Agneslegende
Begriffsklärung
Ursprung der Agneslegende
Die Agneslegende aus der Legenda Aurea verfasst von Jacobus de Voragine ist überliefert aus den Jahren um 1264 und handelt zur Zeit Konstantins des Großen im Jahre 309 und erzählt die Geschichte von Agnes von Rom (* um 237; † ca. 250 in Rom), welche den Märtyrertod stirbt.
Bedeutung des Namen "Agnes"
Der Name Agnes stammt vom lateinischen „agna“ was soviel bedeutet wie „weibliches Lamm“. Auch gibt es eine Verbindung zum griechischen Begriff „(h)agnós“ was übersetzt „fromm“ bedeutet.
Das Leben der heiligen Agnes
Die heilige Agnes stammte aus einer römischen Adelsfamilie und war ein kluges, außerordentlich schönes und vor allem frommes Mädchen von hoher geistlicher Reife. Als sie eines Tages auf dem Heimweg von der Schule war, verliebte sich der Sohn des Präfekten in sie. Er versprach ihr unermessliches Reichtum, wenn sie die Heirat mit ihm einwillige. Agnes hingehen zeigte keinerlei Interesse und beschimpfte ihn als „Sündenzunder“. Im selben Zug schwärmte die junge Agnes von ihrem Zukünftigen, wessen Namen sie nicht nannte. Sie pries diesen förmlich an und hob besonders seine Tugenden, wie Schönheit, Tapferkeit und Seligkeit hervor. Auch sprach sie von besonderen Wohltaten, welche dieser vollbracht haben soll. Der Sohn des Präfekten war von diesen Worten niedergeschlagen und erkrankte vor Liebe. Sein Vater forschte dem Kummer seines Sohnes nach und fand heraus, dass die junge Agnes angab, Jesu Christi versprochen zu sein. Der Präfekt trieb die fromme Agnes erst mit schönen Worten, dann aber mit Drohungen in die Enge. Agnes aber lachte über diese Einschüchterung und blieb beständig in ihrem Glauben. Sie wurde daraufhin entkleidet und nackt in ein Bordell geführt. In diesem Moment entfaltete sich ihre Mittlerfunktion und sie wurde von Gott geschützt, indem dieser ihr die Haare so dicht und schnell am Körper herunter wachsen ließ, dass ihr nackter Körper verdeckt wurde. Als sie das Bordell erreichte, wartet dort schon ein Engel auf sie, der den Ort mit so viel Licht beleuchtete und Agnes ein schneeweißes Gewand bereithielt. Als der Sohn des Präfekten mit anderen jungen Leuten zum Bordell kam, forderte dieser sie auf vor ihm hineinzugehen. Die Jungen erschraken über das Wunder und kehrten betroffen zurück. Über das Verhalten seiner Wegbegleiter verärgert, trat der Sohn selbst hinein und wurde vom Teufel erwürgt. Als der Präfekt dies hörte, weinte dieser bitterlich und fehlte Agnes an seinen Sohn wiederzuerwecken. Daraufhin betete Agnes zu Gott, erweckte den Sohn zum Leben und predigte das Wort Christi. Als Hexe und Zauberin beschimpft, wird sie in ein Feuer geworfen. Dieses Feuer teilte sich jedoch und verbrannte das aufrührerische Volk stattdessen. Schlussendlich stieß Aspasius Agnes ein Schwert in die Kehle und weihte sie somit zur Märtyrerin.
Der Märtyrertod von Frauen
Im Gegensatz zu den männlichen Heiligen, erleiden Frauen in Legenden einen etwas anderen Märtyrertod. Dieser zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass die Jungfräulichkeit der Frauen genommen wird bzw. versucht wird, diese zu nehmen. Es ist die Furcht vor schamlosen Augen (impudici oculi), wie auch in der Legende der heiligen Barbara zu beobachten ist. Die Märtyrerinnen sind somit ständig in Gefahr ihre Keuschheit und damit auch die direkte Verbindung zu Gott zu verlieren. Der Verlust der Jungfräulichkeit und Keuschheit wird hierbei jedoch nicht ausschließlich durch einen köperlichen Missbrauch erfahren, sondern die Frauen erfahren oft eine gewaltsame Entblößung in Verbindung mit einer öffentlichen Vorführung, initiiert von heidnischen Widersachern. Ziel ist es, die Frau mit ihrem Körper bloßzustellen und sie somit von ihrer Reinheit und Jungfräulichkeit zu trennen. Die Entblößung gilt somit als eine Demütigung und meistens als Auftakt zur eigentlichen Strafe, beispielsweise der Vergewaltigung. Die Rettung erfolgt meist durch ein göttliches Verhüllungswunder. Der nackte Körper der Frauen wird durch unterschiedliche Art und Weise bedeckt, sodass die Heilige jungfräulich und rein bleibt, um das Martyrium sowie den Himmel unversehrt betreten zu können. Viele Märtyrerinnen folgen dem Beispiel vorausgegangener Heiligen und nehmen sich an deren Personen ein Beispiel, welchem sie nacheifern oder folgen. So erfolgt eine Nachahmung der ursprünglichen „imitatio“ Jesu Christis ebenfalls von Märtyrerinne zu Märtyrerinnen. So dient die heilige Agnes, der heiligen Konstantia als Vorbild in ihrem Martyrium.
Sexualisierung des weiblichen Körpers in Legenden
Der weibliche Körper der Märtyrerinnen wird oftmals in Legenden einer körperlichen Sexualisierung unterzogen. Die Nacktheit und Körperlichkeit der Frau fungiert hierbei als Symbol der Verführung, der Lust und der Sünde. Diese Sexualisierung wird der Märtyrerin als Strafe für ihre Treue und ihr unerschütterlicher Glaube zu Gott auferlegt. Die Nacktheit wird nicht als natürlicher Zustand gewertet, sondern führt dazu, dass das Opfer seiner sozialen Identität entkleidet wird. Die Transformation des Körpers durch das Eingreifen Gottes, in Form eines Verhüllungswunders, stellt folglich die Befreiung von Triebhaftigkeit dar. Dies sorgt für die Rückführung in einen Zustand der Einheit mit Gott.