Keie (Wolfram von Eschenbach, Parzival): Unterschied zwischen den Versionen
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Gegenstand dieses Artikels ist die Nebenfigur '''Keie''' | Gegenstand dieses Artikels ist die Nebenfigur '''Keie''' aus Wolframs von Eschenbach "Parzival". Neben der Darstellung zentraler Charaktereigenschaften von Keie, bietet der folgende Text auch eine tiefergehende Analyse der Figur. | ||
Um eine angemessene Charakterisierung vornehmen zu können, ist es nicht unwichtig zu erwähnen, dass die Figur des Keie nicht nur in Wolframs von Eschenbach "Parzival" auftritt, sondern vielmehr eine Sagengestalt ist, die in mehreren Werken der mittelalterlichen Literatur zu finden ist. So zum Beispiel im "Iwein" von Hartmann von Aue oder in Heinrichs von dem Türlin "Diu Crône". | Um eine angemessene Charakterisierung vornehmen zu können, ist es nicht unwichtig zu erwähnen, dass die Figur des Keie nicht nur in Wolframs von Eschenbach "Parzival" auftritt, sondern vielmehr eine Sagengestalt ist, die in mehreren Werken der mittelalterlichen Literatur zu finden ist. So zum Beispiel im "Iwein" von Hartmann von Aue (siehe [[Keie (Hartmann von Aue, Iwein)|hier]]) oder in Heinrichs von dem Türlin "Diu Crône". | ||
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Keie ist Teil des Artushofs und bekleidet dort das höfische Amt des [http://www.stift-gernrode.uni-goettingen.de/Glossar.htm Truchsesses] (oder auch Seneschalls), ihm unterliegt somit die Verwaltung des königlichen Haushalts. | Keie ist Teil des Artushofs und bekleidet dort das höfische Amt des [http://www.stift-gernrode.uni-goettingen.de/Glossar.htm Truchsesses] (oder auch Seneschalls), ihm unterliegt somit die Verwaltung des königlichen Haushalts. | ||
Keie erscheint ohne weitere Erläuterung zu seiner Person erstmals in 150, 13 <ref> Alle Textstellen-Angaben aus Wolfram von Eschenbach: Parzival. | Keie erscheint ohne weitere Erläuterung zu seiner Person erstmals in 150, 13 <ref> Alle Textstellen-Angaben aus Wolfram von Eschenbach: Parzival. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/New York 2003. </ref> , kurz nachdem Parzival König Artûs um die Rüstung Ithêrs bittet. Artûs verweigert Parzivâl zunächst seine Bitte, lässt sich aber dann von Keie umstimmen. Letzterer argumentiert geschickt, indem er anführt, dass sowieso jemand den Becher, den Ithêr entwendet hat, zurückholen muss. Jedoch ist ihm gleichzeitig bewusst, dass er den noch unerfahrenen Parzivâl unter Umständen in den Tod schickt, wenn er ihn Ithêrs Rüstung fordern lässt [Bumke 2004: 59]. Keie erscheint aus diesem Grund hier als hartherziger und manipulativer Berater Artûs. Indem der König dem Rat des Truchsesses folgt, beweist dies ferner, dass Keie "für Artûs von besonderer Wichtigkeit" ist [Gowans 1988: 1]. | ||
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Keie in diesem kurzen Abschnitt | Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Keie in diesem kurzen Abschnitt nicht nur als berechnend und skrupellos, sondern auch als als ein gerissener Manipulator auftritt, welcher auf Artûs Entscheidungen Einfluss zu haben scheint. Joachim Bumke fasst treffend zusammen: "Das große Wort führt am Hof der bösartige Truchseß Keie." [Bumke 2004: 59] | ||
====Bestrafung Cunnewâres==== | ====Bestrafung Cunnewâres==== | ||
Als Cunnewâre, eine Dame des Artûshofs, Parzival zulächelt, hat dies eine besondere Bedeutung, denn von ihr wird gesagt, dass sie niemals lacht, bis sie den trifft, "der höchsten Ruhm auf Erden hätte" (151, 13). Keie beurteilt dies als in höchstem Maße schandhaft für die Dame und schlägt diese daraufhin als Strafe, obwohl sie eine Fürstin ist. | Als Cunnewâre, eine Dame des Artûshofs, Parzival zulächelt, hat dies eine besondere Bedeutung, denn von ihr wird gesagt, dass sie niemals lacht, bis sie den trifft, "der höchsten Ruhm auf Erden hätte" (151, 13). Keie beurteilt dies als in höchstem Maße schandhaft für die Dame und schlägt diese daraufhin als Strafe, obwohl sie eine Fürstin ist. | ||
Eindeutig ist, dass Keie auch in dieser Szene einen negativen Eindruck hinterlässt. Er ist bis zu diesem Zeitpunnkt der Geschichte also ein rücksichtloser, brutaler und "missbräuchlicher Seneschall" [Gowans 1988: 1]. | |||
====Wolframs Beurteilung Keies==== | |||
====Wolframs | Der Kommentar von Wolfram ab 296, 13 zu Keies Persönlichkeit kommt überraschend, wenn man die bisherigen Handlungen Keies berücksiochtigt. Der Autor verteidigt Keie plötzlich als "treue[n] und tapfere[n] Mann" (296, 24), der stets ehrenvoll handelt. Dies steht in krassem Gegensatz zu der früheren Bemerkung des Autors, in der er Keies Handeln als "verkehrt und unrecht" (222, 9) verurteilt. | ||
===Analyse=== | |||
Es stellt sich die Frage, ob Keie nun ein Schurke ist oder doch als ehrenvoller Mann anzusehen ist. Auffallend ist, dass in anderen Werken des Mittelalters fast durchgehend ein negatives Bild von Keie vorherrscht. Im "Yvain" schreibt Chrétien de Troyes beispielsweise "Kay, who was a very quarrelsome, mean, sarcastic and abusive..." (übersetzen + Quelle). Das legt die Vermutung naher, dass Wolfram sich von dieser früheren Einschätzung lösen will und nun mit seiner provokativen "starken persönlichen Verteidigung" Keies (Gowans 1988: 96) von älteren Werken distanzieren will. | |||
Dies löst jedoch trotzdem nicht den Widerspruch in der Darstellung Keies in "Parzival". Erst durch Hinzuziehen der Bemerkung Wolframs, dass Keie am Hof "extrem nützlich ist" [Gowans 1988: 96], indem er eine gute Beobachtungsgabe bezüglich der Ehrlichkeit von Fremden hat (207, 5 ff.), werden die Gegensätze hinsichtlich Keies Einschätzung abgeschwächt. Wolfram führt an, dass Keie meistens zu Recht Grobheit an den Tag legt und somit oft den König deckt (297, 8) oder Verräter entlarvt (297, 10). | |||
Es lässt sich also feststellen, dass Keies Darstellung in "Parzival" auf den ersten Blick widersprüchlich ist: Es entsteht zunächst ein negativer Eindruck, dem dann jedoch eine vehemente Verteidigung durch den Autor gegenübertritt. Auf den zweiten Blick jedoch zeigt sich, dass Keie mit seiner gerissen und oft ungehobelten Art ein unabdingbarer Bestandteil des Artushof ist und diesem mit seiner Art oft eine große Hilfe ist. | |||
Version vom 13. Mai 2012, 16:52 Uhr
Gegenstand dieses Artikels ist die Nebenfigur Keie aus Wolframs von Eschenbach "Parzival". Neben der Darstellung zentraler Charaktereigenschaften von Keie, bietet der folgende Text auch eine tiefergehende Analyse der Figur.
Um eine angemessene Charakterisierung vornehmen zu können, ist es nicht unwichtig zu erwähnen, dass die Figur des Keie nicht nur in Wolframs von Eschenbach "Parzival" auftritt, sondern vielmehr eine Sagengestalt ist, die in mehreren Werken der mittelalterlichen Literatur zu finden ist. So zum Beispiel im "Iwein" von Hartmann von Aue (siehe hier) oder in Heinrichs von dem Türlin "Diu Crône".
Charakterisierung
Keies Rat
Keie ist Teil des Artushofs und bekleidet dort das höfische Amt des Truchsesses (oder auch Seneschalls), ihm unterliegt somit die Verwaltung des königlichen Haushalts.
Keie erscheint ohne weitere Erläuterung zu seiner Person erstmals in 150, 13 [1] , kurz nachdem Parzival König Artûs um die Rüstung Ithêrs bittet. Artûs verweigert Parzivâl zunächst seine Bitte, lässt sich aber dann von Keie umstimmen. Letzterer argumentiert geschickt, indem er anführt, dass sowieso jemand den Becher, den Ithêr entwendet hat, zurückholen muss. Jedoch ist ihm gleichzeitig bewusst, dass er den noch unerfahrenen Parzivâl unter Umständen in den Tod schickt, wenn er ihn Ithêrs Rüstung fordern lässt [Bumke 2004: 59]. Keie erscheint aus diesem Grund hier als hartherziger und manipulativer Berater Artûs. Indem der König dem Rat des Truchsesses folgt, beweist dies ferner, dass Keie "für Artûs von besonderer Wichtigkeit" ist [Gowans 1988: 1].
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Keie in diesem kurzen Abschnitt nicht nur als berechnend und skrupellos, sondern auch als als ein gerissener Manipulator auftritt, welcher auf Artûs Entscheidungen Einfluss zu haben scheint. Joachim Bumke fasst treffend zusammen: "Das große Wort führt am Hof der bösartige Truchseß Keie." [Bumke 2004: 59]
Bestrafung Cunnewâres
Als Cunnewâre, eine Dame des Artûshofs, Parzival zulächelt, hat dies eine besondere Bedeutung, denn von ihr wird gesagt, dass sie niemals lacht, bis sie den trifft, "der höchsten Ruhm auf Erden hätte" (151, 13). Keie beurteilt dies als in höchstem Maße schandhaft für die Dame und schlägt diese daraufhin als Strafe, obwohl sie eine Fürstin ist.
Eindeutig ist, dass Keie auch in dieser Szene einen negativen Eindruck hinterlässt. Er ist bis zu diesem Zeitpunnkt der Geschichte also ein rücksichtloser, brutaler und "missbräuchlicher Seneschall" [Gowans 1988: 1].
Wolframs Beurteilung Keies
Der Kommentar von Wolfram ab 296, 13 zu Keies Persönlichkeit kommt überraschend, wenn man die bisherigen Handlungen Keies berücksiochtigt. Der Autor verteidigt Keie plötzlich als "treue[n] und tapfere[n] Mann" (296, 24), der stets ehrenvoll handelt. Dies steht in krassem Gegensatz zu der früheren Bemerkung des Autors, in der er Keies Handeln als "verkehrt und unrecht" (222, 9) verurteilt.
Analyse
Es stellt sich die Frage, ob Keie nun ein Schurke ist oder doch als ehrenvoller Mann anzusehen ist. Auffallend ist, dass in anderen Werken des Mittelalters fast durchgehend ein negatives Bild von Keie vorherrscht. Im "Yvain" schreibt Chrétien de Troyes beispielsweise "Kay, who was a very quarrelsome, mean, sarcastic and abusive..." (übersetzen + Quelle). Das legt die Vermutung naher, dass Wolfram sich von dieser früheren Einschätzung lösen will und nun mit seiner provokativen "starken persönlichen Verteidigung" Keies (Gowans 1988: 96) von älteren Werken distanzieren will.
Dies löst jedoch trotzdem nicht den Widerspruch in der Darstellung Keies in "Parzival". Erst durch Hinzuziehen der Bemerkung Wolframs, dass Keie am Hof "extrem nützlich ist" [Gowans 1988: 96], indem er eine gute Beobachtungsgabe bezüglich der Ehrlichkeit von Fremden hat (207, 5 ff.), werden die Gegensätze hinsichtlich Keies Einschätzung abgeschwächt. Wolfram führt an, dass Keie meistens zu Recht Grobheit an den Tag legt und somit oft den König deckt (297, 8) oder Verräter entlarvt (297, 10).
Es lässt sich also feststellen, dass Keies Darstellung in "Parzival" auf den ersten Blick widersprüchlich ist: Es entsteht zunächst ein negativer Eindruck, dem dann jedoch eine vehemente Verteidigung durch den Autor gegenübertritt. Auf den zweiten Blick jedoch zeigt sich, dass Keie mit seiner gerissen und oft ungehobelten Art ein unabdingbarer Bestandteil des Artushof ist und diesem mit seiner Art oft eine große Hilfe ist.
Quellennachweise
<HarvardReferences /> [*Bumke 2004] Bumke, Joachim. Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., Stuttgart/Weimar 2004 (Sammlung Metzler 36). <HarvardReferences /> [*Gowans 1988] Gowans, Linda. Cei and the Arthurian legend. Cambridge: Brewer, 1988.
- ↑ Alle Textstellen-Angaben aus Wolfram von Eschenbach: Parzival. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/New York 2003.