Kryptogramm (Gottfried von Straßburg, Tristan): Unterschied zwischen den Versionen
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Gegen Karl Bertau wendet sich Kurt Ruth: ''"Diese kryptographische Struktur sollte nun nicht als Gliederungsprinzip mißverstanden werden, da sie keine Handlung strukturieren vermag. Sie gehört aber auch nicht zu einem Kommentarsystem."''[Ruh 1980: 225]. Stattdessen, argumentiert Ruh, diene sie dazu, die Liebenden durch Zeichen zu preisen.[Ruh 1980: Ebd.] | Gegen Karl Bertau wendet sich Kurt Ruth: ''"Diese kryptographische Struktur sollte nun nicht als Gliederungsprinzip mißverstanden werden, da sie keine Handlung strukturieren vermag. Sie gehört aber auch nicht zu einem Kommentarsystem."''[Ruh 1980: 225]. Stattdessen, argumentiert Ruh, diene sie dazu, die Liebenden durch Zeichen zu preisen.[Ruh 1980: Ebd.] | ||
Unter dem Eindruck Schiroks schlägt Bonath eine weitere Variante vor, die dafür sprechen würde dass das Kryptogramm doch Gliederungsfunktion besitzt. Im Gegensatz zu Bertau konzentriert sich Bonath nun auf die Kernbuchstaben des Schemas von Schirk und entwirft dabei folgende Gliederung: | Unter dem Eindruck Schiroks schlägt Bonath eine weitere Variante vor, die dafür sprechen würde dass das Kryptogramm doch Gliederungsfunktion besitzt. Im Gegensatz zu Bertau konzentriert sich Bonath nun auf die Kernbuchstaben des Schemas von Schirk und entwirft dabei folgende Gliederung: | ||
1. Gruppe: G - T I I T | |||
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trennt den Prolgus prater rem vom Prologus ante rem.<br /> | |||
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Klage über den Tod Riwalins und Blanscheflurs. | |||
Version vom 13. Dezember 2010, 18:46 Uhr
Definition Kryptogramm [1]
Ein Kryptogramm ist Text, in welchem sich eine zweite Botschaft verbirgt, die erst nach einem bestimmten Verfahren entschlüsselt werden muss. Es gibt verschiedene Arten, die Botschaft zu verschlüsseln. Entweder werden Buchstaben (etwa beim Akostichon, Mesostichon, Liptogramm), Silben (Retrogramm) oder Wörter (Palindrom) auf eine bestimmte Art und Weise gekennzeichnet. Im Tristan verwendet Gottfried das Akrostichon. Hierbei ergeben die ersten Buchstaben bestimmter Verse ein Wort, Name oder Satz.[Grimm 2007:9]
Probleme und Beschreibung des Kryptogramms im Tristan
Das Kryptogramm im Tristan ist seit den Beginnen der Gottfried-Philiologie immer wieder Thema von Eröterungen. Einen Überblick dazu bietet B. Schirok in seiner 1984 erschienenden Ausatz "Zu den Akrosticha in Gottfrieds Tristan".[Schriok 1984] Als erstes entdeckt und in seiner Deutung relativ unbestritten[2] ist das DIETERICH-Akrostichon. [Schirok 1984: 189ff.] Wer Dieterich war, ist nicht sicher.[Schirok 1984: 191] Anzunehmen ist jedoch, dass er der Autraggeber des Werks war und die Initialen gleich zu Beginn eine Ehrung für ihn darstellen.[Huber 2000: 38] Über die genaue Struktur der restlichen Initialen herrscht nach wie vor Unsicherheit. Im Laufe der Jahre kamen immer wieder verschiedene Vorschläge, die jedoch alle zu keinem entgültigen Ergebnis führten.[3] Probleme bereiten vor allem eine ganze Reihe von Initialen, deren Zugehörigkeit unklahr ist.[4] Die Frage, ob Gottfried bewusst "sinnlose" Initialen plaziert hat um die Entschüsselung des Kryptogrammes zu erschweren, ob Initialen im Zuge der Überlieferung geändert worden sind, was im Ende des Romans gestanden hätte oder ob das Kryptgramm einfach nicht vollendet worden konnte wird wohl kaum befriedigenden beantwortet werden können. Am Ende seiner Untersuchung schlägt Schriok eine Schema für das Kryptgramm vor, das, obwohl es nach wie vor Schwachstellen enthält [5] ein Großteil der jüngeren Forschung übernommen hat.[Huber 2000];[Tomasek 2007]
Schema [6]
Schirok geht davon aus, dass das erste G im Roman nicht den Titel grâve Dieterichs bezeichnet, sondern den Anfangsbuchstabe Gottfrieds darstellt. Damit die Symetrie in der Initialenordnung aufgeht, setzt er außerdem vorraus, dass Isolde im Akkusativ Isolden steht. [Schirok 1984: 208ff.] Den im Vergleich zu Tristan und Isolden um einen Buchstaben verlägerten Namen Gottfried sieht er nicht als Wiederspruch für die Symmentrie, sondern vielemehr als Voraussetzung für diese an.[Schirok 1984: 212] Die in Klammern stehenden vermutlichen Ergänzungen, welche die Namen vervolständigen und von denen Schirok annimmt, sie stände so im nicht vorhandenen Romanschluss, ergeben sich durch die regelmäßigen Dreierrythmen.[7]. Unter Einbezug aller Annahmen entwirft Schirok also folgendes Schema:
G TIIT O RSSR T IOOI E SLLS (F TDDT R AEEA I NNNN T) 1 1751 5069 12183 41 1791 5099 12431 45 1795 5103 12453 131 1865 5177 12503 135 1869 5181 12507
G O T E (F R I T) T R I S (T A N) I S O L (D E N) I S O L (D E N) T R I S (T A N)
Anhand der Versangaben ist zu sehen, dass die Buchstaben immer verschränkt angeordnet sind. Dadurch wird die Liebesbeziehung Tristans und Isoldes auch bildlich veranschaulicht.
Das Kryptogramm als Hinweis auf eine Handlungsgliederung?
Welche Funktion hat das Kryptogramm? Sicherlich ist es ästethischer Ausdruck und, nimmt man an Dieterich sei der Auftraggeber des Werkes, dient zumindest das erste Akrostichon zum Danke/zur Huldigung. Immer wieder wurde jedoch auch die Frage diskutiert, ob das Kryptogramm nicht auch eine versteckte Gliederungsfunktion im Roman erfüllt.Karl Bertau geht davon aus, dass Gottfried mit dem Initialenspiel die Struktur des Gedichtes bezeichnet: "Nicht von einem modernen Verständnis des epischen Vorgangs und seiner Einheiten her wäre der Tristan gliedern aufzufassen, sondern von diesem geheimen Muster aus." [Bertau 1972: 934] Unter Hinzunahme aller Initialen gliedert Bertau dann in vier Haupstücke:[Bertrau 1972: 953f.]
- Fortdauern des Vergänglichen
- Die Fortuna des jungen Tristan
- Haß und Liebe des jungen Tristan
- List, Schmerz und Tod durch die Liebe
Gegen Karl Bertau wendet sich Kurt Ruth: "Diese kryptographische Struktur sollte nun nicht als Gliederungsprinzip mißverstanden werden, da sie keine Handlung strukturieren vermag. Sie gehört aber auch nicht zu einem Kommentarsystem."[Ruh 1980: 225]. Stattdessen, argumentiert Ruh, diene sie dazu, die Liebenden durch Zeichen zu preisen.[Ruh 1980: Ebd.] Unter dem Eindruck Schiroks schlägt Bonath eine weitere Variante vor, die dafür sprechen würde dass das Kryptogramm doch Gliederungsfunktion besitzt. Im Gegensatz zu Bertau konzentriert sich Bonath nun auf die Kernbuchstaben des Schemas von Schirk und entwirft dabei folgende Gliederung:
1. Gruppe: G - T I I T V. 1 G eröffnet den Prolog. V. 41 T V. 45 I trennt den strophischen Prolog vom Reimpaarprolog. V. 131 I V. 135 T folgt unmittelbar auf die Nennung des Helden, trennt den Prolgus prater rem vom Prologus ante rem.
2. Gruppe: O - R S S R
V. 1749 O folgt unmittelbar auf Tristans Geburt, leitet über zur Klage über den Tod Riwalins und Blanscheflurs.
Anmerkungen
- ↑ Nach [Köhler 2007: 406f.] und [Kiermeier-Debre 2000: 349ff.]
- ↑ Einen Einwand fomuliert [Krohn 2008: 16]. Zur Erläuterung siehe auch Kapitel 3.
- ↑ Etwa [Scholte 1942];[Bertau 1972: 933ff.];[Fourquet 1973]. Vgl. dazu ausführlich [Schirok 1984: 189ff.]
- ↑ Vgl. dazu die Tabellen bei [Schirok 1984: 196f.].
- ↑ Etwa [Bonath 1986: 112ff.], die Einwände gegen die Argumentation, der Name Isoldes stehe im Kryptogramm im Akkusativ Isolden, brint.
- ↑ Nach [Schirok 1984: 212]. Die Ergänzung der Versangaben richtet sich nach [Tomasek 2007: 93].
- ↑ Vgl. dazu auch [Tomasek 2007: 93]
Literatur
<HarvardReferences />
- [*Bertau 1972] Bertau, Karl: Deutsche Literatur im Mittelalter. 2 Bde. München 1972-1973.
- [*Bonath 1986] Bonath, Gesa: Nachtrag zu den Akrosticha in Gottfrieds 'Tristan'. In: ZfA 115 (1986), S. 101-116.
- [*Fourquet 1973] Fourquet, Jean: Das Kryptogramm des „Tristan“ und der Aufbau des Epos. In: Gottfried von Straßburg. Hrsg. Von Alois Wolf. Darmstadt 1973 (WdF, 320),S. 362-370.
- [*Grimm 2007] Grimm, Gunter E: Art.: Akostichon. In: Metzler Lexikon der Literatur. Stuttgart 2007, S.9.
- [*Huber 2000] Huber, Christoph: Gottfried von Straßburg. Tristan und Isolde. Eine Einführung. Berlin 2000.
- [*Kiermeier-Debre 2000] Kiermeier-Debre, Joseph: Art.: Kryptogramm. In: RLW Bd. 2. Berlin/ New York 2000, S. 349ff.
- [*Köhler 2007] Köhler, Peter: Art.: Kryptogramm. In: Metzler Lexikon der Literatur. Stuttgart 2007, S.406 f.
- [*Krohn 2008] Gottfried von Straßburg: Tristan. Band 3. Kommentar. Hrsg. von Rüdiger Krohn. Stuttgart 2008.
- [*Ruh 1980] Ruh, Kurt: Höfische Epik des deutschen Mittelalters. Bd. 2. 'Reinhart Fuch','Lanzelet', Wolfram von Eschenbach, Gottfried von Straßburg. Berlin 1980 (Grundlagen der Germanisitik 25).
- [*Schirok 1984] Schirok, Bernd: Zu den Akrosticha in Gottfrieds Tristan. Versuch einer kritischen und weiterführenden Bestandsaufnahme. In: ZdA 113 (1984), S. 188-213.
- [Scholte 1942] Scholte, Janh Hendrik: Gottfrieds von Straßburg Initialenspiel. In: Gottfried von Straßburg. Hrsg. Von Alois Wolf. Darmstadt 1973 (WdF, 320),S. 47-97.
- [*Tomasek 2007] Tomasek, Thomas: Gottfried von Straßburg. Stuttgart 2007.