Benutzer:Cenhinen

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Brandan-Legende

Bei der Erzählung vom Heiligen Brandan und seiner Meerfahrt handelt es sich um einen literarischen Reisebericht. Was bedeutet in diesem Zusammenhang ‚literarisch‘? Es geht nicht um die Darstellung geographisch-korrekter Routendetails, die Erzählung verfolgt ein ihr eigengesetzliches Ziel. Sie enthält Elemente aus unterschiedlichsten Erzähltraditionen: Besonders hervorsticht der altirische Texttypus Immram (Plural: Immrama) – Erzählungen von See- bzw. Schiffsreisen in die dem Menschen nur unter erschwerten Bedingungen zugängliche ‚Anderswelt‘. [1] Hinzukommt der Rückgriff auf antikes, orientalisches und christliches Erzählgut. Ebenfalls auffällig ist die Nähe zu Erzählmustern christlicher Legenden- und Visionsliteratur. [Haupt 1995: S. S. 322]

Die Erzählung gibt vor, dass ihr Protagonist Brandan mit der historisch verbrieften Person des Abtes und Klostergründers Brendan von Irland (gest. 577 oder 583) identisch sei. Die älteste Fassung der Erzählung stammt aus dem späten 10. Jahrhundert und wurde in lateinischer Sprache unter dem Titel ‚Navigatio Sancti Brendani Abbatis‘ (dt. Schifffahrt des heiligen Abtes Brendan) verfasst. Die Erzählung entwickelte sich zu einer der beliebtesten mittelalterlichen Erzähltraditionen im europäischen Raum, sie wurde in zahlreichen Volkssprachen nicht nur übersetzt, sondern auch in diverse Versformen abgewandelt, derzeit sind mehr als 120 Handschriften-Fassungen bekannt. [Haupt 1995: S. S. 322]

Für den deutschsprachigen Raum ist besonders die sogenannte ‚Reise-Fassung‘ relevant. Sie liegt in drei verschiedenen Überlieferungen vor. Alle drei gehen auf ein mittelfränkisches Original zurück, das jedoch nicht erhalten geblieben ist. [Haupt 1995: S. S. 322]

Anmerkungen

  1. Das Altirische kennt für die Anderswelt viele Namen, u.a. Tír na nÓg (Land der Junggebliebenen), Tír na hÓige (Land der Jugend), Tír Tairngire (Land der Verheißung), Tír fo Thuinn (Land unter der Welle), Mag Mell (flaches Land der Freude), Ildathach (vielfarbiger Ort), Emain Ablach (Insel der Apfelbäume).


Überlieferungssituation

xx

Inhaltsangabe

Navigatio Sancti Brendani Abbatis

Eine Erzählung in neunundzwanzig Kapiteln

1. Kapitel

Brendan wurde als Brendan mac Findlocha mac Alti (übersetzt: Sohn von Findlocha Sohn von Alti d.h. Findlocha ist sein Vater, Alti sein Großvater) geboren. Er entstammt dem Clan der Eoganacht (historisch verbrieftes Herrschergeschlecht des irischen Provinzkönigreichs Munster zwischen dem 5. und 10 Jahrhundert). Zu Beginn der Erzählung ist er bereits ein hochgeschätzter Mann, sein Leben hat er völlig dem Dienst Gottes gewidmet, er sieht sich als Streiter Christi, er lebt in strenger Askese und vollbringt Wunderheilungen. Er ist Abt eines großen Klosters, seiner Leitung unterstehen 3000 Brüder. Sein Kloster liegt in Clonfert, auch ‚Tal der Wunder Brendans‘ genannt. Eines Tages kommt sein Neffe Barrind mac Neill zu Besuch. Er ist gerade von einer eigenen Seereise zurückgekehrt. Barrind erzählt, dass Mernoc, ein Bruder seines Klosters, vor langer Zeit ausgezogen sei, um in Abgeschiedenheit eine kleine Filiatur (= Tochterzelle des Mutterklosters) auf der Insel Inis Cain (dt. Die Reizende) nahe der Sliabh Liacc (bekannte Steilklippen) zu gründen. Barrind habe die Brüder besucht und alles in bester Ordnung vorgefunden. Am nächsten Tag seiner Visitation habe Mernoc ihn mit auf ein kleines Boot genommen, in der Absicht, ihm die ‚verheißene Insel der Heiligen‘ zu zeigen. Dieses Land heiße so, weil es am Ende der Zeit die Wohnstätte aller Gerechten, ein Land für die von Gott Geliebten und Auserwählten sein werde. Sie seien gen Westen abgesegelt – und prompt in eine zähe, undurchdringbare Nebelwand geraten. Erst nach einer Stunde Fahrtzeit und ungewisser Strecke, die zurückgelegt wurde, habe plötzlich gleißend helles Licht einer Klinge gleich den Nebel geteilt, vor ihnen endlich klarer Blick auf ein weites, sehr fruchtbares und grünes Land… Ein Jahr lang habe er und seine Gefährten die Insel erkundet, bis ein Engel sie zurückschickte. Barrind nimmt Abschied.


2. Kapitel

Brendan kehrt zu seinen Brüdern zurück. Er wählt 14 von ihnen aus. Sie sollen ihn auf seiner Reise begleiten.


3. Kapitel

Die Brüder begehen ein vierzigtägiges Fasten, danach brechen sie auf.


4. Kapitel

Brendan und seine Gefährten ziehen in die Nähe von Brendans Geburtsstätte, besuchen dessen Eltern jedoch nicht. Auf einer Landzunge suchen sie sich einen Strand, auf dem sie sich niederlassen. Sie errichten ein großes Zelt, das genügend Platz für ihr Vorhaben bietet: Im Schutz der Zeltplane beginnen sie mit dem Bau ihres Boots. Das Boot wird nach Art des Landes gefertigt, es ist ein leichtes Boot, bestehend aus einem leichtem Holzgerippe, das mit vernähten Rindsledern bespannt wird. Die Nähte werden auf der Außenseite mit Fett bestrichen (wasserdichte Versiegelung). Ins Innere des Bootes legen sie so viel Rindsleder, wie für die zweimalige Erneuerung der Außenhülle nötig ist. In die Mitte des Bootes setzen sie Mast und Segel. Sie beladen ihr Boot mit Proviant für vierzig Tage.


5. Kapitel

Bevor sie aufbrechen wollen, kommen drei Nachzügler aus ihrem Kloster angelaufen. Die Mitbrüder werfen sich zu Boden und flehen, dass sie mit auf Reise gehen dürfen. Brendan erlaubt es, macht aber zugleich eine Voraussage: Einem der Drei wird es unterwegs gut ergehen, den anderen beiden jedoch nicht.


6. Kapitel

Brendan und seine nun 17 Gefährten segeln zunächst nach Norden, fünfzehn Tage lang. Dann kommt Wind auf, sie verlieren die Orientierung, vierzig Tage lang irren sie auf hoher See. Ihr Proviant ist aufgebraucht. Schließlich stoßen sie auf eine Insel, doch deren Küste besteht ausschließlich aus schroff abfallenden Steilklippen, es ist unmöglich zu landen. Drei Tage lang fahren sie die Küste entlang, am dritten Tag finden sie endlich eine Schneise im Felsen, gerade breit genug für ihr Boot, sie erreichen das Ufer. Ein Hund erscheint, legt sich zu Brendans Füßen nieder. Die Brüder folgen dem Hund und kommen zu einem menschenleeren, scheinbar verlassenen Palast. Sie finden gerichtete Betten und Waschschüsseln mit frischem Wasser, um sich die Füße zu waschen. In einem Saal steht eine gedeckte Tafel, es gibt reichlich Brot und Fisch. Die Wände des Saals sind mit kostbaren Gegenständen aus allen erdenklichen (Edel)Metallen geschmückt: Allerlei Gefäße, Becher, Teller, Schüsseln, Schalen, aber auch Ketten und versilberte Trinkhörner. Nachts werden die Brüder von einem Teufel in Gestalt eines schwarzen Jungen bedroht, Brendan kann ihn jedoch mit der Kraft seines Gebetes erfolgreich abwehren. Die Brüder verbringen drei Tage auf der Insel. Gestärkt durch die guten Speisen und den sicheren Schlaf brechen sie am dritten Tag auf.


7. Kapitel

Noch beim Aufbruch warnt Brendan die Brüder, keiner solle etwas von der Insel entwenden. Die Brüder weisen den Vorwurf entsetzt von sich, doch Brendan zeigt auf den Bruder, vor dessen Bett der schwarze Junge tanzte: Er habe besagte Kette, die Brendan zuvor in den Händen des schwarzen Jungen sah, gestohlen. Der ertappte Dieb reißt sich sein Diebesgut von der Brust und fleht um Gnade. Seine Brüder sollen für ihn beten. Alle Mitbrüder werfen sich sofort zu Boden und beten inbrünstig für sein Seelenheil. Aus der Brust des Diebes steigt plötzlich der schwarze Junge, er brüllt und tobt, seit sieben Jahren nun habe er in diesem Körper gewohnt, nun sei er durch die Macht des Gebetes gezwungen, seine Wohnstatt zu verlassen. Sein Gezeter nutzt ihm nicht, er muss gehen. Brendan offenbart dem geläuterten Dieb, dass er dennoch sterben werde: Seine reine Seele werde bald den zu lange fremdbesetzten Körper verlassen. Brendan spendet dem Totgeweihten ein letztes Mal das Sakrament der Eucharistie (Abendmahl). Der Dieb stirbt – seine Seele wird im Himmel aufgenommen, die Brüder begraben seine leere Hülle.


8. Kapitel

Ein junger Mann läuft ihnen bis zum Strand nach, überreicht einen Korb mit Proviant. Sie verlassen die Insel.


9. Kapitel

Sie stechen in See. Sie stoßen wieder auf eine unbekannte Insel. Diese Insel ist von zahlreichen Quellen übersät, in deren Wasserbecken viele Fische tummeln. Die Menge der Quellwasser ist gewaltig, ihre Ströme sind sehr stark. Hier feiern sie Gründonnerstag. Sie bleiben bis zum Karsamstag. Auf der Insel gibt es unzählige Schafe, sie sind größer als Rinder. Die Brüder wählen einen jungen und starken Widder als Opfertier aus. Sie schlachten den Widder zu Gründonnerstag. Ein plötzlich auftauchender Jüngling bringt ihnen Aschebrote. Der junge Mann ist gleichzeitig ein göttlicher Bote. Er teilt den Brüdern mit, dass er bereits wisse, wie lange sie auf der Insel blieben und wohin sie ihr Weg sie noch führen werde. Bis Karsamstag würden sie bleiben, die Nachtoffizien (Stundengebete die zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang verrichtet werden) und die anschließende Messe des Ostersonntags würden sie bereits auf der benachbarten Insel begehen.


10. Kapitel

Die Brüder brechen am Abend des Karsamstages auf. Sie erreichen die ‚Nachbarinsel‘. Das Wasser ist so seicht, dass selbst ihr kleines Boot aufläuft, mit vereinten Kräften müssen sie es an Land ziehen. Brendan weiß bereits, was seine Brüder erwartet, verrät jedoch nichts – stillschweigend bleibt er an Bord, verlässt das Boot nicht. Seine Brüder gehen an Land. Die Insel ist sehr felsig, es gibt keine Vegetation und auch keinen Sandstrand. Alle begehen ihre Messen und Gebete, die Brüder auf der Insel, Brendan im Boot. Die Brüder sammeln angeschwemmtes Treibholz und machen Feuer, sie wollen Fisch und Fleisch braten – plötzlich wogt die Insel auf und nieder wie ein lebendiger Leib. Die Brüder stürzen sich fluchtartig ins Wasser, Brendan zieht sie ins rettende Boot. Brendan klärt die Brüder auf: In einer nächtlichen Vision habe Gott ihm bereits gezeigt, dass es sich hier nicht um eine Insel, sondern um einen riesigen Fisch handelt.


11. Kapitel

Die Brüder segeln zur wirklichen Insel zurück. Sie gelangen an ihre westlichste Landzunge, an deren Ende, nur durch eine kleine Wasserstraße getrennt, eine weitere Insel liegt. Die Insel ist bedeckt von Wäldern, Wiesen und Blumen. Ein Fluss mündet ins Meer. Sie ziehen ihr Boot flussaufwärts und gelangen schließlich an seine Quelle. Brendan kündigt an, dass sie hier das Fest der Auferstehung (Ostersonntag) verbringen werden. Über der Quelle steht ein schöner Baum mit einer ausladenden Baumkrone. Darin sitzen leuchtend weiße Vögel. Die Vögel sind gestaltgewordene Geister, als himmlische Boten sprechen sie zu Brendan. Sie sagen ihm voraus, dass die Brüder bereits ein Jahr auf Reisen sind, dass ihre Reise aber noch sechs weitere Jahre andauern werde. Die Brüder würden denselben Reiseverlauf Jahr für Jahr aufs Neue durchleben, jedes liturgische Fest würde wieder am selben Ort begangen werden. Im Wechselgesang singen die Brüder und die weißen Paradiesvögel Lobhymnen Gottes. Ihr Flügelrauschen ist schon und traurig zugleich, wie eine eigene Melodie. Die Brüder bleiben bis zum achten Tag nach Pfingsten auf der Vogelinsel.


12. Kapitel

Die Brüder verlassen die Insel. Sie treiben ab, irren drei Monate lang auf hoher See, sie sehen nichts als das Wasser unter und den Himmel über sich. Dann stoßen sie wieder auf eine unbekannte Insel. Sie werden vom Wind abgetrieben, vierzig vergebliche Tage umkreisen sie die Insel, ohne anlanden zu können. Auf der Insel lebt eine brüderliche Gemeinschaft mit vierundzwanzig alten weisen Männern. Ihr Abt hat schlohweißes Haar, aus seinem Gesicht strahlen Wärme und Güte. Er ist der heilige Ailbe. Die fremden Brüder haben ein Schweigegelübde abgelegt, einzig für Speise, Gebet und Gesang öffnen sich ihre Lippen. Die Brüder leben bereits seit acht Jahrzehnten auf der Insel. Sie müssen nicht arbeiten, göttliche Dienstgeschöpfe bringen ihnen tägliche Nahrung. Auf der Insel gibt es eine Kirche, die außen und innen komplett aus Kristall besteht. Auch alle Gegenstände, die zur Messe gebraucht werden, sind aus Kristall. Sie hat einen quadratischen Grundriss. In ihrem Inneren befinden sich sieben Leuchter, deren Licht nicht von menschlicher Hand entzündet und nicht gelöscht werden muss: Ein blitzartiger Pfeil schießt durchs Fenster, entzündet die Lichter und verschwindet wieder. Die Lichter brennen die ganze Nacht, spenden den Brüdern bei ihren Nachtoffizien Licht und erlöschen im Morgengrauen wieder. Die Dochte der Lichter rußen nicht. Die Lichter verbrauchen kein Brennmaterial. Das geistige Feuer verzehrt sie nicht (vgl. die biblische Erzählung zu Mose und dem brennenden Dornbusch). Die Brüder verbringen auf dieser Insel die Weihnachtsfeiertage. Sie bleiben noch bis zum achten Tag nach Epiphanias (von altgriechisch epipháneïa, latinisiert epiphanīa ‚Erscheinung‘ – besser bekannt als Festtag ‚Heilige Drei Könige‘).


13. Kapitel

Die Brüder brechen auf. Sie erreichen eine Insel, in deren Mitte eine kristallklare Quelle sprudelt. In dem Quellbecken schwimmen viele Fische. Am Wasserrand wachsen viele essbare Kräuter, Pflanzen und Gemüse. Die Brüder speisen gut, begehen aber den Fehler, das wasser zu trinken: Wer einen Becher getrunken hat, schläft einen Tag lang, wer zwei Becher getrunken hat, schläft zwei Tage lang und wer drei Becher getrunken hat, schläft drei Tage lang. Der Schlaf an sich ist ungefährlich, keiner kommt zu Schaden. Sie verlassen die Insel gen Norden.


14. Kapitel

Im hohen Norden ist das Meer plötzlich geronnen (schwimmendes Eis?). Das Boot treibt zwanzig Tage lang umher. Westwind kommt auf.


15. Kapitel

Sie erreichen wieder die allererste Insel ihrer Reise, die erste Station ihrer zyklischen Route. Die Brüder bleiben dort, wie schon im letzten Jahr, von Gründonnerstag bis Karsamstag. Die Nacht von Karsamstag auf Ostersonntag verbringen sie wieder auf dem Rücken des Riesenfisches Iasconius. Dieser ist durch eine göttliche Fessel zum Stillhalten gezwungen, er kann nicht davonschwimmen. Den Ostersonntag begehen sie feierlich auf der eigentlichen Insel, die nahe bei Iasconius liegt (Insel mit den Riesenschafen). Danach gehen sie weiter zur Vogelinsel und feiern Pfingsten. Dann geht es zum Abt Ailbe und seinen Brüdern, die Weihnachtsfeiertage ziehen vorbei.


16. Kapitel

Sie stechen in See, sie fahren vierzig Tage lang. Plötzlich taucht hinter ihnen ein Seeungeheuer auf, die Brüder geraten in Panik. Brendan bleibt nachsichtig, dass seine Brüder so wenig Gottesvertrauen an den Tag legen. Er betet – prompt erscheint ein zweites Seeungeheuer, dieses verwickelt ersteres in einen wilden Kampf. Das kleine Boot mit den Mönchen scheint vergessen. De Brüder sind gerettet. Das zweite Ungeheuer tötet das erste. Später finden die Brüder den angespülten Kadaver am Strand, sie zerlegen ihn fröhlich, das Fleisch reicht für mehrere Monate.


17. Kapitel

Sie erreichen erneut eine ihnen unbekannte Insel. Drei Gruppen von Männern unterschiedlichen Alters leben dort: Sehr junge Männer, Männer mittleren Alters und alte Männer. Sie gehen auf und ab, singen dabei Psalmen und Loblieder. Die erste Gruppe trägt weiße Dalmatiken (lat. vestis dalmatica „aus Dalmatien stammendes Gewand“ = liturgisches Gewand, ähnlich einer langärmeligen und bis übers Knie fallenden Tunika), die zweite Gruppe trägt blaue Dalmatiken und die dritte Gruppe trägt rote Dalmatiken. Die Insel ist merkwürdig flach, sie ragt kaum über das Meeresniveau hinaus. Es wachsen keine Bäume, dafür sehr zahlreiche seltsame runde Früchte mit sehr viel Saft und weißem oder pinkem Fruchtfleisch (Melonen?). Einer der Brüder, die Brendan zu Beginn der Reise nachgelaufen kam, bleibt auf der Insel. Er wird von der dortigen Bruderschaft in Ehren aufgenommen.


18. Kapitel

Auf hoher See kommt ein riesiger Vogel angeflogen, in seinem Schnabel trägt er eine Weintraube, deren Beeren groß wie Äpfel sind. Die Brüder freuen sich, sie haben wieder Nahrung. Die Beeren reichen für 12 Tage. Drei Tage lang müssen sie fasten. Nach fünfzehn Tagen erreichen sie schließlich die Insel, auf der die ungewöhnlich großen Reben wachsen. Sie können sich selbst bedienen. Auf der ganzen Insel weht ein zarter Duft wie von Granatäpfeln. Brendan entdeckt sechs Quellen, auch für Frischwasser ist gesorgt. Sie bleiben vierzig Tage auf der Insel. Dann brechen sie wieder auf.


19. Kapitel

Auf offenem Wasser kommt plötzlich ein Greif geflogen. Die Brüder schreien panisch, der Greif sei gekommen, um sie alle aufzufressen. Der Greif krümmt die Krallen, streckt sich gierig nach den Leibern, er streckt bereits die Krallen nach ihnen aus, da kommt der Vogel, der ihnen zuvor die Rebe brachte, geflogen und stürzt sich auf den Greif. Ein Kampf entbrennt. Der Vogel tötet den Greif. Die Brüder sind gerettet.


20. Kapitel

Sie erreichen die Insel von Abt Ailbes. Sie feiern Weihnachten.


21. Kapitel

Die Brüder sind wieder an Bord. Sie begehen gerade das Fest des heiligen Apostels Petrus (ein sogenanntes ‚Hochfest‘ im Kirchenjahr, auch bekannt als ‚Peter und Paul‘, seit dem 6. Jh. am 29. Juni gefeiert). Plötzlich wird das Meer glasklar, sodass die Brüder bis auf den tiefsten Grund blicken können. Tief unten im Sand liegen die verschiedensten Ungeheuer. Sie fühlen sich von Brendan Messgesang angezogen und kommen an die Wasseroberfläche. Wie gebannt lauschen sie seiner Stimme, verhalten sich völlig friedlich. Nachdem wieder Stille eingetreten ist, verschwinden sie.


22. Kapitel

Die Brüder sind wieder auf hoher See unterwegs. Eines Tages sehen sie eine riesige Säule, die mitten im Meer steht. Die Säule erscheint ganz nah – doch die Wahrnehmung täuscht, sie brauchen drei weitere Tage, um die Säule zu erreichen. Die Säule ist so hoch, dass man vom Boot aus unmöglich ihre Spitze ausmachen kann, die Säule reicht bis in die Wolkenkrone des Himmels. Die Säule selbst besteht aus glasigem Kristall, sie ist von einem silberschimmernden Netz umgeben, der Zwischenraum zwischen Netz und Säule beläuft sich auf etwa eine Meile. Die Mönche können nicht feststellen, aus welchem Material das Netz besteht, es ist ihnen völlig unbekannt, sie staunen jedoch sehr über seine ungewöhnliche Härte, es ist so hart wie Marmor, besitzt also keinerlei Ähnlichkeiten mit Seilen oder Tauen. Die Maschen des Netzes sind so weit, dass ihr kleines Boot hindurchfahren kann. Brendan befiehlt den Brüdern, alle Ruder, Segel und Mast einzuholen. Sie legen sie flach ins Boot. Stattdessen greift nun ein jeder beherzt ins Netz, Masche für mache ziehen sie sich daran vorwärts. Das Meer im Zwischenraum ist gläsern, klar und vollkommen durchsichtig. Erstaunt bewundern sie die Säule, wie sie sich unter der Wasseroberfläche fortsetzt, auch das umgebende Netz läuft unter Wasser weiter. Sie blicken bis auf den Meeresgrund, betrachten den Sockel der Säule. In Brendan erwacht der Forschergeist: Er nimmt Maß. Zunächst bei der kleinsten Einheit, der Masche, ihre quadratische Öffnung misst von Knotenpunkt zu Knotenpunkt vier Ellen. Danach arbeiten sie sich stundenlang weiter, Brendan zählt Masche um Masche, sie brauchen insgesamt vier Tage. Brendan kommt zu dem Ergebnis, dass die Säule vierseitig ist und das jede Seite exakt tausendvierhundert Ellen misst. Auf der letzten Seite stoßen sie auf eine kleine Nische, die in die vierkantige Säule eingelassen ist: darin befinden sich ein Kelch und eine Schale, beide Objekte sind aus demselben silbrig-marmorharten Material wie das Netz. Brendan erkennt, diese Geschenke stammen von Gott. Dankbar nimmt er sie an sich, er wird sie zukünftig als Beweisstücke für ihre wundersame Reise vorzeigen können. Sie schlängeln sich zurück durchs Netz und sind wieder auf offenem Meer unterwegs.


23. Kapitel

Nach acht Tagen erblicken sie von Weitem eine Insel, deren Anblick Brendan größte Sorge bereitet, er weiß bereits, dass ihnen Übles bevorsteht, doch der Wind steht ungünstig, gegen ihren Willen treiben sie darauf zu. Die Insel ist kahl, trostlos, besteht aus nacktem Gestein und ist von einer seltsamen Schlackeschicht bedeckt. Über allem schallt ein dumpf-hohles Dröhnen, ein rhythmisches Schlagen und Pochen, Hämmern und Klopfen… Plötzlich werden sie von einem der Inselbewohner entdeckt, der zurückläuft in seine Behausung und wiederkehrt mit weiteren Genossen. Sie werfen glühende Brocken, die sie mit Zangen aus ihren Schmiedefeuern geholt haben, ins Wasser, verfehlen nur knapp das Boot. Ringsum beginnt das Wasser zu kochen. Die Brüder entkommen nur mit Mühe und Not.


24. Kapitel

Am nächsten Tag taucht im Norden ein hoher kegelförmiger Berg auf, er steht mitten im Meerwasser, seine gerundeten Bergflanken sind pechschwarz und ragen wie senkrecht-glatte Wände empor, seine Spitze entschwindet weit oben in den Wolken, das Ende ist kaum auszumachen. Wie aus einem Schlot quillt Rauch und heißer Dampf. Die Beschreibung lässt auf einen Vulkan schließen. Ein schrecklicher Wind kommt auf, in rasender Geschwindigkeit treibt er das Boot auf die Insel zu, die Brüder sind absolut machtlos, können nichts dagegen tun. Ihr Boot läuft im flachen Sand auf. Einer der Brüder, die ehedem Brendan nachgelaufen kamen, geht an Land. Er wird von einer Meute Dämonen gepackt und verschleppt, den restlichen Brüder gelingt die Flucht.


25. Kapitel

Die Brüder fahren sieben Tage lang strikt gen Süden. Da entdecken sie eine Gestalt auf einem Felsen ähnlich einem sitzenden Menschen. Sie kommen näher, stellen fest, dass es sich tatsächlich um einen Menschen handelt. Der Mann ist schrecklich hässlich und ungepflegt. Er sitzt auf dem sturmumtosten Felsen, die Wellen stürzen mit Brachialgewalt auf ihn ein, ziehen sich zurück, brechen wiederholt an seinem Körper. Der Mann gibt sich als Judas zu erkennen. Die Brüder sind entsetzt, er müsse doch schreckliche Schmerzen erleiden. Der Mann wiegelt ab, dass hier sei die Erholung von der eigentlichen Strafe. Normalerweise schmorrt er im Höllenfeuer, an Festtagen wird ihm jedoch die Abkühlung im Meer gestattet, so wie heute, es ist Sonntag. Judas fürchtet sich schrecklich vor den Qualen, die ihn am kommenden Sonnabend wieder erwarten – er fleht Brandan um Hilfe an. Brandan solle im Gebet für ihn einstehen und um eine Nacht Aufschub bitten, erst im Morgengrauen sollen ihn die Schergen zurückfordern dürfen. Brandan und die Brüder beten, alles geschieht so wie sie es erbeten haben, die Dämonen sind fuchsteufelswild, dürfen Judas aber in dieser Nacht nicht anrühren.


26. Kapitel

Die Brüder rudern weiter nach Süden. Sie stoßen auf eine kleine, kreisrunde und flache Insel. Dort begegnen sie dem Eremiten Paulus, der bereits neunzig Jahren auf dieser Insel lebt. In den ersten dreißig Jahren brachte ihm noch ein von Gott beauftragtes Tier (ein Otter!) Fische und Brennholz, in den letzten sechzig Jahren lebte er bereits völlig ohne Nahrung, er trinkt ausschließlich Wasser aus einer heiligen Quelle. Der Eremit trägt keine Kleidung, dennoch ist sein Körper vollkommen bedeckt – mit Haar! Schlohweißes Haar bedeckt jeden Zentimeter seiner Haut, nur sein Gesicht ist noch zu erkennen. Vor seiner Ankunft auf der Insel lebte er bereits fünfzig Jahre lang im Kloster seines Abtes Sankt Patrick. Der Eremit ist also bereits hundertvierzig Jahr alt.


Vergleich: Navigatio Sancti Brendani Abbatis vs. Reise-Fassung

lat. Navigatio Sancti Brendani Abbatis mhd. Reise-Fassung
Reise-Motivation Mündlicher Reisebericht von Barinthus (Neffe von Brendan): Barinthus erzählt seinem Onkel Brendan, dass sein Mitbruder Mernoc ihm eine Insel namens ‚Das Land der Verheißung der Heiligen‘ gezeigt hat. Brendan ist sofort Feuer und Flamme, er will besagte Insel mit eigenen Augen sehen. Brandan verbrennt mutwillig ein Buch, dessen Inhalt er für unglaubwürdig hält.

Gott tadelt ihn für sein vorschnelles Handeln: Das Buch habe nichts als die Wahrheit berichtet.

Zur Sühne muss Brandan auf Reisen gehen, all die (nur gelesenen) Abenteuer selbst erleben und das Buch ähnlich einem fortlaufenden Reisetagebuch neu schreiben.

Anzahl der Reisenden Brendan
+ 14 Mitbrüder (2x7)
+ 3 Nachzügler
Brandan
+ 12 Mitbrüder
Bauart des Schiffes leichtes Holzkonstrukt, mit (butter)gefettetem Leder überzogen = Irisches Curragh? ein großes Schiff, dessen Holzkorpus mit eisernen Bändern umgürtet wird (Wortlaut der Erzählung: „nach der Art von Noahs Arche“ [Hahn; Fasbender 2002: S.115])

sogar eine Kapelle findet Platz

im Reisegepäck befinden sich allerhand Reliquien

Dauer der Reise 7 Jahre 9 Jahre
Struktur des Reiseverlaufs Feiertage im Kirchenjahr legen die Zwischenstationen an bestimmten Orten fest = zyklisch

Auffällige Parallelen zur Gattung: peregrinatio / Legende

willkürliche Aneinanderreihung abenteuerlicher Episoden = linear

Auffällige Parallelen zur Gattung: âventiure / höfischer Roman (vgl. auch Alexanderroman)

Zweck der Reise konkretes (lokalisierbares?) Ziel:

‚Die verheißene Insel der Heiligen‘ /
Wortlaut im lateinischen Original: terra repromissionis sanctorum

„symbolische Lebensfahrt zur himmlischen Heimat“ [Haupt 1995: S.323]

Der Weg ist das Ziel

Brandan soll die Wunder Gottes mit eigenen Augen sehen und begreifen lernen = Erkenntnis der Größe Gottes

Die Wunder Gottes sind unbegrenzt in ihrer Anzahl

Die Reise könnte stetig fortgesetzt werden

„Weltoffenheit“ [Haupt 1995: S.323]
unbegrenzte Neugier
Walter Haug: „Hinwendung zur Welt“ [Haupt 1995: S.324]


Begegnung mit dem Monströsen

Welche (potentiellen) Monster tauchen auf?

Navigatio Sancti Brendani Abbatis

Teufel in Jungengestalt
Im 6. Kapitel legen sich die Brüder erschöpft in die Betten, die sie vorgefunden haben. Alle bis auf Brendan schlafen ein. Da sieht Brendan plötzlich einen dunkelhäutigen Jungen vor dem Bett des Bruders auf und ab hüpfen, dem Brendan zuvor ein übles Schicksal vorausgesagt hatte. Brendan erkennt sofort: Die kindsgroße Gestalt sieht zwar menschlich aus, ist aber teuflischer Natur. In Händen schwenkt der schwarze Junge triumphierend eine Kette. Brendan springt aus seinem Bett, fällt auf die Knie und betet inbrünstig um Schutz für seine Brüder. Die ganze Nacht hält er betend Wache.


Riesenschafe
Im 9. Kapitel begegnen die Brüder staunend einer Schafrasse, die eine erstaunliche Größe erreicht: Die Tiere werden größer als Rinder. Sie wundern sich, fragen nach Erklärungen. Ein göttlicher Bote löst das Rätsel: Die Schafe würden nicht gemolken, außerdem sei der Winter so mild, dass die Tiere Tag und Nacht auf den Weiden bleiben könnten, sie könnten ihr Futter also ungestört in Wachstum verwandeln. Die Schafe sind in ihrer Größe zwar ungewöhnlich, aber nicht gefährlich: Sie sind in ihrer Natur sogar sehr rein und schön, sodass Brendan eines von ihnen als Opfertier auswählt.


Riesenfisch ‚Jasconius / Iasconius‘
Im 10. Kapitel verbringen die Brüder die Nacht von Karsamstag auf Ostersonntag auf einer vermeintlichen Insel. Bereits die Anladung gestaltet sich schwierig, weil das Wasser sehr schnell flach wird und sogar ihr kleines Boot mit kaum Tiefgang aufläuft. Am Ufer gibt es keinen Sand. Auf der gesamten Insel wächst nichts, die Brüder müssen sich mit Treibholz für ihr Lagerfeuer behelfen. Überhaupt ist die vegetationslose Oberfläche karg, rau und sehr felsig. Das Rätsel löst sich, als die ‚Insel‘ sich wellenförmig auf und ab wölbt, wie von brennendem Schmerz gezwickt: Die Brüder stehen auf dem Rücken eines gigantischen Fisches, das Feuer hat seine Haut verbrannt. Brendan erklärt ihnen später, dass dieser Fisch ständig versuche, Kopf und Schwanzflosse zusammenzubringen, es aber nicht schaffe. Daraus ergibt sich wohl eine ringförmige Struktur, die an ein Inselatoll gemahnt, aber keines ist. Der Fisch wird jedoch nicht als gefährlich beschrieben, nach ihrem ersten Schrecken erholen sich die Brüder rasch und sind neugierig, mit was sie es da zu tun hatten. Der Fisch versucht nicht, die Brüder zu verschlingen (vgl. dazu die biblische Erzählung von Jonah im Wal). Die Brüder sitzen sicher in ihrem Boot und schauen dem Riesenfisch nach, der friedlich davonschwimmt. Das Feuer auf seinem Rücken wird zu einem immer kleineren Lichtpunkt, ist aber noch lange zu sehen.
Etymologisch leitet sich der Name des Fisches vom altirischen Substantiv íasc ‚Fisch‘ ab.


Geistervögel
Im 11. Kapitel begegnen die Brüder Vögeln mit schneeweißem Gefieder. Sie sitzen dicht an dicht in einer ausladenden Baumkrone, man sieht kaum das Grün der Blätter, vielmehr wirkt es, als wäre der Baum vor lauter rauschendem Gefieder weiß belaubt. Einer der Vögel wird von Gott als Sprecher autorisiert, er kann mit menschlicher Stimme zu Brendan sprechen. Er erklärt, woher sie kommen, wer sie sind und warum sie hier sitzen. Ursprünglich waren sie himmlische Engel. Doch bei Luzifers Fall ergriffen sie für keine Seite Partei: Weder verteidigten sie Gott, noch schlugen sie sich auf die Seite des Teufels. Sie waren nicht Teil der Rebellion, stellten sich aber auch nicht dagegen. Ihr Zaudern, ihre Unentschlossenheit wurde von Gott nicht akzeptiert. Sie wurden mit dem Schmähbegriff ‚neutrale Engel‘ belegt, neutral, weil sie sich in einer nichtssagenden Mitte positionierten, obwohl ihnen Neutralität in einer solchen Grundsatzfrage überhaupt nicht zustand. Zur Strafe mussten sie den Himmel ebenfalls verlassen. Weil ihr Vergehen jedoch nicht dem Luzifers und seiner Anhänger gleichkam, wurden sie vor Höllenpein verschont, und durften in irdischen Kreisen verweilen. Seitdem wandeln sie nun als schützende Geister auf Erden. Sie ziehen durch die Lüfte und das Firmament, sie schweben wachend über allen Ländern. Nur zu Sonn- und Feiertagen wird ihnen gestattet, die Gestalt von weißen Vögeln anzunehmen. Dann können sie wieder dem nachgehen, was ihrer eigentlichen Engelnatur entspricht: Loblieder für ihren Schöpfer singen.


Kampf zweier Seeungeheuer
Im 16. Kapitel befinden sich die Brüder auf hoher See, plötzlich taucht hinter ihrem kleinen Boot ein gigantisches Seeungeheuer auf. Aus seinen Nasenlöchern bläst es schäumende Gischt, es durchschneidet die Wellen in rasender Geschwindigkeit, es macht eindeutig Jagd auf das Boot und seine Insassen. Die Brüder geraten in Panik, in ihrer Hilflosigkeit rufen sie zu Gott. Brendan beruhigt sie, betet. Brendans Gebet wird sofort erhört: Ein zweites Seeungeheuer taucht auf, stürzt sich auf das erste. Ein wilder Kampf entbrennt. Das zweite Seeungeheuer speit Feuer aus seinem Schlund. Brendan erklärt, dass die beiden Tiere anstandslos dem Willen ihres Schöpfers Folge leisten. Gott allein habe sie geschickt, er kenne bereits den Ausgang des Kampfes. Das erste Tier, das Jagd auf das Boot machen wollte, unterliegt. Es wird von seinem Gegner getötet und in drei Teile zerrissen. Das zweite Tier kehrt dorthin zurück, woher es kam. Das erste Tier kämpfet mit der Kraft des Wassers, das zweite Tier mit Feuer.


Riesenvogel
Im 18. Kapitel sind die Brüder wieder auf hoher See unterwegs. Plötzlich kommt ein riesiger Vogel angeflogen. Er will ihnen jedoch nichts Böses, er wurde geschickt, um sie mit dringend benötigter Nahrung zu versorgen. Der Vogel trägt im Schnabel eine Weintraube, deren Beeren groß wie Äpfel sind. Man kann sich vorstellen, wie groß die gesamte Rebe sein muss – und wie groß erst der Vogel, der sie trägt.


Kampf zwischen Greif und Riesenvogel
Im 19. Kapitel schippert das Boot auf offener See, da kommt ein Greif geflogen. Die Erzählung schweigt sich aus, sie geht nicht näher auf äußere Attribute des Greifs ein. Aus anderen Erzählungen lassen sich jedoch Rückschlüsse ziehen: Der Greif ist für gewöhnlich ein mythisches Mischwesen, das Körperteile verschiedener Tierarten in sich vereint. Er hat den Rumpf und Hinterleib eines Löwen, Kopf und Schnabel eines Raubvogels, ebenso die Flügel eines Vogels, während die hinteren Gliedmaßen, dem Löwenleib zugehörig, Löwenpranken sind, so sind die vorderen Gliedmaßen bereits raubvogelartige Klauen. Der Riesenvogel, der zuvor nur als Überringer göttlicher Speisen fungierte, wird plötzlich zum göttlich beauftragten Retter in Not: Er stürzt sich in den Kampf, hackt dem Greif die Augen aus und tötet ihn schließlich. Der tote Greif stürzt unweit vom Boot ins Meer. Der Riesenvogel kehrt dorthin zurück, woher er gekommen war.


Tiefseeungeheuer
Im 21. Kapitel feiern die Brüder das Hochfest ‚Peter und Paul‘ (29. Juni) in ihrem kleinen Boot auf offener See. Plötzlich wird das Meer glasklar, es ist tatsächlich so klar und makellos durchsichtig wie Glas, sodass die Brüder ungehindert bis auf den Meeresgrund blicken können. Unten im Sand liegen zahlreiche Ungeheuer. Die Ungeheuer liegen im Kreis, jedes hat den Kopf am Hinterleib des Vordermanns. Die Brüder kriegen Angst. Sie bitten Brendan, er möge die Messe still abhalten, um die Ungeheuer in der Tiefe nicht aufzuschrecken. Doch Brendan lacht, wüssten sie mittlerweile nicht genug über Gottes schützende Hand, die stets auf ihnen ruhe, sei ihnen im Verlauf der Reise je etwas zugestoßen? Brendan singt bewusst noch lauter. Die Ungeheuer fühlen sich von seiner Singstimme angezogen, schwimmen nach oben und verharren schwebend knapp unter der Wasseroberfläche. Wie gebannt lauschen sie der Messe. Sie kommen dem Boot nicht zu nahe, bedrohen die Brüder nicht. Als Brendan die Messe beendet hat, bricht der Bann: Die Ungeheuer stoben erschrocken auseinander und verschwinden wieder in der Tiefe.


Insel der Höllenschmieden
Im 23. Kapitel taucht vor den Brüdern eine Insel im Meer auf, die nichts Gutes verheißt: Brendan wird unruhig, Gott hat ihn bereits vorgewarnt. Hier haust das Übel. Brendan will sich der Insel auf keinen Fall nähern, doch der Wind steht ungünstig, unnachgiebig treibt er das kleine Boot gen Ufer. Bangend beäugen die Brüder das unbekannte Land. Die Insel ist karg und trostlos, nichts wächst, kein Baum, kein Strauch, nichts als nacktes Gestein. Die Oberfläche ist mit einer rätselhaften Schlackeschicht (Schlacke = poröse, schwammartige Gesteinsmasse, die beim Schmelzen von metallhaltigen Erzen als Abfallprodukt zurückbleibt) überzogen. Ein letztes Indiz gibt endgültig Aufschluss: Die unerträglich laute Geräuschkulisse verrät sich, schon von weitem hören sie den gierigen Sog der Blasebälger, ihr schlundartiges Ansaugen der Luft, ihr donnerdröhnendes Auspressen, die Luft schwirrt vor Vibration, Hammerschläge prasseln in wütendem Stakkato auf Ambossblöcke nieder, die gesamte Insel ist ein gewachsenes Gewirr aus Schmieden. Brendan schlägt das Kreuzzeichen gen alle vier Himmelsrichtungen, er rät auch den Brüdern sich zu wappnen. Einer der Schmiede tritt ins Freie und erspäht argwöhnisch das kleine Boot, das dem Ufer bereits auf eine Entfernung von einem Steinwurf nahegerückt ist. Das Wesen ist menschenähnlich, gleicht einem Mann, ist jedoch sehr stark behaart und am ganzen Körper von Feuer und Ruß geschwärzt. Der Wilde dreht um, geht in die Schmiede, kommt zurück – er hat mit einer Zange ein großes Stück glühende Schlacke aus den Kohlen geholt. Er schleudert den Klumpen ins Meer, zielt auf das Boot, er verfehlt sie nur knapp. Der heißglühende Brocken fällt ins Meer, sofort beginnt das Wasser im kreisrunden Loch zu kochen. Eine heiße Dampfsäule kräuselt sich über der Abwurfstelle empor. Die Brüder geraten in Panik, versuchen entsetzt zu entkommen. Nach und nach kommen die anderen Inselbewohner an den Strand und schließen sich ihrem Vorreiter an: Mit Zangen holen sie glühende Schlackestücke aus den Öfen und werfen sie ins Meer. Sie laufen hin und her, holen stetig Nachschub, sie heizen die Öfen nach, um noch heißere Glut zu erhalten. Die ganze Insel glüht und dampft letztlich wie ein einziger Ofen, das Meer ist durchrissen von kochenden Sprudellöchern. Einen Tag lang peinigen sie die Brüder, treffen aber nie das kleine Boot, Gott hält seine schützende Hand über sie. Die Brüder entkommen schließlich, der beißende Gestank der Insel hängt ihnen noch lange nach.

Die Einordnung dieser Episode gestaltet sich schwierig, es werden verschiedene Deutungsspuren ausgelegt. Die Inselbewohner sind böse, so viel steht fest. Aber worin besteht ihre eigentliche Natur? Welchen Ursprung haben sie? Annäherung ist im ersteren Schritt möglich über die Aussagen, die der Erzähler über die Inselbewohner trifft. In zweiter Linie aber auch über das explizit Ungesagte. Sie werden auf den ersten Blick von den Brüdern als Bewohner der Insel identifiziert, eine Beschreibung, die den Rückschluss erlaubt, dass es sich um stark menschenähnliche (anthropomorphe) Wesen handeln muss. Sie haben Gang und Gestalt eines Menschen. Sie tragen wohl wenig oder keine Kleidung, denn nur so können die Brüder erkennen, dass ihr Leib stark beharrt und von Kohle und Rauch geschwärzt ist. Mit dieser Attribuierung werden sie erstmals negativiert. Es folgt die deutliche Bezeichnung ‚Wilde‘. Ihre Mordabsichten gegenüber fremden Ankömmlingen verdüstert das gezeichnete Bild zunehmend. Die Wilden sind Herr über das Feuer, sie können es mäßigen und aufheizen. Sie durchwühlen das Erdreich nach metallhaltigen Erzen. Sie machen sich das dunkle, unter der Oberfläche liegende Erdreich untertan. Sie sind schlau, der Prozess der Eisenverhüttung erfordert Geschick und Erfahrung. Bis zu diesem Punkt könnte man sie für einen bösen und durchtriebenen Menschschlag halten, doch dann gibt Brendan Auskunft, dass sich er und seine Brüder bereits auf Gebieten des Höllischen befänden – sind die Inselbewohner also doch nicht nur ‚Wilde‘? Sind sie der übersinnlichen Welt zuzuordnen? Sind sie dämonischen Ursprungs? Über ihre Natur kann spekuliert, aber nicht eindeutig geurteilt werden. Fakt bleibt, dass sie wohl als Handlanger des Bösen fungieren, sie arbeiten in den Schmieden der Hölle(n), sie haben einen Pakt mit dem Teufel geschlossen.


Vulkaninsel und Dämonen
Im 24. Kapitel stoßen die Brüder auf eine abermals seltsame Insel mitten im Meer: Ein kegelrunder Berg mit pechschwarzen, senkrecht aufragenden Bergflanken, glatt wie Wände, unmöglich zu erklimmen. Die Bergspitze ist eingehüllt in dunkle Wolken, schwarzrußenden Rauch und heißgiftige Dämpfe. Der moderne Leser wird in der Beschreibung einen Vulkan erkennen, die Brüder jedoch erkennen dies nicht, die Erscheinung ist ihnen völlig fremdartig. Das dieser Ort vom Bösen heimgesucht wird, wird noch deutlicher, als ein grausiger Wind wie aus dem Nichts aufkommt: Er reißt das Boot an sich, treibt es in rasender Geschwindigkeit auf die Insel zu, die Brüder sind völlig hilflos, sie haben dieser Gewalt nichts entgegenzusetzen. Sie wären an den Steilklippen zerschellt, wäre nicht doch ein schwer erkennbarer Sandstrand rings um die Insel, nur knapp unter der Wasseroberfläche gewesen: das kleine Boot läuft auf. Nur einer verlässt das Boot, es ist einer der drei Brüder, die zu Beginn der Reise nachgelaufen kamen und als Nachzügler um Mitnahme ersuchten. Er geht im Sand umher, kommt bis ans Ufer. Plötzlich schreit er, ruft panisch um Hilfe, er werde (von unsichtbaren Kräften?) fortgerissen, er könne sich nicht dagegen wehren. Die prompte Reaktion der Brüder macht stutzig: Keiner von ihnen vergeudet auch nur einen einzigen Gedanken daran, den Bruder in Not zu retten. Sie springen panisch ins Wasser, schieben das festgefahrene Boot mit vereinten Kräften zurück in tiefere Gefilde, sie versuchen ihre eigene Haut zu retten. Brendan schreitet nicht ein, er weiß, warum der gefallene Bruder auf der Insel bleiben muss. Vom Boot aus beobachten sie, was geschieht: Plötzlich können auch sie die üblen Wesen sehen, die den Bruder am Strand gepackt haben, eine ganze Meute übler Dämonen ist gierig über ihn hergefallen, sie schleppen ihn fort zur Folter. Erst jetzt erklärt sich Brendan, bricht sein Schweigen: Er könne dem Bruder nicht helfen, denn der Bruder ernte, was er gesät habe. Sein Herz und seine Taten seien bereits schon länger dem Bösen verfallen, sein Weg sei schon vor Reiseanbruch vorgezeichnet gewesen. Nun kommt es, wie es kommen musste: Sein schreckliches Ende sei seinem Leben und seinen Taten würdig. Die Brüder blicken ein letztes Mal zurück: Der Rauch um die Bergspitze hat sich aufgelöst, die Luft hat sich geklärt, die Sicht ist nicht länger getrübt. Der Berg spuckt rotglühende Feuer bis in die obersten Sphären des Himmels, die Feuer fallen zurück auf den Berg, bis hinunter ins Meer, der ganze Berg ächzt und glüht und stöhnt wie ein knackender Scheiterhaufen.


Judas auf dem Felsen – in den Fängen von Leviathan und seinen Dämonen
Im 25. Kapitel sehen die Brüder zu, dass sie großen Abstand zur Vulkaninsel und deren Dämonen gewinnen: Sie fahren sieben Tage lang strikt gen Süden. Ihr Trick funktioniert nicht, sie geraten abermals in dämonische Gefilde. Auf einem Felsen mitten im Meer sitzt eine menschenähnliche Gestalt. Vor dem Felsen steckt eine Eisengabel, in deren Mitte ein hässlicher Stofffetzen flattert. Die Brüder kommen näher, stellen fest, dass es sich tatsächlich um einen Mann handelt. Der Man wird als schrecklich hässlich und ungepflegt beschrieben – ein entsprechendes Bild muss sich der Leser selbstredend rekonstruieren, in mittelalterlicher Literatur fungieren die beiden Adjektive jedoch meist als eindeutige Signalwörter, sie umschreiben verhärmte, abgemagert-gekrümmte Körper, Haupt- und Barthaar ungeschnitten, daher viel zu lang, zottelig bis völlig verfilzt, ungeschnittene Fuß- und Fingernägel, kaum bis überhaupt nicht bekleidet, die Haut aufgrund fehlender Kleidung wund und schorfig… (vgl. 'Gregorius') Das Meer ist eine einzige aufgepeitschte Masse, mit der Brachialgewalt von Mauerwerk stürzt es auf den gebrochenen Körper des Mannes nieder. Mit jeder neuen Welle schlägt ihm der nasse Fetzen ins Gesicht, weht zurück, prallt auf… Der Mann muss unglaubliche Schmerzen ertragen, so jedenfalls sehen es die Brüder. Sie haben Mitleid. Der Mann gibt sich als Judas zu erkennen – der Jünger, der einst Jesus im Garten Gethsemane durch einen Kuss an seine Häscher verriet. Diese Information wendet das Blatt, allen Beteiligten wird schlagartig bewusst, dass dieser Mann Strafe verdient hat. Aber so eine? Judas gibt weiter Auskunft. Eigentlich schmorrt er im Höllenfeuer, er ist Gefangener von Leviathan und seinen dämonischen Genossen, er wird von ihnen täglich gefoltert. Sein Schicksal teilt er mit Herodes Antipas (Auftragsgeber für den Kindsmord in Betlehem und den Mord an Johannes dem Täufer), Pontius Pilatus (er verurteilte Jesus letztgültig zum Kreuzestod) sowie Hannas und Kaiphas (Hohe Priester, die den Mordkomplott gegen Jesus schürten). Die Erzählung bietet hier gewissermaßen eine ‚Best-of‘-Liste biblischer Bösewichte. Die schlimmsten Verbrecher werden in die Gewalt Leviathans gegeben. Wer ist Leviathan?

Der Name Leviathan ist etymologisch herleitbar von hebräisch liwjatan, ‚das Gewundene‘. Die Figur Leviathan wird universalisiert gebraucht, sie bezeichnet ein Ungeheuer des Wassers, meist sogar das Urmonster schlechthin, je nach Quelle haust es in salzigem Meerwasser, oder aber auch in Süßgewässern. Sein Körper ist lang und gewunden, je nach Quelle treten weitere Merkmale hinzu, die unterschiedlich Akzentuierungen setzen: Mal ist es eine Schlange, an anderer Stelle dem Drachen oder Krokodil ähnlicher. Seinen mythologischen Ursprung nimmt die Figur im altorientalisch-mesopotamischen Schöpfungsmythos: Am Anfang der Welt steht das entfesselte Chaos, verkörpert durch das weibliche Meeresungeheuer Tiamat. Sie ist rachedurstig, giert nach Blut und Vergeltung, sie erschafft elf Dämonen, die sie in den Krieg gegen ihre eigenen Kindeskinder hetzt, alles will sie verschlingen, gnadenlos wühlt sie die Salzwasser auf, sie stiftet Chaos und Verwüstung. Das Chaos muss überwunden werden, Tiamat muss sterben! Ihr Tod versinnbildlicht die erste Etablierung von Ordnung. Ihr toter Leib wird entzweigebrochen, aus je einer Hälfte werden Himmel und Erde geschaffen. Auch der biblische Leviathan ist nach diesem Muster gestrickt: Er verkörpert das Chaos – und Chaos ist der ärgste Urfeind Gottes. Diese Urschlange ist „eine latente Bedrohung der Weltordnung […] da sie jederzeit durch einen Fluch (das »Aufwecken«) virulent werden kann.“ [Polke 2005: S. 331]

Judas Strafe sieht folgendermaßen aus: Tag und Nacht muss er in einem Topf wie ein flüssiger Klumpen Blei kochen. Nur an Sonn- und Feiertagen darf auf dem Felsen im Meer sitzen und sich von der Brandung abkühlen lassen. Judas erklärt, dass der verlorene Bruder, der von Dämonen auf der Vulkaninsel verschleppt wurde, zu Leviathan gebracht wurde. Judas habe selbst mitansehen müssen, wie der Bruder von Leviathan verschlungen worden sei. Immer wenn Leviathan die Seelen der Unglückseligen verschlinge, spucke der Berg glühende Feuer, das sei das untrügliche Zeichen.

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Literarische Funktion des Monströsen

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Literaturverzeichnis

<HarvardReferences />

  • [*Haupt 1995] Haupt, Barbara: Welterkundung in der Schrift. Brandans ‚Reise‘ und der ‚Straßburger Alexander‘, in: Zeitschrift für deutsche Philologie – ZfdPh 114 (1995), S. 321-348.
  • [*Hahn; Fasbender 2002] Hahn, Reinhard von; Fasbender, Christoph: Brandan. Die mitteldeutsche ‚Reise‘-Fassung, Heidelberg 2002.
  • [*Polke 2005] Polke, Bernd: Leviathan, in: Metzler Lexikon Religion, Stuttgart 2005, S. 331-332.


Neidhart: Lied-Übersetzungen

Erbringung der Studienleistung (Erster Teil): Hier finden sich die Primärtext-Übersetzungen zur jeweiligen Sitzung pro Woche.

Sommerlied 22 (Woche 10)

I*

Der Winter hat ein Ende

zu uns gekommen ist der Mai,

der uns mancherlei Blumen bringt.

Ich hör die Vöglein singen.

Wir sollen alle springen,

lebensfroh/freudig/froh/vergnügt sein.

der Wald ist wohl belaubt,

die Linde trägt goldene Dolden (Blütenstand der Linde).


I

Die Linden wollen ihre Dolden

mit neuem Laub/Austrieb bereichern;

darunter lassen sich Nachtigallen streichend/flatternd nieder,

sie singen wohl zum Lobpreis

in fremder süßer Weise,

viele Töne/Lieder.

Sie freuen sich über den Mai:

Seine Ankunft, die ist ihren Herzen Spiel/Vergnügen.


II

Sie sprechen, dass der Winter

heuer sich in die Länge gezogen hat.

Nun aber ist die Wiese mit Blumen wohl gemengt/bestreut,

mit heller Augenweide

Rosen auf der Heide

durch ihren Glanz.

Aus diesen sandte ich Vriderun

einen wohlgetanen/wohlgeformten Kranz.


III

Die Vögel im Wald

singen wonnevoll.

Stolze/Prächtige Mädchen, ihr sollt etwas Neues erschaffen.

Erfreut euch an schöner Botschaft/Neuigkeit!

Mancherlei Herzens Schwere

wird zergehen.

Tut, was ich euch lehre,

zieht eure Kleider streichend an! (im Sinne von glattstreichend?)


IV

Ihr schnürt euch zu den Hüften/Lenden,

streift ab die Schleier!

Wir wollen auf dem Anger wohl tanzen/hüpfen/springen.

Vriderun wie eine Puppe

sprang in ihrem drehenden/wirbelnden Rock

bei der Schar:

Das nahm anderthalb (auf der anderen Seite?)

Engelmar sehr heimlich/verborgen/im Stillen wahr.


V

Da sich alle Liebenden

sogleich begannen, sich zu zweien (‚in Zweierpärchen zusammenfinden‘)

da sollte ich gesungen haben den Reien (bestimmte Tanzmelodie),

nur dass ich die Stunde

nicht bescheiden konnte

entgegen der Zeit,

so dass die Sommerwonne

so manchen Herzen Freude gibt.


VI

Nun heißen sie mich singen; (Bitte oder Befehl?)

ich muss ein Haus besorgen,

dass mich des Sanges wendet so mancher Morgen. (??)

Wie soll ich mich gebären/verhalten?

Mir ist an Engelmar

Ungemach/Unwohlsein,

dass er Vriderun

ihren Spiegel von der Seite (Hüfte?) brach.


VIa

Dem Bruder seiner Base (ursprünglich Cousine väterlicherseits)

hätte sie es wohl erlassen.

Er kann sich bei keinen Dingen mäßigen;

er ist ein törichter (närrische Dinge treibender) Bayer.

Er und der junge Meier

tun ihr leid.

Noch hat sie den Freund,

der (ihm es) die Länge/Entfernung nicht verträgt. (??)


VIb

Darum will sie aber

ein Engelmar vertreiben. (will ihre Fernbeziehung unterbinden?)

Er ist ein Gemsbock unter jungen Frauen.

Er ist ein ‚Ridelwanzler‘ (‚einer der den Ridelwanzel tanzt‘)

er ist ein Vortänzer im Gau (Gau bezeichnet eine Region, den Landstrich, die Gegend).

Seine Gewalt,

die ist beim Reien (bestimmter Tanz)

unter den Kindern (junge Mädchen?) mannigfaltig.


VIc

Das ist Vriderun

eine langwährende Schwere

von Engelmar, dem törichten Tanzgeprüften (er hat Erfahrung im Tanz),

als er es wagte (torste von ‚turren‘) ihr aufzulauern (wo? beim Tanz?)

Das beklagten alle ihre Verwandten.

Gegen den Schall

sollst du dich nun hüten,

Friedrun! flieh nach/zum Reuental! (Ort oder Person?)


VId

Der hat ihr genommen

in Schimpf eine Puppenwiege.

Das hätten wie verklagt, nicht außer den Spiegel

(der war aus Elfenbein,

glänzend/schön/kunstreich/zierlich/kostbar, sehr fein geschnitzt)

den seine Hand

ihr gewalttätig nahm;

davon schwand all meine Freude.


VIe

Ihr sollt mir’s wohl glauben

ich sag es nicht gerne:

Die Spiegelschnur, die kam aus ‚Iberne‘ (welches Land ist gemeint? Iberia = iberische Halbinsel d.h. Spanien und Portugal? oder Hibernia = Irland?)

es war eine kostbare Borte.

Nieder an dem Ort (das untere Ende des Spiegels)

standen Tiere

gewirkt aus rotem Gold.

Nie geschah mir so arges Leid.


VIf

Das ich nicht fröhlich singe,

dass wendet/bereitet mir eine Schwere,

von der ich all so gerne ledig wäre. (er will sie loswerden)

Diese Dorfbauern

die nehmen das ganz unteuer

Sie tragen mir Hass (entgegen).

Wenn sie nicht wären,

so sänge ich für wahr besser.


VIg

Erkenbrecht und Uoze

und der Ungenannte,

Gozbrecht, der mich oft vom Singen abhielt,

die sind nun ganz und gar schweigend/verstummt

und ihre Freude neigt sich

hin und her.

Ihre Scheibe, die ging ebenmäßig,

die ist nun entweder (auf die eine und die andere Seite) gestrauchelt.


VIh

Frau Hilde und die Burschen,

die sprangen an ihren Händen,

ihr Tanz, der war da ohne unrechte Wendung.

Nun haben sie erworben,

dass er ist verdorben.

Ihre Üppigkeit/Übertriebenheit

ich meine, die hat geprüft/sich bewiesen

in so manchem Spott und Leid.


c1 (Woche 9)

I

Der schwarze Dorn ist weiß geworden,

nun hat der Mai seinen Fleiß (sein Bemühen, sein Bestreben?)

auf den Anger gelegt/gerichtet,

gar geschmolzen ist der Schnee,

man sieht heuer so wie ehedem

die schönen Blümlein schwanger.

Der Mai hat die Felder sehr schön besetzt/bestückt

mit Kamillen-Blümlein fein,

froh singen die Vögelein,

ihr Leid sind sie losgeworden.


II

Dafür lobe ich die reinen (unschuldigen?) Frauen,

deren wohlgetrauter (wohlgestalteter?) gelobter Leib

Hochgefühle bringen/schenken/auslösen kann.

Die haben sich vor falscher Hand gehütet,

die lobe ich für alles Gute,

so wohl dir, gute Frau!

Frau, behalte/schütze deine Ehre, das will ich dir raten,

mithilfe deiner fröhlichen weiblichen Züchtigkeit,

Frau, du auserwählte Frucht,

lass die dummen Liebhaber braten/schmorren!


III

Nun sang ich gern für meine Frauen,

so irrte (im Sinne von unfreiwillig ablenken, anderweitig beschäftigen) mich eine andere Pein,

ich sah die Dörper den Reigen tanzen

sehr üppig/übertrieben auf dem Platz,

beide, Damen und Männer,

die nahmen den Mai freudig in Empfang.

Hierher langer Lanze, das sollt ihr mir rächen,

dazu klage ich euch, Herr Pflug,

ihr rächt mir diesen Unfug,

dass ihnen ihre Rücken brechen.


IV

Ich kam dahin gegen/in Richtung Zeisselmauer,

die Fahrt/Reise war mir teilweise sauer/unleidig,

ich hörte da eine fremde/unbekannte Erzählung.

Da fand ich einen Lobestanz,

und viele Rosenkränze,

zergangen/zerflossen war meine Schwere.

Ich zog zu einem Wirt, der war zierlich/prächtig,

dessen wurde Engelmar gewahr (er nahm es missgünstig zur Kenntnis),

ellenweit war ihm sein Haar,

daraufhin eilte er schnell


V

zu vierzig guten Burschen,

üppiglich stand ihr Mut (sie strotzen nur so vor Überheblichkeit),

die tanzten bei der Linde.

Er sprach: „Herr Neithart, der ist hier,

der uns nie Spöttelei ersparte,

wohl auf, dass wir ihn finden.

Ihr sollt euch nichts Arges dabei denken,

ihr geht mir züchtig/anständig nach,

auch seit mit dem fechten nicht zu schnell,

wir wollen uns fröhlich geben.


VI

Vierzig Kännchen mit Wein

trugen sie in ein Gärtchen,

sehr groß war ihr Gebrüll:

Seid willkommen, Herr Neidhart,

euch sei voll eingeschenkt bei dieser Fahrt/Reise.“

Ich saß in meinem Schweiß, (Angstschweiß, Nervosität)

ich sprach: Ich bin dem Neidhart ungleich (verleugnet sich also selbst),

ich bin ein Jäger, mir zürnt man,

ich habe die Hunde verloren,

die des Fürsten von Österreich.


VII

Da bot ihm Engelmar an

bei seinem Leben bis in den Tod,

dass sie sie alle setzten.

So schenkte man zu Hand/geschwind ein

den sehr klaren Osterwein (Wein aus Österreich?)

den tranken sie unter schallendem Gelächter.

Er sprach: „Und wollt ihr die Zügellosigkeit (wortwörtlich: den Gockel-Furor) erkennen,

so sitztz und sei ein fröhlicher Mann,

ich helfe euch gemach/gemütlich/angenehm dort hin,

wenn ihr mich fortan nie mehr nennen wollt.“


VIII

„Dir sei gelobt auf die Hand:

Du wirst von mir nicht mehr genannt,

was ich fürbass (weiter, vorwärts, zukünftig) singen will,

und auch was ich dichten kann,

du heißt (ab sofort) der ungenannte Mann,

du sollst fröhlich springen,

und heiße die öden Scheiden aus dem Garten.“ (Verbannung der Dolchscheiden? = Verzicht auf Gewalt?)

„Wohl auf, ihr Herren, wir sollen gehen

sehr anständig zurück zum Platz

und den zarten Frauen dienen.“


IX

Die verschwanden geschwind,

da brachte man mir ein gutes Gewand,

dass musste ich von da an führen/tragen.

Dazu gaben sie mir ein Pferd,

das war wohl dreißig Pfund wert

und zeltet nach den Schnüren/Zügeln (ein Zelter ist ein spezielles Gangpferd, dieses hier wurde wohl auf Zügelhilfen trainiert – sehr wertvolles Reitpferd!)

Dafür bedankte ich mich freundlich bei den Männern und Frauen

und ritt dann auf den Platz,

da mochten wohl siebenhundert stehen,

die mich (von Kopf bis Fuß) begutachteten.


X

Auf der Reise war es mir eilig,

mir war eine große Bergkuppe zurückliegend (d.h. er hat sie gerade überquert)

von hellen schönen Augen.

Frideruns Nacken,

der gab für die anderen Schein,

mit Lob ich’s immer kröne.

Ich ritt gegen Wien und sagte/erzählte die Abenteuer,

wie sie sich mir alle zugetragen haben,

als ich in dem Garten saß,

dennoch war mir ihre Steuer.


XI

Der Herzog sandte (wen?) nach Zeisselmauer,

er ließ frei denselben Bauer

und alle seine Hausgenossen.

Darüber war Engelmar froh,

der mir fröhlich half, der einzige aus der großen Schar,

wohl auf des Reichs Straßen.

Und Engelmar will ich ihn nicht mehr nennen,

er heißt nun der ungenannte Mann,

der gut mit Friderun kann,

ihr mögt ihn dennoch erkennen.


Winterlied 27 (Woche 8)

I

Mir ist von Herzen leid,

dass der kühle Winter

viele schöne Blumen verdirbt:

ebenso verdirbt mich eine sehnsüchtige/schmerzliche Mühe.

Diese beide Sorgen

drängen mich fort/von hinnen hinter

ans Ende meiner Freuden Ziel.

Oh weh, dass die Gute mit ihrem Willen das verträgt,

seit sie wohl verringern mag

all meine Schwere!

Hei, erlebte ich noch den Tag,

dass sie gnädig/nachgiebig wäre!


II

So wenn ich mich vereinige/verbinde

und an sie denke,

wär in der Frau Güte da,

die hätte sich so lange bei ihr nicht erworben.

Seit sie nur wenig belohnt

meine neuen Klänge,

wann dann sollte ich anderswo dienen?

Nein, ich will mit großer Anstrengung diesen Kummer lange erdulden.

Was, wenn eine selige Frau doch

noch ihren Sinn ändert?

Erfreue mein Herz und tröste den Leib!

Die zwei, die sind versehrt (im Sinne von verletzt/verwundet).


III

Zu dem Leid,

dass ich ihretwegen erleide,

so bezwingt mich noch ein anderes Leid,

dass vor allem Leid mich so sehr nie bezwang,

so wie ich darüber lache

und mich froh gebärde:

Mir hat ein Dorftölpel den Kampf angesagt,

um nichts anderes, als ausschließlich um meinen üppigen (übertriebenen, ausufernden) Gesang.

Der ist geheißen Adeltir,

gebürtig hier von Ense.

Zu allen Zeiten droht er mir

wie eine feiste (vollgefuttert, überfüttert = fett) Gans.


IV

Heuer bei einem Tanz

ging er um und um (kreisförmige Bewegung?).

Den Wechsel hatte er den ganzen Tag:

Ein glänzendes Schapel (Kranz) gab er im Tausch für neue Kränzlein.

Etzel und Lanze,

zwei dumme Jünglinge,

die plagten auch, wie jener plagte.

Lanze, der beschwerte/belästigte ein sehr stolzes Mädchen:

einen kleinen schönen Schleier

zerrte er ihr vom Haupt,

dazu einen Blumenhut,

wer hat ihm das erlaubt?


V

Oh weh, seine Hände!

Das sie ihm verwesen!

die Finger soll er verlieren,

denn damit hat er hinausgezerrt die schmerzbringende Zähre (=Träne)!

Hätte er ihr Gebende

un-zerzerrt gelassen,

das Kränzchen hätte auch sie verschmäht.

Er ist unhöflicher/unartiger als vormals Engelmar,

der gewalttätig nahm/raubte

den Spiegel Vrideruns.

Aus dem gleichen Grund bin ich dem Dörper übelgesinnt,

demselben Walberun.


VI

Diese alten Schulden

weckt mir das Neue:

es hat ein geiler Bauernbursche

heuer bei mir erweckt/in Erinnerung gerufen, was mir an Leid geschah.

Ehe ich es länger erdulde,

seht meine Treue,

ich springe zu ihm in den Ring,

er besteht/bekommt seine Buße, dass er ihr zur edlen Dame jagt,

der ich lange gedient habe

herb/bitter? mit ganzer Standfestigkeit!

Wollte er sie gereut lassen,

wie recht er dann täte!


VII

Weh, was hat er nur zu mucken!

Sie kommt ihm nicht zu Maß.

Zu was soll sein peinigendes Gebrechen/Übel?

Ihm vermag nicht zu helfen sein höfisches Gewand.

Er soll ihm (sich selbst?) eine suchen,

die ihn werben lässt.

Seine roten Busenbleche,

die sind ihr sehr unangenehm, dazu sein Wangenband.

Enge Ärmel trägt er lang,

die sind vorn verbrämt,

innen schwarz und außen blank.

mit seiner Rede spricht er nach Art der Flamländer.


VIIa

Seiner Schnüre Stränge

dengeln an den Orten:

da hängt wundersamer Pfeffer dran,

Muskat, Nägele (Lexer: Gewürznelken), Pfauenspiegel (Bidens tripartita L., auch bekannt als Zweyzahn, Wasserdost, Wasserhanf und Wassersternkraut): Das ist de Dörper Glanz.

Er will überdrängen/überwältigen

ein Mädchen mit süßen Worten,

dabei kann ihm doch nicht helfen

sein übertriebenes Gewand und dazu sein sehr glänzender/schöner Schwanz (?)

Ein sehr gutes Leinentuch,

sechzehn Ellen klein,

hat sein Hemd und auch seine Bruche:

diese Sitte ist ungemeinsam/fremdartig.


VIIb

Herr Neidhart, könnt ihrs lassen?

Es wird euch misslingen.

Nun habt es auf meine Treue (abgesehen?),

und kann ich, so muss euch beim Tanz Leid geschehen!

Wollt ihr auf der Straße

uns sehr hart bedrängen,

wie breit abstehend euer Melkkübel? (lat. mulctra) auch sei,

und wie der Glanz hervorscheint unter eurem geringelten/gekräuselten Rock/Hemd

und solltet ihr gar der Teufel sein

mit eurem glitzernden Hut,

mache ich trotzdem im Blut Fahrt

mit meinem guten Schwert.


VIIc

Nun da, gezierte Gesellen,

nun steht mir allgleich,

helft, dass wir gegen ihn bestehen,

der uns beim Tanz nicht mit Nachsicht entlässt!

„Ich traue mir zu, ihn zu fällen,“

so sprach Amelrich,

„Die Hand, die muss er mir hier lassen,

da der gesprenkelte Vogel oben auf steht,

und dazu den rechten Fuß.

Daran klingt der Sporen.

Ja, so verschaffe ich mir seine Buße,

dass er von uns nicht mehr singt.“


Winterlied 1 (Woche 7)

I

Winter, uns will deine Gewalt/Macht/Kraft

in die Stuben drängen

von der Linde breit/weit weg:

deine Winde, die sind kalt.

Lerche, lass dein Singen!

Dir hat widersprochen

sowohl Reif als auch Schnee;

du musst stillschweigen:

so beklage ich den grünen Klee.

Mai, ich will mich vor dir verneigen;

mir tut der Winter weh.


II

Tanzt, lacht, seit froh!

Das ziemt sich wohl den Jungen

in diesem langen Winter.

Euch zur Stütze gebe ich da

heuer von meiner Zunge

einen neuen Sang (ein neues Lied),

damit ihr ohne schweren Mut (betrübte Gesinnung)

Freude mögt erbitten.

Engelmar, deine Stube ist gut:

Kühle ist in deinem Bett. (lexer: lît = ‚Bett‘)

Der Winter bringt Schaden.


III

Etzel, Ruoze und Adelber

und der geile Rüele

haben zusammen geschworen

alle auf einen Dorftölpel:

Der ist von Witenbrüel

und prüft/erprobt sich in großem Zorn.

Das konnte ich eher/vormals noch seit

niemals fest und sicher glauben,

Rüele wollte im Widerstreit

beim Reigen (reien = reigen) springen:

dem war Lanze feindlich gesinnt.


IV

Lanze trägt eine Jacke,

die ist aus Barchent (lateinisch barracanus, laut Wikipedia wohl ein „Mischgewebe aus Baumwoll-Schuss auf Leinen-Kette“, auf einer Seite glatt, auf der anderen angeraut)

so grün wie der Klee.

Zur Weihe? hat er sich vorbereitet,

er lebt in der Hoffnung,

dass ihm nichts widersteht.

Darin hat er gesteppt

ein gutes eisernes Hemd,

knurrender als ein Bär geht er;

gute/freundliche Gesinnung ist ihm fremd.

Er ist Kind, der ihn (besteht?)


IVa

Lanze, der hat noch die Freunde,

die ihn nicht entlassen/verlassen

so sehr er auch ein Kind sei.

Drei habe ich euch schnell vorgestellt,

die ihm auf der Straße

beiständig sind:

Isenbolt und Isenhart

und der junge Vrite.

Rüele, der war nie so zart,

er wäre bei dem Kampf

unversehrt geblieben. (verhe/verch = Leben, Blut, (tödliche) Wunde)


IVb

So lassen wir sie fechten um den Leib.

Derweil gehen wir zu dem Tanz:

Da springen wir schön empor.

Nun, wohl auf, Mädchen und junge Frauen,

Afra, Englin, Franze,

die will uns vorsingen.

Metze zögert [… Lakune?]

und kommt Adelheit

und über [… Lakune?] Engellint

und Irmengart Fröhlichkeit,

das sind sehr schöne Kinder/Mädchen.


Winterlied 13 (Woche 6)

I

Wie überwinde ich beide

meinen Leib und die Sommerzeit?

Ich kann die Wohlgestalteten in so kurzer Zeit nicht ausreichend beklagen.

Von so großem Leid,

das mir Reue ohne Freude gibt,

trauere ich wohl verschuldet nun an diesen trüben Tagen,

die uns den Winter ankünden, der uns viel Freude raubt.

Des Gesanges haben die kleinen Vögel nun abgeschworen,

genau so möchte ich auch mein Singen verstummen lassen.


II

Es soll mich nicht erfassen,

mein Trost und mein lieber Wahn,

ich weiß doch, mit welcher Gnade/Glückseligkeit ich mich trösten kann.

Wohl mag sie verschmähen

meinen Dienst, den ich ihr

lange geleistet habe und den ich stets mit Treue/Gewissenhaftigkeit pflegte.

Dennoch tue ich es noch immer gerne, ich möchte es genießen,

sodass mich die Dorftölpel nicht meines Lohnes verstoßen/berauben.

Dessen ist Uoze greifend und sein roher/rauer Schabernack.


III

Engelwan und Uoze

die zwei sind mir verhasst

(Schaden und Neid muss ich mir von ihnen gefallen lassen)

und der geile Ruoze:

wie teuer er sich vermaß/verschätzte,

(er glaubte), er könne gegen mich durch sie/mit ihrer Hilfe bestehen! Die drei Widersacher

beraten sich und brüten (wie sie es anstellen können), dass ich ohne Lohn bleibe.

Folge nicht ihrer Lehre/ihrem Beispiel, edle Dame, Liebste aller Frauen!

Belohne meine Jahre, lass ihnen Leid durch mich geschehen!


IV

Edle Dame, deine Güte

die erkenne ich so mannigfaltig,

dass ich noch fest auf Liebeslohn von dir hoffe.

Das mich je bedrückten,

diese Gecken/Stutzer (Lexer: spranz ‚der geck, stutzer‘ + sprënzen ‚in verschiedenen farben glänzen‘ + sprenzen ‚sprengen, spritzen‘) und ihre Gewalt,

das war damals mit den Blumen. Nun will mir Engelwan

deine Huld/Gunst stehlen: Das soll ihm misslingen,

so dass hundert Schwerter auf seinem Kopf laut erklingen!

Sie schneiden/stutzen ihn zurecht, sie zerütten/verderben ihm den ?(Holz)Span?


V

Seht euch Engelwan an,

wie hoch er sein Haupt trägt!

Wenn er mit gespanntem (umgeschnallten?) Schwert beim Tanz umhergeht,

so ist er nicht ohne

flämisch-höfisches Gebaren, (flämisch = belgisches Niederländisch + Region)

mit der sein Vater Batze wenig zu schaffen hat.

Nun ist sein Sohn ein widerlicher Trottel mit seiner rohen Haube

Ich vergleiche sein Gepluster mit einer satten Taube,

die mit vollem Kropf auf einem Kornkasten steht.


VI

Wer in seiner Heimlichkeit

je Leib oder Leid gewann,

dem sind meine Sorgen und mein Kummer wohl bekannt.

Seit ich meinen Augen

den Stich nicht verbieten kann,

blicken sie dort hin, wo Ruoze an ihrer Hand tanzt,

ich verlasse kaum/kümmerlich (im Sinne von ‚mit Mühe, schwerlich, schwach, gebrechlich‘), der ich mich selbst nicht entreißen kann:

Solchen Wechsel nehmen, die da umwerben, in ihrem Geschäft.

Minne/Liebesdienst, lass mich frei! Mich bezwingt sehr dein Band.


VII

Minne, deine Schnüre/Fesseln/Bänder

die bezwingen mein Herz,

sodass ich im Kampf wider dich keine Gegenwehr mehr aufbringen kann.

Wie verstohlen rühre ich

die Zimbel deiner Wohnkammer,

so bin ich dessen bezwungen, dass ich dir Huld/ewigen Dienst schwöre.

Frau Minne, deine Gewalt wider mich ist zu streng;

Königin, deine Ungnade/Härte/Strenge verhänge nicht,

damit sich mich nicht verderbe! Ja, ist sie über mich ein her(gefallen.)


Winterlied 24 (Woche 5)

I

Sommer, auf dein süßes Wetter müssen wir (nun) verzichten:

Dieser kalte Winter gibt (nur) Trauern und Sehnen/Sehnsüchte.

Ich werde nicht getröstet von der lieben Wohlgestalteten/Schönen.

Wie soll ich mir diese lange schwere Zeit vertreiben,

die die Heide und viele schöne Blumen verwelkt?

Davon sind die Vögel im Wald gezwungen, dass sie ihr Singen sein lassen müssen.


II

Genau so hat meine edle Dame das Herz mir bezwungen,

dass ich ohne Freude meine Tage verschwenden muss.

Es verfängt (im Sinne von nützt) nichts, was ich ihr lange gesungen habe;

mir ist das genau bekannt, sodass ich fortan stillschweige.

Ich glaube nicht, dass sie den Männern jemals wieder hold/gewogen sein wird.

Wir verlieren, was wir ihr da gesungen und zugeraunt haben, ich und jener Hildebolt.


III

Der ist zurzeit der dümmste unter den geilen Bauernburschen,

er und einer, den man den jungen Willeger nennt:

den konnte ich diesen Sommer nie von ihr abdrängen,

wenn der Tanz gegen Abend auf der Straße hin und her ging.

Manchen schiefen Blick warfen sie mir mit den Augen zu,

sodass ich abgesondert/abseits von meiner guten Absicht vor ihnen beiden jeweils zu einem Schwung (abschweifende, ausweichende Bewegung) gehen musste.


IV

O weh, dass mich so mancher von einem geliebten Platz verdrängt hat

beide von der Guten und auch ehemals anderswo!

Widerwärtig (Lexer: œde adj. bei Neidhart ‚eitel, widerwärtig, dumm, töricht‘) war von ihnen mir zum Trotz gesprungen.

Aufgrund ihrer Gewalt bin ich vorzeitig auf meinem Schopf grau.

Dennoch neigte die Gute sich mich ein wenig über den Schildrand entgegen.

Gern sollt ihr hören, wie die Bauerntölpel gekleidet sind:

üppig (negativ konnotiert, im Sinne von protzig/überflüssig/eitel) ist ihr Gewand.


V

Enge Röcke tragen sie und schmale Kurzmäntel,

rote Hüte, mit Rinken/Schnallen versehen Schuhe, schwarze Beinlinge.

Engelmar tat mir nie so leidvolles bei Vriderune,

so wie die zwei es tun. ich neide ihnen ihr Beutel/Gürteltaschen aus kostbarem Seidenstoff,

die sie tragen: darin liegt eine Wurzel, die Ingwer heißt.

so eine gab Hildebolt der Guten beim Tanz; die zog/stahl ihr Willeger.


Va

Gerne wüsste ich, wie sich die Dörfler unter ihresgleichen trachten/kleiden.

Sie trugen Pickelhauben, dazu lange Schwerter.

Ihre Peinlichkeit, ihr Laster machten sie wahrlich zu einem Laster:

die wurden durch ihre Halskrause mehr als nur halb gewehrt.

Sie stritten miteinander einen ganzen Sommertag lang.

Ihr Gebaren sah Herr Neidhart, als er im Fass beim Wein lag.


VI

Erzählte ich euch nun die Geschichte, was sie miteinander taten,

so weiß ich es doch nicht: ich entfernte mich auf der Stelle.

Jeder begann nach seinen Freunden zu rufen;

einer, der schrie laut: „Hilf, Vater Weregant!“

Er befand sich wahrscheinlich in großen Nöten, als er so nach Hilfe schrie.

Hildebolts Schwester hörte ich ebenso laut schreien: „O weh, mein armer Bruder, weh!“


VIa

Da kam schnell ein Bauernlümmel vom Streit angelaufen:

Den fragte ich nach Neuigkeit. „Willeher kämpft mit großer Kraft.

Hildebolts Kurzmantel, der ist weit aufgerissen

und ebenso sein enger Rock, wohl drei Spannen breit.“

Das geschah wegen einer Wurzel, die man ihm aus der Hand brach/stahl.

Das galt auch für viele schöne hauben, die man beim Tanz zerrissen liegen sah.


VII

Woran soll man mein Geblök/Geplärr fortan erkennen?

Zuvor erkannte man es wohl bei (der Nennung des Wortes) ‚Jammertal‘.

Jetzt soll man mich erst recht so nennen:

Doch ist mir Eigen und Lehen schmal bemessen.

Kind/Mädchen, heißet nun den singen, der jetzt Gewalt über euch hat!

Ich bin schuldlos verstoßen: Mein Freund, nun befreit mich von diesem Namen!


VIII

Ich habe die Gunst meines Herrn schuldlos verloren:

Davon ist mein Herz von Jammer und Trauer voll.

Reicher Gott, so richte es mir nach deiner Güte,

dass ich nicht auch noch meine vielen kostbaren Freunde verliere!

Ich habe in Bayern alles gelassen, dass ich je besaß,

nun ziehe ich nach Österreich und will mich dem werten Ostermann (??) andienen.


IX

Der Wille meiner Feinde ist mir nicht gut ergangen:

Wollte es Gott, so möchte vielleicht noch ein Ausweg erscheinen. (Kommt Zeit, kommt Rat)

In dem Land zu Österreich wurde ich gut/freundlich empfangen

von dem edlen Fürsten, der mich nun mit einem Haus versorgt hat.

Hier, zu Medelick bin ich nun für immer ohne ihrer aller Dank.

Mir ist es leid, dass ich von Eppen und von Gumpen so viel über ‚Reuental‘ vorgesungen habe.


IXa

Herr Neidhart hat uns nun verlassen wie die Krähe den Stecken,

die dahin fliegt und auf der Saat sitzt.

Es soll ein Mann mit fremden Frauen nicht zu viel zecken (spielerisch necken),

der sich selbst überhaupt nicht für schuldig befunden hat.

Er genoss seine tägliche Speise (von der er daheim genug hatte),

lass Hildebolt mit Gemach/Nachsicht! Es war eine Eichel, die er bei sich im Beutel trug.


X

Mit Rädern versehen Sporen trägt Frideprecht, mir zum Leid/Ärger,

ein neues Band (Schwert oder Schild?) hat er, besser als zwei Hände breit.

Rückt er den Hinter-Ring wieder auf die Scheide,

wisset, meine Freunde, das ist mir ein Herzensleid!

Zwei neue Handschuhe zog er uns auf die Ellbogen.

Wollt ihr hören, wie derselbe Gemsbock vor der Lieben neulich beim Tanz floh?


Xa

Er gab Fersengeld, wohl zurecht, als wäre ihm angebunden

eine Schweinsblase, so wie man es bei wilden Hunden tut.

Oft unterbrach er seinen Zelter (Passgang), wie sie es gut fanden,

Hatze und Pletze (plez - Lexer: eingeweide, kaldaunen) und jener, ihr Gefährte Hademuot.

Fragt Engeltrut, wie es um ihren Bruder Fridebrecht steht!

„Ach, ach, er hat sich vor Furcht verrenkt (den Magen verdorben?) “, so hat sie mir gesagt, „der törichte Knecht.“


Xb

Sah aber jemand jenen mit der buntscheckigen Decke/Bedeckung?

Die trägt er auf Händen und klopft auf sein neues Schwert:

damit will er uns des Nachts auf der Gasse erschrecken.

Derselbe hält sich doch tatsächlich für mehr wert als drei Bohnen,

wie er so lärmt und schnaubt, der sehr üble Mann,

und ihm seine Decke geringelt erklingt, dem gleich, als trüge er einen Koller (Kragen/ Halsbedeckung/ Halskrause).


Sommerlied 18 (Woche 4)

I

„Uns will ein Sommer kommen“,

sprach ein Mädchen, „Oh ja, so habe ich den von Reuental vernommen/gehört.

Oh ja, ich will ihn loben.

mein Herz spielt gegen ihn vor Freude, als wollte es toben. (Herzklopfen, Herzrasen)

Ich höre ihn dort singen vor den Kindern.

Oh ja, niemals will ich damit aufhören,

ich springe an seiner Hand zu der Linde.“


II

Die Mutter rief ihr nach;

sie sprach: „Tochter, folge mir, lass es dir nicht hitzig/übermütig werden!

weißt du, wie es geschah

deiner Spielgefährtin Jiute Lauf/Gang (Lebensweg/Lebenslauf), der er ebenso Eide versprach?

Der wuchs von seinem Reigentanz hoch/auf ihr Bauch (wempel = Wampe)

und sie gewann ein Kind, dass sie ‚Lempel‘ (Lemmel von Lamm? Oder Lümmel?) nannte,

genau so lehrte er sie den ‚Gimpelgempel‘ (Lexer: ‚mutwilliger hüpfer, springer, penis‘).“


III

„Mutter, lass es sein!

er sandte mir ein Rosenschapel (Schapel = Schmuckreif aus Blumen oder Metall, der auf dem Haar oder Schleier getragen wird, in diesem Fall wohl ein aus Rosen gewundener Kranz)

das hat lichten/hellen Schein (ist vielleicht doch ein Reif aus Metall gemeint?)

für mein Haupt,

und zwei rote Beinlinge (oder Strümpfe) brachte er mir über den Rhein mit,

die trage ich noch heuer (in diesem Jahr) an meinen Beinen.

worum er mich bat, dass weiß nur ich, niemand sonst.

Oh ja, ich folge eurem Rat auf keinen Fall/niemals.“


IV

Der Mutter war es leid,

dass die Tochter nicht hören wollte/berücksichtigte, was sie ihr vorhersagte;

Es sprach das stolze/hochmütige Mädchen:

„Ich habe mich ihm gelobt (verlobt?), dafür hat er meine Sicherheit/mein Wort.

Was verliere ich da an meiner Ehre?

Oh ja, niemals will ich aufhören,

er muss mich seine geilen (Lexer: adj. von wilder kraft, mutwillig, üppig) Sprünge lehren.“


V

Die Mutter sprach: „Wohl hin/davon/fort!

Ob du’s im Guten oder Bösen einsehen willst, dass ist dein Gewinn:

Du hast keine gute Gesinnung.

Willst du mit Reuental gehen, so bringt er dich genau da hin:

Genau so wird sein Tanzlied dich verkaufen/preisgeben.

Er beginnt dich zu schlagen, stoßen, raufen,

so müssen doch zwei Wiegen bei dir laufen.“


Sommerlied 4 (Woche 3)

I

Heide, Anger, Wald stehen in Freude/Glückseligkeit;

die Hand hat sich (vor)bereitet mit ihrem besten Gewand,

das ihr der Mai gesandt hat.

Seien wir alle

froh mit Schall/Lärm/Echo!

Der Sommer ist in das Land gekommen.


II

Wohl aus der Stube, ihr stolzen (übermütigen) Kinder,

lasst euch auf der Straße sehen! Dahin (vorbei) ist der scharfe Wind

und auch der sehr kalte Schnee.

Hebt euch (begebt euch) schnell

zu dem Wald!

Vögel singen, denn es war Weh/Schmerz.


III

Die machen das Leid ganz vergessen.

Ihr sollt mir`s glauben! Nehmt es selbst wahr,

was der Sommer hervorgebracht hat!

Er will bereichern

sicherlich

viele Bäume mit Laubes Gewand.


IV

Die nun mit großer Vorsorge können,

die sollen bald/rasch ihr bestes Festtagsgewand anlegen,

sie sollen sich darin sehen lassen!

Wir wollen schauen

vor den Auen

wie viele Hände Blumen brechen.


V

So wie Reuental mein eigen sei,

so bin ich doch diesen Sommer frei von allen Sorgen,

seit der Winter dahin/fort ist.

Ich will lehren

die Jungen, zu ehren

die Freude, danach steht mein Sinn.


Winterlied 10 (Woche 2)

I

Als der liebe/freundliche Sommer

Abschied nahm,

da musste man der Tänze

auf dem Anger (Dorfwiese) gänzlich aufhören zu pflegen.

Davon gewann sich Kummer

der Herr Gunderam:

der musste auch sein müßiges Umherlaufen (Umherstromern)

da unterlassen.

Der ist Würfelmeister (Aufseher/Schiedsrichter beim Würfelspiel) diesen Winter:

ein anderer Kuckuck/Tor/Narr ist in dem Land nicht;

sein ‚Gassenräumer‘ gafft zu allen Zeiten wohl zum Hintern.


II

Was er an den Maiden/Mädchen

Unanständiges da begeht,

ehe das meine Frau Glocke

vollendet ihr Gebot!

Er ist sehr ungezogen/rücksichtlos/ruchlos,

welcher er (gerade) nahesteht,

die wird von Schlägen hell/bleich

und meidet den Spott/Scherz;

Deshalb ließen alle ihren Schmunzelmund (das gegenseitige Necken/Herumalbern)

den die Jungen nicht verheimlichen konnten!

Das hat ihre Hand von solcher Meisterschaft (Überwachung) sehr schmerzhaft empfunden.


III

Immer wenn man feiert,

so erheben sie sich da

mit einer Versammlung,

der ich sehr wohl Schaden gönne.

Werenbrecht, der leiert (spielt die Leier),

so trommelt Sigemar.

Das ihnen das misslingt,

das läge doch eben an!

Das kann sich doch sehr leicht (höchst wahrscheinlich) verkehren:

wollet ihr das Getöse nicht vermeiden (bleiben lassen),

so können sich zwei an meiner Amtsträger-Rute sehr stark schneiden.


IV

Komme ich zu einem Tanz,

bei dem alle beigingen/mitmachten,

da wurde daraus ein Spiel von Hand

mit beiden Ecken zwei.

Vielleicht fiele ein Glückswurf,

dass vor mir lägen drei.

Ich hielt es ohne Wende (für unabänderlich),

(jedoch) vertauschte es einer früh.

Sieg und Glück würden mir helfen gewinnen,

dass sie zur Hälfte müssten entrinnen (davonlaufen),

nun sollen sie abziehen und ihr ausgelassenes Treiben auflösen!


V

Seine Weidegänge,

die verewigen mich grau,

wenn er den Kopf wendend (Lexer: den kopf in eitler, hochmütiger, trotziger weise ab- oder umwendend) vor meiner Herrin geht (stolziert).

Treibt er es in die Länge,

besteht/bleibt er dann dabei,

so hilft man ihm aus dem Keuchen,

dass er sehr traurig dasteht.

Er und etliche seiner Gesellen,

die ich tanzend an ihrer Hand erwische,

dessen sei gewiss, ich schlage ihn, dass ihm offen steht eine Elle (ein Loch/eine Wunde, so lang und breit wie eine Elle).


VI

Ihm hilft nicht seine Jacke/sein Wams,

noch sein Haubenhut (eine Art Helm),

es wird ihm darin getränkt, (der Helm wird mit Flüssigkeit gefüllt, sein Kopf darin getaucht?)

er zog ihr einen Ball (Diu Krone: boese nâchrede trîbet man sam einen bal - ‚einen Ball nach sich ziehen‘, ist hier womöglich ein Sprichwort gemeint, dass so viel bedeutet wie ‚jemandem üble Nachrede bescheren‘?)

Er ist ein törichter Laie;

sein dummer Verstand

wird ihm da gekränkt.

Will er vor Reuental,

hin und her so viel scharwenzeln,

so wird er wohl zerzaust/zerrissen unter Vieren.

Herr Werenbrecht, was kann ich dafür, wenn er davon taumelnd/schwankend wird?


VIa

Die Klingen will ich

um meine Seiten tragen,

so darf mir durch meinen Korb (oder Trommel?)

niemand stechen.

Er muss sehr weit springen:

ergriffe ich ihn mit dem Schlag

ich schlüge ihn, dass er dummer

schaut, nimmer (nie wieder) hell/klar.

ich helfe ihm mit dem Körper in die Asche,

und schlage ihn willentlich mit einer Flasche,

dass ihm die Hunde das (verspritzte) Hirn von der Erde lecken können.


VIb

Herr Neidhart hat gesungen,

dass ich ihn hassen will,

um meines Verwandten willen,

dessen Verwandter, den er beleidigte.

Ließ er es unbezwungen!

Es ist ihm gänzlich/völlig zu viel.

Enthielte er sich seiner Grillen (Grille = sehr sonderbarer, schrulliger Gedanke, Einfall)

und hätte auch der Gewalt!

Es ist ein Schelten/Tadeln, dass mich freuen lässt.

Wird die Amtsträger-Rute mir gewetzt,

so trenne ich ihn auf (aufschneiden?), dass man gut und gerne einen Sessel/Schemel in ihn setzen könnte.