Wissen im Parzival (Wolfram von Eschenbach, Parzival)
In diesem Artikel geht es um das Wissen, das im Parzival durch Erzählerkommentare oder handelnde Figuren zur Sprache kommt. Dabei liegt das Augenmerk auf den präsentierten Wissensaspekten, die zur Zeit der Werkentstehung allgemeingültige Ansichten über die Welt widerspiegeln. Untersucht werden soll, inwiefern Wolfram von Eschenbach aus diesem Fundus von allgemeingültigen Wissensbeständen geschöpft hat und welche Rolle schriftliche Quellen dabei gespielt haben. Das Wissen wird in Kategorien aufgeteilt und mit den dazugehörigen Theorien des Mittelalters verglichen.
Wolframs Bildung und seine Quellen
Wichtig ist, dass Wolfram von Eschenbach historisch nicht belegt ist. Alles was über ihn bekannt ist, ist aus seinen Texten entnommen. Somit lassen sich auch über seine Bildung keine gesicherten Aussagen machen, Vermutungen gibt es hingegen sehr viele, die oft in unterschiedliche Richtungen gehen.[Bumke 2004: 3] Im "Parzival", in ähnlicher Form auch im "Willehalm", bezeichnet sich der Dichter selbst als Analphabet:
ine kan decheinen buochstap. | denn ich bin nicht schriftgelehrt! | |
dâ nement genuoge ir urhap: | Schriften: Sauerteig für viele, | |
disiu âventiure | doch sie lenken nicht bei mir | |
vert âne der buoche stiure. | den Ablauf der histoire! (115, 27f.)[1] |
Diese Aussage scheint zunächst in krassem Widerspruch zu den Wissensbeständen zu stehen, die im Werk präsentiert werden. Wie soll sich Wolfram dieses umfangreiche Wissen der verschiedensten Bereiche angeeignet haben, ohne aus schriftlichen Quellen zu schöpfen? [Heinzle 2011: 394] Ältere Untersuchungen zu dieser Aussage kamen größtenteils zu dem Ergebnis, Wolfram wolle sich gezielt von den anderen Dichtern, die häufig lateinisch geschult waren, abgrenzen.[Bumke 2004: S. 6] Entspricht dieser Gedanke der Realität, so ist weiterhin anzunehmen, dass Wolfram von Eschenbach keine Schule besucht hat und sich somit nicht als litteratus (Gebildeter) bezeichnen durfte. Dies bedeutet nicht, dass der Dichter keinen Zugang zu Wissen hatte, sondern sich größtenteils anderer Quellen nichtschriftlicher Natur bedient hat.[Bumke 2004: S. 6]
Auch neuere Arbeiten zu dieser Thematik sind der Meinung, der angebliche Analphabetismus seine reine "Polemik speziell gegen Hartmann von Aue, der seine Buchgelehrsamkeit am Beginn des Armen Heinrich [..] programmatisch herausgestellt hatte" [Heinzle 2011: 394]. Insbesondere für Heinzle ist das Geständnis des vermeintlichen Analphabeten nur Fassade, dessen Bedeutung nicht wörtlich zu verstehen ist. Viel wichtiger ist die Botschaft, nicht die Quellen seien das Wichtige der Erzählung, sondern die Erzählmittel und der erzählte Stoff an sich.[Heinzle 2011: 395] Heute gilt es als sicher, dass Wolfram des Lesens, möglichweise auch des Schreibens, mächtig war.[Nellmann 1996: 327]
Im Werk eingewobene Wissensaspekte
Geografie
Im Verlauf des Werkes erwähnt der Erzähler zahlreiche Orte und Länder, die sowohl realer als auch fiktiver Natur sind. Heinzle stellt fest, dass die realen Bezeichnungen überwiegend zu Beginn und am Ende, die fiktiven hingegen vor allem in der Mitte des Romans anzutreffen sind.[Heinzle 2011: 395]
Medizin
→Hauptartikel: Medizin im Parzival (Wolfram von Eschenbach, Parzival)
Astronomie und Astrologie
Astrologie im Parzival (Wolfram von Eschenbach, Parzival)
Fazit
Anmerkungen
- ↑ Alle Textangaben des Primärtextes aus Wolfram von Eschenbach: Parzival. Nach der Ausgabe Karl Lachmanns, revidiert und kommentiert von Eberhard Nellmann, übertragen von Dieter Kühn. Frankfurt a. M. 2006.
<HarvardReferences />
Bibliographie
- [*Bumke 2004] Joachim Bumke: Wolfram von Eschenbach. 8., völlig neu bearb. Aufl., Stuttgart; Weimar 2004.
- [*Heinzle 2011] Wolfram von Eschenbach. Ein Handbuch, hg. von Joachim Heinzle, Berlin/New York 2011.
- [*Nellmann 1996] Nellmann, Eberhard: Zu Wolframs Bildung und zum Literaturkonzept des Parzival, in: Stierle, Karlheinz: Poetica. Zeitschrift für Sprach- und Literaturwissenschaft, 28. Band, Heft 3-4, München 1996, S.327-344.