Das Zauberhündchen Petitcreiu (Gottfried von Straßburg, Tristan): Unterschied zwischen den Versionen

Aus MediaeWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
(Die Seite wurde neu angelegt: „Genauere Beschreibung über den inhaltlichen Umfang folgt.“)
 
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 1: Zeile 1:
Genauere Beschreibung über den inhaltlichen Umfang folgt.
Das Zauberhündchen Petitcreiu begegnet uns an drei Stellen, die eine logische Einheit darstellen:
# in den Versen '''15.796 bis 15.914''' begegnet Tristan dem Hündchen am Hofe Gilans, des Herzogs von Swales, und beschließt, es zu erringen und Isolde zu schicken.
 
# in den Versen '''16.225 bis 16.300''' fordert Tristan nach dem Kampf mit dem Riesen Urgan Petitcreiu als Belohnung und sendet es nach Tintajol.
 
# in den Versen '''16.333 bis 16.402''' schließlich wird davon berichtet, wie Isolde das Hündchen aufnimmt.
 
 
==Herkunft==
Gilan hatte Petitcreiu als Geschenk einer Göttin aus dem Feenreich Avalon erhalten:
 
''und wart dem herzogen gesant'' <br />
''ûz Avalûn, der feinen lant,'' <br />
''von einer gottinne'' <br />
''durch liebe und durch minne'' <br/>
(V. 15.807-15.810)
 
Seine Zugehörigkeit zur magischen Welt, also zur Welt der Ideen, ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass Petitcreiu seine Bedeutung auf der Symbolebene der Erzählung entfalten wird.
 
==Eigenschaften==
Schon sein Name ''Petit Creiu'', kleine Kreatur, deutet die Unbeschreiblichkeit dieses Geschöpfs an. Silke Philipowski schreibt dazu:
:"Die fabelhaften Eigenschaften des Zauberhundes entziehen sich menschlicher Beschreibungskraft und Weisheit. Er ist nicht darstellbar und namenlos: der Name >Petit-Criu< - >kleine Kreatur< - ist nur eine Umschreibung (...).<ref>Philipowski, Katharina-Silke (1998): Mittelbare und  unmittelbare Gegenwärtigkeit oder: Erinnern und Vergessen in der  Petitcriu-Episode des Tristan Gottfrieds von Straßburg. In: Beiträge zur  Geschichte der deutschen Sprache und Literatur (120), S. 29–35, dort S. 31.</ref>"
 
Gottfried greift in seiner Darstellung aus diesen Gründen auf den Unsagbarkeitstopos zurück, wenn er schreibt
 
''daz zunge nie so redehaft,'' <br/>
''noch herze nie so wise wart,'' <br/>
''daz sine schoene und sin art'' <br/>
''künde beschriben oder gesagen'' <br/>
(V. 15.814-15.817)
 
Nachdem er jedoch dieses vorausgestellt hat, wagt Gottfried doch den Versuch einer Beschreibung
 
 
===Aussehen und Attribute===
===Wirkung===
==Bedeutung==
Silke Philipowski stellt die These auf, die Petitcreiu-Episode sei ein Vorgriff auf das Scheitern der ''minne'' Tristans und Isoldes, wenn Tristan sich am Ende das Vergessen wählt und Isolde Weißhand heiratet. <br/>
Für sie ist das Zauberhündchen mit der Zauberglocke, dessen Erscheinung alle Sinne anspricht "in seiner magischen Präsenz die Ikone einer haptisch-sensorischen Unmittelbarkeit, die alle Abstraktion (und die abstrakteste aller mentalen Leistungen ist Erinnerung) zu verdrängen vermag, also keinen Raum läßt für Ungegenwärtiges, Vermitteltes."<ref>Philipowski, S.32.</ref> <br/>
Tristan ist bereit, sich diesem von Petitcreiu an ihn herangetragenen Vergessen hinzugeben, Isolde dagegen zerstört das Zauberglöckchen, um gegen das Vergessen anzukämpfen. Diese "Diskrepanz der Wahrnehmung" ist nach Philipowski "Indikator einer Brechung in der Tristanminne" und nicht "Zeichen von unverbrüchlicher Zweisamkeit"<ref>alle Philipowski, S.29.</ref> , als welches das Geschenk Tristans an Isolde an anderen Stellen in der Forschung gedeutet wurde.
 
===Wahrnehmung Petitcreius durch die Protagonisten===
Ausführliche Hinweise finden sich ebenfalls im [http://www.reference-global.com/doi/abs/10.1515/bgsl.1998.120.1.29?journalCode=bgsl&quickLinkVolume=120&quickLinkIssue=1&quickLinkPage=29&volume=120 Philipowski-Aufsatz]; zugänglich mit Uni-Lizenz über VPN "e-journals"
====Tristan====
====Isolde====
 
 
 
<references/>

Version vom 27. November 2010, 15:22 Uhr

Das Zauberhündchen Petitcreiu begegnet uns an drei Stellen, die eine logische Einheit darstellen:

  1. in den Versen 15.796 bis 15.914 begegnet Tristan dem Hündchen am Hofe Gilans, des Herzogs von Swales, und beschließt, es zu erringen und Isolde zu schicken.
  1. in den Versen 16.225 bis 16.300 fordert Tristan nach dem Kampf mit dem Riesen Urgan Petitcreiu als Belohnung und sendet es nach Tintajol.
  1. in den Versen 16.333 bis 16.402 schließlich wird davon berichtet, wie Isolde das Hündchen aufnimmt.


Herkunft

Gilan hatte Petitcreiu als Geschenk einer Göttin aus dem Feenreich Avalon erhalten:

und wart dem herzogen gesant
ûz Avalûn, der feinen lant,
von einer gottinne
durch liebe und durch minne
(V. 15.807-15.810)

Seine Zugehörigkeit zur magischen Welt, also zur Welt der Ideen, ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass Petitcreiu seine Bedeutung auf der Symbolebene der Erzählung entfalten wird.

Eigenschaften

Schon sein Name Petit Creiu, kleine Kreatur, deutet die Unbeschreiblichkeit dieses Geschöpfs an. Silke Philipowski schreibt dazu:

"Die fabelhaften Eigenschaften des Zauberhundes entziehen sich menschlicher Beschreibungskraft und Weisheit. Er ist nicht darstellbar und namenlos: der Name >Petit-Criu< - >kleine Kreatur< - ist nur eine Umschreibung (...).[1]"

Gottfried greift in seiner Darstellung aus diesen Gründen auf den Unsagbarkeitstopos zurück, wenn er schreibt

daz zunge nie so redehaft,
noch herze nie so wise wart,
daz sine schoene und sin art
künde beschriben oder gesagen
(V. 15.814-15.817)

Nachdem er jedoch dieses vorausgestellt hat, wagt Gottfried doch den Versuch einer Beschreibung


Aussehen und Attribute

Wirkung

Bedeutung

Silke Philipowski stellt die These auf, die Petitcreiu-Episode sei ein Vorgriff auf das Scheitern der minne Tristans und Isoldes, wenn Tristan sich am Ende das Vergessen wählt und Isolde Weißhand heiratet.
Für sie ist das Zauberhündchen mit der Zauberglocke, dessen Erscheinung alle Sinne anspricht "in seiner magischen Präsenz die Ikone einer haptisch-sensorischen Unmittelbarkeit, die alle Abstraktion (und die abstrakteste aller mentalen Leistungen ist Erinnerung) zu verdrängen vermag, also keinen Raum läßt für Ungegenwärtiges, Vermitteltes."[2]
Tristan ist bereit, sich diesem von Petitcreiu an ihn herangetragenen Vergessen hinzugeben, Isolde dagegen zerstört das Zauberglöckchen, um gegen das Vergessen anzukämpfen. Diese "Diskrepanz der Wahrnehmung" ist nach Philipowski "Indikator einer Brechung in der Tristanminne" und nicht "Zeichen von unverbrüchlicher Zweisamkeit"[3] , als welches das Geschenk Tristans an Isolde an anderen Stellen in der Forschung gedeutet wurde.

Wahrnehmung Petitcreius durch die Protagonisten

Ausführliche Hinweise finden sich ebenfalls im Philipowski-Aufsatz; zugänglich mit Uni-Lizenz über VPN "e-journals"

Tristan

Isolde

  1. Philipowski, Katharina-Silke (1998): Mittelbare und unmittelbare Gegenwärtigkeit oder: Erinnern und Vergessen in der Petitcriu-Episode des Tristan Gottfrieds von Straßburg. In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur (120), S. 29–35, dort S. 31.
  2. Philipowski, S.32.
  3. alle Philipowski, S.29.