Der Sänger von Reuental (Neidhart)

Aus MediaeWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Dieser Artikel befindet sich in Bearbeitung und ist daher noch nicht abgeschlossen! Dieser Artikel soll sich mit der Darstellung des Sänger-Ichs "von Reuental" in Neidharts Liedern befassen. Als Grundlage dafür dient das Winterlied 10. Hierbei soll der Artikel einen Überblick über die zugeschriebenen Rollen, Eigenschaften und Funktionen des Sänger-Ichs geben. Dabei soll die Selbstdarstellung des Sänger-Ichs mit den Beschreibungen des Sängers durch andere Figuren verglichen werden, um so die Problematik von abweichenden Darstellungen und deren Bedeutung genauer untersuchen zu können.

Zur Figur des Sänger-Ichs im Minnesang

Das Sänger-Ich bei Neidhart

Name und Position des Sängers

Unterscheidung zwischen Sänger-Ich und Autor

Neidharts Winterlied 10 [1]

Übersetzung

Strophe I

Mittelhochdeutsch Übersetzung
Dô der liebe summer Als der liebe Sommer
ureloup genam, Abschied nahm,
dô mouse man der tänze da musste man auf die Tänze
ûfm anger gar verphlegen. auf den Wiesen gänzlich verzichten.
des gewan sît kummer Das versetzte
der herre Gunderam: den Herrn Gunderam seither in Betrübnis:
der mouse ouch sîn gestänze Auch er musste seine Prahlerei
dô lâzen under wegen. nun bleiben lassen.
der ist bickelmeister disen winder: Er ist diesen Winter Aufseher beim Würfelspiel:
œder gouch ist in dem lande ninder; Es gibt nirgendwo einen törichteren Narr im Land;
sîn rûmegazze kaphet zallen zîten wol hin hinder. sein Schwert "rûmegazze"[2] gafft jederzeit zum Hintern.

Strophe II

Waz er an den meiden Was er an den Mädchen
wunders dâ begât, für Wundertaten vollbringt,
ê daz mîn vrouwe Schelle ehe meine Herrin Glocke
volende ir gebot! ihre Anweisungen durchsetzte!
erst vil unbescheiden, Zuerst sehr rücksichtslos,
wan swelhe er bestât, als er welche herausfordert,
diu wirt von slegen helle diese werden von Schlägen bleich
und mîdende den spot; und meiden den Spott
dâ von lâzen alle ir smutzemunden, darum sollen alle ihr Schmunzeln lassen,
des die jungen niht verheln enkunden! welches die Knaben nicht verbergen konnten!
des hât ir hant von solher meisterschefte dicke enphunden. Von derartiger Gewalt hat ihre Hand viel abbekommen.

Strophe III

Immer, sô man vîret, Immer, wenn man feiert,
sô hebent sî sich dar dann versammeln sie sich
mit einer samenunge, zu einer Menschenmasse,
den ich wol schaden gan. der ich gewiss Schaden gönne.
Werenbreht der lîret, Werenbreht spielt die Leier,
sô sumbert Sigemâr. während Sigemâr die Geige spielt.
daz in dâ misselunge, Dass ihnen das missglückt,
daz læge et eben an! das wäre nur sinnvoll!
daz sich doch vil lîhte mac verrîden: Dass sich das vielleicht ändern mag:
wellents ir getelse niht vermîden, Will ihre Zügellosigkeit nicht aufhören,
sich mugen zwêne an mîner weibelruotem wol versnîden. sollen sich die zwei wohl an meinem Gerichtsschwert schneiden!

Strophe IV

Kœme ich zeinem tanze, Käme ich zu einem Tanz,
dâs alle giengen bî, zu dem sie alle hingingen,
dâ wurde ein spil von hende da beginnt ein Spiel mit Händen
mit beiden ekken zuo. samt beiden Schwertern.
lîhte geviele ein schanze, Vielleicht fällt ein Wurf,
daz vor mir lægen drî. sodass vor mir drei liegen.
ich hielte ez âne wende, Ich hielt es für unabwendbar,
verbüte ez einer vruo.
sige und sælde hulfen mir gewinnen, Überlegenheit und Glück halfen mir gewinnen,
daz si halbe müesen dan entrinnen. sodass sie dann davonlaufen müssen.
nu ziehen ûf und lâzen in ir gogelheit zerinnen! Nun zücke das Schwert und lasset ihren Übermut dahinschwinden!

Strophe V

Sîne wiedegenge Seine Jagdausflüge
die verewent mich grâ, die lassen mich ergrauen,
swenn er verwendeclîchen wann immer er hochmütig
vür mîne vrouwen gât. vor meine Herrin tritt.
trîbet erz die lenge, Triebe er es auf die Dauer,
bestât er danne dâ, verbleibt er doch dabei,
man hilft im ûz der kîchen, man helfe ihm mit seinem Keuchen
daz er vil riuwic stât.
er und etelîche sîn geselle, Er als auch einige seiner Freunde,
den ich tanzent an ir hant ersnelle, die ich tanzend an ihrer Hand erwische,
des sî gewis, ich slahe in, daz sîn offen stât ein elle! das sei gewiss, ich schlage ihn, sodass seine Elle offen steht!

Strophe VI

Im hilft niht sîn treie Ihm hilft weder sein Wams,
noch sîn hiubelhout; noch sein Helm;
ez wirt im in getrenket: auch er wird ins Wasser geworfen:
er zuhte ir einen bal. Er hat ihr einen Ball entrissen.
erst eon tœrscher leie; Er ist ein törichter Dummkopf;
sîn tumbelîcher muot seine unbedachter Gesinnung
der wirt im dâ bekrenket. wird ihn deshalb verletzten.
wil er vür Riuwental Will er beim Reuental
hin und her sô vil gewentschelieren, doch eifrig umherstreifen,
er wirt wol zezeiset under vieren. er wird wohl von vieren zerzaust.
her Werenbreht, waz mag ich des, wirt im der umberieren? Herr Werenbreht, was kann ich dafür, wenn er umherschwankt?

Strophe VIa

Die wîl ich die klingen Solange ich die Klinge
um mîne sîten trage, an meiner Seite trage,
sô darf mir durch mîn sumber so darf mir niemand durch mein Geflecht
niemen stechen nieht. stechen.
er muoz vil wîte springen: Er sollte lieber weit weg springen:
begrîfe ichn mit dem slage, würde ich ihn mit einem Schlag treffen,
ich slahe in, daz er tumber ich schlage ihn, sodass er besinnungslos
schouwet nimmer lieht. kein Licht mehr sieht.
ich hilf im des lîbes in den aschen ich half ihm freudig in den Schmutz
und slah im mit willen eine vlaschen, und gebe ihm mit Vergnügen einen Hieb,
daz im die hunt daz hirne ab der erde müezen naschen. sodass ihm die Hunde das Hirn von der Erde lecken können.

Strophe VIb

Her Nîthart hât gesungen, Herr Neidhart hat gesungen,
daz ich in hazzen wil sodass ich ihn hassen will
durch mînes neven willen, um meines Neffens Willen,
des neven er beschalt. dessen Verwandten er beschuldigt hat.
lieze ers unbetwungen! Ließe er es ungeschoren!
es ist im gar ze vil. Es ist ihm viel zu viel.
enpflæge er sîner grillen Soll er seine grellen Schreie zurückhalten
und het ouch der gewalt! und auch die Gewalt!
ez ist ein schelten, daz mich freuden letzet. Es ist eine Beleidigung, die mich an der Freude hindert.
wirt diu weibelruote mir gewetzet, Wenn mir das Gerichtsschwert geschliffen wurde,
ich trenne in ûf, daz man wol einen sezzel in in setzet. dann trenne ich ihn auf, sodass man einen Sessel in ihn setzten kann.

Aufbau und Form

Das „Winterlied 10“ setzt sich aus insgesamt 8 Strophen zusammen, welche jeweils aus 11 Versen bestehen. Davon sind die letzten beiden Strophen VIa und VIb als sogenannte Trutzstrophen zu verstehen, welche im Aufbau mit den Strophen I bis VI übereinstimmen. Die Strophen haben die Form der Kanzone und es handelt sich um Stollenstrophen. Dabei bilden die Verse 1 bis 8 der Aufgesang, der sich in zwei Stollen unterteilen lässt (1. Stollen: V. 1-4; 2. Stollen: V. 5-8). Die jeweils letzten drei Verse der einzelnen Strophen bilden den Abgesang und gleichzeitig einen Terzinenstollen. Die Reime im WL 10 sind durchgehend Endreime. Das Reimschema einer Strophe ist abcdabcdeee. Im Aufgesang liegen daher Kreuzreime vor, während dieses Reimschema im Abgesang durch den Haufenreim ersetzt wird. Es handelt sich immer um reine Reime, wie beispielsweise summer und kummer (vgl. I, V. 1 und V. 5). Die Hebungen im Aufgesang sind dreihebig. Im Abgesang verändert sich die Hebung, sodass in einer Zeile fünf Hebungen vorliegen. Allerdings bildet hier immer der elfte Vers einer Strophe eine Ausnahme, da es sich hier um einen Langvers mit acht Hebungen handelt. Zudem lässt sich festhalten, dass die männlichen und weiblichen Kadenzen abwechselnd auftreten. Der erste Vers einer Strophe endet immer mit einer unbetonten Silbe, also einer weiblichen Kadenz, während der zweite Vers auf einer betonten Silbe, also mit einer männlichen Kadenz, endet. So wechselt der Verschluss der Verse bis einschließlich zu Vers 9, welcher wieder auf einer weiblichen Kadenz endet. In Vers 10 und 11 findet allerdings kein Wechsel mehr statt, sodass im gesamten Abgesang nur weibliche Kadenzen zu finden sind.

Interpretation

Charakterisierung des Sänger-Ichs in WL 10

Strophe I-VI: Wie wird das Sänger-Ich dargestellt? Trutzstrophen VIa und VIb: Wie wird das Sänger-Ich von anderen Figuren dargestellt?

Konflikt zwischen Selbstdarstellung des Sänger-Ichs und dessen Darstellung durch den dörper

Fazit

Anmerkungen

  1. Verwendete Textausgabe im gesamten Artikel: "Die Lieder Neidharts" hg. von Wießner und Sappler [Wießner-Sappler 1999]
  2. "rûmegazze" ist ein Schwertname und bedeutet "räume die gasse!"<HarvardReferences /> [Lexer 2021]

Literaturverzeichnis

<HarvardReferences /> [*Bennewitz 2018] Bennewitz, Ingrid: Neidhart. Ein Autor und seine Geschichte(n), in: Neidhart und die Neidhart-Lieder. Ein Handbuch, hg. v. Margarete Springeth und Franz Viktor Spechtler. Berlin/Boston: de Gruyter 2018, S. 31-41. <HarvardReferences /> [*Haufe 2003] Haufe, Hendrikje: Minne, Lärm und Gewalt. Zur Konstitution von Männlichkeit in Winterliedern Neidharts, in: Aventiuren des Geschlechts. Modelle von Männlichkeit in der Literatur des 13. Jahrhunderts, hg. v. Martin Baisch et al. Göttingen: V & R unipress 2003 (Aventiuren 1), S. 101-122. <HarvardReferences /> [*Lexer 2021] „rûme-gaʒʒe, swmn.“, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch von Matthias Lexer, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/21, <https://www.woerterbuchnetz.de/Lexer?lemid=R02375>, abgerufen am 10.02.2021. <HarvardReferences /> [*Mertens 2018] Mertens, Volker: Neidhart: ,Minnesang' und .Autobiografie', in: Neidhart und die Neidhart-Lieder. Ein Handbuch, hg. v. Margarete Springeth und Franz Viktor Spechtler. Berlin/Boston: de Gruyter 2018, S. 43-54. <HarvardReferences /> [*Müller 1986] Müller, Jan-Dirk: Strukturen gegenhöfischer Welt. Höfisches und nicht-höfisches Sprechen bei Neidhart, in: Höfische Literatur und Hofgesellschaft. Höfische Lebensformen um 1200. Kolloquium am Zentrum für Interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld (3. bis 5. November 1983), hg. von Gert Kaiser und Jan-Dirk Müller, Düsseldorf 1986 (Studia humaniora 6), S. 409-453. <HarvardReferences /> [*Plotke 2010] Plotke, Seraina: Neidhart als Spötter – Spott bei Neidhart, in: Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes 57:1 (2010), S. 23-34. <HarvardReferences /> [*Ruh 1984] Ruh, Kurt: Neidharts Lieder. Eine Beschreibung des Typus, in: Kleine Schriften. Bd. 1: Dichtung des Hoch- und Spätmittelalters. Berlin/New York: de Gruyter 1984, S. 107-128. <HarvardReferences /> [*Schulze 2018] Schulze, Ursula: Grundthemen der Lieder Neidharts, in: Neidhart und die Neidhart-Lieder. Ein Handbuch, hg. v. Margarete Springeth und Franz Viktor Spechtler. Berlin/Boston: de Gruyter 2018, S. 95-116.