Folgen und Verfolgen (Neidhart)

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Dieser Artikel bietet einen Überblick über das Motiv des "Folgens/followings" bei Neidhart und beleuchtet darauf aufbauend welche Arten des Folgens, oder auch des Verfolgens, auftreten.

Das Motiv des "followings" ist bei Neidhart zentral, wobei im Artikel auch herausgearbeitet werden soll, wie und wozu anderen Personen gefolgt wird respektive andere Personen verfolgt werden. Dies soll an verschiedenen Textbeispielen herausgearbeitet werden.

Folgen

Definition

Jagt man das Verb folgen durch das Internet, werden einem direkt erstmal mehrere verschieden Vorschläge und Möglichkeiten zur Verwendung des Wortes geliefert. Um das Thema des Artikels systematisch aufzuarbeiten, ist es wichtig zu Beginn erstmal einen Überblick über die verschiedenen Bedeutungsmöglichkeiten zu bekommen, welche für die Auseinandersetzung mit Neidharts Liedern von Bedeutung sind. [1]

Nachgehen

Die erste Assoziation mit dem Wort folgen, ist zwangsläufig das Nachgehen, das hinter jemanden oder etwas Hergehen, welches auf unterschiedliche Art und Weise von statten gehen kann. Beispielsweise kann man jemandem selbst folgen oder demjenigen auch nur mit den Augen folgen; andererseits besteht auch die Möglichkeit etwa einer Spur zu folgen.

nachkommen

Auch diese Bedeutung wird oft direkt mit folgen in Verbindung gebracht, wobei dies physisch aber auch im übertragenen Sinn stattfinden kann. Beispielweise könnte das Sänger-Ich einer Gruppe von Erwachsenen zu einem Tanz folgen, oder aber auch im übertragenen Sinn einem Rat eines Freundes folgen zum Tanz zu kommen, also quasi seinem Rat nachkommen. Beide Aspekte sind auch zentral für die spätere Textanalyse der Neidhart Lieder.

in der gleichen Weise oder ähnlich wie jemand handeln

Auch dieser Bedeutungsaspekt wird wichtig sein für die Textanalyse der Neidhart Lieder, da die dörper oftmals in gleicher oder ähnlicher Weise handeln, wobei ihre Handlungen oftmals durch eine Art Gruppendynamik ausgelöst werden, die dann zu einem "Folgen" untereinander kommt. Auch im Alltag ist dieser Aspekt von Bedeutung, da die Menschen oft ähnlichen Normen, Regeln und Verhaltensweisen folgen, um sich in die Gesellschaft einzuordnen. Dieses Verhalten spiegelt auch eine Art des Folgens wieder.

in einem sozialen Netzwerk Nachrichten eines bestimmten Nutzers regelmäßig empfangen

Ein immer wichtigerer Aspekt des Folgens (eng.following) entsteht durch die schnell fortschreitende Entwicklung der sozialen Medien. Eine Frage wie "Folgst du deinem Lieblingsschauspieler schon ?" wäre vor zehn Jahren bei den meisten Leuten wohl auf Unverständnis gestoßen, heutzutage weiß so gut wie jeder was gemeint ist. Ein durch Interesse oder die Bewunderung ausgelöstes Folgen von Freunden, Vorbildern oder Berühmtheiten werden die Bedeutungsmöglichkeiten des Folgens noch einmal breiter. Und: Lassen sich Ähnlichkeiten vom Following-Verhalten damals zum Following-Verhalten heute feststellen?

einer Aufforderung entsprechend handeln/ gehorchen

Auch dieser Bedeutungsunterschied, nämlich einer Aufforderung entsprechend handeln oder jemandem gehorchen, kann für die Textanalyse eine zentrale Rolle spielen, da im Neidhart'schen Œuvre unterschiedliche Machtverhältnisse nicht unwichtig sind und beispielsweise auch das Folgen von Befehlen für die Artikelarbeit von Bedeutung sein könnten.

zeitlich nach jemandem/etwas kommen

In diesem Kontext wird Folgen oftmals verwendet, um eine Reihenfolge zu beschreiben oder einfach einen zeitlichen Ablauf darzustellen. Diese Art des "Folgens" könnte bei Neidhart vor allem im Hinblick auf Partnerschaftsverhältnisse interessant sein, etwa um beispielsweise den Nachfolger eines Ehemanns darzustellen.

Folgen in Neidhart Liedern

Folgen in Sommerliedern

In den Sommerliedern Neidharts wird der Sänger von Mädchen oder alten Frauen umschwärmt; sie wollen ihm und seinem Gesang folgen. Dies zeigt sich exemplarisch in den Dialogliedern, welche zu den Sommerliedern zählen. Neidharts Lieder sind gekennzeichnet durch einen Natureingang zu Beginn des Liedes, wobei der Sänger dadurch in den Sommerliedern zum Folgen in die angepriesene und blühende Natur aufruft. "Die Sommerlieder zeigen den Sänger als das Objekt des Begehrens, wobei sich bei den Mädchen eine leichtgläubige Verführbarkeit offenbart." [2] "Der Sänger trägt mit seinen sexuellen Ambitionen den Minnesang unter die Unkultivierten und gibt als höfische Liebe aus, was doch bloß Verführung ist. Wenn seine Taktik bei den Mädchen Erfolg hat, raubt sie der Liebe jedoch jeden Wert." [3] Das heißt die Damen folgen seiner scheinbaren Liebe, welche sich jedoch nicht als diese herausstellt. "Auch der Tanz spielt eine bedeutsame Rolle in Neidharts Liedern. Insbesondere in den Sommerliedern ist er ein Hauptanliegen der Mädchen, oft der Vorwand, mit dem "ritter" oder "knappen" "von Riuwental" in Kontakt zu kommen. [4] Das Motiv des Tanzes ist dementsprechend ebenfalls mit dem Thema des Folgens konnotiert, da durch das Folgen oder die Aufforderung zum Tanz zentral in den Neidhartschen Sommerliedern ist. Auch der Ablauf eines Tanzes an sich lässt sich passend mit dem Folgen in Zusammenhang setzen, da hier den Tanzschritten eines Partners oder einer Partnerin gefolgt wird.

Folgen in Dialogliedern

Die Dialoglieder lassen sich in die Gespielinnen-Dialoge und die Mutter-Tochter-Dialoge aufteilen, wobei in den Gespielinnen-Dialogen zwei Dorfmädchen miteinander ins Gespräch treten. Mutter-Tochter-Dialoge hingegen stellen die Unterhaltung zwischen Mutter und Tochter dar, wobei die Mutter eine andere Position als ihre Tochter, welche hier oft naiv agiert, einnimmt. "Gemeinsamer thematischer Vorstellungshintergrund beider Frauendialogliedtypen ist die Pastourellensituation (Begegnung von Ritter und Mädchen in freier Natur) mit zwei für Neidhart kennzeichnenden Besonderheiten: 1. der Umkehrung des Werbungsschemas: die Werbung geht von den weiblichen Figuren aus, 2. der subjektiven Perspektive: das Pastourellengeschehen ist nie objektiv erzählter Liedinhalt, sondern wird im Gespräch gespiegelt, teils erst als Wunsch oder Absichtserklärung" [5] Schweikle beschreibt hier sehr passend, das sich in den Dialogliedern das Geschlecht, welches nachfolgt, vom Sänger zum Bauernmädchen verändert. Die eigentliche Aktion des Folgens findet in den Liedern noch nicht statt, jedoch wird von den Bauernmädchen gegenüber ihrer Gesprächspartner dann dieser Wunsch deutlich gemacht.


Mutter-Tochter-Dialoge

"Grundkonstellation ist eine Auseinandersetzung zwischen einer tanz- und liebeslustigen Tochter und ihrer Mutter zur Zeit des nahenden Sommers und der beginnenden Tanzsaison mit ihren erotischen Gefährdungen. Die Absicht der Tochter, daran teilzunehmen, versucht die Mutter [...] durch Verbote, Bitten [...] und Warnungen zu verhindern oder vorhersehbaren üblen Folgen durch Ratschlage vorzubeugen. Sie warnt [...] eindringlich vor dem ritterlichen Favoriten der Tochter, dem "von Riuwental" und empfiehlt dagegen reiche und v.a sozial passende Partner. Sie verweist ganz besonders auf konkrete Folgen" [6] des Folgens. Die Mutter will also die oft naiven Folgen-Absichten ihrer Tochter verhindern; diese bleiben jedoch oft erfolglos. Die Tochter folgt schlussendlich scheinbar lieber dem Ruf des Reuentalers als dem Rat ihrer Mutter. Es kommt zum "zornigen Zurückweisen der Lehren (SL 18), dem Bestehen auf dem ritterlichen Favoriten und der Ablehnung des der Mutter genehmen Bewerbers" [7], die Tochter folgt aus Sicht der Mutter also dem falschen Mann. "Außerdem kommt es zum gleichmütigen Hinnehmen der Folgen durch die Tochter(SL 7, IV)" [8]


"Den in einem Mutter-Tochter-Dialog erteilten mütterlichen Rat, lieber einen bäuerlichen Bewerber zu heiraten, weist sie zurück. Selbst die mütterliche Warnung vor den Verführungsabsichten des Reuentalers, der im letzen Sommer erst ein Mädchen geschwängert habe, beeindruckt sie nicht, weil ihr der Ritter gerade neue rote Schuhe geschenkt hat - Bauernmädchen sind käuflich" [9], das Folgen geschieht nicht vollkommen freiwillig. "Der Sänger agiert kaum anders als die Bauernburschen. Die Mutter-Tochter-Dialoge konfrontieren diese Leichtgläubigkeit des Mädchens mit dem Wissen der Mutter. [...] Doch selbst die alte Bäuerin bleibt in Neidharts Liedern nicht immer die kluge Figur. [...] Einige Texte verkehren die Rollen so, dass die Mutter zum Gegenstand des Spotts wird: Als <geile Alte> will sie, von der Minne betört, zum Tanz",[10] um dem Gesang des Reuentalers zu folgen. "Die Tochter versucht, sie davon abzuhalten." WELCHES LIED [11] Der Wunsch dem Reuentaler zu Folgen respektive der Versuch den jeweilig anderen davon abzuhalten, lässt sich folglich also sowohl auf die Mutter als auch auf die Tochter projizieren. Auffällig ist jedoch, dass das blinde Folgen des Minnesangs oft kaum mehr zu verhindern ist; die Tochter beziehungsweise die Mutter agieren dann törichts und naiv.

Sommerlied 18 -> Dame folgt Ruf des Ritters vom Riuwental

Gespielinnen-Dialoge

Sommerlied 14 -> Mädchen sollen ihm zum Maitanz unter den Linden folgen

"Mit dem Sommereingang fordert der Sänger die Mädchen zum Maitanz unter der Line auf (Str.1-3)." ->reien "Die Szenerie zeigt den Sänger, der mit seinem Lied auf dem Dorf zum Tanz aufruft. Es ist der Reuentaler, der das Bauernmädchen höfisch umwirbt und den alle in der Bauernwelt als Sänger kennen. Bei diesem Mädchen hat er Erfolg; sie belohnt ihn für seinen Liebesdienst und will sich zum Tanz, zu dem der Sänger am Anfang des Liedes aufrief, für ihn schmücken. Das Mädchen hofft auf eine Ehe mit dem Ritter von Reuental" [12] will ihm also nachfolgen.

"Sie kreisen wie die Mutter-Tochter-Gespräche um Tanz- und Liebesverlangen, wobei die dort von der Tochter geäußerten Aspekte nun auf der Ebene gleicher Interessen verhandelt werden, so die Hoffnung, beim Tanz einen Liebespartner zu finden (SL1O,III - V), wobei ein ständisch passender abgelehnt (SL 25,III - V), als Favorit vielmehr ein höfischer Bewerber, konkret "der von Riuwental" und dessen höfisches Benehmen, sein Gesang, Tanz usw. gepriesen werden." [13] Ähnlich wie in den Mutter-Tochter-Dialogen folgen in den Gespielinnen-Dialogen die Bauernmädchen eher den Vorzügen des Reuentalers, wie höfisches Benehmen, Gesang und Tanz, anstatt sich auf einen Liebespartner desselben Standes einzulassen.

Aufforderung zum Folgen in die Natur

Sommerlied 4 -> folgen nach draußen

Sommerlied 14

"Mit dem Sommereingang fordert der Sänger die Mädchen zum Maitanz unter der Line auf (Str.1-3)." ->reien [14]


"ruft zu Tanz und anderen Winterfreuden (Schlittenfahrt, WL3) auf" [15]

Folgen in Winterliedern

dörperkonforme Lieder (WL 1-10)

"Lieder, die den Sanger nicht im Gegensatz zu den dörpern zeigen ( etwa WL 1-10). Der Sänger versucht sich - als Rollenfigur des Armen, aber sich höfisch Benehmenden aus Riuwental(WL 5,VI; 9,VII)- ins dörpertreiben einzureihen, ruft zu Tanz und anderen Winterfreuden (Schlittenfahrt, WL3) auf, trifft Tanzanordnungen (WL 4,II,III), beobachtet die Gruppierungen und nimmt selbst teil, trägt mit seinem Gesang zur Lebensfreude bei (WL 1,II; 5,I), beschreibt seine Liebesabsichten." [16]

Sänger folgt dörpern im Verhalten

Dabei agiert er entweder nach dem Unterwerfungsmuster der höfischen Liebe (was auch auf dem Dorf nicht zum gewünschten Erfolg führt) oder nach dem Handgreiflichkeitsmuster der Bauern(was sein eigenes Verhalten unhöfisch macht). [17] Das bedeutet, dass der Sänger, möglicherweise durch das Scheitern seiner höfischen Verhaltenskompetenz, den dörpern in ihrem Verhalten, oftmals auch handgreiflichen Verhalten, folgt und sich in deren Verhaltensweise einreiht. Ursache hierfür ist das Scheitern seiner Annäherungsversuche und der dadurch entstehende Misserfolg und Spott, aber auch der Neid auf die Erfolge seiner bäuerlichen Konkurrenten im Werben um diverse Bauernmädchen.

Folgen einer "vrouwe" scheitert

Winterlied 24 -> Folgen der vrouwe scheitert, Willeger folgt der vrouwe

Winterlied 13 -> vrouwe folgt den Worten der dörper, Sänger will es verhindern....darf/kann vrouwe nicht mehr folgen und zerbricht fast daran

Winterlied 27 -> Sprecher kann vrouwe kann/darf vrouwe nicht länger folgen

"In den ersten beiden Strophen stellt der Sänger neben das allgemeine Winterleid sein eigenes Liebesleid. Die Unzugänglichkeit der Umworbenen evoziert Zweifel an ihrer güete, die der vorbildliche Liebende jedoch, wie es sich gehört, abweist(Str.2). Dabei wird das Dienst-Lohn-Modell ausdrücklich aufgerufen und zwar in seiner minnesangtypischen Gestalt: Die Umworbene belohnt den Sänger nicht dafür, dass er ihr mit seinen Liedern dient." [18] Der dörper beansprucht als seine Herrin just jene, um die der Sänger lange und beständig, aber vergeblich dient." [19]


FOLGT ER DEN FALSCHEN FRAUEN? WL 27

"Da der Bauernbursche und das Bauernmädchen durchaus denselben sozialen Rang haben, wirft das indirekt die Frage auf, ob das Mädchen denn ein passendes Werbungsobjekt für den Sänger darstellt." [20]

c122 -> Sprecher folgt und begehrt die Frau eines Dörpers

dörper folgen einander im Verhalten

Mittelhochdeutscher Text Neuhochdeutsche Übersetzung
Hiwer an einem tanze Letztens bei einem Tanz
gie er umbe und umbe. ging er im Kreis umher.
den wehsel het er al den tac: Den Wechsel hatte er den ganzen Tag gemacht:
glanziu schapel gap er umbe niuwiu krenzelin. schimmernde Blumenkränze und neue Bänder gab er umher.
Etzel und Lanze, Etzel und Lanze,
zwene knappen tumbe, zwei dumme Knappen,
die phlagen ouch, des jener phlac. taten auch das, was er tat.
[21]

Vergleich Folgen in Sommer- und Winterliedern

Verfolgen

Definition

Im Vergleich zum Wort Folgen besitzt der Begriff des Verfolgens nicht ganz so viele verschiedene Bedeutungsunterschiede. Dennoch lassen sich mehrere Unterpunkte aufführen, welche für die Textanalyse von Bedeutung sind.

durch Hinterhergehen zu erreichen suchen, nachgehen, folgen

Dieser Bedeutungsaspekt des Verfolgens kann sowohl im klassischen Sinne, beispielsweise bei der Verfolgung eines Verbrechers, als auch im übertragenen Sinne, beispielsweise beim Spruch "vom Glück verfolgt sein", verstanden werde. Beide Aspekte sollten bei der Analyse von Neidharts Texten beachtet werden, da das Sprecher-Ich sowohl Frauen im weitesten Sinne verfolgt, aber auch seine Ideen und Gedanken verfolgt und versucht, diese umzusetzen.

jemanden bedrängen, jemandes Freiheit einengen

Der Sänger verfolgt mit seiner Minne eine klares Ziel. Er will die Aufmerksamkeit der Frauenwelt, respektive einer bestimmten frouwe, auf sich ziehen und begehrt die Frauen, Damen oder Mädchen mit seinem Gesang sehr stark. Doch sind diese Begehrungsaktionen "im Einklang" mit der Freiheit der Damen, oder schränkt das Sprecher-Ich diese bereits zu stark ein? Entwickelt er gar einen Verfolgungswahn, da er durch seine Minne zunehmend erfolgslos bleibt? Beide Fragen werden wichtig sein, um das Thema des Artikels vollständig aufzuarbeiten.

gegen jemanden, etwas vorgehen

Vor allem in den Neidhart'schen Winterliedern wird man als Leser unverhofft mit sehr brutalen und absurden Gewaltfantasien des Sprecher-Ichs konfrontiert. Verfolgt der Sprecher diese Gedanken wirklich, will er hart gegen seine Widersacher, die dörper vorgehen oder spielen sich diese Gedanken allesamt nur in seiner Imagination ab?

etwas zu erreichen/ zu verwirklichen

Bei der Textanalyse von Neidhart wird es auch von Bedeutung sein festzustellen, welche Ziele und Träume das Sprecher-Ich verfolgt und zu erreichen versucht. Ein starkes Augenmerk sollte hier natürlich auf den Versuch der Eroberung und dem "Durchdringen" zu den Frauen liegen, wobei die Verwirklichung dieses Ziels oft durch den Lärm der dörper erschwert oder verhindert wird.

aufmerksam beobachten

Dieser Aspekt wurde bereits direkt bei den ersten Auseinandersetzungen mit Neidharts Texten interessant, da man sich als Leser oft mit der Frage beschäftigt, ob Neidhart aktiv am Geschehen teilnimmt oder das Geschehen nur interessiert beobachtet und verfolgt. Die Frage nach der Aktivität oder auch Passivität des Verfolgens wird durch diese Bedeutungsunterscheidung also aufgeworfen.

Verfolgen in Neidhart Liedern

Die "dörper" - Wer sind Verfolger des Sängers?

"Die dörper erscheinen in den Winterliedern als Konkurrenten des Sängers um die Gunst der Umworbenen und deshalb als steter Anlass seines Leids. Konkurrenten des Sängers können die dörper nur sein, weil die Umworbene eine der ihren ist, ein Bauernmädchen." [22] Diese Konstellation führt schlussendlich zur Situation, warum die dörper zum Verfolger des Sängers werden: "Der Minnesänger wirbt auf dem Dorf um ein Mädchen, als ob es eine adelige Dame wäre, und kommt dabei in Konflikt mit den Bauernburschen." [23] Von den dörpern wird der Sänger also verfolgt, es handelt sich hierbei also um eine gewaltsame Form des Begehrens. Während der Sänger in den Sommerliedern der Sänger von den Bauernmädchen begehrt wird und diese auf eine Ehe mit ihm schielen, wandelt sich die Situation in den Winterliedern. "Wenn seine Taktik an den bäuerlichen Konkurrenten und ihrer Handgreiflichkeit scheitert, macht der Sänger sich durch den Misserfolg lächerlich." [24]


"Geschildert werden ihr dünkelhaftes Auftreten (WL 11,IV ff. u. a.), ihr Prunk mit Waffen (WL 4, V; 11 VI) und Kleidern, weiter ihre Streitigkeiten untereinander und insbesondere mit dem - meist unterliegenden - Sänger; hervorgehoben wird auch das rohe, plumpe Benehmen der dörper beim Tanz (WL 2,~.I; 33,IV), das bis zum Schlagen einer Frau (WL 7,IV )und frechen Übergriffen gehen kann." [25]

"Meist ist erotische Konkurrenz der Auslöser" [26] der Gewalt.

"dörper als Exempelfigur für Überschreitungen höfischer Normbereiche [...], wobei sich der Sänger als Gegenpol, als Vertreter höfischer Norm ins Spiel bringt." [27]

Verfolgen in Sommerliedern

Verfolgen in Winterliedern

"Dörperkontroverse Lieder, in denen der Sanger vom dörpertreiben ausgeschlossen ist (sog. Friederun-Lieder). Sie sind bestimmt von der satirisch überzeichneten Beschreibung der die höfische maze missachtenden dörper, die den nach höfischen Normen sich benehmenden Sänger vom Tanzplatz und bei den Mädchen zu verdrängen suchen." [28]

WL 23: "Der Vertriebene will sich dort..." [29] -> Verlust der Huld des bisherigen Herrns, entflieht Verfolgung in WL 24


Verfolgen von Frauen
Lanze der beswaeret ein vil stolzez magedin: Lanze bedrängte ein sehr stattliches Mädchen:
eine kleine risen guot eine kleines feines Band
zarte er ab ir houbet, zerrte er ihr vom Kopf,
dar zuo einen bluomenhuot: und gab ihr dafür einen Blumenkranz.
wer het im daz erloubet? Wer hat ihm das erlaubt?
[30] "Adeltir und zwei weitere dörper schenken dem Mädchen anstelle der einfachen Blumenkränzchen glitzernden Kopfschmuck. Das rückt die Bauern [...] in ein schlechtes Licht: Geschenke lassen sich als Versuch verstehen, die Liebe zu kaufen, und Käuflichkeit steht im eklatanten Gegensatz zu den Idealen der höfischen Liebe. Eine ebenso rüpelhafte Eigenschaft der Bauern ist ihr rabiates Auftreten gegenüber den Mädchen. Immer geht es schnell handgreiflich zu, und die Bezeichnungen der Handgreiflichkeiten klingen oft - wie hier (Str.4) das Herunterreißen von Schleier und Blumenkränzlein - nach verhüllenden Ausdrücken für sexuelle Gewalt." [31] "Dass der Bauer Lanze dem Mädchen Schleier und Kranz herunterreißt, stellt für den Sänger eine verabscheuungswürdige Gewalttat dar, die allen höfischen Vorstellungen vom kultivierten Verhalten gegenüber Frauen widerspricht. Mit der Ankündigung, Lanze dafür zur Rechenschaft ziehen zu wollen, enthüllt der Sänger schließlich das Konkurrenzverhältnis (Str.6): Der dörper beansprucht als seine Herrin just jene, um die der Sänger lange und beständig, aber vergeblich dient." [32] "Mit seinen Liedern und seiner höfischen Verhaltenskompetenz versucht er einerseits, in Konkurrenz zu den Bauernburschen Bauernmädchen zu verführen. Dabei agiert er entweder nach dem Unterwerfungsmuster der höfischen Liebe (was auch auf dem Dorf nicht zum gewünschten Erfolg führt) oder nach dem Handgreiflichkeitsmuster der Bauern(was sein eigenes Verhalten unhöfisch macht). [33] "er kann allerdings auch als Rolle in das Liedgeschehen mit einbezogen sein, sei es, dass er wie die dörper sich um ein Mädchen bemüht (WL 9)" [34]
vom Sänger ausgehend
von den dörpern ausgehend

"hervorgehoben wird auch das rohe, plumpe Benehmen der dörper beim Tanz (WL 2,~.I; 33,IV), das bis zum Schlagen einer Frau (WL 7,IV )und frechen Übergriffen gehen kann." [35]


"Mit WL 14 beginnt die Serie von Liedern, in welchen, als einer der dörperlichen Übergriffe auf Frauen, der Spiegelraub an Friederun (erstmals geschildert in SL 22) immer wieder angeführt, als signifikante Untat erwähnt wird."

Verfolgen von Gewaltfantasien

Winterlied 1 -> dörper verschwören sich gegen einen dörper und verfolgen diesen

vom Sänger ausgehend

Winterlied 10 -> Verfolgen von Gewaltfantasien


Winterlied 27 strophe 6

"Mit der Ankündigung, Lanze dafür zur Rechenschaft ziehen zu wollen, enthüllt der Sänger schließlich das Konkurrenzverhältnis (Str.6): Der dörper beansprucht als seine Herrin just jene, um die der Sänger lange und beständig, aber vergeblich dient." [36]


von dörpern in Trutzstrophen ausgehend

abschließenden beiden Strophen=Trutzstrophen-> Verfolgen des Sängers zur Gewaltanwendung wird deutlich gemacht

Verfolgen von Gewalt vor den eigenen Augen

"Dass der Bauer Lanze dem Mädchen Schleier und Kranz herunterreißt, stellt für den Sänger eine verabscheuungswürdige Gewalttat dar, die allen höfischen Vorstellungen vom kultivierten Verhalten gegenüber Frauen widerspricht." [37]


"Thematisch enthalten die Lieder neben den einleitenden Winterklagen Tanzaufforderungen und Liebessehnsucht des Sängers und v. a. Berichte über die dörper und ihr Treiben. Der Sanger kann dieses neutral beobachtend berichten, er kann allerdings auch als Rolle in das Liedgeschehen mit einbezogen sein, sei es, dass er wie die dörper sich um ein Mädchen bemüht (WL 9), sei es, dass er deren Feindseligkeit ausgesetzt ist." [38]


Sänger beobachtet Gewalt von dörpern vom Weinfass aus

Sänger wird von dörpern verfolgt

WL 23 -> Willebort...verdrängen den Riuwentaler [39]

c122 -> dörper verfolgen Sänger, wollen, dass er das Dorf verlässt ansonsten kommt es zur Gewalt...Grund: Sänger begehrt Frau eines Dörpers

Winterlied 27 -> Adeltir verfolgt Sänger, ....abschließenden beiden Strophen=Trutzstrophen-> Verfolgen des Sängers zur Gewaltanwendung wird deutlich gemacht

"Der Konkurrenz wegen passt im Winterlied 27, Strophe 3 dem Bauernburschen Adeltir der Gesang des Sängers nicht." [40]

"sei es, dass er deren Feindseligkeit ausgesetzt ist." [41]

"ihre Streitigkeiten untereinander und insbesondere mit dem - meist unterliegenden - Sänger;" [42]


mir hat ein dörper widerseit Ein Dorfbewohner hat sich gegen mich gestellt,
umb anders niht wan umbe den minen üppeclichen sanc. wegen nichts anderem als meinem prächtigen Gesang.
derst geheizen Adeltir, Der wird Adeltir genannt
bürtic her von Ense, und ist geborgen in Ense;
zallen ziten drot er mir jederzeit droht er mir
als einer veizten gense. wie eine fette Gans.
[43]

Vergleich Verfolgen in Sommer - und Winterliedern

Vergleich mit der heutigen Gesellschaft

Following in den sozialen Medien

Following in der realen Welt

Gemeinsamkeiten zu Neidhart

Unterschiede zu Neidhart

Fazit

  1. https://www.duden.de/rechtschreibung/folgen
  2. Hübner S.58-59
  3. Hübner S.59
  4. Schweikle 1990 S.112
  5. Schweikle 1990 S.72
  6. Schweikle 1990 S.74
  7. Schweikle 1990 S.75
  8. Schweikle 1990 S.74
  9. Hübner S.58
  10. Hübner S.58-59
  11. Hübner S.59
  12. S.57 Hübner
  13. Schweikle 1990 S.76
  14. S.57 Hübner
  15. Schweikle 1990 S.82
  16. Schweikle 1990 S.82
  17. Hübner S.54
  18. Huebner, Neidhart S.51
  19. Huebner, Neidhart S.52
  20. Huebner, Neidhart S.52-53
  21. Neidhart, Winterlied 27, Strophe IV Vers 1-7
  22. Huebner, Neidhart S.51-52
  23. Huebner, Neidhart S.52
  24. Hübner S.59
  25. Schweikle 1990 S.81
  26. Müller S.433
  27. Schweikle 1990 S.124
  28. Schweikle 1990 S.83
  29. Schweikle 1990 S.59
  30. Neidhart, Winterlied 27, Strophe IV Vers 8-12
  31. Huebner, Neidhart S.52
  32. Huebner, Neidhart S.52
  33. Hübner S.54
  34. Schweikle 1990 S.81
  35. Schweikle 1990 S.81
  36. Huebner, Neidhart S.52
  37. Huebner, Neidhart S.51
  38. Schweikle 1990 S.81
  39. Müller S.433
  40. Huebner, Neidhart S.51
  41. Schweikle 1990 S.81
  42. Schweikle 1990 S.81
  43. Neidhart, Winterlied 27, Strophe III Vers 7-12