Benutzer:Kai.kilian
1. Übersetzung - Winterlied 10
I
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
---|---|
Dô der liebe summer | Als der liebe Sommer |
ureloup genam, | sich verabschiedet hatte, |
dô mouose man der tänze | musste man die Tänze auf der Wiese |
ûfm anger gar verphlegen. | aufgeben. |
des gewn sît kummer | Das bereitete |
des herre Gunderam: | dem Herrn Gunderam seitdem Kummer: |
der muose ouch sîn gestränze | Der musste jetzt auch seine |
dô lâzen under wegen. | Angeberei aufgeben. |
der ist bickelmeister disen winder: | Diesen Winter ist er Würfelmeister. |
oeder gouch ist in dem lande ninder; | Einen widerwärtigeren Narren gibt es im ganzen Land nicht. |
sîn rûrnegazze kaphet zallen zîten wol hin hinder. | Sein Gassenträumer gafft immer weit nach hinten. |
II
Waz er an den meiden | Was er sich bei den Mädchen |
wunders dâ begât, | für ungeheuerliche Dinge gewährt |
ê daz mîn vrouwe Schelle | bevor Frau Glocke |
volende ir gebot! | ihren Einsatz vollendet. |
erst vil unbescheiden, | Er ist rücksichtslos, |
wan swehle er bestât | denn jede, der er sich nähert, |
diu wirt von slegen helle | schreit vor Schlägen laut auf |
und mîdende den spot; | und unterlässt daraufhin jeden Scherz. |
dâ von lâzen alle ir smutzemunden, | Deswegen sollen alle ihr Schmunzeln unterlassen, |
des die jungen niht verheln enkunden! | dasdie Jungen nicht verbergen konnten. |
des hât ir hant von solher meisterschefte dicke enphunden. | Dafür hat ihre Hand unter dieser Herrschaft oft Leid ertragen müssen. |
III
Immer, sô man vîret, | Jeden Feiertag |
sô hebent sî sich dar | ziehen sie los |
mit einer samenunge, | mit einer ganzen Versammlung, |
den ich wol schaden gan. | denen ich wirklich Schaden gönne. |
Werenbreht der lîret, | Werenbreht spielt die Leier, |
sô sumbert Sigemâr. | während Sigemâr trommelt. |
daz in dâ misselunge, | Möge es ihnen misslingen, |
daz laege et eben an! | das wäre nur angemessen! |
daz sich doch vil lîhte mac verrîden: | Es kann sich doch auch sehr leicht zum Schlimmeren wenden: |
wellents ir getelse niht verrîden, | Wenn sie mit ihrem Verhalten nicht aufhören, |
sich mugen zwêne an mîner weibelrouten wol versnîden. | können sich zwei an meinem Schwert schneiden. |
IV
Koeme ich zeinem tanze, | Käme ich zu einem Tanz, |
dâs alle giengen bî, | wo alle teilnähmen, |
dâ wurde ein spil von hende | da würde ein Spiel beginnen |
mit beiden ekken zuo. | mit beiden Schwertschneiden. |
lîhte geviele ein schanze, | Vielleicht fiele eine Chance, |
daz vor mit laegen drî. | dass vor mir drei lägen. |
ich hielte ez âne wende, | Ich würden den Einsatz beibehalten. |
verbüte ez einer vrou. | Auch wenn es hart wäre. |
sige und saelde hulfen mir gewinnen, | Glück würde mir dazu verhelfen zu gewinnen |
daz si halbe müesen dan entrinnen. | dass sie halb davon laufen müssten. |
nu ziehen ûf und lâzen in ir gogelheit zerinnen! | Nun ziehen sie ein und lassen sich ihre Possen vergehen! |
V
Sîne weidegenge | Seine Jagdzüge |
die verewnt mich grâ | lassen mich ergrauen. |
swenn er verwendeclîchen | Wenn er eitel |
vür mîne vrouwen gât. | vor meine Herrin tritt. |
trîbet erz die lenge, | Treibt er das noch länger so, |
bestât er danne dâ, | und bleibt er dabei, |
man hilft im ûz der kcîhen, | verhilft man ihm aus dem Keuchen, |
daz er vil riuwic stât. | dass er sehr lange steht. |
er und etelîcher sîn geselle, | Wenn ich ihn oder einen seiner Gesellen |
den ich tanzent an ir hant ersnelle, | ihre Hand halten und mit ihr tanzen sehe, |
des sî gewis, ich slahe in, daz sîn offen stât ein elle! | kann er sicher sein, dass ich ein ellengroßes Loch in ihn hineinschlage. |
VI
Im hilft niht sîn treie | Ihm hilft weder sein Wams |
noch sîn hiubelhot; | noch sein Helm. |
ez wirt im in getrenket: | Es wird Rache an ihm genommen, |
er zuhte ir einen bal. | hat er ihr doch eine Ball gestohlen. |
erst ein toerscher leie; | Er ist ein törichter Laie. |
sîn tumbelîcher muot | Sein begriffsstutziger Verstand |
der wirt im dâ bekrenket. | wird ihm noch weiter beschränkt. |
wil er vür Riuwental | Will er vor Riuwental |
hin und her sô vil gewentschelieren, | so viel hin und her streichen will, |
er wirt wol zezeiset under vieren. | wird er unter anderen wohl zerzaust. |
her Werenbrecht, waz mag ich des, wirt im der umberieren? | Herr Werenbrecht, was kann ich dafür, wird ihm auch etwas überbleiben? |
2. Übersetzung - Sommerlied 4
I
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
---|---|
Heid, anger, walt in fröuden stât. | Heide, Acker, Wald sind bestens behagt. |
diu hânt sich bereitet mit ir besten wât, | Wie haben sie sich mit ihrem besten Gewand geschmückt, |
die in der meie hât gesant. | das der Mai ihnen gesandt hat. |
sǐ wir alle | Sind wir alle |
frô mit schalle! | froh mit Jubel! |
sumer ist komen in diu lant. | Sommer ist ins Land gekommen. |
II
Wol ûz der stuben, ir stolzen kint, | Raus aus der Stube, ihr stolzen Kinder! |
lât iuch ûf der strâze sehen! hin ist der scherfe wint | Lasst euch auf der Straße sehen! Weg ist der scharfe Wind, |
unde ouch der vil kalte snê | und auch der eisig kalte Schnee. |
hebt iuch balde | Begebt euch schnell |
zuo dem walde! | zum Wald! |
vogelîn singent, den was wê | Vöglein singen vor Schmerz. |
III
Diu sint ergetzet leides gar. | Sie sind für ihr Leid entschädigt worden. |
ir sult mirz gelouben! nehmt sîn selbe war, | Ihr sollt mir glauben! Nehmt es selber war, |
waz der sumer erzeiget hât! | was der Sommer gezeigt hat! |
er wil rîchen | Er wird |
sicherlîchen | sicherlich |
manegen boum mit loubes wât. | jeden Baum mit einem Kleid von Laub bereichern. |
IV
Die nû vor grôzer huote megen | Die, die es trotz aller Vorsicht vermögen, |
die suln balde ir bestez vîrtacgwant an legen, | die sollen sich bald ihr bestes Festtagskleid anlegen, |
lâzen sich dar inne ersehen! | und sich darin sehen lassen. |
wir suln schouwen | Wir sollen sehen |
vor den ouwen | vor unseren Augen |
maneger hande bluomen brehen. | manch einen Blumenkranz. |
V
Swie Riuwental mîn eigen sî | Heißt mein Besitz auch Reuental, |
ich bin disen sumer aller sorgen frî | ich bin diesen Sommer frei von allen Sorgen, |
sît der winter ist dâ hin. | da der Winter jetzt vorbei ist. |
ich wil lêren | Ich will |
die jungen êren | den jungen Menschen Freude lehren: |
freude: dar nâch stêt mîn sin. | Danach steht mir der Sinn. |
3. Übersetzung - Sommerlied 18
I
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
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"Uns wil ein sumer komen", | "Es wird ein Sommer zu uns kommen", |
sprach ein magt: "ja han ich den von Riuwental vernomen. | sprach ein Mädchen: "Ja, das habe ich von Reuental vernommen. |
ja wil ich in loben. | Ja, ich will ihn lobpreisen. |
min herze spilt gein im vor vreuden, als ez welle toben. | Mein Herz springt ihm vergnüglich entgegen, als würde es rasen. |
ich hoer in dort singen vor den kinden. | Ich höre ihn dort vor den Kindern singen. |
jane wil ich nimmer des erwinden, | Wahrlich, ich will nicht aufhören, ihm zuzuhören, |
ich springe an siner hende zuo der linden." | ich springe an seiner Hand bis zu der Linde." |
II
Diu muoter rief ir nach; | Die Mutter rief ihr nach, |
si sprach: "tohter, volge mir, niht la dir wesen gach! | sie sprach: "Tochter, hör’ mir zu, handle nicht unversehens! |
weistu, wie geschach | Weißt du noch, |
diner spilen Jiuten vert, alsam ir eide jach? | was deiner Freundin Jiuten und ihrer Mutter letztes Jahr geschah? |
der wuohs von sinem reien uf ir wempel, | Sie wurde schwanger aufgrund seines Tanzes |
und gewan ein kint, daz hiez si lempel: | und sie empfing ein Kind, das sie Lempel nannte: |
also lerte er si den gimpelgempel." | Also lehrte er sie den seinen Tanz." |
III
"Muoter, lat iz sin! | "Mutter, hör’ auf! |
er sante mir ein rosenschapel, daz het liehten schin, | Er schickte mir einen Rosenkranz, der warf einen schönen Glanz |
uf daz huobet min, | auf meinen Kopf. |
und zwene roten golzen brahte er her mir über Rin: | Und zwei rote Strümpfe brachte er mir über den Rhein, |
die trag ich noch hiwer an minem beine. | die ich noch heute an meinen Beinen trage. |
des er mich bat, daz weiz ich niewan eine. | Wie er mir half, das kann kein anderer. |
ja volge ich iuwer raete harte kleine." | Ja, deshalb folge ich eurem Rat niemals." |
IV
Der muoter der wart leit, | Die Mutter war es leid, |
daz diu tohter niht enhorte, daz si ir vor geseit; | dass die Tochter nicht auf das hörte, das sie zuvor sagte. |
iz sprach diu stolze meit: | Da sagte das stolze Mädchen: |
"ich han im gelobt: des hat er mine sicherheit. | "Ich habe es ihm geschworen, daher hat er meine Treue. |
waz verliuse ich da mit miner eren? | Warum sollte ich dadurch meine Ehre verlieren? |
jane wil ich nimmer widerkeren, | Ja, ich will nie mehr zurückkehren, |
er muoz mich sine geile sprünge leren." | er wird mir seine fröhlichen Sprünge lehren." |
V
Diu muoter sprach: "wol hin! | Die Mutter sprach:"Dann geh’! |
verstu übel oder wol, sich, daz ist din gewin: | Es wird dir wohl oder übel so ergehen, aber merke, das ist dann deine Sache! |
du hast niht guoten sin. | Du hast keine gute Kenntnis über den Menschen. |
wil du mit im gein Riuwental, da bringet er dich hin: | Willst du mit ihm ins Reuental gehen, dann bringt er dich dort hin. |
also kan sin treiros dich verkoufen. | So kann er deinen Tanz für sich verkaufen. |
er beginnt dich slahen, stozen, roufen | Er beginnt dich zu schlagen, zu stoßen, zu verprügeln, |
und müezen doch zwo wiegen bi dir loufen." | und es müssen doch zwei Wiegen bei dir laufen." |
4. Übersetzung - Winterlied 24
I
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
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Sumer, dîner süezen weter müezen wir uns ânen: | Sommer, auf dein süßes Wetter müssen wir jetzt verzichten: |
dirre kalde winder trûren unde senen gît. | Dieser kalte Winter bringt uns nur Kummer und Leid. |
ich bin ungetroestet von der lieben wolgetânen: | Ich bin untröstlich: |
wie sol ich vertrîben diese lange swaere zît | Wie soll ich mir diese lange, schwere Zeit vertreiben, |
diu die heide velwet unde mange bluomen wolgetân? | die die Heide und die Blumenpracht verwelken lässt? |
alsô sint die vogele in dem walde des betwungen, daz si ir singen müezen lân. | Daher sind die Vögel im Wald dazu gezwungen, ihr Singen sein zu lassen. |
II
Alsô hât diu vrouwe mîn daz herze mir betwungen, | So hat die Herrin mein Herz bezwungen, |
daz ich âne vröude muoz verswenden mîne tage. | dass ich meine Tage ohne Freude verbringen muss. |
ez vervaehet niht swaz ich ir lange hân gesungen. | Die Lieder, die ich schon lange Zeit gesungen habe, nutzen mir nichts. |
mir ist alsô maere daz ich mêre stille dage. | Das lehrt mich, dass ich nun verstummen soll. |
ich geloube niht des daz sî mannen immer werde holt. | Ich glaube nicht, dass sie sich jemals wieder zu Männern hingezogen fühlt. |
wir verlisen, swaz wir dar gesingen unde gerûnen, ich und jener Hildebolt. | Was ich und jener Hildebolt für sie gesungen und geflüstert haben, war umsonst. |
III
Der ist nû der tumbist under geilen getelingen, | Der ist nun einer der dünnsten unter den kräftigen Gesellen, |
er und einer, nennet man den jungen Willeher. | er, und einer den man den jungen Willeher nennt. |
den enkunde ich disen sumer nie von ir gedringen, | Den konnte ich den ganzen Sommer nicht von ihr vertreiben, |
sô der tanz gein âbent an der strâze gie entwer. | als der abendliche Tanz durch die Straßen zog. |
mangen twerhen blic den wurfen sî mich mit den ougen an, | So manch einen schiefen Blick warf sie mir mit den Augen zu, |
daz ich sunder mînes guoten willen vor in beiden ie ze sweime muose gân. | dass ich trotz meines guten Willens vor den beiden in die Luft hätte gehen können. |
IV
Wê, daz mich sô manger hât von lieber stat gedrungen | Ach weh, dass mich so mancher vom Ort der Liebe verdrängt hat, |
beidiu von der guoten unde ouch wîlent anderswâ! | sei es von dem guten, oder dem anderswo. |
oedelîchen wart von in ûf mînen tratz gesprungen. | Dasselbe war der Ursprung für meine Feindseligkeit gegenüber ihnen. |
ir gewaltes bin ich vor in mînem schophe grâ. | Durch ihre Gewalt werde ich schon grau, |
iedoch sô neic diu guote mir ein lützel über schildes rant. | jedoch nickte mir die gute ein wenig über den Schildrand zu. |
gerne mugt ir hoeren wie die dörper sint gekleidet: üppiclîch ist ir gewant. | Gerne vermag ich zu hören, wie die Bauern gekleidet sind: übertrieben ist ihr Gewand. |
V
Enge röcke tragent sî und enge schaperûne, | Enge Röcke und schmale Mäntel tragen sie, |
rôte hüete, rinkelohte schuohe, swarze hosen. | rote Hüte, Schnallenschuhe und schwarze Hosen. |
Engelmâr getet mir nie sô leide an Vriderûne | Engelmar hat mich mit Friederun nie so beleidgt, |
sam die zwêne tuont. ich nîde ir phellerîne phosen, | wie diese beiden es jetzt tun. Ich beneide ihre purpurfarbenen Taschen, |
die sî tragent: dâ lît inne ein wurze, heizet ingeber. | die sie tragen: darin liegt eine Wurzel, die man Ingwer nennt. |
der gap Hildebolt der guoten eine bî dem tanze; die gezuhte ir Willeher. | Davon gab Hildebolt der Guten eine beim Tanz, die Willeher ihr stahl. |
Va
Gern west ich, wie es die torpper unter einander trachten. | Gerne wüsste ich, wie es die Bauern miteinander aushalten. |
sie trugen peckkelhauben, darczu lange swert. | Sie tragen Pickelhauben und dazu lange Schwerter. |
ir spottigkeit, ir laster sie gar zu laster brachten: | Ihr Spott und ihr Laster brachte ihnen Schande: |
des wurdens durch die goller mer denn halb gewert. | das wurde durch ihren Schmuck gezeigt. |
sie stritten mit einander einen ganczen summer langen tag. | Den ganzen langen Sommertag stritten sie miteinander, |
das ir geläße sahe herre Neithart, do er in dem vas bey dem wein lag. | sodass Herr Neidhart ihr Benehmen sah, als er in dem Fass bei dem Wein lag. |
VI
Sagte ich nû diu maere wie siz mit ein ander schuofen, | Sollte ich die Geschichte erzählen, wie sie miteinander schliefen, |
des enweiz ich niht: ich schiet von danne sâ zehant. | so kann ich mich nicht erinnern: ich machte mich daraufhin auf den Weg. |
manneglîch begunde sînen vriunden vaste ruofen. | Jedermann begann, laut nach seinen Freunden zu rufen. |
einer der schrei lûte: "hilf, gevater Weregant!" | Einer der Leute schrie laut: "Hilfe, Vetter Weregant!" |
er was lîhte in grôzen noeten, dô er sô nâch helfe schrê. | Wahrscheinlich war er in großer Not, dass er so nach Hilfe schrie. |
Hildeboldes swester hôrte ich eines lûte schrîen: "wê mirmînes bruoder, wê!" | Hildebolds Schwester hörte ich laut schreien: "Ach Bruder, ach." |
VIa
Do kam schiere ein getelinc geloufen von dem strite; | Wegen des Streits kam plötzlich ein Bauernbursche angelaufen, |
den fragt ich der maere. "Willeher mit ellen streit. | den ich nach den Geschehnissen fragte: "Willeher schlägt mit Ellen, |
Hildeboltes schapperun der ist zerzerret wite | Hildebolts Mantel ist in Stücke gerissen |
und dar zuo sin enger roc wol drier spannen breit." | und noch dazu ist sein Rock nun dreimal so breit." |
daz geschach umb eine wurzen, die man uz der hende ir brach. | Das alles geschah im Streit um eine Wurzel, die man ihr aus der Hand riss. |
des engalt vil mangiu spaehiu hube, die man bi dem tanze zerzerret ligen sach. | Daher geht es um viele schöne Hauben, die man bei dem Tanz zerrissen liegen sah. |
VII
Wâ bî sol man hine vüre mîn geplätze erkennen? | Wie soll man mein Geschwafel zukünftig als das meine erkennen? |
hie envor dô kande man iz wol bî Riuwental. | Bis jetzt kannte man es unter Reuental. |
dâ von solde man mich noch von allem rehte nennen. | Danach sollte man mich noch mit allem Recht nennen. |
nust mir eigen unde lêhen dâ gemezzen smal. | Doch jetzt ist mein Eigentum und Lehn gering. |
kint, ir heizet iu den singen, der sîn nû gewaltic sî! | Mädchen, lasst den für euch singen, der jetzt dort herrscht! |
ich bin sîn verstôzen âne schulde: mîne vriunt, nû lâzet mich des namen vrî. | Ich wurde ohne Eigenschuld verstoßen: Meine Freunde nun befreit mich von diesem Namen. |
VIII
Ich han mines herren hulde vloren ane schulde: | Ohne Schuld habe ich das Ansehen meines Herrn verloren: |
da von so ist min herze jamers unde turens vol. | Deswegen ist mein Herz voller Kummer und Leid. |
richer got, nu rihte mirz so gar nach diner hulde, | Allmächtiger Gott, richte mich nach deiner Gnade, |
manges werden friundes daz ich mich des anen sol! | dass ich so vieler Freunde beraubt werden soll! |
des han ich ze Beiern lazen allez, daz ich ie gewan, | Ich lasse in Bayern alles zurück, was ich je besaß, |
unde var da hin gein Osterriche und wil mich dingen an den werden Osterman. | und ziehe Richtung Österreich, um dort ein neuer Mann zu werden. |
IX
Mîner vînde wille ist niht ze wol an mir ergangen: | Der Wille meiner Feinde, ist an mir nicht geschehen, |
wolde ez got, sîn mähte noch vil lîhte werden rât. | wenn Gott es wollte, würden sie noch geringer ausfallen. |
in dem lande ze Oesterrîche wart ich wol enphangen | Im Land Österreich wurde ich wohl empfangen |
von dem edeln vürsten, der mich nû behûset hât. | von dem edlen fürsten, der mich nun beherbergt. |
hie ze Medelicke bin ich immer âne ir aller danc. | Zur Medelicke bin ich trotz allem hier. |
mir ist leit, daz ich von Eppen und von Gumpen ie ze Riuwental sô vil gesanc. | Ich bin es leid, dass ich von Eppen und von Gumpen zu Reuental gesungen habe. |
IXa
Her Nithart hat uns hie verlazen als diu kra den stecken, | Herr Neidhart hat uns hier verlassen wie die Krähe den Stecken, |
diu da hinne fliuget unde sitzet uf ein sat. | die davonfliegt und sich auf einem Feld voll Saat niederlässt. |
ez sol ein man mit fremden frouwen niht ze vil gezecken, | Es soll ein Mann mit fremden Frauen nicht viel zu tun haben, |
der der waren schulde an siner keine vunden hat. | der an seiner wahren Schuld keine Wunden hat. |
er niez sin tegeliche spise (der hat er da heime genuoc), | Er soll bei seiner täglichen Speise bleiben (davon hat er daheim genug), |
laz Hildebolten mit gemache! ez was ein eichel, die er bi im in dem biutel truoc. | lass Hildebolden in Ruhe! Es war eine Eichel, die er im Beutel trug. |
X
Rädelohte sporen treit mir Fridepreht ze leide, | Radrunde Sporen trägt Frideprecht mir zu Leide, |
niuwen vezzel hat er baz dan zweier hende breit. | sein neuer Schwertgurt war mehr als zwei Hände breit. |
rucket er den afterreif hin wider ûf die scheide, | Wenn er den Hinterreif zurück auf die Scheide schiebt, |
wizzent, mîne vriunde, daz ist mir ein herzenleit! | dann wisst meine Freunde, dass mein Herz leidet. |
zwêne niuwe hantschuoh er unz ûf den ellenbogen zôch. | Ein paar neue Handschuhe zog er bis zu den Ellbogen hoch. |
mugt ir hoeren wie der selbe gemzinc von der lieben hiuwer ab dem tanze vlôch? | Wollt ihr nun hören, wie dieser Gemsbock von der Lieben während des Tanzes floh? |
Xa
Er gap versengelt wol, rehte als im waer an gebunden | Er floh so schnell, |
ein swines blase, also man den wilden hunden tuot. | als wäre ihm eine Schweineblase angebunden, wie man es auch mit wilden Hunden tut. |
ofte brach er sinen zelt, als si doch wol befunden, | Oft wurde er aus dem Trab gebracht, wenn sie ihn auch wirklich bemerkten, |
Hatze und Pletze und jeniu ir gespile Hademuot. | Hatze und Pletze und jene, ihre Freundin Hademuot. |
fraget Endeltruten, wiez laeg umbe ir bruoder Fridebreht! | Fragt Engeltrut, wie es ihrem Bruder Fridebrecht geht! |
"ach ach, er hat verrenket sich vor vorhte", also hat si mir geseit,"der toersche kneht." | "Ach, ach, er hat sich fast verrenkt vor Furcht", so hat sie es mir gesagt, "so ein törichter Knecht." |
Xb
Sach ab ieman jenen mit der gickelvehen täcken? | Hat jemand den mit der bunten Decke gesehen? |
die tregt er uf der hende und klopfet uf sin niuwez swert: | Er trägt sie in den Händen und klopft auf sein neues Schwert. |
da mite er uns des nahtes ab der gazzen wil erschrecken. | Damit will er uns nachts aus der Gasse scheuchen. |
der selbe dünket sich noch mer san drier bonen wert, | Derselbe hält sich noch für mehr als drei Bohnen wert, |
als er danne geruzet unde gedraeset, der vil übele man, | wenn er denn schnarcht, der jämmerliche Mann und |
und im sin täcke ringeleht erklinget dem geliche, als er trage ein goller an. | dabei seine Ringeldecke klingelt, als ob er ein Halsband trüge. |
5. Übersetzung - Winterlied 13
I
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
---|---|
Wi überwinde ich beide | Wie soll ich beides überwinden, |
mîn líep únd die súmerzît? | mein Glück und die Sommerzeit? |
ine kan die wolgetânen schiere niht verklagen. | Ich kann diese Schönheit nicht vergessen. |
von sô grôzem leide, | Von so großem Leid, |
mir ríuwe âne vröude gît, | welches mir ohne Freuden Scherzen bereitet, |
trûre ich wol von schulden nû ze disen trüeben tagen, | trauere und klage ich nun in diesen trüben Tagen, |
di uns den winder kündent, der uns manger vröude roubet. | die uns der Winter verkündet hat, der uns jetzt unserer Freuden beraubt. |
sanges habent sich diu kleinen vogelîn geloubet: | Die kleinen Vögelein haben darauf verzichtet zu singen, |
alsô möhte ich wol mit mînem sange stille dagen. | daher möchte auch ich ablassen von meinem Gesang. |
II
Sol mich niht vervâhen | Soll mir |
mîn trôst únd mîn líeber wân, | mein Vertrauen und mein Hoffnung nichts nutzen, |
sô enweiz ich, waz genâden ich mich troesten mac. | so weiß ich nicht, auf was ich mich noch verlassen kann. |
wol mac ir versmâhen | Wohl mag sie meinen Dienst verschmähen, |
mîn díenést, den ích ir hân | den ich ihr |
lange her geleistet und des ie mit triuwen phlac. | seit langem geleistet habe und mit Zuverlässigkeit pflegte. |
alsô phlaege ichs immer gerne, möhte ich des geniezen, | So pflegte ich es immer gerne, das möchte ich genießen, |
sô daz mich die dörper mínes lônes iht verstiezen. | sodass mir die Bauern meinen Lohn nicht ausschlagen. |
des ist Uoze grîfic und sîn rûher schavernac. | Das ist der der gierige Uoze mit seinem Schabernak. |
III
Engelwân und Uoze | Engelwan und Uoze, |
die zwênè sint mír geház | diese zwei hassen mich |
(schaden unde nídes muoz ich mich von in versehen) | Auf Schaden und Neid muss ich vorbereitet sein. |
und der geile Ruoze: | Und der tolle Ruoze: |
wie tíuwèr er sích vermáz, | wie teuer er sich gab, |
der bestüende mich durch sí! die drîe widerwehen | der forderte mich durch sie heraus! Die drei Widersacher |
râtent unde brüevent, daz ich ane lôn belîbe. | versuchten alles, dass ich nicht zu meinem Lohn komme. |
niht envolge ir lêre, vrouwe, liebist aller wîbe! | Folge nicht ihren Worten, Herrin, schönste aller Frauen! |
lone mîner jâre; lâz in leit an mir geschehen! | Belohne mich für die Jahre, lass mir kein Leid zukommen. |
IV
Vrouwe, dîne güete | Herrin, deine Güte, |
di erkénne ìch sô mánicvált, | die sich mir prachtvoll offenbart, |
daz ich liebes lônes von dir noch gedingen hân. | dass ich deine Liebe als Lohn fest und sicher glaubte. |
daz mich ie gemüete, | Ich war besorgt, |
die spränzlér und ír gewált, | durch die Bauern und ihre Gewalt, |
daz was mit den bluomen hin. nu wil mir Engelwân | waren die Blumen dahin. Nun will mir Engelwan |
dîne hulde verren: daz im müeze mísselingen, | deine Huld vorenthalten: Das soll ihm so misslingen, |
sô daz hundert swert ûf sînem kophe lûte erklingen! | dass hundert Schwerter an seinem Kopf erklingen mögen! |
snîdent sî ze rehte, sî zerüttent im den spân. | Schneidet sie zurecht, zerstört ihm seine Glieder! |
V
Seht an Engelwânen, | Seht euch Engelwan an, |
wie hôhe ér sîn hóubet tréit! | wie eingebildet er doch ist! |
swanne er mit gespannem swerte bî dem tanze gât, | Wenn er mit gespanntem Schwert zum Tanze geht, |
sô ist er niht âne | dann bläst er sich auf, |
der vlaemìschen höveschéit, | in seiner flammländischen Ritterlichkeit, |
dâ sîn vater Batze wênic mit ze schaffen hât. | da sein Vater Batze wenig mit ihm am Hut hat. |
nu ist sîn sun einoeder gouch mit sîner rûhen hûben: | Nun ist sein Sohn ein eitler Narr mit einer rauen Mütze, |
ich gelîche sîn gephnaete ze einer saten tûben, | Sein Getue ähnelt einer satten Taube, |
diu mit vollem krophe ûf einem korenkasten stât. | die mit vollem Kropfe auf dem Getreidespeicher sitzt. |
VI
Swer in siner tougen | Wer je insgeheim |
ie liep ode leit gewan, | Liebe oder Leid gewann, |
dem sint mine sorgen und min kumber wol bekant. | dem sind mein Kummer und meine Sorgen wohlbekannt. |
sit ich minen ougen | Seitdem ich meine Augen |
den stic niht verbieten kan, | den Stich nicht verbieten kann, |
si enblicken hin, da Rouze tanzet an ir hant, | so erblicken sie, wie Rouze mit ihr tanzt. |
so verlaze ich kume, deich mich selben niht enroufe: | Da kann ich mich kaum beherrschen, dass ich mich nicht zusammenraufe: |
solhen wehsel nement, die da minnent, an ir koufe. | Solch einen Wechsel nehmen die, die einen Minnedienst erwerben, in Kauf. |
Minne, la mich vri! mich twingent sere diniu bant. | Minne, lass mich frei! Deine Fesseln halten mich gefangen. |
VII
Minne, dine snüere | Minne, deine Bande, |
die twingent daz herze min, | die mein Herz einschnüren, |
daz ich han ze strite wider dich deheine wer. | dass mich im Streit gegen dich völlig wehrlos macht. |
swie verholne ich rüere | Wie verborgen ich |
den zimbel der zelle din, | die Glocke in deinem Haus anschlage, |
so bin ich betwungen des, daz ich dir hulde swer. | so bin ich gezwungen, dir zu huldigen. |
vrouwe Minne, din gewalt ist wider mich ze strenge; | Herrin Minne, deine Gewalt gegen mich ist zu stark, |
küneginne, diner ungenade niht verhenge, | Königin, lass deiner Ungnade nicht freien Lauf, |
daz si mich verderbe! ja ist si über mich ein her. | sodass sie mich verdirbt! Ja, sie ist Herr über mich. |
6. Übersetzung - Winterlied 1
I
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
---|---|
Winder, uns wil din gewalt | Winter, deine Gewalt will uns |
in die stuben dringen | in die Stuben dringen |
von der linden breit: | von der großen Linde weg. |
dine winde die sint kalt. | Deine Winde, die sind kalt. |
lerche, la din singen! | Lerche, lass dein Singen! |
dir hat widerseit | Dir haben zugesetzt; |
beide rife und ouch der sne; | beide, Reif und auch der Schnee; |
du muost stille swigen: | Du musst still schweigen: |
so klag ich den grüenen kle. | so beklage ich den grünen Klee. |
meie, ich wil dir nigen; | Mai, ich will mich vor dir verneigen, |
mir tuot der winder we. | mir tut der Winter weh. |
II
Tanzet, lachet weset vro! | Tanzt, lacht, seid froh! |
daz zimt wol den jungen | Das passt wohl den Jungen |
disen winder lanc. | in diesem langen Winter. |
iu ze stiuwer gibe ich so | Als Steuer gebe ich dazu |
hiwer von miner zungen | dieses Jahr, von meiner Zunge, |
einen niuwen sanc, | einen neuen Gesang, |
daz ir ane swaeren muot | damit ihr ohne schweres Gemüt |
vreude mugt erbiten. | Freude erwarten könnt. |
Engelmar, din stube ist guot: | Engelmar, deine Stube ist gut: |
küele ist an der liten. | kühl ist es an dem Berghang. |
der winder schaden tuot. | Der Winter richtet Schaden an. |
III
Etzel, Ruoze und Adelber | Etzel, Ruoze und Adelber |
und der geile Rüele | und der übermütige Rüele |
zesamen hant gesworn | haben sich alle verschworen |
alle uf einen dörper her: | gegen einen Dörper: |
derst von Witenbrüele | Der ist von Witenbrüele |
und brüevet grozen zorn. | und hegte großen Zorn. |
daz enkunde ich e noch sit | Das erfuhr ich, doch konnte |
nie voltagedingen | nie schlichten. |
Rüele enwolte enwiderstrit | Rüele wollte um die Wette |
an dem reien springen: | beim Reigentanz springen: |
daz was Lanzen nit. | da wurde Lanze wütend/fuchsteufelswild. |
IV
Lanzen einen treien treit, | Lanzen , |
diu ist von barchane, | der ist aus Barchan, |
grüene also der kle. | grün so wie der Klee. |
ze wige hat er sich bereit: | Er hat sich auf den Streit vorbereitet: |
er lebet in dem wane, | Er lebt in dem Glaube, |
daz im niht widerste. | dass ihm nichts widersteht. |
dar in er gesteppet hat | Da er es gepolstert hat, |
ein guot isnin hemde | ein gutes eisernes Hemd. |
limmende als ein ber er gat; | Knurrend wie ein Bär geht er, |
guot muot ist im vremde. | ein guter Wille ist ihm fremd. |
erst kint, der in bestat. | Er ist ein Kind (einfältig), der ihn bestätigt |
IVa
Lanze der hat noch die frünt, | Lanze hat noch die Eigenschaft, |
die in niht enlazen, | die ihn nicht loslässt, |
swie gar er si ein kint. | zu sein wie ein Kind. |
dri han ich iu schiere gekünt, | Drei habe ich gleich erkannt, |
die im uf der strazen | die ihm auf der Straße |
bigestendic sint: | beigestanden sind. |
Isenbolt und Isenhart | Isenbolt und Isenhart |
und der junge Vrite. | und der junge Vrite. |
Rüele der wart nie so zart, | Rüele, der war nie so vertraut. |
er waer an dem strite | Er wurde bei dem Streit |
ze verhe wol bewart. | wohl verschont. |
IVb
So laz wirs vehten umb den lip. | So lassen wir das Streiten um den Mensch. |
und ge wir zuo dem tanze: | Und wir gehen zu dem Tanz: |
da spring wir schone enbor. | Dort springen wir schön empor. |
nu wol uf, meide und jungiu wip, | Nun wohl auf, Mädchen und junge Weiber, |
Afra, Englin, Franze, | Afra, Englin, Franze, |
diu wil uns singen vor. | die wollen uns vorsingen. |
Metze beit..... | Metze zögert..... |
und kumet Adelheite | und kommt Adelheit |
und über ..... Engellint | und über ..... Engellint |
und Irmengart gemeite, | und die fröhliche Irmengart, |
daz sint gar schoeniu kint. | das sind gar schöne Mädchen. |
7. Übersetzung - Winterlied 27
I
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
---|---|
Mirst von herzen leide, | Es tut mir von Herzen leid, |
daz der küele winder | dass der kühle Winter |
verderbet schoener bluomen vil: | die so zahlreichen, schönen Blumen verdirbt. |
so verderbet mich ein senelichiu arebeit. | Auch mich verdirbt eine Sehnsucht. |
dise sorge beide | Diese beiden Sorgen |
dringent mich hin hinder | drängen mich zurück |
ze ende an miner vreuden zil. | zum Ende meiner Freuden Ziel. |
owe, daz diu guote mit ir willen daz vertreit, | Ach owe, dass die Gute das mit ihrem Willen vertritt, |
sit si wol geringen mac | vermag sie doch |
alle mine swaere! | alle meine Leiden zu lindern! |
hei, gelebte ich noch den tac, | Hei, erlebte ich noch den Tag, |
daz si gnaedic waere! | an dem sie mir gnädig wäre! |
II
Swenne ich mich vereine | Immer wenn ich alleine bin, |
unde an si gedenke, | und an sie denke, |
waer inder wibes güete da, | würde die Frau Güte besitzen, |
diune haete sich so lange bi ir niht verholn. | die sich so lange nicht bei ihr erwerben ließ. |
sit si lonet kleine | Seitdem sie nur wenig meiner |
miner niuwen klenke, | neuen Klänge lohnt, |
wan mag ich dienen anderswa? | wann vermag ich woanders zu dienen? |
nein, ich wil mit willen disen kumber langer doln. | Nein, ich will für wahr diesen Kummer weiter ertragen. |
waz, ob noch ein saelic wip | Was, wenn noch eine anmutige Frau |
gar den muot verkeret? | nicht doch noch ihre Meinung ändert? |
vreu min herze und troeste den lip! | rfreue mein Herz und tröste meinen Körper! |
diu zwei diu sind geseret. | Diese zwei, die sind verwundet. |
III
Zuo dem ungemache, | Zu dem Unheil, |
den ich von ir lide, | das ich durch sie erleide, |
so twinget mich ein ander leit, | erdrückt mich noch ein anderes Leid, |
daz vor allem leide mich so sere nie betwanc, | das mich vor allen anderen noch nie so bedrängte, |
swiech dar umbe lache | wenn ich auch darüber lache, |
und gebare blide: | und mich gebührend benehme, |
mir hat ein dörper widerseit | widersetzt sich mir doch ein Dörper |
umb anders niht wan umbe den minen üppeclichen sanc. | wegen nichts weiter als meinem prachtvollen Gesang. |
derst geheizen Adeltir, | Der heißt Adeltier, |
bürtic her von Ense, | gebürtig aus Ense. |
zallen ziten drot er mir | Allzeit droht er mir |
als einer veizten gense. | wie einer gemästeten Gans. |
IV
Hiwer an einem tanze | Neulich bei einem Tanz |
gie er umbe und umbe. | ging er umher. |
den wehsel het er al den tac: | Den Wechsel machte er den ganzen Tag: |
glanziu schapel gap er umbe niuwiu krenzelin. | glänzenden Kopfschmuck und neue Kränze gab er umher. |
Etzel und Lanze, | Etzel und Lanze, |
zwene knappen tumbe, | zwei törichte Knappen |
die phlagen ouch, des jener phlac. | taten auch das, was er tat. |
Lanze der beswaeret ein vil stolzez magedin: | Lanze, der belästigte ein sehr stattliches Mädchen: |
eine kleine risen guot | ein zartes Band, |
zarte er ab ir houbet, | riss er ihr von ihrem Kopf, |
dar zuo einen bluomenhuot: | dazu noch einen Blumenkranz: |
wer het im daz erloubet? | Wer hat ihm das erlaubt? |
V
Owe siner hende! | Wehe seinen Händen! |
daz si sin verwazen! | Sie sollen verflucht sein! |
die vinger müezen werden vlorn, | Die Finger müsste er verlieren, |
da mit er gezerret hat den schedelichen zar! | da er mit ihnen den Kranz an sich gerissen hat! |
hiete er ir gebende | Hätte er ihr Band |
ungezerret lazen, | unversehrt gelassen, |
daz kränzel hiete ouch si verkorn. | hätte sie den Kranz noch verkraften können. |
er ist ungevüeger danne wilen Engelmar, | Er ist noch ungestümer, als es einst Engelmar war, |
der gewalticlichen nam | der gewaltsam den |
den spiegel Vriderune, | Spiegel Friederuns an sich riss. |
des bin ich dem dörper gram, | Aus diesem Grund |
dem selben Walberune. | bin ich zornig auf die Dörper. |
VI
Dise alten schulde | Diese alte Schuld, |
wecket mir diu niuwe: | weckt in mir die neue: |
ez hat ein geiler getelinc | Es hat ein übermütiger Geselle, |
hiwer an mir erwecket, swaz mir leides ie geschach. | erneut das Leid in mir erweckt, mir bereits geschah. |
e ichz langer dulde, | Eh ich es länger erdulde, |
set des mine triuwe, | nehmt mich bei meiner Ehre, |
gespringe ich zuo zim in den rinc, | springe ich zu ihm in den Ring. |
er bestat sin buoze, daz er ir ze vrouwen jach, | Er wird büßen, die Dame zu beanspruchen, |
der ich lange gedienet han | der ich lange |
der mit ganzer staete! | und stetig gedient habe! |
wolde er si geruowet lan, | Würde er sie in Ruhe lassen, |
wie rehte der danne taete! | wie richtig er damit läge! |
VII
We, waz hat er muochen! | Weh, was bildet er sich ein |
si kumt im niht ze maze. | Sie ist viel zu gut für ihn. |
zwiu sol sin pineclich gebrech? | Was soll sein peinliches Geplärre? |
im enmac gehelfen niht sin hovelich gewant. | Ihm vermag auch nicht sein höfischer Aufzug zu helfen. |
er sol im eine suochen, | Er soll sich eine suchen, |
diu in werben laze. | die es zulässt, von ihm umworben zu werden. |
diu sinen roten buosemblech | Sein roter Brustpanzer, |
diu sint ir ungenaeme gar, dar zuo sin hiufelbant. | ist ihr unangenehm, genauso wie seine Hochnäßigkeit. |
enge ermel treit er lanc, | Enge, lange Ärmel trägt er, |
die sint vor gebraemet, | vorne mit perlen, |
innen swarz und uzen blanc. | innen schwarz und außen weiß. |
mit siner rede er vlaemet. | Er flämelt, wenn er redet. |
VIIa
Siner snüere strangen | Seine langen Schüre |
tengelnt an den orten: | hängen an den Enden: |
da hanget wunder pfeffers an, | da sind besondere Gewürze: |
muscat, negele, pfawenspiegel: dest der dörper glanz. | Muskat, Nelken, Pfauenkraut: das ist der ganze Stolz der Dörper. |
er wil überdrangen | Er will ein Mädchen |
ein meit mit süezen worten, | mit süßen Worten überwältigen. |
des im doch niht gehelfen kan | Dabei kann ihm jedoch sein |
sin üppiclich gewant und dar zuo sin vil waeher swanz. | prachtvolles Gewand und seine wehende Schleppe nicht helfen. |
ein vil guotez linin tuoch, | Aus einem sehr guten Leintuch, |
sehzehn elen kleine, | sechzehn Ellen klein, |
hat sin hemde und ouch sin bruoch: | ist sein Hemd und auch seine Hose: |
der site ist ungemeine. | die passen nicht zusammen. |
VIIb
Her Nithart, mugt irz lazen? | |
iu mac misselingen. | |
nu habt ez uf die triuwe min. | |
und mag ich, ez muoz iu bi dem tanze werden leit! | . |
welt ir uf der strazen | |
vil mit uns gedringen, | |
swie breit ab iuwer multer sin, | |
da gelpfe schinet under iuwer ringelehte pfeit, | |
und sult ir sin der tiuvel gar | |
mit iuwerm glitzeden huote, | |
zware ich mache in bluotes var | |
mit minem swerte guote. |
VIIc
"Nu dar, ziere gesellen, | |
nu stat mir algeliche, | |
helfet, daz wir in bestan, | |
der uns bi dem tanze mit gemache niht enlat! | |
ich truwe in wol ervellen", | |
so sprach Amelriche; | |
"die hant die muoz er mir hie lan, | |
da der spreckelehte vogel oben ufe stat, | |
und dar zuo den zeswen fuoz, | |
dar an der spore klinget. | |
ja geschaffe ich mir sin buoz, | |
daz er von uns niht singet." |
8. Übersetzung - c1
I
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
---|---|
Der swarcze dorn ist worden weis, | |
nun hat der maie seinen vleis | |
geleget an den anger, | |
gar zergangen ist der schne, | |
man siht hewer aber als ee | |
die liechten plumblein swanger, | |
der maie hat die veld gar schön beseczet | |
mit gamillen plumlein fein, | |
fro so singen die vogelein, | |
irs laids sind sie ergeczet. |
II
Da für ich lob die rainen weib, | |
der wolgetraut globter leib | |
kan pringen hoch gemüte. | |
die sich vor valsche hand behüt, | |
die lob ich für alles gut, | |
so wol dir, weibes gute! | |
weib, behalt dein er, das will ich dir raten, | |
durch dein frölich weiplich zucht, | |
weib, du auserwelte frucht, | |
la tüme minner braten! |
III
Nun sung ich gern der frawen mein, | |
so irret mich ein ander pein, | |
ich sahe die dörper raien | |
gar uppiglichen auf dem plan, | |
baide, frawen unde man, | |
die empfingen schön den maien. | |
her langer Lancze, daz sult ir mir rechnen, | |
darczu so clag ich euch, herr Pflug, | |
ir rechet mir diesen ungefug, | |
das in ir rücken brechen. |
IV
Ich kam dohin gein Zeisselmaur, | |
die fart ward mir eins tails zu sawer, | |
ich hört da fremde mere, | |
do fand ich einen lobetancz | |
und von rosen mangen krancz, | |
zergangen was mein swere. | |
ich zogt zu einem wirte, der was ziere, | |
des ward Engelmair gewar, | |
elen weit was im sein har, | |
da hin so eilt er schiere. |
V
zu vierczig gättelingen gut, | |
uppiglich stund in ir mut, | |
die tanczten bei der linden. | |
er sprach: "herr Neithart der ist hie, | |
der uns gespöttes nie erlie, | |
wol auf, das wir in finden. | |
ir solt euch keines argen gedencken, | |
ir get mir züchtiglichen nach, | |
auch seit zu fechten nicht zu gache, | |
wir sond im frolich schencken." |
VI
Vierczig käntelin mit wein | |
sie trungen in ein gertelein, | |
gar gros was ir geraisse: | |
"seit got wilkum, herr Neidhart, | |
euch sei geschenckt an diser fart." | |
ich saß in einem swaisse, | |
ich sprach: "ich pin dem Neidhart ungeleiche, | |
ich pin ein jeger, mir ist zorn, | |
ich hab die hunde sein verlorn, | |
des fursten von Osterreiche." |
VII
Engelmair in da gepot | |
bei dem leben an den todt, | |
das sie sich saczten alle. | |
so zuhant da schnackt man ein | |
den vil klaren osterwein, | |
den truncken sie mit schalle. | |
er sprach: "und wolt ir gogelfur erkennen, | |
so siczt und seit ein frolich man, | |
ich hilf euch mit gemach hin dan, | |
wolt ir mich nimer nennen." |
VIII
"Dir sei gelobet an die hant: | |
du wirst von mir nicht mer genant, | |
was ich will furbas singen, | |
und auch was ich gedichten kan, | |
du haist der ungenante man, | |
du solt frolichen springen, | |
und hais die öden schaiden aus dem garten." | |
"wol auf, ir herrn, wir sollen gan | |
gar zuchtiglichen auf den plan | |
und dienen frauen zarten." |
IX
Die verswunden so zuhant, | |
do bracht man mir ein gut gewant, | |
das must ich dannen furen. | |
darczu so gabns mir ein pfert, | |
das was wol dreissig pfunde werdt | |
und zeltet nach den schnüren. | |
des danckt ich schon den manen und den frawen | |
und rait daczu in auf den plan, | |
da mochten silben hundert stan, | |
die mich begunden schawen. |
X
Auf die rais so was mir gah, | |
mir ward ein michel kaffen nach | |
von liechten augen schöne. | |
Friderunen näckelin, | |
das gab fur die andern schein, | |
mit lob ichs imber kröne. | |
ich rait gein Wien und sagt die abenteure, | |
wie sie mir alle trügen has, | |
da ich in dem garten saß, | |
iedoch ward mir ir stewre. |
XI
Der herczog sandt gein Zeisselmaur, | |
er lie frei den selben pauer | |
und all sein hausgenossen. | |
des ward fro der Engelmar, | |
der mir half frölich von der schar | |
wol auf des reiches strassen. | |
und Engelmar will ich in nimer nennen, | |
er haist der ungenannte man, | |
der wol mit Friderunen kan, | |
ir mugt in wol erkennen. |