Isenhart (Wolfram von Eschenbach, Parzival)
Isenhart von Azangouc ist ein Ritter, welcher unter anderem bei Wolfram von Eschenbach im Parzivalroman im 1. Buch eine Rolle spielt. Er kommt bei Wolfram nie lebendig vor, denn sein Tod ermöglicht die Haupthandlung des ersten Buches: die Belagerung der Burg Pâtelamunt im Königreich Zazamanc. Isenhart war im Dienste der Königin von Zazamanc: Belacane, gefallen, er hatte um jeden Preis versucht ihre Liebe zu erringen und dafür mit dem Leben gezahlt. Seine Verwandten hatten dabei Verrat durch Belacne vermutet, da sie Isenhart dazu gebracht hatte, seine Rüstung abzulegen und weil sein Mörder Prothisilas ihr Vasall gewesen war. Deswegen waren sie gegen Belacane in den Krieg gezogen und hatten ihre Hauptstadt belagert. Durch Gahmurets Auftreten wird diese Belagerung beendet und es kommt zu einer Aussöhnung, nach der Gahmuret die Rollen des Isenhart übernimmt; sowohl als Ehemann der Belacane als auch als Herrscher über das Königreich Azagouc. Desweiteren werden ihm Teile von Isenharts besonderer Ausrüstung sowie seine ehemaligen Lehensleute und Vasallen übergeben.
Isenhart [1]
Beschreibung bei Wolfram
Isenhart wird als ein Ritter von Adel mit prächtigem Leib, großer Stärke und herausragender Klugheit beschrieben. Charakterlich soll er feinste Sitten, Keuschheit sowie Stolz gehabt haben. Dazu war er großzügig und nicht mit Schlechtigkeiten zu verunsichern. Sein Vater war der Königs Tankanîs. Wie Belacane selbst war Isenhart dunkelhäutig und kein Christ.
Belacane sagt bei V. 26, 11-25 folgendes über Isenhart:
sîn lîp was tugende ein bernde rîs. | Sein leib ein Zweig, der Frucht trug an allen Kräften. |
der helt was küene unde wîs, | Dieser Mann war stark und klug: |
der triwe ein reht beklibeniu früht: | ein Edelreis der Treue, das so recht angegangen ist. |
sîn zuht wac für alle zuht. | Seine Sitten waren noch feiner als die Courtoisie selber. |
er was noch kiuscher denne ein wîp: | Noch keuscher als eine Frau war er, |
vrecheit und ellen truoc sîn lîp, | doch wachen Stolz und Stärke trug sein Leib. |
sone gewuohs an ritter milter hant | Es wuchs nie eine Hand an einem Ritter, die so bereit zu schenken war wie seine |
vor im nie über elliu lant | so weit man auch schaut in der Welt - |
(ine weiz waz nâch uns süle geschehen: | ich weiß naürlich nicht, was nach uns noch geschehen wird, |
des lazen ander liute jehen): | davon mögen dann andere reden - |
er was gein valscher fuore ein tôr, | und er war taub auf jenem ohr, in das man ihn zu Schlechtigkeiten rief, |
in swarzer varwe als ich ein Môr. | und schwarz wie ich, ein Mohr. |
sîn vater hiez Tankanîs, | Sein Vater hieß Tankanîs, |
ein künec: der het och hôhen prîz. | ein König, der war auch ein großer Held. |
Mîn friunt der hiez Isenhart. | Mein Geliebter, der hieß Isenhart. |
Beziehung zu Belacane
Isenhart hatte um Belacane geworben und war an diesem Streben zu Grunde gegangen. Belacane hatte ebenso viel für Isenhart empfunden und war durch seinen Tod in große Trauer geraten (28,10ff). Jedoch wollte sie seinen Werbungen in mädchenhafter Scham nicht nachgegeben und ihm deswegen immer weitere Prüfungen auferlegt. Schlussendlich hatte er seine Ausrüstung weggeben um ihr seine Hingabe zu beweisen. Durch diesen Mangel an Rüstungsschutz war es Prothisilas, einem Fürst der Belacane, gelungen Isenhart im Wald von Azagouc in einer Tjost zu töten (27,13ff; 28,1-7) auch wenn er dabei sein eigenes Leben verloren hatte. An seiner Liebe und dem Minnestreben zu Belacane war Isenhart also zu Grunde gegangen. In diesem Sinne kann er als Beispiel dafür gewählt werden auf welche Art ein Ritter zu Tode kommt wenn er sich der Minne zu einer Frau zu sehr hingibt. Isenhart wirft sein Leben geradezu weg, da dies für ihn scheinbar die einzige Möglichkeit ist Belacane zu gewinnen.
Verwandtschaftliche Beziehungen und Verbündete
Isenharts Tod wird von einer durchmischten Gruppe an Kriegern gerächt: Einerseits sind seine eigenen Leute aus Azagouc unter dem mit Isenhart blutsverwandten Mohrenkönig Razalîc anwesend, also heidnische Ritter. Andererseits sind Kämpen auf Geheiß des Schottenkönigs Vridebrant sowie dessen christliche, europäische Verbündete anwesend. Vridebrant ist der Cousin von Isenhart und ihm daher verbunden. Schiltunc ist Vridebrants Schwiegervater und unterstützt wegen dieser Verwandtschaftsbeziehung dessen Krieg. Weitere Unterstützung erhalten sie durch den Herzog Huitigêr, den Spanier Kaylet sowie Gaschier aus der Normandie und den Neffen der beiden Letztgenannten, Killirjacac. Isenhart hatte also gute Verbindungen in die heidnische und auch in die christliche Welt gehabt. Er stellt eines der Beispiele für einen glorreichen und ruhmvollen heidnischen Helden dar, welcher sich gut mit seinen europäischen Äquivalenten messen kann. Sein eigenes Königreich Azagouc, mit verschiedenen Fürsten und Mächtigen, scheint den europäischen Reichen auch durchaus ebenbürtig und ähnlich zu sein, und beweist seine Gleichwertigkeit spätestens darin, dass Razalîc mit seinen Männern Seite an Seite mit den Schotten kämpft.
Die Rache für Isenhart
Isenharts Verwandte hatten Belacane beschuldigt: sie hätte den Tod des Isenharts geplant und als Intrige eingefädelt gehabt, in dem sie ihn zu solch selbstmörderischen Kämpfen ohne Rüstung gebracht hatte. Aus diesem Grund hatten sie Belacane in ihrer Burg angegriffen und Belagert. Dabei gibt es 16 offene Stadttore an denen zu Tag und Nacht gekämpft worden war. Acht davon werden durch Krieger aus Azagouc, unter dem Mohrenkönig Razalîc angeführt. An den anderen acht Toren stehen die Schotten und ihre oben genannten Verbündeten. Gerade der Herzog Huitigêr sowie Razalîc tun sich als starke Kämpen hervor und fügen den Rittern Belacanes schwere Verluste bei. Bis zu Gahmurets eintreffen war der Kampf noch nicht entschieden gewesen, jedoch waren die Verteidiger in einer großen Notlage gewesen. Gahmurets Erscheinen wendet das Blatt binnen eines Tages. Er besiegt sowohl Huitigêr, Gaschier als auch Razalîc und weitere im Tjost und zwingt ihnen ihr Ehrenwort ab. Mit seinem Verwandten Kaylet verbrüdert er sich zügig und so sind alle wichtigen Männer um ihn versammelt und ihm verbunden. Dadurch kann ein umfassender Friede geschaffen, sowie die Belagerung beendet werden. Gahmuret erhält dafür sowohl das Königreich des Isenhart, Azagouc, als auch Belakane als Ehefrau und somit Zazamanc. Der Isenhart Handlungsstrang wird mit einer Erwähnung seiner königlichen Bestattung vollständig beendet und im Roman nicht weiter behandelt
V. 53, 26-29
ine hân mirs selbe nieht erdâht: | Ich habe es mir nicht selber ausgedacht, |
man sagete mir daz Isenhart | man hat es mir gesagt, dass Isenhart |
küneclîche bestatet wart. | bestattet wurde wie ein König; |
dat tâten dien erkanden. | das taten seine Freunde. |
Gahmuret als Erbe
Durch diese Wendungen nimmt Gahmuret weitgehend das Erbe des Isenhart an. Razalîc bittet ihn, der neue Herr von Azagouc zu werden, da durch Isenharts Tod diese Stellung verwaist ist. Belacane erfüllt ihr Versprechen und zierte sich bei Gahmuret nicht weiter ihn zum Mann zu nehmen. Durch die Bitten der anwesenden Herrscher erhält er desweiteren das prächtige Zelt des Isenharts zugesprochen, sowie das Versprechen des Herzogs Huitiger ihm den Helm Isenharts, Adamas, zu besorgen (52,3-13). Somit beerbt Gahmuret Isenhart sowohl in der Liebe bei Belacane, als Herrscher von Azagouc und auch als berühmter Krieger. Im Vergleich zu Isenhart vereint Gahmuret den Westen und Orient aber stärker, Isenhart ist lediglich durch Verwandtschaft mit christlichen Rittern aus Schottland verwandt, Gahmuret hat jedoch sowohl eine christliche, königliche Geburt und somit sehr hohen Adel als auch großes Ansehen im Orient. Er hatte ja bereits für den Baruc in vielen Schlachten im Orient gekämpft gehabt. Auch dadurch, dass er Belacanes Liebe gewinnen kann, übertrifft er Isenhart. Gahmuret beerbt Isenhart also weniger im Sinne einer Nachfolgerschaft sondern er übernimmt eher Isenharts Aspekte und übertrifft sie durch seine eigenen noch weiter.
- ↑ Alle Zeilenangaben sind aus folgender Ausgabe entnommen: Wolfram von Eschenbach: Parzival. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/New York 2003.