Die dörper in Neidharts Liedern

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Immer wieder treten in Neidharts Liedern "die dörper" als Neidharts männliche Gegenspieler auf und behindern diesen in mehreren Bereichen, vor Allem aber bei der Brautwerbung. Dieser Artikel gibt einen Überblick über allgemeine Eigenschaften der "dörper", deren Beziehung zu Neidhart und einzelne Interpretationsansätze in verschiedenen Deutungszusammenhängen.

[Peters 2000]

[Schweikle 1990]

[Braun 2007]

[Müller 1986]

[Schulze 2018]



Bedeutung und Begriffsgeschichte

Bei dem Begriff dörper handelt es sich um ein Lehnwort aus dem Niederländischen/Niederdeutschen, das der oberdeutschen Dichtung um 1200 zuzuordnen ist. Auf den sozialgeschichtlichen Kontext reduziert, kann der Begriff dörper mit der Bedeutung von bûre (= Bauer) gleichgesetzt werden, wodurch den dörpern lediglich die Rolle des Gegenspieler des Sängers zugewiesen wird. (Vgl.[Schweikle 1990:123]).

Eine solche inhaltlich beschränkte Definition der dörper scheint daher unzureichend und nicht ganz plausibel, da hierbei die Frage aufkommt, wieso Neidhart in seinen Liedern nicht einfach den Begriff bûre übernimmt.

Folgende Tabelle zeigt zwei verwandte Begriffe zum Substantiv „dörper“:

Wortart Wort Bedeutung Beispiel
Substantivum dörperheit
  • steht für unhöfisches Benehmen (nicht abhängig von Stand zu sehen)
  • bezieht sich lediglich auf das Verhalten einzelner Figuren
„dâ ist nie dehein dorpeit under“...

→ „darunter ist nie irgendeine Unhöfichkeit“ [Schweikle 1990:123].

Adjektiv dörperlich
  • siehe „dörperheit“, in diesem Fall: „unhöfisch"
„dat hê mich dörperlich bæte“

→ „dass er mich auf unhöfische Art bitten würde“ [Schweikle 1990:123] .

Eine exakte Übersetzung für den Begriff des dörpers, als auch eine bloße Deutung im sozialgeschichtlichen Kontext scheint kaum möglich und vermutlich auch nicht äußerst hilfreich zu sein. Vielmehr gilt es, den Begriff als Bezeichnung für eine fiktive Figurengruppe in den Neidhartliedern zu verstehen, der hauptsächlich als „literarischer Gegentypus zum idealtypischen ritter“ [Schweikle 1990:124] und dessen Verhaltensformen dienen soll.

bûre vs. dörper

Wie bereits erwähnt kommt es in der sozialgeschichtlich orientierten Auswertung des dörper-Begriffs zu einer Gleichsetzung mit dem Begriff bûre , gebûre, was einer Gleichsetzung der dörper mit gewöhnlichen Bauern des niederen Standes nach sich zieht. Mit dieser Gleichsetzung würden auch die Handlungen und das Auftreten der Gegenspieler des Sängers mit denen der Bauern in jeder Hinsicht übereinstimmen, was diesen Ansatz schon von Grund auf widerlegt.

Nur selten wird der Terminus bûre in Neidharts Liedern verwendet. In SL23 und SL25 wird der Begriff gezwungenermaßen benötigt, um das Pastourellenschema umzukehren. Das bedeutet, statt einem bäuerlichen Mädchen, das um einen Ritter wirbt, wirbt ein Bauernjunge (also bûre) um ein Mädchen, das einem höheren Stand angehört. Um den niedrigeren Stand des Bauernjungen zu kennzeichnen kommt demnach nur die Bezeichnung bûre infrage, insofern die Bezeichnung dörper hier irreführend wäre. Des weiteren verwendet Neidhart den Begriff bûre um realhistorische Ereignisse hervorzuheben oder zu beschreiben. Das ist beispielsweise im SL 22 und SL 27 der Fall, bei denen Neidhart Bezug auf die Gesellschaftsgruppe der Bauern nehmen möchte. Auch die Verwendung als abwertendes Schimpfwort ist im Zusammenhang mit dem Begriff bûre möglich. So verwendet Neidhart den Terminus im WL 25 - ähnlich wie er heute teilweise auch noch verwendet wird - um eine vermeintlich nieder Bevölkerungsgruppe in ihrem Dasein und ihren Verhaltensweisen abzuwerten.(Vgl.[Schweikle 1990:124-127]).

Es sollte deutlich geworden sein, dass beide Begriffe in Neidharts Liedern genannt werden, diese jedoch klar differenziert betrachtet werden sollten. Wie sich der Begriff des dörpers noch weiter von dem des bûren unterscheidet und sich von ihm abgrenzt, wird im Folgenden weiter ausgeführt.

Eigenschaften der dörper

Im Folgenden werden Eigenschaften, als auch äußere und charakterliche Eigenschaften der dörper untersucht. Schweikle bezeichnet die dörper im Allgemeinen als „einen fiktiven Typus, der […] durch unpassende oder geckenhafte Aufmachung, durch grobes Benehmen bei Tanz, Spiel und v.a. den Frauen gegenüber und durch exzessive Streitsucht gekennzeichnet ist.“ (Schweikle S.124)

Aussehen und Kleidung

Haare und Frisuren

Kleidung

Beschreibung und Wirkung
Deutungskontext

Waffen

Durch die aufgeladene, meist gewalttätige und aggressive Atmosphäre, welche in den Winterliedern zwischen dörpern und Sänger herrscht, tritt unter anderem das Thema Waffen und Rüstungen in den Vordergrund. Diese Aspekte, welche im klassischen Minnesang eher selten vertreten sind, spielen in den Liedern Neidharts eine besondere Rolle für die Charakterisierung der Antagonisten des Sängers sowie die Illustrierung und Konstituierung des Umfelds. Für die Beschreibung und Benennung solcher Waffen besitzt der Autor eine Bandbreite an Formulierungen, benennt jedoch vor allem Handwaffen wie chepel eysen, chlingen, ekken, mezzer, misencorden, swert und ähnliches [Braun 2007]. Wie bei vielem in der Kunstwelt Neidharts sind auch einige Waffen symbolisch aufgeladen. Allen voran ist hierbei das Schwert, welches nicht nur eine militärisch, sondern auch eine sexuelle Konnotation besitzt [Braun 2007].

Mittelhochdeutsch Übersetzung
Rädelohte sporen treit mir Fridepreht ze leide, Radrunde Sporen trägt Fridebrecht mir zu leide,
niuwen vezzel hat er baz dan zweier hende breit. sein neuer Schwertgurt war mehr als zwei Hände breit.
rucket er den afterreif hin wider ûf die scheide, Wenn er den Hinterreif zurück auf die Scheide schiebt,

(WL24, S10, V1-3)

Mittelhochdeutsch Übersetzung
wellents ir getelse niht verrîden, wollen sie mit ihrem Geklimper nicht aufhören,
sich mugen zwêne an mîner weibelrouten wol versnîden. können sich zwei beachtlich an meinem Schwert schneiden. Koeme ich zeinem tanze, Käme ich zu einem Tanz,
dâs alle giengen bî, wo alle vorbeikämen/teilnähmen,
dâ wurde ein spil von hende da würde ein Spiel beginnen
mit beiden ekken zuo. mit beiden Schwertschneiden.

(WL10, S3 V10- S4 V4)

In beiden Beispielen aus den Winterliedern Neidharts wird die Abneigung des Sängers gegenüber seinen Rivalen und deren Verhalten deutlich. Wenn das Schwert jedoch um seine Deutung als Phallussymbol ergänzt wird, erhalten die Strophen eine zusätzliche Bedeutungsebene, in welcher die Konkurrenz um ein Minneziel und die damit einhergehende sexuelle Interaktion die gegenseitige Aggression prägen. Zusätzlich zu ihren Waffen tragen die dörper auch verschieden Rüstungsteile wie collir, eisen rinch, eisnin gewant, hvtel, wambeis, platen und weiteres. Auch hier findet sich eine neue Deutungsebene, die über Gewalt hinaus geht. Durch die vereinzelte Nennung von Teilen einer Rüstung, die aber nie in einem ganzen Auftreten, wird der Versuch und das letztendliche Scheitern der dörper illustriert, sich als Ritter darzustellen [Braun 2007].

Verhaltensweise und Auftreten

Der Sänger und seine Gegenspieler

Erschaffung einer Kunstwelt

Zerfall höfischer Sitten

Gegenmodell zur höfischen Welt und Differenz zu bäuerlichen Lebensverhältnissen

Dörperliche Namen

Komposita

Weitere Besonderheiten

Der dörper Engelmar

Engelmars Spiegelraub

Fazit

Literatur

<HarvardReferences />

  • [*Peters 2000] Peters, Ursula: Reinharts Dörperwelt, in: Mittelalter-Philologie zwischen Gesellschaftsgeschichte und Kulturanthropologie, S.445-460.
  • [*Schweikle 1990] Schweikle, Günther: Neidhart. Stuttgart 1990, S. 123-130.
  • [*Braun 2007] Braun, Manuel: Spiel Autonomie (unveröffentl. Habil.), S. 259-280.
  • [*Müller 1986] Müller, Jan-Dirk: Strukturen gegenhöfischer Welt. Höfisches und nicht-höfisches Sprechen bei Neidhart, in: Höfische Literatur und Hofgesellschaft. Höfische Lebensformen um 1200. Kolloquium am Zentrum für Interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld (3. bis 5. November 1983), hg. von Gert Kaiser und Jan-Dirk Müller, Düsseldorf 1986 (Studia humaniora 6), S. 409-453.
  • [*Schulze 2018] Schulze, Ursula: Grundthemen der Lieder Neidharts, in: Neidhart und die Neidhart-Lieder. Ein Handbuch, hg. von Margarete Springeth und Franz Viktor Spechtler, Berlin/Boston 2018, S. 96-102.