Munsalvaesche (Wolfram von Eschenbach, Parzival)
Dieser Artikel beschreibt die Gralsburg Munsalvaesche im Roman Parzival und geht dabei auf die Beschreibung ihrer Bewohner und des Reichtums der Burg ein.
Die Beschreibung der Gralsburg
Allgemein
Die Gralsburg Munsalvaesche ist die prachtvollste und größte Burg in Wolframs von Eschenbach Parzival. Sie wird auch die Burg Gottes genannt, da sich in ihr der heilige Gral befindet und gehütet wird[Backes 1999].
Pracht und Reichtum
Zu Beginn des fünften Buches trifft der junge Parzival erstmals auf die Burg. Auf der Suche nach einer Unterkunft für die Nacht begegnet er an einem See einem Fischer und frägt diesen um Rat. Dieser weist ihm den Weg zu dem einzigen Haus in der Umgebung, welches sich später als die Gralsburg herausstellt. Als Parzival die Burg erblickt, ist er überwältigt von dessen Schönheit und Stärke:
(226, 14 - 19)[1]
Original | Übersetzung |
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diu burc an veste niht betrogen.
si stuont reht als si wäre gedræt. ez enflüge od hete der wint gewæt. mit stürme ir niht geschadet was. vil türne, manec palas dâ stuont mit wunderlîcher wer. |
Die Burg log nicht, wenn sie sich Festung nannte.
Wie gedrechselt stand sie da. Mit Sturm war ihr im Krieg nicht beizukommen, höchstens mit Wind - wenn man geflogen wäre. Viele Türme und so mancher Palast standen da in märchenhafter Macht. |
Auf der Burg angekommen, wird Parzival von deren Bewohnern herzlich empfangen und erhält Einblick in das Innere der Burg. Die Beschreibung von Reichtum und Pracht wird fortgesetzt und in detaillierter Ausführung geschildert. Die Burg ist das Prächtigste, das Parzival jemals gesehen hat und lässt keinerlei Wünsche offen. Parzival begegnet erneut dem Fischer, welcher seltsamerweise der Burgherr
Anfortas ist. Daraufhin erblickt er zum ersten Mal den Grâl, der von der Königin Repanse de Schoye getragen wird. Diese Präsentation des Grals wird überaus prachtvoll und schön gestaltet und spiegelt das Gesamtbild des Reichtums der Burg wider:
(235, 20 - 27)
Original | Übersetzung |
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ûf einem grüenen achmardî
truoc si den wunsch von pardîs, bade wurzeln unde rîs. daz was ein dinc, daz hiez der Grâl, erden wunsches überwal. Repanse de schoy se hiez, die sich der grâl tragen liez. |
Auf grünem Achmardî
trug sie des Paradieses Glück, Wurzel und Sproß in einem. Das war ein Ding, das hieß Der Grâl, alles Glück, das man auf Erden wünschen kann, vermag ihn nicht zu fassen. Repanse de Schoy hieß sie, von der der Grâl sich tragen ließ. |
Im Anschluss an das prächtige Schauspiel wird Parzival Zeuge von der Macht des Grâls. Dieser wird als "Frucht des Heils" beschrieben und besitzt die Fähigkeit alle Bewohner der Burg mit Essen zu versorgen. Wie dies genau geschieht wird nicht geschildert, da Parzival aufgrund seiner Erziehung keine Fragen stellen möchte (238, 26 - 239, 17). Nach dem Festmahl in der Burg überreicht der kranke Burgherr Anfortas Parzival zum Dank für dessen Erscheinen sein Schwert und entlässt ihn in sein Schlafgemach. Auch hier wird wieder die ganze Fülle und Vielfalt der Burg und ihrer Bewohner deutlich: Parzival wird von allen Rittern in seine Kemenate geführt, dort von vier Knaben entkleidet und von vier weiteren Jungfrauen in sein Bett gebracht. Die Art der Gastfreundschaft verwundert ihn erfüllt ihn mit Freude:
(243, 20 - 24)
Original | Übersetzung |
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dar nach gienc dô zer tür dar în
vier clâre juncfrouwen: die solten dennoch schouwen wie man des Helden pflæge und ober sanfte læge. |
Nach ihnen ginen da zu Tür herein
vier klare Jungfrauen: Die sollten ein übriges tun und schauen, ob man den Helden auch gut bediente, ob er sanft gebettet liege. |
Als Parzival am nächsten Morgen erwacht, findet er die Burg verlassen vor verlässt diese tief gekränkt vom plötzlichen Verschwinden der Bewohner. Nicht weit von Munsalvaesche entfernt trifft er auf eine Dame und erfährt von dieser, dass sie seine Cousine Sigûne ist. Sie klärt Parzival über die seltsamen Vorgänge in der Gralsburg auf und macht ihm die Verlassenheit der Burg begreiflich. Parzvial erfährt, dass der Burgherr Anfortas durch eine Frage von ihm von seinem Leiden hätte erlöst werden können und Parzival damit selbst König geworden wäre. Nachdem er Sigûne erzählt, dass er dies nicht wusste und deshalb auch keine Frage gestellt habe, wird diese wütend und wendet sich von ihm ab.
(255, 21 - 30)
Original | Übersetzung |
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dô sprach er 'liebiu niftel mîn,
tuo bezerren willen gein mir schîn. ich wandel, hân ich iht getân.' 'ir sult wandels sîn erlân,' sprach diu maget. 'mirst wol bekant, ze Munsalvaesche an iu verswant êre und rîterlîcher prîs. iren vindet nu decheinen wîs decheine geinrede an mir.' Parzivâl sus schiet von ir. |
Da sagte er: " Meine liebe Cousine,
sei nicht so unfreundlich zu mir! Ich will es wiedergutmachen, wenn ich etwas Böses getan habe." "Das Wiedergutmachen ist Euch geschenkt!" sprach das Mädchen. "Ich weiß genau, daß Adel und Ritterehre an Euch erloschen ist auf Munsalvaesche. Ihr mögt jetzt reden, was Ihr wollt, Ihr werdet keine Antwort mehr von mir bekommen." So ritt Parzivâl von ihr fort. |
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Burg Munsalvaesche die am detailliertesten beschriebene Burg im ganzen Roman ist. Nirgendwo sonst findet sich so geballter Reichtum und eine Fülle an Personal wie dort. Ihre besondere Stellung als 'Stätte des Grals' macht sie außerdem zu einem bedeutsamen Ort. Parzival wird in Munsalvaesche das erste Mal auf die ritterliche Probe gestellt und verliert durch sein Versagen die frühe Chance auf königliches Ansehen und Ehre. In diesem Sinne ist diese Station im Roman für die weiterführenden Handlung von großer Bedeutung.
Quellenverzeichnis
- Backes, Susanna: Von Munsalvaesche zum Artushof: Stellenkommentar zum fünften Buch von Wolframs Parzival. Bochum 1999.
- Ebersold, Günther: Wildenberg und Munsalvaesche: auf den Spuren eines Symbols. Frankfurt am Main 1988.
- Kolb, Herbert: Munsalvaelsche. München 1963.
- Kordt, Christa-Maria: Parzival in Munsalvaesche. Herne 1997.
- Lechner, Auguste: Parzival: auf der Suche nach der Gralsburg. Würzburg 1994.
Quellenverzeichnis
<HarvardReferences/> [*Backes 1999] * Backes, Susanna: Von Munsalvaesche zum Artushof: Stellenkommentar zum fünften Buch von Wolframs Parzival. Bochum 1999.
<references>
- ↑ Alle folgenden Versangaben beziehen sich auf die Ausgabe: Wolfram von Eschenbach: Parzival. Text und Übersetzung. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/ New York 2003.