Ansichten zum Frageversäumnis (Wolfram von Eschenbach, Parzival)

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Allgemeines

Die Forschung versucht in verschieden Ansätzen das paradoxe Verhältnis von Frageversäumnis und Parzivals Schuld zu klären. Dabei muss zuerst untersucht werden, welche Frage Parzival stellen soll und welche Gründe dafür ausschlaggebend sind, dass er dies versäumt. Zuletzt muss sein Nichtfragen und die daraus resultierenden Folgen für den Verlauf des Romans gedeutet werden. Dabei besteht die Schwierigkeit der Interpretation darin, dass sich zwei Ebenen kombinieren. Zum einen die ursprüngliche märchenhaft-archaische Grundstruktur und zum anderen die darauf aufgebaute rationalisierende Ebene, auf denen sich bei Wolfram von Eschenbach die Thematik entwickelt.


Der Charakter der Frage

Parzival soll sich nach dem Leiden des Königs erkundigen:


het gefrâget sîner nôt (255,19)[1] da hättet Ihr doch nach seinem Leiden fragen müssen!
daz er niht zem wirte sprach umben kumber den er an im sach (473,15ff.) denn er hat der Herrn dort nicht angesprochen und nicht nach seinem Leiden gefragt, das er doch an ihm sah

Gegenüber Chrétiens Werk hat Wolfram schon die Art der Frage verändert und von den Gegenständen, die bei Chrétien in keinem Zusammenhang mit der Krankheit des Königs stehen, auf die Figur des leidenden Königs verlagert. In Chrétiens Fassung soll Parceval fragen, warum die Lanze blutet und wem man mit dem graal bedient. In der Forschung hat man versucht einen eindeutigen Vergleich von Neugierfrage bzw. Erkundigungsfrage bei Chrétien und Wolframscher Mitleidsfrage zu erarbeiten. Angesichts des Textes erwies es sich jedoch als problematisch.

Die Vorgänge auf der Gralsburg lassen Neugierde bei Parzival entstehen und das scheint die beste Voraussetzung zum Fragen zu sein. Der Mitleidscharakter wird erst in dem Inhalt der Frage sichtbar, der jedoch während des ersten Besuches auf der Gralsburg noch nicht erwähnt wird. Es wird dennoch deutlich, dass es sich hierbei um eine Erlösungsfrage handelt. Der Erzähler weist darauf hin, dass die Frage Anfortas von seinem Leiden erlöst hätte(240,9). Cundrie stellt die Frage als Mitleidsfrage dar:


dô der trûrge vischære (315,28ff.) Als der traurige Fischer
saz âne freude und âne trôst, da saß vom Glück verlassen und ohne Hilfe,
war umb irn niht siufzens hât erlôst. warum habt Ihr ihn nicht erlöst aus seinem Seufzen?
Er truog iu für den jâmers last. Vor Eure Augen hat er seines Jammers Last getragen,

Sigune hebt dagegen den Neugieraspekt hervor:


{ |- | ir sâhet doch sölh wunder rgôz: (255,5f.) ||Ihr habt doch so viele große Wunder gesehen: |- | daz iuch vrâgens dô verdrôz! || Wie konntet Ihr zögern zu fragen, |}

Ebenso hebt Parzival selbst den Neugieraspekt hervor:

`grœzlîch wunder ich dâ sach, »Großartige Wunder habe ich dort gesehen
unt manege frouwen wol getân.´ und viele schöne Damen.«


Wilhelm Kellermann wendet sich gegen eine strikte Differenzierung von Neugier- und Mitleidsfrage und schlägt vor, "von einem Typus der Eindrucksfrage [zu] sprechen, die beim mhd. Dichter von der Barmherzigkeitsfrage ergänzt wird."

Die Schuldproblematik

Parzivals Frageversäumnis trägt ihm viele schwere Vorwürfe ein. Sigune und Cundie beschimpfen ihn und werfen ihm einen Mangel an triuwe vor, welche er durch das Fragen hätte erweisen sollen. Ebenso bezeichnet Trevrizent Parzivals Frageversäumnis als sünde.

zuht als Begründung für Parzivals Schweigen

Konsequenzen

Literaturnachweise

  1. Alle Textstellen-Angaben aus Wolfram von Eschenbach: Parzival. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/New York 2003.

<HarvardReferences />


[Kellermann 1936]Kellermann, Wilhelm: Aufbaustil und Weltbild Chrestiens von Troyes im Percevalroman. Halle/Saale, 1936.