Parzival: Aufeinandertreffen christlicher und heidnischer Kultur: Unterschied zwischen den Versionen
Zeile 17: | Zeile 17: | ||
==== Cundrie ==== | ==== Cundrie ==== | ||
Besonders deutlich wird das Aufeinandertreffen der Kulturen in Form von Cundrie. Durch ihre [[Das wilde-Motiv im Parzival|wilde]] Erscheinung wird sie bei ihrem ersten Auftreten schon rein durch ihr Äußerliches (313-314,10) von der höfischen Welt abgegrenzt. Durch diese sehr ausdrucksstarke Beschreibung wirkt sie trotz ihrer Bildung (314,20) [[Fremdheit und Vertrautes im Parzival|fremd]]. Manuela Schotte sieht darin die Besonderheit in dieser Szene, in der Cundrie von Außen an den Artushof kommt und Parzival anklagt (314,26-30). Denn aufgrund ihrer Fremdheit und der gleichzeitigen Tugendhaftigheit (''triuwe'' 318,9) eigne sie sich besonders dafür, in die Rolle der Anklägerin zu schlüpfen. Ihre moralische Stärke legitimiere sie dabei als Heidin Kritik zu äußern, die von den Rezipienten ernst genommen geworden sei. [Schotte 2009: 82f.] | Besonders deutlich wird das Aufeinandertreffen der Kulturen in Form von Cundrie. Durch ihre [[Das wilde-Motiv im Parzival|wilde]] Erscheinung wird sie bei ihrem ersten Auftreten schon rein durch ihr Äußerliches (313-314,10) von der höfischen Welt abgegrenzt. Durch diese sehr ausdrucksstarke Beschreibung wirkt sie trotz ihrer Bildung (314,20) [[Fremdheit und Vertrautes im Parzival|fremd]]. Manuela Schotte sieht darin die Besonderheit in dieser Szene, in der Cundrie von Außen an den Artushof kommt und Parzival anklagt (314,26-30). Denn aufgrund ihrer Fremdheit und der gleichzeitigen Tugendhaftigheit (''triuwe'' 318,9) eigne sie sich besonders dafür, in die Rolle der Anklägerin zu schlüpfen. Ihre moralische Stärke legitimiere sie dabei als Heidin Kritik zu äußern, die von den Rezipienten ernst genommen geworden sei. [Schotte 2009: 82f.] | ||
Im weiteren Verlauf wird die Cundrie jedoch nicht, wie zu erwarten wäre, weiterhin von der christlichen Welt abgegrenzt. Ganz im Gegenteil, sie wird ein Teil der Gralsgemeinschaft und übernimmt sogar die besonders wichtige Aufgabe der Gralsbotin (781f.). Diese Veränderung ihrer Position macht sich auch in ihrer Erscheinung wahrnehmbar. So trägt sie einerseits das Gralswappen (780,13) und andererseits beschreibt Wolfram ihr Äußeres zwar als wild, aber keineswegs abwertend (780,18-26). Hinsichtlich ihrer Rolle als moralische Bewertungsinstanz ist hier eine Einschränkung ihrer Rolle zu vermerken. Denn sie stellt fest, dass sie mit ihrer vorherigen Anklage geirrt hat und entschuldigt sich bei Artus und Parzival (799,28-780,29). Schotte folgert hieraus, dass aus der Revidierung der Aussagen Cundries eine große Aufwertung und Bestätigung der christlichen Charaktere folge. | |||
==== Feirefiz ==== | ==== Feirefiz ==== |
Version vom 11. Juni 2015, 09:41 Uhr
Wolfram von Eschenbach präsentiert in seinem Parzival die heidnische Welt des Orientalen als tugendhaft und vollkommen.[1] Er verleiht ihr moralisch hoch angesehene Akteure, wie Feirefiz. Diese Darstellung ist mit Blick auf die literarische Tradition durchaus ungewöhnlich, da Heiden sonst als moralisch verwerflichen Gegenentwurf zum Abendland präsentiert werden.[2] Insbesondere in den Gahmuret-Büchern findet jedoch keine derartige Abgrenzung zwischen Heiden und Christen statt. Vielmehr wird eine Liebesbeziehung eingegangen, aus der ein Kind entsteht. Der Artikel befasst sich damit, welchen Zweck diese Vermischung heidnischer und christlicher Kultur für die Handlung besitzt. Wichtig ist dabei, den historischen Kontext zu beachten, der im Gegensatz zu Wolframs Handlung von gewaltsamen Konfrontationen heidnischer und christlicher Kultur –in Form der Kreuzzüge- geprägt war.
Historischer Hintergrund
Literarische Tradition
In mittelalterlicher Literatur existierten von Beginn an Darstellungen des Orients.
Aufeinandertreffen der Kulturen im Parzival
Das Aufeinandertreffen der Kulturen findet, wie Kathrin Clench herausgearbeitet hat, auf drei verschiedenen Ebenen statt - intradiegetisch, extradiegetisch und auf der Ebene der Rezipienten. [Clench 2014] Im Folgenden werden nun die Berührungspunkte der Kulturen dahingehend analysiert, welche Funktion sie für ihre jeweilige Ebene besitzen. Abschließend findet eine Gesamtbewertung der Darstellung Wolframs statt, die die Ergebnisse in die historische Situation und die literarische Tradition einordnet.
Intradiegetische Ebene
Im Folgenden sollen Berührungspunkte der Kulturen auf der intradiegetischen Ebene, also innerhalb der erzählten Welt, auf ihre Darstellung und Funktion analysiert werden. Da sich Christen und Heiden an vielzähligen Stellen begegnen, werden im Weiteren nur exemplarische Stellen untersucht.
Gahmuret und der Orient
Cundrie
Besonders deutlich wird das Aufeinandertreffen der Kulturen in Form von Cundrie. Durch ihre wilde Erscheinung wird sie bei ihrem ersten Auftreten schon rein durch ihr Äußerliches (313-314,10) von der höfischen Welt abgegrenzt. Durch diese sehr ausdrucksstarke Beschreibung wirkt sie trotz ihrer Bildung (314,20) fremd. Manuela Schotte sieht darin die Besonderheit in dieser Szene, in der Cundrie von Außen an den Artushof kommt und Parzival anklagt (314,26-30). Denn aufgrund ihrer Fremdheit und der gleichzeitigen Tugendhaftigheit (triuwe 318,9) eigne sie sich besonders dafür, in die Rolle der Anklägerin zu schlüpfen. Ihre moralische Stärke legitimiere sie dabei als Heidin Kritik zu äußern, die von den Rezipienten ernst genommen geworden sei. [Schotte 2009: 82f.] Im weiteren Verlauf wird die Cundrie jedoch nicht, wie zu erwarten wäre, weiterhin von der christlichen Welt abgegrenzt. Ganz im Gegenteil, sie wird ein Teil der Gralsgemeinschaft und übernimmt sogar die besonders wichtige Aufgabe der Gralsbotin (781f.). Diese Veränderung ihrer Position macht sich auch in ihrer Erscheinung wahrnehmbar. So trägt sie einerseits das Gralswappen (780,13) und andererseits beschreibt Wolfram ihr Äußeres zwar als wild, aber keineswegs abwertend (780,18-26). Hinsichtlich ihrer Rolle als moralische Bewertungsinstanz ist hier eine Einschränkung ihrer Rolle zu vermerken. Denn sie stellt fest, dass sie mit ihrer vorherigen Anklage geirrt hat und entschuldigt sich bei Artus und Parzival (799,28-780,29). Schotte folgert hieraus, dass aus der Revidierung der Aussagen Cundries eine große Aufwertung und Bestätigung der christlichen Charaktere folge.
Feirefiz
Extradiegetische Ebene
Ebene der Rezipienten
Fazit
Literaturverzeichnis
<HarvardReferences /> [*Clench 2014]Clench, Kathrin: Die Wahrnehmung göttlichen Wirkens im interreligiösen Kontakt am Beispiel des >Parzival< Wolframs von Eschenbach, in: Thomas, Honegger et al. (Hgg.): Gottes Werk und Adams Beitrag: Formen der Interaktion zwischen Menschen und Gott im Mittelalter, Berlin 2014, S. 63-76. <HarvardReferences /> [*Schotte 2009]Schotte, Manuela: Christen, Heiden und der Gral. Die Heidendarstellung als Instrument der Rezeptionslenkung in den mittelhochdeutschen Gralromanen des 13. Jahrhunderts, Frankfurt a.M. 2009.
- ↑ Im Folgenden immer zitiert aus: Wolfram von Eschenbach: Parzival. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/New York 2003.
- ↑ Die hier angewendete Definition des Orients ist die von Paul Kunitzsch, der den "zeitgenössischen mittelalterlichen Orient, d.h. die islamische Welt, die ja immer die fremde, feindliche, exotische Gegenwelt zu der bekannten heimischen Umwelt der Dichter darstellt[e]."