Parzival in der Kunst
Im Deutschland und Frankreich des beginnenden 14. Jahrhunderts entstehen neben den zahlreichen Handschriftenillustrationen malerische Nachgestaltungen von Artusromanen in Form von Wandfresken, Teppichen oder Schmuckgegenständen. Die Bildüberlieferungen stehen für "das erwachende[...] Selbstbewußtsein[...] der städtischen Oberschicht. [Saurma-Jeltsch 1999:S. 1] Jedoch befinden sich die ersten Zeugnisse nicht in Frankreich, dem Ursprungsland des Artusromans, sondern in Deutschland, das sich ikonographisch mit dem profanen Inhalt der Ritterromane auseinandersetzt. Hierbei fand unter anderem der Parzivalstoff Anklang bei den Auftraggebern und diente wohl "vor allem der Aufwertung des Hauses und damit der Repräsentation seiner Bewohner [...]". [Saurma-Jeltsch 2002: S. 283] Das älteste Zeugnis darunter ist "ein Gemäldezyklus, der in den 60er Jahren des 19. Jh. im ehemaligen >Haus zur Kunkel< in Konstanz gefunden wurde." [Schirok 1982: S. 145]
Rezeption in Deutschland
Freskenzyklus im Haus zur Kunkel in Konstanz
Der renommierte Parzival Forscher Bernd Schirok konnte 1988 endgültig nachweisen, dass die Szenen an der Südostwand im Piano Nobile des Hauses am Münsterplatz 5 [1] an den Parzival Wolframs von Eschenbach angelehnt sind. [Schirok 1992:vgl. S. 184] Es gelang ihm, die Szenen zu identifizieren und fehlende oder zerstörte hypothetisch zu ergänzen. Erstmalige Erwähnung erfuhr die Wandmalerei in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, vollständig freigelegt wurde die Wand im Jahre 1936. In einem ersten Schritt soll hier die Struktur des Parzivalzyklus erläutert werden, um dann in einem weiterführenden Schritt eine Interpretation der Szenen anzuführen.
Struktur des Zyklus
Die genaue Entstehungszeit des Freskos ist in der Forschung einstimmig geklärt worden. Die Kunsthistorikerin Lieselotte E. Saurma-Jeltsch datiert den Parzivalzyklus auf das "zweite Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts" [Saurma-Jeltsch 2002: S. 307]und stimmt damit mit Werner Wunderlich überein, der diesen "etwas hundert Jahre jünger als das Epos" [Wunderlich 1996: S. 78] schätzt. Wie in vielen anderen Fresken der Zeit, etwa dem Tristanzyklus auf Burg Runkelstein, stellen die Parzivalfresken nur einen bestimmten Ausschnitt aus dem Parzival dar. Der Maler beginnt mit Parzivals Geburt [2] und lässt den Zyklus vermutlich mit dessen Berufung zum Artusritter enden. [Saurma-Jeltsch 2002: S. 308]
Die Wand ist in drei horizontale Register geteilt und am oberen Rand mit einem dekorativen Fries versehen. Der untere Rand wird durch ein Vorhangmuster begrenzt. Die Szenen sind nicht untertitelt oder genauer beschrieben sondern es wird dem Betrachter überlassen, den Inhalt individuell zu rezipieren. Es muss davon ausgegangen werden, dass die literarische Quelle hinreichend bekannt war. Schirok geht von einer "ursprüngliche[n] Bildfläche von 4,36m x 1,80m" [Schirok 1992: S. 184] aus, die demnach eine eindrucksvolle Wirkung auf Besucher gehabt haben muss.
1. Szene: Die obere Bildhälfte ist dominiert von Herzeloyde, die im Wochenbett liegt, mit einer Krone versehen und einem ausladenden, roten Tuch bedeckt ist. Anders als im Parzival (112,5f und 112,21) [3] scheint sie von der Geburt des großen Kindes nicht sehr erschöpft zu sein, denn sie sitzt aufrecht im Bild.
Interpretationsansätze
Freskenzyklus in Lübeck
Parzivalteppich in Braunschweig
Bilderburg "Runkelstein" in Bozen
Rezeption in Frankreich
Fresques de Theys (Isère)
Elfenbeinkästchen (Louvre)
Verweise
- ↑ http://www.konstanz.de/kulturzentrum/01635/03831/index.html Öffnungszeiten und Informationen zum Haus zur Kunkel in Konstanz.
- ↑ http://www.zi.fotothek.org/obj/obj19002868/001/DokAnzeige In meiner Bildbeschreibung beziehe ich mich auf die Fotografien des Farbdiaarchivs.
- ↑ Alle Versangaben beziehen sich auf die Ausgabe: Wolfram von Eschenbach: Parzival. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/New York 2003.
Forschungsliteratur
<HarvardReferences /> [*Saurma-Jeltsch 1999] Saurma-Jeltsch, Lieselotte E.: Aufschlußreiche Hinterlassenschaften, in: Online Ausgabe der Ruperto Carola 1/1999: http://www.uni-heidelberg.de/uni/presse/RuCa1_99/saurma.htm. <HarvardReferences /> [*Saurma-Jeltsch 2002] Saurma-Jeltsch, Lieselotte E.: Profan oder sakral? Zur Interpretaion mittelalterlicher Wandmalerei im städtischen Kontext, in: Literatur und Wandmalerei l. Erscheinungsformen höfischer Kultur und ihre Träger im Mittelalter, Freiburger Colloquium 1998, hrsg. von Eckard Conrad Lutz u.a. Tübingen 2002, S. 283-327. <HarvardReferences /> [*Schirok 1982] Schirok, Bernd: Parzivalrezeption im Mittelalter, Darmstadt 1982. <HarvardReferences /> [*Schirok 1992] Schirok, Bernd: Die Parzivaldarstellungen in Lübeck, Braunschweig und Konstanz, in: Probleme der Parzival-Philologie, Marburger Kolloquium 1990, hg. von Joachim Heinzle u.a. (Wolfram-Studien 12, Berlin 1992, S. 172-190. <HarvardReferences /> [*Seelos 1982] Seelos, Ignaz: Zeichnungen zu den Triaden, in: Runkelstein, die Wandmalereien des Sommerhauses, hrsg. v. Walter Haug, Wiesbaden 1982, S. 94-97). <HarvardReferences /> [*Wunderlich 1996] Wunderlich, Werner: Weibsbilder al fresco. Kulturgeschichtlicher Hintergrund und literarische Tradition der Wandbilder im Konstanzer Haus "Zur Kunkel", Konstanz 1996.