Das Osterspiel von Muri: Unterschied zwischen den Versionen

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==Primärliteratur==
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* [*Osterspiel von Muri]''Das Innsbrucker Osterspiel. Das Osterspiel von Muri''. Mittelhochdeutsch und Neuhochdeutsch, hg. von Rudolf Meier, Stuttgart 1974.
* [*Osterspiel von Muri]''Das Innsbrucker Osterspiel. Das Osterspiel von Muri''. Mittelhochdeutsch und Neuhochdeutsch, hg. von Rudolf Meier, Stuttgart 1974.

Aktuelle Version vom 18. April 2024, 14:41 Uhr


Überlieferung

Das Osterspiel von Muri stammt vermutlich aus dem 3. Viertel des 13. Jahrhunderts [Handschriftencensus] und hat 612 überlieferte Verse [Wehrli 2010:120]. Es ist in einem hochalemannischen Dialekt geschrieben [Handschriftencensus], was möglicherweise auf den Raum Zürich als Entstehungsort hinweist. Geschrieben wurde das Osterspiel auf einer Pergamentrolle, von der heute aber nur noch Fragmente vorliegen: zwei größere Längsstreifen und vier kleinere Querstreifen, alle beidseitig beschrieben [Handschriftencensus]. Das erste Blatt, auf dem der Anfang des Spiels niedergeschrieben war, existiert nicht mehr und es fehlen Stücke aus dem Hauptteil [Wehrli 2010:120]. Die Fragmente wurden 1840 in einer Vulgata-Bibel entdeckt, die 1527 einem Dominus Jacobus Gelinger alias Erni gehörte [Wehrli 2010:120]. Nach der Auflösung der Klosterbibliothek Muri wird das Osterspiel nun in der Aarauer Kantonsbibliothek aufbewahrt [Wehrli 2010:120].

Inhalt

Szenen

Das Wunder der Auferstehung

Es werden mehrere Wächter beauftragt, die das Grab des Jesu bewachen sollen. In der Nacht hören sie einen Donnerschlag und ein Wächter erzählt, er habe beobachtet, wie Jesus auferstanden ist. Als Pilatus sich am nächsten Tag nach ihnen erkundigt, erzählen die Wächter, dass ein Engel den Stein vor dem Grab weggerückt habe und Jesus auferstanden ist. Pilatus zahlt auf Geheiß der Juden den Wächtern ein Schweigegeld, wenn sie nichts von der Auferstehung erzählen.

Krämerszene

Der Krämer tritt vor Pilatus und bittet ihn, seine Ware verkaufen zu dürfen. Pilatus gewährt ihm seine Bitte und der Krämer hält eine Verkaufsrede, die sich an das Volk richtet.

Höllenfahrt

Christus fährt in die Hölle und verkündet dem Teufel, dass er die Seelen aus der Hölle erlösen möchte. Die armen Seelen sehnen ihre Befreiung herbei und flehen Christus an, sie jetzt zu befreien.

Salbenkauf

Maria Magdalena und eine andere Maria kaufen bei dem Krämer Salböl.

Besuch am Grab

Maria Magdalena steht an Jesus Grab und unterhält sich mit einem Engel. Sie betrauert Jesus Tod, woraufhin der Engel ihr von Jesus Auferstehung erzählt und ihr aufträgt, die Botschaft allen Leuten zu verkünden.

Jesus als Gärtner

Maria Magdalena hält eine gebetsartige Rede vor Christus. Jesus möchte sie für ihre Reue und Treue ihm gegenüber belohnen.

Rollen

Die Wächter

Custos, Custodes; Primus Custos, Secundus Custos, Termins Custus, Quartus Custos, Quintus Custos (erster bis fünfter Wächter)

Die ersten fünf Wächter treten benannt im Spiel auf. Bewachen zunächst Jesus Grab und das Geschehen um seine Auferstehung. Das Gesehene berichten sie dann Pilatus und werden auf Empfehlen des ersten Judens mit 20 Pfund von Pilatus zum Schweigen darüber gebracht. I,1- II,88 [Osterspiel von Muri]

Pilatus

Pilatus (Pontius Pilatus)

Pontius Pilatus ist der 5. Statthalter (Präfekt) in Palästina unter Kaiser Tiberius. [Seewald 2012] Zunächst spricht Pilatus mit den Wächtern und Juden über das Bewachen von Jesus Leichnam und Grab, als die Wächter am nächsten Morgen Pilatus von der Auferstehung Jesus berichten, versucht Pilatus diese durch die vereinbarten 20 Pfund (zu Beginn 20 Mark) zum Schweigen zu bringen. "Daz ir die rede verdagent/ vnd die geshiht ce niemen sagent,/ so gen wir ivh zwencic phunt." II,72-74. Daraufhin entlässt er die Wächter, "Hie mitte geb ivh got den segen:/ got der můze ivwer phlegen..." II,89-90 Zwischendrin kommt er auf dem Markt zum Geschpräch mit dem Krämer, welcher dort verkaufen möchte und Pilatus um eine Art Genehmigung dafür bittet, dort einen Stand aufzubauen. Pilatus erteilt diese gegen die Zahlung von 20 Pfund. Anschließend entlässt er nun auch die Juden "Pilatus: Ir heren, wir sullen gan!/ Judæus: Daz solt du, here, aneuan!/ Pilatus: So wil ih es beginnen!/ Judæi: So gen wir santir hinnen!" III,47-50, im Guten und verlässt wohl zusammen mit den Juden die Aufführung bzw. die Bühne. I,4- III,50 [Osterspiel von Muri]

Die Juden

Judæus, Judæos, Judæi; Primus Judæus (Erster Jude)

Der Erste Jude bzw. die Juden nehmen die Rolle eines Beraters für Pilatus, die Juden geben den Wächtern auch Anweisungen. Sie verlassen das Spiel erst nachdem Pilatus sie entlässt. I,20- III,50 [Osterspiel von Muri]

Der Dienstknecht

Servus, Cumpreht

Er wird von Pilatus mit Cumpreht angesprochen und befehligt den Wächtern etwas zu heißen. Später "spricht" er für Pilatus, als dieser gehen möchte, gegenüber dem Krämer. II,10- III,4 [Osterspiel von Muri]

Der Krämer

Paltenere, Institor, Krämer (Kaufmann, Händler)

Der Krämer möchte auf dem Markt seine Waren verkaufen und hierfür einen Stand aufbauen. Dafür bittet er zunächst Pilatus um eine Genehmigung, welche ihm gegen 20 Pfund erteilt wird, diese will er jedoch erst zahlen, wenn er seinen Stand aufgebaut hat, bis dahin soll er selbst das Pfand für Pilatus sein. Dieser Idee stimmt Pilatus zu. Nun folgt eine längere Sprechrolle des Krämers, in welcher er nach Interessenten und Käufern für seine seltenen und schönen Waren sucht und diese in höchsten Tönen auf dem Markt anpreist. "wa sint ir shonen vrowen?/ choment, ih laze ivch showen/ chram den ih iuch han braht,/ dar nah ih lange hant gedaht," III,59-62

Im späteren Verlauf des Spiels tritt er erneut auf, als Maria Magdalena bei ihm Balsam kaufen möchte. Nach kurzem Handeln verkauft er Maria Magdalena 3 Büchsen Salbe, vereinbart gegen 20 Schilling. Als Maria jedoch nur mit Pfennig bezahlen kann, gibt sich der Krämer zum Schluss auch damit zufrieden. III,5- V,117 [Osterspiel von Muri]

Der Teufel

Diabolus; tievel, tieuels, Herr der Hölle

Der Teufel hat im gesamten Stück nur zwei kurze Sprechrollen, in welchen er wiederholt frägt, wer dieser König sei. Weiter spricht er "wir enenen wol vor im genesen/ hie inne sicherlihe." IV,7-8. Jesus selbst antwortet ihm auf diese Fragen, gibt ihm aber zunächst keine konkreten Antworten, sondern nur vage Andeutungen. Somit endet auch schon der Auftritt des Teufels im Spiel und der Teufel scheint entweder die Bühne zu verlassen oder als stummer Akteur weiter auf der Bühne zu verweilen.

Jedoch wird der Teufel und die Hölle von den anderen Charakteren in deren Sprechrollen häufig thematisiert, so spricht Jesus, die armen Seelen oder auch Maria Magdalena über ihn und sein Höllenreich. IV,6-14 [Osterspiel von Muri]

Die armen Seelen

Animœ; arme Seelen

Die armen Seelen sollen im Spiel die bereits Verstorbenen darstellen, welche in der Hölle landeten und nun dort ihr Dasein fristen. Oftmals werden diese auch verlorene Seelen genannt, wenn es um die Darstellung der Hölle geht. Im Spiel bekommen diese eine längere Sprechrolle, in welcher sie Jesus begrüßen und ihm von ihrem Leiden berichten, unter anderem bitten sie Jesus um die schon lange ersehnte Erlösung, "nu lœse vns, here, ez ist an der cit,/ want vnser trost gar an dir lit!" IV,80-81. In der fortfolgenden Handlung befreit Jesus die Seelen und nimmt diese mit aus dem Höllenreich. IV,52- V,88 [Osterspiel von Muri]

Maria Magdalena

Maria, Maria Magdalena; Antonius

Zunächst kauft sie zusammen mit Maria beim Krämer Salben und geht damit zum Grab von Jesus, vermutlich um diesem die letzte Salbung zu geben. Dazu kommt es jedoch nicht, da die beiden Frauen am Grab von einem Engel empfangen werden, welcher berichtet, dass Jesus auferstanden ist. Im letzten Fragment des Spiels trifft sie dann auf den auferstandenen Jesus. Über diese Begegnung scheint sie erst erfreut und dankbar, im Späteren spricht sie von ihren Taten und Sünden und bittet Jesus, ihr diese zu verzeihen. Dies erfüllt Jesus ganz zum Schluss des Spiels dann auch. V,96- VIII,48 [Osterspiel von Muri]

Wichtig zu dieser Rolle ist noch zu sagen, dass sie wie im Text verdeutlicht, von einen Mann gespielt wurde [Schury 2006] , womöglich ein Klosterschüler namens Antonius. Auch ihr Text scheint bewusst gewählt, da man so dem Publikum zeigte, dass die Beichte und Buße den Weg in den Himmel und zur gewünschten Erlösung nach dem Tod führen.

Maria

Maria; andere Maria

Maria hat in diesem Spiel nur zwei Zeilen zu sagen: " Got sol uns ce helfe chomen./ vf des helfe svn wir gan..." V,127-128.

Jedoch begleitet sie Maria Magdalena zunächst zum Krämer, um Salben zu kaufen und später zum Grab von Jesus, um diesen mit den gekauften Salben zu salben. Hierfür gehen sie zum Grab und machen sich Gedanken um den schweren Stein vor diesem, wobei Maria das einzige Mal spricht. Zur Salbung kommt es jedoch nicht, da Jesus beim Eintreffen der beiden Frauen bereits auferstanden ist. V,127-128 [Osterspiel von Muri]

Der Engel

(Der) engel

Der Engel wartet am Grab von Jesus und trifft dort auf Maria Magdalena und Maria, welche zu Jesus wollten, um ihn zu salben. Er frägt die beiden Frauen zunächst, wen sie suchen würden. Als er hört, dass sie Jesus suchen, berichtet er den Frauen von dessen Auferstehung und bittet die beiden zusätzlich darum, dies Petrus, welcher nicht im Spiel auftritt, weiter zu sagen. Ebenso sollen sie allen von dem Wunder berichten, dass Jesus " ...erstanden/ von des todes banden[.]" ist. VI,28-29 Alle von "hier" bis nach Galiläa sollen davon hören und kommen, um das Wunder zu sehen. VI,8-40 [Osterspiel von Muri]

Jesus

Ihesus, Ihesu, Ihesum, Ihesus Christ, Jesu, Jesu Christ, Christ; here Christ König, Heiland, Ersehnter (Erlöser)

Jesus tritt das erste Mal auf, als der Teufel nach dem König, also ihm frägt. Jesus gibt dem Teufel jedoch nicht gleich zu erkennen wer er ist, berichtet diesem aber, nach kurzer ungenauer Antwort, um wen es sich bei diesem König handelt. Im Folgenden sagt er dem Teufel, dass er nun die Seelen suche, die bei ihm sind, die er, da sie ihm treu dienten, befreien will und dies auch tut. Ein zweites Mal tritt Jesus auf, nachdem der Engel den Frauen von seiner Auferstehung berichtet und Maria ihn noch einmal sehen will. So spricht er ein letztes Mal mit ihr und hört sich erst ihr Leiden und dann ihre Sünden an und will sie belohnen für "... diner riuwe/ vnd diner steten triuwe.". VIII,53-54 Mit diesen Versen endet dann das Osterspiel von Muri. Vermutlich wurde das Ende gezielt so gewählt, um dem Publikum den Gedanken der Beichte und Reue als Letztes auf den Weg zu geben. IV,9- VIII,54 [Osterspiel von Muri]

Besonderheiten

Art der Überlieferung

  • Das Osterspiel von Muri ist nur fragmentarisch erhalten, anders als zum Beispiel im Innsbrucker Osterspiel oder Redentiner Osterspiel.
  • Zusammengefasst als Spiel sind 8 Fragmente erhalten, mit römisch eins bis römisch acht benannt, in jedem Fragment beginnt die Zählung der Verse immer wieder von Neuem, da man nicht genau sagen kann, wie viele Verse über die Zeit verloren gingen.
  • Fehlende Zeilen werden nicht mitgezählt, sondern einfach übersprungen.

Sprache

  • Im Osterspiel wird überwiegend Deutsch verwendet und kaum bis kein Latein, wenn Latein, dann Namen oder einzelne Begriffe.
  • Es sind keine Gesänge inkludiert, zumindest nicht klar als Gesang definierte Stellen.
  • Es gibt keine Regie- oder Spielanweisungen, diese sind entweder nicht mehr erhalten oder waren nie Teil dieses Stückes. Waren diese nie Teil des Spiels, was zu vermuten ist, spricht es dafür, dass dieser Text wohl nur für einen Souffleur gedacht war. Da eben auch keine Gesänge enthalten sind, kann man davon ausgehen, dass es sich um einen Regietext handelt.
  • Bei Sprachanalysen wird vermutet, dass es sich aufgrund des Hochalemannischs um den Züricher Raum gehandelt hat.[Handschriftencensus] Da Zürich Reichstadt war und somit ein größeres Publikum die Aufführungen des Spiels sehen konnte, liegt es nahe, dass auch in Zürich aufgeführt wurde.

Aufführung

  • Ein genauer Aufführungsort ist nicht dokumentiert, aufgrund der Sprache, kommt aber der Züricher Raum und Zürich selbst in Frage. Ein weiterer Hinweis dafür ist Jacobus Gelinger, welcher als der "Besitzer" des Osterspiels von Muri gilt und nachweislich von 1501 bis 1546 Chorherr am Großmünster in Zürich war. [Schury 2006]
  • In Zürich kommt als Aufführungsort vor allem der Münsterhof, der größte Stadtplatz in Zürich, in Frage.

Literaturverzeichnis

Primärliteratur

  • [*Osterspiel von Muri]Das Innsbrucker Osterspiel. Das Osterspiel von Muri. Mittelhochdeutsch und Neuhochdeutsch, hg. von Rudolf Meier, Stuttgart 1974.

Sekundärliteratur

  • [*Handschriftencensus] Philipps-Universität Marburg, Institut für Deutsche Philologie des Mittelalters: Handschriftencensus. Eine Bestandsaufnahme der handschriftlichen Überlieferung deutschsprachiger Texte des Mittelalters, https://handschriftencensus.de/1550, 15.07.2021.
  • [*Wehrli 2010] Wehrli, Max: Osterspiel von Muri, Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, hg. von Kurt Ruh et al., Band 7, Berlin/New York 2010, Spalten 119-124.
  • [*Schury 2006] Schury, Gudrun: Wer nicht sucht, der findet. Zufallsentdeckungen in der Wissenschaft erzählt von Gudrun Schury, 2006, Seite 77-88.