiten vom Hof: sus riten si dan von hove si driu (V. 16660) / Sus kêrten sî driu under in / allez gegen der wilde hin / über walt und über heide / vil nâch zwô tageweide. (V. 16679-16682)).
Sie befindet sich in der Wildnis, die auch als Einöde beschrieben wird (in dirre wüste (V. 16812)). Im Umkreis von einer Tagesreise befindet sich keine Zivilisation. Zur Grotte selbst gibt es keinen angelegten Weg. (von disem berge und disem hol / sô was ein tageweide wol / velse âne gevilde / und wüeste und wilde. / dar enwas dekein gelegenheit / an wegen noch stîgen hin geleit. (V. 16761-16766)).
Um den Berg, in dem sich die Grotte befindet, stehen Bäume, etwas abseits befindet sich eine Ebene, wo sich eine Quelle befindet. Bei der Quelle stehen drei Linden. Die Ebene ist bedeckt von leuchtenden Blumen und Gras. (aber umbe und umbe hin ze tal / dâ stuonden boume âne zal / [...] / und einhalp was ein pleine, / dâ vlôz ein fonteine / [...] / dâ stuonden ouch drî linden obe / [...] / liehte bluomen, grüene gras, / mit den diu pleine erliuhtet was (V. 16733-16746)). Auch oberhalb der Tür zur Minnegrotte befinden sich drei Linden (und ûzen stuonden obe der tür / esterîcher linden drî [...] (V. 16730-16731)).
Aussehen
Der Eingang zur Grotte ist mit einer Tür aus Erz verschlossen (daz was mit êre bespart (V. 16698) / dâ gienc ein tür êrîniu vür. (V. 16729)). Durch diese Tür kann laut Erzähler nur eintreten, wer aus Liebe in die Minnegrotte geht, das Erz verhindert, dass sich jemand gewaltvoll Zugang verschaffen kann. (durch daz ist dâ der Minnen tor, / diu êrîne tür vor, / die nieman kann gewinnen, / ern gewinne sî mit minnen. / ouch ist sie durch daz êrîn, / daz kein gerüste müge gesîn / [...] / dâ mite man sî verscherten müge. (V. 17005-17014)).
An der Innenseite der Tür sind zwei Riegel angebracht, sowie ein Schnappschloss, das von einer außen liegenden Klinge geöffnet und geschlossen werden kann. (Innen an der êrînen tür / dâ giengen zwêne rigele vür. / ein valle was ouch innen / [...] / die meisterte ein heftelîn, / daz gie von ûzen dar în / und leite sî dar unde dan. (V. 16985-16993)).
Die Grotte selbst ist „rund, weit, hoch und steil. / schneeweiß, überall eben und glatt [...]“ (V. 16706). Der Boden ist aus grünem Marmor. Oben befinden sich drei kleine Fenster, durch die Sonnenlicht in die Grotte fällt. (dâ wâren cleiniu vensterlîn, / durch daz lieht gehouwen în (V. 16725-16726)).
In der Mitte der Grotte befindet sich ein erhöhtes Bett, das aus Kristall geschnitten ist. Ringsum befinden sich eingravierte Buchstaben, die zeigen, dass das Bett der Liebesgöttin geweiht ist. (ein bette in mitten inne was / geniten schône und reine / ûz cristallînem steine / hôch unde wît, wol ûf erhaben, / alumbe ergraben mit buochstaben, / und seiten ouch die maere, / daz ez bemeinet waere / der gottinne Minne. (V. 16716-16723)).
Der Schlussstein des Gewölbes ist kronenförmig, mit Schmiedearbeit verziert und mit Edelsteinen ausgelegt (oben ûf dem slôze ein crône, / diu was vil harte schône / mit gsmîde gezieret, / mit gimmen wol gewieret [...] (V. 16709-16712)).
Erzählerauslegung
Der Erzähler weist der Gestaltung der Höhle eine Bedeutung zu (ir [en]lât iu daz entsliezen, / durch welher slahte meine / diu fossiure in dem steine / betihtet waere, als si was. (V. 16924-16927)):
„Die Rundung innen bedeutet die Einfachheit der Liebe.“ (V. 16931-16932).
„Die Weite bezeichnet die Kraft der Liebe, / denn ihre Kraft ist unbegrenzt.“ (V. 16937).
„Die Höhe steht für die Hochstimmung des Gemüts, / das sich in die Wolken emporhebt.“ (V. 16939).
„Die Wand war weiß, glatt und eben. / Das ist das Wesen der Lauterkeit. / Ihre ganz und gar weiße Helligkeit / darf nicht durch Farben getrübt werden.“ (V. 16963-16966).
„Der marmorne Fußboden gleicht der Beständigkeit / in seiner ewig grünen Festigkeit.“ (V. 16969-16971).
„[...] das Bett / der kristallenen Liebe / trug seinen Namen zu Recht. / [...] Die Liebe soll ja auch kristallklar, / durchsichtig und ganz lauter sein.“ (16977-16984).
Dass es für das Schnappschloss keinen Schlüssel gibt, begründet der Erzähler so: Jedes Schloss an einer Tür bedeute Falschheit. Wer nicht in die Grotte eingelassen werde, könne die Tür nur durch Falschheit oder Gewalt überwinden (siehe V. 16994 f.).
Die zwei Riegel an der Innenseite der Tür, von deinen einer aus Zedernholz, der andere aus Elfenbein ist, legt der Erzähler so aus: Der Zedernriegel bedeute Weisheit und Verstand, das Elfenbeinriegel stehe für Keuschheit und Reinheit (siehe V. 17021 f.).
Die Klinke aus Zinn und das Schloss aus Gold stehen laut Erzähler für das Streben nach dem Geheimnis der Liebe einerseits und die Erfüllung andererseits. Das Zinn versinnbildliche durch seine Beschaffenheit die Möglichkeit, das eigene Streben zu gestalten, so wie auch Zinn gestaltet werden kann (siehe V. 17037 f.).
Die drei Fenster stehen laut Erzähler jeweils für Güte, Demut und vornehmes Betragen (V. 17063-17065).
Die Abgelegenheit der Grotte symbolisiere zudem, dass die Liebe verborgen sei und der Weg zu ihr mühsam (V. 17071-17099).
Forschungsauslegung
Gottfrieds Allegorese nutzt laut Tomas Tomasek „Verfahren geistlicher Hermeneutik, um einem diesseitigen Wertesystem würdevollen Ausdruck zu verleihen."[4]
Tomas Tomasek weist außerdem auf das Innen und Außen der Grotte hin und weist ihm jeweils eine Bedeutung zu: „Tugenden, welche die Binnenbeziehung unter Liebenden betreffen, [...], finden sich im Inneren der Grotte angesiedelt, während die Anerkennung [...] im Bild des Sonnenlichtes gefasst ist, das von außen durch die Grottenfenster einstrahlt [...].“[3]
Bezüglich des Bettes meint Tomas Tomasek, im Kristallbett werde von einigen Foschern „eine Anspielung auf das Bett Salomons aus dem biblischen Hohelied vermutet“.[5]
Leben in der Grotte
Außer Tristan und Isolde befindet sich niemand sonst in der Minnegrotte (V. 16848-16849). Allerdings hat Tristan einen Jagdhund namens Hüdan mit zur Grotte gebracht (V. 16646-16649).
Tristan und Isolde geht es während ihrer Zeit in der Minnegrotte ausgesprochen gut: swaz ieman kunde ertrahten, / ze wunschlebene g'ahten / in allen landen anderswâ, / daz haeten s'allez bî in dâ. (V. 16871-16874). sie haeten daz si solten, / und wâren dâ si wolten. (V. 16907-16908). sine tâten niht wan allez daz, / dâ sî daz herze zuo getruoc. (V. 17240-17241).
Tristan und Isolde spazieren morgens zur Wiese, sie spazieren dort auf und ab und hören auf das Vogelgezwitscher. Anschließend begeben sie sich zur Quelle und hören dem Plätschern zu. Wenn die Sonne zu steigen beginnt, gehen sie zu den Lindenbäumen, um sich Abkühlung zu verschaffen. Unter den Linden sitzen die beiden aneinandergeschmiegt und erzählen sich Geschichten von sehnsüchtiger Liebe derer, die aus Liebe gestorbenen waren. (V. 17147 f.). Außerdem musizieren sie in der Minnegrotte: Sie spielen Harfe und singen Lieder über die Liebe (V. 17210-17211). Von Zeit zu Zeit gehen Tristan und Isolde auf Jagd mit ihrem Hund Hüdan, allerdings nicht wegen der Jagdbeute, sondern nur zum Vergnügen. (V. 17244-17270)
Wie lange sind Tristan und Isolde in der Grotte aufhalten, ist nicht bekannt. Bei der Beschreibung der Tätigkeiten eines Tages handelt es sich um eine iterative Erzählung, Gottfried erläutert einen Tagesablauf und die Formulierung macht deutlich, dass dieser Ablauf in der Art mehrmals stattfindet (z.B. V. 17145-17146: si wâren z'allen zîten / ein ander an der sîten).
Dass Tristan und Isolde von Anfang an davon ausgehen, dass sie nur eine begrenzte Zeit in der Grotte verbringen werden, wird dadurch deutlich, dass sie ihre gemeinsame Freundin Brangäne beauftragen, "eine kurzlîche vrist" (V. 16674) am Hofe zu bleiben, um die Versöhnung mit Marke wieder herbeiführen zu können. Außerdem wird Kurvenal beauftragt, "z'einem mâle in zweinzec tagen" (V. 16801) zur Grotte zu kommen und Tristan und Isolde über Neuigkeiten zu informieren. Gottfried schreibt, dass Kurvenal tat, was man ihm auftrug. Allerdings wird kein Besuch Kurvenals beschrieben. Dies kann, muss aber nicht, als Hinweis gesehen werden, dass Tristan und Isolde weniger als 20 Tage in der Grotte verbingen.
Janet Wharton gleicht das Zusammenleben Tristan und Isoldes in der Minnegrotte mit der Metapher daz lebende paradîs (V. 18066-18067), die im huote-Exkurs ausgeführt wird, ab.[Wharton:150] Tristan und Isolde können nach Wharton das absolute Ideal des lebenden paradiz nicht erreichen, ihr Leben in der Minnegrotte nähere sich diesem Ideal nur an. Was ihnen fehle ist werltlîcher pris (V. 18087), eine der Früchte im lebenden paradîs (neben triuwe, minne und ere, siehe V. 18086-18087).[Wharton:150] Tristan und Isoldes Beziehung ist von der Gesellschaft nicht anerkannt, deshalb ist ihr „Paradies“, d.h. ihr Zusammenleben, verletzlich. Der Sündenfall, bzw. ein Herausfallen aus dem „Paradies“, in dem sie sich durch ihre gegenseitige Liebe befinden, ist bei Tristan und Isolde deshalb möglich.
Verlassen der Grotte
Tomas Tomasek meint, die Tatsache, dass Marke Tristan und Isolde aus der Minnegrotte zurück an den Hof lädt, erscheine „sinnlos“, da die Beziehung von Tristan und Isolde „nicht ohne Zutun Markes schrittweise zum öffentlichen Skandal“ werde.[6]
Außerdem behauptet Tomasek, Tristan und Isolde würden sich bei „erster sich bietender Gelegenheit“ aus der Minnegrotte zurückziehen, sie würden „die Anerkennung menschlicher Gesellschaft“ vermissen, da die beiden im einfallenden Tageslicht, nur Sonnenschein erkennen würden, nicht aber die im Exkurs beschriebene ere, die dem Licht zukomme.[7]
Zeitlosigkeit der Grotte
Jan-Dirk Müller beschreibt anschaulich die 'mythische Zeit' in der Minnegrotte. In ihr herrscht absolute Zeitlosigkeit, nur die Zweisamkeit der Liebenden steht im Vordergrund. Nur durch Zufall ist sie zu entdecken, ihre Lokalisierung 'irgendwo in der Wildnis', die Aufenthalte Tristans und Isoldes dort von ebenso belangloser wie unbestimmter Dauer. Zeit spielt hier keine Rolle. "Die Unwichtigkeit des Zeitablaufs kommt in dem - in seinen ästhetischen Konsequenzen noch beileibe nicht hinreichend gewürdigten - Faktum zum Ausdruck, das Wesen und Eigenart des Grottenlebens in der Form einer Raum-Allegorie dargeboten wird."[8] Wichtig ist bei der Minnegrotte also nicht die Zeit sondern einzig der Raum. Dieser stellt eine Art Gegenpart zu der realen, äußeren Welt dar und ist als vorzeitliche Voraussetzung für die Liebe in der vom Lauf der Zeit abhängigen Realwelt zu verstehen.
Kommt demnächst noch:
Interessantes aus der Sekundärliteratur!
Tristan und Isolde ernähren sich nur von ihrer Liebe, auf echte Nahrung verzichten sie.
Beschreibung, wie einer von Markes Jägern die Grotte findet, Tristan und Isolde ein Entdecktwerden befürchten und ein Schwert zwischen sich legen und schlafen, als sie Marke tatsächlich entdeckt und durch das Schwert endgültig von seinen Zweifeln befreit wird und Tristan und Isolde die Minnegrotte verlassen.
- An der Stelle kurz vor dem Entdecktwerden sollte sicherlich ein besonderes Augenmerk auf der Symbolhaftigkeit des großen weißen Hirsches liegen, der dem Jäger den Weg zur Grotte verrät und den Gottfried bezeichnenderweise, ebenso wie Petitcreiu, als vremede bezeichnet (V.17.293). In gleichem Maße wie das Zauberhündchen "weist das Außergewöhnliche aus der alltäglichen Welt ins Reich des Wunderbaren"[9]. Die rätselhafte, beinahe wunderliche Kreatur fungiert also gewissermaßen als vermittelnde Instanz, die eine Verbindung zwischen den beiden gegensätzlichen Welten schafft, auf der einen Seite die alltägliche Realität, auf der anderen die isolierte Sphäre der reinen Minne.
Literatur
- ↑ Die Minnegrotte wird mit erstaunlich viele Begriffsvarianten benannt: ein hol (V. 16684); eine Höhle, der minnenden hol (V. 16701); die Liebesgrotte, fossiure (V. 16704); Grotte, wilde[n] clûse (V. 16806); wilde Klause, der Minnen hûs (V. 17029); das Haus der Liebe, die fossiure werltlîcher âventiure (V. 17069-17070); die Höhle weltlichen Glücks, clûse (V. 17223); Zuflucht oder stein (V. 17395).
- ↑ [Tomas Tomasek: Gottfried von Straßburg, Stuttgart 2007, S. 160.]
- ↑ 3,0 3,1 [Tomas Tomasek: Gottfried von Straßburg, Stuttgart 2007, S. 157.]
- ↑ [Tomas Tomasek: Gottfried von Straßburg, Stuttgart 2007, S. 158.]
- ↑ [Tomas Tomasek: Gottfried von Straßburg, Stuttgart 2007, S. 156.]
- ↑ [Tomas Tomasek: Gottfried von Straßburg, Stuttgart 2007, S. 104.]
- ↑ [Tomas Tomasek: Gottfried von Straßburg, Stuttgart 2007, S. 160.]
- ↑ Müller, Jan-Dirk: Die Zeit im 'Tristan'. In: Der "Tristan" Gottfrieds von Straßburg. Symposion Santjago de Compostela 5. bis 8. April 2000. Hg. von Christoph Huber und Victor Millet. Tübingen 2002. S. 379-397. Hier: S. 385.
- ↑ Hahn, Ingrid: Raum und Landschaft in Gottfrieds Tristan. Ein Beitrag zur Werkdeutung. Eidos Verlag München 1964. S. 92.
<HarvardReferences />
- [*Wharton] Wharton, Janet: "Daz lebende paradis? A consideration of the love of Tristan and Isot in the light of the "huote" discourse", in:
Gottfried von Strassburg and the medieval legend: papers from an Anglo-North American symposium, hg. von Brewer, Cambridge 1990 S. 143-154.
- [*Krohn 2007] Gottfried von Straßburg: Tristan, ins Neuhochdeutsche übers. von Krohn, 12. Auflage, Stuttgart 1980.
Friedrich Ranke: "Die Allegorie der Minnegrotte in Gottfrieds Tristan", in: Schriften der Königsberger Gelehrten Gesellschaft 2 (1925), S. 21-39.
Hans Bayer: "Gralsburg und Minnegrotte: die religiös-ethische Heilslehre Wolframs von Eschenbach und Gottfrieds von Strassburg", in: Philologische Studien und Quellen 93 (1978), S. 161-187.
Volker Mertens: "Bildersaal - Minnegrotte - Liebestrank. Zu Symbol, Allegorie und Mythos im Tristanroman", in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 117 (1995), S. 40-64.