Die Teufelsszenen des Redentiner Osterspiels: Unterschied zwischen den Versionen

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== Gebrauch von Komik ==
== Gebrauch von Komik ==


Dramaturgisch betont die Komik der Teufelsszenen die unaufhebbare Dualität zwischen Gott und Luzifer und löst die Spannung, die sich durch das Geschehen bei den Zuschauern angestaut hat.<ref> Schuldes, S.87</ref> Theologisch und didaktisch soll sie die Zuschauer in ihrer Glaubenszuversicht zu bestärken und sie gleichzeitig zu Ermahnen, dass auch sie sich eines Tages vor dem Letzen Gericht verantworten müssen.  <ref> Linke, S.95</ref>
Dramaturgisch betont die Komik der Teufelsszenen die unaufhebbare Dualität zwischen Gott und Luzifer und löst die Spannung, die sich durch das Geschehen bei den Zuschauern angestaut hat.<ref> Schuldes, S.87</ref> Theologisch und didaktisch soll sie die Zuschauer in ihrer Glaubenszuversicht zu bestärken und sie gleichzeitig ermahnen, dass auch sie sich eines Tages vor dem Letzen Gericht verantworten müssen.  <ref> Linke, S.95</ref>
Merkmale der Komik sind die Übernamen, die die Teufel den Sündern geben, um sie zu verhöhnen.  <ref> Linke, S.93</ref> Sie nennen den Fleischer ''„Sülzfuss“ (V.1560)'' und den Priester ''„Renn-um-den-Altar“ (V.1560).''
Merkmale der Komik sind die Übernamen, die die Teufel den Sündern geben, um sie zu verhöhnen.  <ref> Linke, S.93</ref> Sie nennen den Fleischer ''„Sülzfuss“ (V.1560)'' und den Priester ''„Renn-um-den-Altar“ (V.1560).''
Auch die Teufel selbst tragen komische Namen. Einer heißt ''„Funkeldune“'' (''„Sternbetrunkener“  <ref> Schröder, S.18</ref>  oder „sternhagelbesoffen“'' <ref> Schottmann, S.250</ref> ), ein weiterer trägt den selbsterklärenden Namen ''„Crumnase“''.
Auch die Teufel selbst tragen komische Namen. Einer heißt ''„Funkeldune“'' (''„Sternbetrunkener“  <ref> Schröder, S.18</ref>  oder „sternhagelbesoffen“'' <ref> Schottmann, S.250</ref> ), ein weiterer trägt den selbsterklärenden Namen ''„Crumnase“''.

Version vom 9. Juli 2021, 15:05 Uhr

Dies ist eine Stellenlektüre der Teufelsszenen des Redentiner Osterspiels. Sie befasst sich mit der Darstellung Luzifers, der Frage nach dem Ziel der Szenen und ihrer anzunehmenden Wirkung auf die Zuschauer.

Interpretation

Kontrastierung des Höllenspiels zum Auferstehungsspiel

Christus und Luzifer werden einander als Spitzen zweier kontrastierender Hierarchien gegenübergestellt. Ihre Unterschiede werden zur künstlerischen Darstellung der heilspädagogischen Absicht des Stückes genutzt. [1] Die Gegensätze werden dramaturgisch in ihrem Antagonismus und atmosphärisch in Luzifers Reich als Gegenwelt zum Reich Gottes dargestellt. Hierbei werden kontrastierende Motive wie Licht und Dunkel, Gut und Böse, Stärke und Ohnmacht verwendet. [2] In der Darstellung des Kontrastes zeigt sich auch der Grund für Luzifers Niederlage. Luzifer muss seine Herrschaft auf Furcht gründen und versucht sein Regiment zu legitimieren, indem er sich selbst die Opferrolle zuschreibt (V.1044-1086), während Gottes Herrschaft allgegenwärtig und vollkommen ist. Gottes Erhabenheit wird dem Niederen und Gemeinen der Teufelswelt gegenübergestellt, seine Würde wird mit Luzifers Komik kontrastiert. [3]

Gebrauch von Komik

Dramaturgisch betont die Komik der Teufelsszenen die unaufhebbare Dualität zwischen Gott und Luzifer und löst die Spannung, die sich durch das Geschehen bei den Zuschauern angestaut hat.[4] Theologisch und didaktisch soll sie die Zuschauer in ihrer Glaubenszuversicht zu bestärken und sie gleichzeitig ermahnen, dass auch sie sich eines Tages vor dem Letzen Gericht verantworten müssen. [5] Merkmale der Komik sind die Übernamen, die die Teufel den Sündern geben, um sie zu verhöhnen. [6] Sie nennen den Fleischer „Sülzfuss“ (V.1560) und den Priester „Renn-um-den-Altar“ (V.1560). Auch die Teufel selbst tragen komische Namen. Einer heißt „Funkeldune“ („Sternbetrunkener“ [7] oder „sternhagelbesoffen“ [8] ), ein weiterer trägt den selbsterklärenden Namen „Crumnase“. Luzifers Haltlosigkeit hat ebenfalls komische Züge, wenn er nach wutentbranntem Gezeter plötzlich in weinerliche Betrübtheit verfällt und zum Schluss leise jammernd von seinen Teufeln von der Bühne getragen werden muss (V.1976ff). So wendet sich Luzifers Komik schließlich gegen ihn selbst. Der Herrscher der Hölle wird zum Narren,[9] über den das Publikum lachen kann.

Unangenehme Sinnesreize

Luzifers Domäne ist das Unangenehme und Unappetitliche.[10] Er belohnt seine Teufel mit faulen Eiern (V.1353) und Schweinekot (V.1469). Dies wird mit Komik verflochten, wenn Luzifer sich bei den Teufeln nicht mit „dafür habe Dank“, sondern mit „dafür habe Gestank“ (V.1389) bedankt. Dies dient sowohl der Belustigung, als auch der Kontrastierung. [11] Während Funkeldune von Luzifer in ein übelriechendes Exil verbannt wird (V.1672), trägt der Priester „das Weihwasser an der Nase und den Weihrauch im Nacken“ (V.1823f). Luzifer erweist sich ihm gegenüber als völlig machtlos und wird selbst zum Übertölpelten. [12] Je nach Kontext werden dieselben Begriffe entweder als Belohnung oder als Bestrafung benutzt. Sobald Luzifer und die Teufel wutentbrannt die Kontrolle über ihre Emotionen verlieren, weisen sie den Begriffen den normalen Wert zu und benutzen sie als Beschimpfungen. [13] Dies beweist ihre verleugnete Natur als gefallene Engel, die nicht vergessen haben, was Rein oder Unrein ist. Ihre anfänglich demonstrierte Wertschätzung des Unreinen ist nicht natürlich, sondern Produkt ihres Eigenwillens. [14]

Emotionale Ausbrüche Luzifers

Luzifer ist launisch, seine Stimmung schlägt in kürzester Zeit von einem Extrem ins nächste. Brutalität wird zu Sentimentalität, Hohn weicht Wehleidigkeit. [15] Nicht nur die Stimmungsschwankungen selbst, sondern auch die Intensität seiner Emotionen sind hierbei auffällig. Sie zeigen Luzifers innere Zerissenheit, da er nicht nur mit Gott, sondern auch mit sich selbst im Zwiespalt steht. [16] Seine Stimmungsschwankungen dienen teilweise der Belustigung, teilweise der Kontrastierung, da sie Luzifers wahre Machtlosigkeit zeigen. Den Zuschauern wird deutlich gemacht, wie beschränkt Luzifers Macht eigentlich ist. [17] Es ist ihm nicht möglich, Gottes Reich eine eigene Schöpfung entgegenzusetzen und so muss er sich damit begnügen, die bestehende Ordnung zu verhöhnen, zu verspotten und zu pervertieren. [18]

Ziel und Wirkung der Teufelsszenen

Ziel der Teufelsszenen

Die heilspädagogische Absicht, die hinter allen geistlichen Dramen der Zeit steht, wird mit den Teufelsszenen des Redentiner Osterspiels auch dichterisch umgesetzt. [19] Die Vergehen der herangeschleppten Seelen sind nicht von religiöser oder theologischer, sondern von sozialer Natur. Entscheidend war für den vermutlich geistlichen [20] Dichter also nicht die Erhebung von Glauben, sondern das praktisch-soziale Verhalten seiner Mitmenschen. [21] Die Sünder erlagen Versuchungen, denen auch die Zuschauer täglich ausgesetzt waren, doch ihre Alltagssünden führten im Stück genauso sehr zur Verdammnis, wie die Taten eines wirklichen Verbrechers. [22] Die grauenhaften Darstellungen ihrer Strafen sollten die Zuschauer aufrütteln, zur Selbstprüfung bringen und zu einem gottzugewandten Leben führen. [23]

Wirkung der Teufelsszenen

Für die Zuschauer der damaligen Zeit waren Hölle und Teufel physische Realitäten. Es ist schwer vorstellbar, wie entsetzlich diese Darstellungen für sie gewesen sein mussten. [24] Sie hätten die Furcht, die ihnen diese Szenen einflößten, trotz der Komik der Darbietung nicht vergessen und wären während des Teufelsspiels zwischen widerstreitenden Empfindungen hin- und hergerissen worden. [25] Die geschaffene Beklemmung wird gegen Ende gemildert, indem angedachte Strafen nicht mehr detailliert dargestellt werden und der alkoholträge Funkendune beim Seelenfang leer ausgeht. [26] Die Stimmung zum Schluss gleicht sich der Glaubenszuversicht und Heilshoffnung des Auferstehungsspiels an, die im Schlussgesang mit „Kristus is upgedstanden“ (V.2025) ausgedrückt wird. [27]

Literaturverzeichnis

Primärlliteratur

  • Das Redentiner Osterspiel. Mittelniederdeutsch und neuhochdeutsch. Übersetzt und kommentiert von Brigitta Schottmann. Reclams Universal-Bibliothek 9744 [5]. Stuttgart 1986.

Sekundärliteratur

  • Linke, Hansjürgen. Die Teufelsszenen des Redentiner Osterspiels. In: Niederdeutsches Jahrbuch. Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung 90 (1967). S. 92-103.
  • Schröder, Karl Gustav Theodor. Kommentar in: Redentiner Osterspiel. Nebst Einleitung und Anmerkungen. 1840-1916. Verein für Niederdeutsche Sprachforschung. S.9-18
  • Schuldes, Luis. Die Teufelsszenen im deutschen geistlichen Drama des Mittelalters – Versuch einer literaturhistorischen Betrachtung unter besonderer Betonung der geistesgeschichtlichen Gesichtspunkte. In: Göppinger Arbeiten zur Germanistik Nr.116, herausgegeben von Müller, Ulrich; Hundnurscher, Franz und Cornelius Sommer. Verlag Alfred Kümmerle, Göppingen 1974. S.87-125
  • Wolff, Ludwig, Zu den Teufelsszenen des Redentiner Osterspiels. In: Gedenkschrift für William Foerste. Herausgegeben von Dietrich Hofmann. Köln / Wien 1970. S. 424-431.
  • Schottmann, Brigitta. Das Redentiner Osterspiel. Mittelniederdeutsch und neuhochdeutsch. Übersetzt und kommentiert von Brigitta Schottmann. Reclams Universal-Bibliothek 9744 [5]. Stuttgart 1986. S. 250

Einzelnachweise

  1. Linke, S.95
  2. Linke, S.96
  3. Linke, S.97
  4. Schuldes, S.87
  5. Linke, S.95
  6. Linke, S.93
  7. Schröder, S.18
  8. Schottmann, S.250
  9. Schuldes, S.87
  10. Linke, S.97
  11. Ebd.
  12. Schuldes, S.99
  13. Linke, S.98
  14. Ebd.
  15. Linke, S.96
  16. Ebd.
  17. Wolff, S.425
  18. Linke, S.98
  19. Linke, S.92
  20. Schröder, S.9
  21. Linke, S.100
  22. Ebd.
  23. Wolff, S.429
  24. Linke, S.101
  25. Linke, S.102
  26. Linke, S.103
  27. Ebd.