Bildlichkeit als Erzählmittel (Wolfram von Eschenbach, Parzival)
Neben der Komik ist die Ausschmückung durch Bilder ein weiteres, den Erzähler des Parzival charakterisierendes Merkmal. Des Öfteren sind beide Elemente miteinander verwoben. Antikonies Hüfte wird beispielsweise mit der eines Hasen am Bratspieß verglichen, der durch seine abstruse Verknüpfung zum Lachen anregende Vergleich verweist gleichzeitig auf die körperlich-erotischen Ausstrahlung der Geliebten Gawans:
baz geschict an spizze hasen, | Schlanker als ein Spieß am Hase! | |
ich wæne den gesâht ir nie, | Den habt ihr, glaube ich, noch nie | |
dann sie was dort unde hie, | so rank gesehen, wie sie zwischen | |
zwischen der hüffe unde ir brust. | Hüfte und den Brüsten war. ( 409, 26f.) [1] |
Der Artikel befasst sich mit dieser Bildhaftigkeit, führt einige wichtige Stellen als Beispiele auf und versucht, das Phänomen in die gängige Poetiklehre des Mittelalters einzuordnen.
Allgemeines
Die Methoden, die Wolfram von Eschenbach anwendet, um seine Erzählung besonders plastisch wirken zu lassen, sind vielfältig. Gleichnisse und Personifikationen, Vergleiche und Metaphern, Beschreibungen und Umschreibungen von Gegenständen sind nur einige davon. Auffällig ist weiterhin, dass die Bilder "eher befremdlich und dunkel, manchmal auch bedrohlich, voller Überraschungen und Spannungen, mitunter ins Fratzenhafte verzerrt" sind.[Bumke 2004: 223]
Beispiele im Text
Das Elsterngleichnis
siehe hierzu: Das Elsterngleichnis (Wolfram von Eschenbach, Parzival)
Der Pfad der Liebe
Die Beziehung zwischen Orgeluse und Gawan zeigt eindrücklich die im Mittelalter herrschende Vorstellung auf, die Liebe gelange beim Anblick der Frau von den Augen in das Herz des Mannes.[Bumke 2004: 223] Der Pfad der Liebe ist somit ein Bild, dass dem Rezipienten die Bedeutung und Wirkweise der "minne" vor Augen führt. Als Gawan seine zukünftige Frau zum ersten Mal erblickt, ist sie von solcher Schönheit, dass er einfach hinsehen muss: "dâ vander, des in niht verdrôz, ein alsô clâre frouwen, duer gerne muose schouwen" (508, 18f.). Kurz darauf wird erneut die Schöhnheit der Herzogin hervorgehoben: "sie wære ein reizel minnen gir, ougen süeze ân smerzen" (sie sei der Liebeslust ein Köder, sei eine wahre Augenweide (508, 28f.)). Ein weiterer Beleg für den Pfad der Liebe durch den menschlichen Körper ist eine Aussage Gawans: "frouwe, ir sagt mir wâr. mîn ougen sint des herzens vâr" (Herrin, ihr habt recht - Gefahr fürs Herz sind meine Augen (510, 15 f.)). Auch der Erzähler erwähnt diesen Pfad:
wie kom daz sich dâ verbarc | Wie kam's, daß eine Frau so stattlich, | |
sô grôz wîp in sô kleiner stat? | sich in so kleinem Raum verbarg? | |
si kom einen engen pfat | Sie zog auf einem schmalen Pfad | |
in Gânâes herze | in das Herz des Gawan ein (584, 12f.) |
Der hier präsentierte Pfad der Liebe zeigt deutlich die Vorgehensweise Wolframs von Eschenbach auf. Der abstrakte Minnebegriff wird in ein fassbares Bild überführt. Der Rezipient sieht nicht nur den verliebten Gawan vor sich, er bekommt seine Gefühle und die damit verbundenen Qualen einem Schauspiel gleich vor Augen geführt. Interessant ist, dass sich Wolfram hier einer vorherrschenden Annahme über die Wirkungsweise der Minne bedient, theoretisches Denken und Metapher sind eins.
Personifikationen
Bildertheorie im Mittelalter
Anmerkungen
- ↑ Alle Textsangaben des Primärtextes aus Wolfram von Eschenbach: Parzival. Nach der Ausgabe Karl Lachmanns, revidiert und kommentiert von Eberhard Nellman, übertragen von Dieter Kühn. Frankfurt a. M.: Deutscher Klassiker Verlag, 2006.
Bibliographie
<HarvardReferences />
- [*Bumke 2004] Joachim Bumke: Wolfram von Eschenbach. 8., völlig neu bearb. Aufl., Stuttgart; Weimar: Metzler, 2004.