Adoleszenz in der Ritterwelt

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Dieser Artikel behandelt die Entwicklung Parzivals im gleichnamigen Roman von Wolfram von Eschenbach und geht dabei speziell auf den Übergang von der pueritia zur adolescentia ein. Die Einteilung der Lebensabschnitte orientiert sich im Folgenden an der Sechs-Weltzeitalter-Lehre, nach welcher zwischen sechs Etappen auf dem heilsgeschichtlichen Entwicklungsweg des Menschen unterschieden wird. Anhand von ausgewählten Sinnabschnitten und konkreten Textstellen analysiert der vorliegende Artikel den inkrementellen Prozess der Reifung, welcher sich auf Parzivals Abenteuerreisen vollzieht und durch den Eintritt in die Ritterwelt manifestiert.

Der Auszug aus Soltane - Das Ende Parzivals Kindheit?

Mit dem Aufbruch aus Soltane endet Parzivals Kindheit (infantia) zweifelsfrei im Sinne eines behüteten Aufwachsens im Einflussbereich seiner Mutter Herzeloyde. Der Text gibt allerdings keine Hinweise auf das tatsächliche Alter Parzivals zur Zeit des Aufbruchs. Es liegt jedoch nahe, dass er sich zu diesem Zeitpunkt bereits an der Schwelle zur adolescentia befindet und damit den Großteil der pueritia ebenfalls in Soltane verbracht hat. Dieser Annahme liegt die Tatsache zugrunde, dass der junge Held bei seinem ersten Gralsbesuch noch bartlos ist "unt daz vor jugende niemen dran kôs gein einer halben gran" (244,8 ff.), was ein Charakteristikum der pueritia ist, zuvor aber bereits die Ehe mit Condwiramurs vollzogen (203,1 ff.) und Kinder gezeugt hat, was der Leser allerdings erst im 16. Buch (820 f.) erfährt und ein eindeutiges Charakteristikum der adolescentia darstellt. Im Weiteren soll es nicht um solche Detailfragen gehen, jedoch ist es an dieser Stelle wichtig zu wissen, dass Parzival sich zu Beginn seiner Abenteuerreise physisch schon im fortgeschrittenen Stadium der pueritia befindet, während er kognitiv gerade erst die Schwelle zwischen infantia und pueritia überschritten hat.

Die erste Etappe: Artushof und Ither-Kampf

Mit dem unbedingten Wunsch, Ritter zu werden, begibt sich Parzival auf die Suche nach dem Artushof, um sich dort ausbilden zu lassen. Auf dem Weg dorthin trifft er zunächst auf seine Cousine Sigune, der Parzival auf die Frage nach seinem Namen den vertrauten Kosenamen "bon fîz, scher fîz, bêâ fîz" (140,6) nennt, woraufhin sie ihn erkennt. Im Anschluss erfährt unser Held zum ersten Mal seinen richtigen Namen "deiswâr du heizest Parzivâl" (140,16) und wird über seine Herkunft "dîn vater was ein Anschevîn [...] du bist ouch künec ze Norgâls" (140,25 ff.) sowie sein Verwandschaftsverhältnis zu Sigune aufgeklärt. Damit bekommt der Ritter in spe einen ersten Einblick in seine Abstammung und macht einen wichtigen Schritt in Richtung Identitätsbildung. Als Parzival Sigune auf ihre Trauer anspricht, klagt sie ihm vom Tod ihres Geliebten, der in Ausübung seiner Ritterschaft gefallen ist. Um Parzival vor diesem Schicksal zu bewahren, weist sie ihm einen falschen Weg, in der Hoffnung, dass er den Artushof nicht findet. Müde und erschöpft gelangt Parzival zu einem Fischer, der ihn gegen das hohe Entgelt eines Ringes bei ihm übernachten lässt und ihn am nächsten Tag nach Nantes vor den Artushof führt (143,1 ff.).