Riwalin (Gottfried von Straßburg, Tristan): Unterschied zwischen den Versionen

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Die Leidgeschichte der Eltern spielt eine sehr wichtige Rolle für die Romanhandlung. Der Zusammenhang zwischen der Minne im Prolog und in der Haupthandlung um Tristan und Isolde ist eindeutig: Gottfiried wiederholt die Motive, mit denen er den Liebesbeginn zwischen Riwalin und Blanscheflur darstellt, in gesteigerte Form.[Barandun 2009] Riwalin und Tristan sind nicht nur genealogisch, sondern auch schicksalsverwandt.  
Die Leidgeschichte Tristans Eltern spielt eine sehr wichtige Rolle für die Romanhandlung. Der Zusammenhang zwischen der Minne im Prolog und in der Haupthandlung um Tristan und Isolde ist eindeutig: Gottfiried wiederholt die Motive, mit denen er den Liebesbeginn zwischen Riwalin und Blanscheflur darstellt, in gesteigerte Form.[Barandun 2009]  
 
Riwalin und Tristan sind nicht nur genealogisch, sondern auch schicksalsverwandt.  


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Version vom 9. Februar 2011, 09:12 Uhr

Riwalin regiert über Parmenien, er verliebt sich in Blanscheflur, die Schwester Königs Marke und zeugt mit ihr einen Sohn Tristan. Mit der Liebesgeschichte der Eltern beginnt die eigentliche Erzählung über Tristan und Isolde. Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Figur Riwalins und ihre Bedeutung für die Romanhandlung.

Riwalin als Ritter

Gottfrieds von Straßburg Tristan beginnt mit der Vorgeschichte der Eltern des Helden, wie es für einen höfischen Roman nach französischem Vorbild traditionell war. Tristans Vater Riwalin, mit Zunamen Kanelengres, ist der jugendliche Regent von Parmenien, ein vornehmer Ritter:

des lîbes schoene und wunneclîch,
getriuwe, küene, milte, rîch;
und den er vröude solte tragen,
den was der hêrre in sînen tagen
ein vröude berndiu sunne:
er was der werlde ein wunne,
der ritterschefte ein lêre

(V. 249-257) [1]


(schön und herrlich von Gestalt, / zuverlässig, tapfer, freigebig und mächtig,/ und allen, die er erfreuen sollte, / war dieser Herr zeit seines Lebens / eine freudespendende Sonne. / Er entzückte alle, /war der Ritterschaft ein gutes Beispiel) (V. 249-257) [Krohn 2009:27]


Riwalin stiftet einen Krieg gegen Morgan, seinen Lehnsherrn. Als es Morgan gelingt, einen Waffenstillstand zu erwirken, kehrt Riwalin zurück nach Parmenien. Das Jahr des Friedens nutzt er, um höfische Tugenden zu erwerben und geht nach Cornwall zum König befreundet mit::Marke, dessen Ruhm weithin verbreitet ist. Er ist ein gern gesehener Gast an Markes Hof. Bei einem großen Fest verliebt sich Riwalin in Markes schöne Schwester Blanscheflur. Er entführt sie nach Parmenien und zeugt mit ihr heimlich einen Sohn (Tristan). Riwalin folgt dem Rat seines Marschalls Rual li Foitenant und heiratet Blanscheflur. Riwalin verlässt aber bald seine Geliebte, weil er den unterbrochenen Krieg gegen Morgan weiter führen muss. In dem Krieg fällt Riwalin. Da die schöne Blanscheflur ohne ihren Geliebten nicht leben kann, stirbt sie auch, nachdem sie ihren Sohn zur Welt gebracht hat.


Riwalins Kämpfe

Die drei Kämpfe Riwalins haben große Unterschiede in ihrer Folgen. Der erste Feldzug wird von dem jungen Fürsten von Parmenien angeführt und richtet sich gegen Morgan. Der junge Fürst kommt geriten in sîn (Morgans) lant (V. 347) und plündert die Städte. Gründe für sein Handeln sind unter anderem übermuot (V. 342). Riwalin erleidet auch Schaden dabei ouch nam er dicke schaden dar an (V. 361), jedoch gelingt es ihm, den Feind zu besiegen: alsus lag er im obe mit craft/ und herete in in dem lande/ mit roube und mit brande (V. 392-394).

Riwalins zweiter Kampf ist gegen Markes Feind, einem künec, geriten in sin (Markes) lant mit alsô creftiger hant (V. 1124). In dieser Schlacht wird Riwalin lebensgefährlich verwundet. Nur Blanscheflurs Liebe hilft ihm, am Leben zu bleiben. Im dritten Kampf, der Morgans Antwort auf Riwalins erste Aggression ist, wird der vil clagebaere erslagen (V. 1677). So fällt Riwalin im Krieg, den er mit seinem ersten Angriff auf Morgan stiftet.

Die Darstellung Riwalins Feldzüge unterscheidet sich von dem Ideal des ritterlichen Kampfs. Es ist auch wenig vom eigentlichen Kampfgeschehen zu erfahren, die Folgen der Schlacht spielen eine größere Rolle. Dürch die Verkürzung der Schlachtderstellung widersetzt sich Gottfried der Tradition des Artusromans, in dem ritterlicher Zweikampf eine sehr wichtige Rolle spielt.[Barandun 2009:27-29]


Riwalin und Blanscheflur

Riwalin verliebt sich in Blanscheflur beim Markes Maifest:

si haeten in ir sinnen
beide eine liebe und eine ger.
sus was er sî und sî was er.
er was ir und sî was sîn.
dâ Blanscheflûr, dâ Riwalîn,
dâ Riwalîn, dâ Blanscheflûr,
dâ beide, dâ lêal amûr.

(V. 1356-1362)

(Ihrer beider Denken war beherrscht/ von nur einer Liebe und nur einem Wunsch./ Er war sie und sie war er./ Er war ihr und sie war sein./ Wo Blanscheflur war, war auch Riwalin;/ wo Riwalin war, war auch Blanscheflur;/ wo beide waren, war aufrichtige Liebe.)[Krohn 2009:89]

Kaum ist die Liebe erwacht, muss Riwalin in die Schlacht, um seinem Freund Marke zu helfen. Da der junger Fürst im Kampf lebensgefährlich verletzt wird, schleicht sich Blanscheflur zu ihm als Ärztin verkleidet und empfängt von ihm ein Kind. So wird Tristan heimlich und unehelich gezeugt. Riwalin entführt seine Geliebte nach Parmenien, wo er sie in aller Eile kurz vor der entscheidenden Schlacht gegen Morgan heiratet.

Nach der Heirat wird das Glück der Liebenden bedroht. Riwalin kann nicht bei seiner schwangeren Frau bleiben, er zieht in den Krieg gegen Morgan und stirbt. Blanscheflur erleidet totlichen herzsmerzen (V. 1721), sie kann ohne den Geliebten nicht leben und stirbt auch. Riwalin und Blanscheflurs Liebe endet sehr trautig, es ist eine Geschichte des Leidens.



Vater und Sohn

Datei:Riwalin.jpg
Riwalins Tod und Begräbnis

Riwalin stirbt noch vor Geburt seines Sohnes. Tristan erbt von seinem Vater sein Königreich Parmenien und auch etwas mehr. Mit der Liebe der Eltern bereitet sich etwas vor, was auf Tristan übertragen wird. Das Motiv des Leidens wiederholt Gottfried in der Liebesgeschichte von Tristan und Isolde.

Die Fatalität der Minne wird Tristan in Form seines Namens weitergegeben. Der Erfinder Tristans Namens Rual berücksichtigt die Vorgeschichte von Riwalin und Blanscheflur:

der marschalc der sweic lande.
er trahte ange und ange,
waz namen ime gebaere
nâch sînen dingen waere.
hier under sô betrahte er
des kindes dinc von ende her.
rehte alse er haete vernomen,
wie sîn dinc allez dar was komen:
"seht" sprach er "vrouwe, als ich vernam
von sînem vater, wie´z dem kam
umbe sîne Blanschefliure,
mit wie vil maneger triure
ir gernder wille an ime ergie,
wie sî diz kint mit triure enpfie,
mit welher triure sî'z gewan,
sô nenne wir in Tristan.
nu heizet triste triure

(V. 1983-1999)

(Der Marschall schwieg lange./ Er dachte sehr tief nach,/ welcher Name/ seinen Lebensumständen angemessen sei./ Dabei bedachte er/ das Schicksal des Kindes von Anfang an,/ so wie er es kennengelernt hatte./ "Seht, Herrin", sagte er, "wie ich gehört habe/ von seinem Vater, wie es dem/ wegen seiner Blanscheflur erging,/ mit welchem großen Schmerz/sie ihren sehnlichen Wunsch erreichte,/ wie sie dieses Kind in Trauer empfing/ und mit welcher Trauer sie es gebar,/ sollten wir ihn Tristan nennen."/ "Triste" heißt "Trauer") [Krohn 2009: 127]




Fazit

Die Leidgeschichte Tristans Eltern spielt eine sehr wichtige Rolle für die Romanhandlung. Der Zusammenhang zwischen der Minne im Prolog und in der Haupthandlung um Tristan und Isolde ist eindeutig: Gottfiried wiederholt die Motive, mit denen er den Liebesbeginn zwischen Riwalin und Blanscheflur darstellt, in gesteigerte Form.[Barandun 2009]

Riwalin und Tristan sind nicht nur genealogisch, sondern auch schicksalsverwandt.


Anmerkungen

  1. Zitierung mit Versangabe im Folgenden aus Gottfried von Straßburg: Tristan. Nach dem Text von Friedrich Ranke neu herausgegeben, ins Neuhochdeutsche übersetzt, mit einem Stellenkommentar und einem Nachwort von Rüdiger Krohn. Bd. 1–3. Stuttgart 2009 (RUB 4471-4473).



Quellen

<HarvardReferences />

  • [*Barandun 2009] Barandun, Anina: Die Tristan-Trigonometrie des Gottfried von Straßburg, Tübingen, 2009.
  • [*Herrmann 2006] Herrmann, Henning: Identität und Personalität in Gottfrieds von Straßburg Tristan: Studien zur sozial- und kulturgeschichtlichen Entwicklung des Helden, Hamburg: Kovac, 2006.
  • [*Hollandt 1966] Hollandt, Gisela: Die Hauptgestalten in Gottfrieds Tristan. Berlin 1966.
  • [*Krohn 2009] Gottfried von Straßburg: Tristan. Nach dem Text von Friedrich Ranke neu herausgegeben, ins Neuhochdeutsche übersetzt, mit einem Stellenkommentar und einem Nachwort von Rüdiger Krohn. Bd. 1–3. Stuttgart 2009 (RUB 4471-4473).