Erbfolgen im Parzival (Wolfram von Eschenbach, Parzival)

Aus MediaeWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Wolframs Parzival beginnt im ersten Buch direkt mit dem Erbfall von Anschouwe. Im weiteren Verlauf des Romans kommen einige Erbstreitigkeiten, Erbfälle und allgemeine Probleme mit der Erbfolge vor und bilden ein prägendes Motiv der Handlung. Das Erben ganzer Königreiche war in der hochmittelalterlichen Adelsgesellschaft ein wichtiger Bestandteil der Herrschaftslegitimation und ist unverzichtbar für unsere Vorstellung dieser vom Adel dominierten Welt. In diesem Artikel sollen die historischen Hintergründe zum Erben und zu Erbfällen zur Zeit Wolframs von Eschenbach erläutert und die im ‘‘Parzival‘‘ vorhandenen Erbfälle und Erbfolgen genauer analysiert werden.

Historischer Hintergrund

Arten der Erbfolge

Das Hochmittelalter kennt mehrere Erbfolgeregelungen, diese waren nicht einheitlich und ein Konsens musste sich im Lauf der Jahrhunderte erst herausbilden.[Delabar 1990: S. 21] Zur Zeit Wolframs wurde üblicherweise eine der drei folgenden Erbfolgeregelungen benutzt, entweder die Primogenitur, die Realteilung oder die Ganerbschaft.

Primogenitur

Bei der Primogenitur handelt es sich um eine Erbfolgeregelung, bei welcher der erstgeborene Sohn der Haupterbe ist und die Nachgeborenen leer ausgehen oder mit weit weniger Ausgezahlt werden. Der Sinn dieser Regelung besteht darin den Besitz nicht durch Aufteilung zu schmälern und dadurch das Ansehen und den Wohlstand des Hauses zu bewahren.[Althoff 1990: S. 60] Als sich die Erblichkeit von Lehen immer weiter etablierte, bestand auch die Nötigkeit diese vereinigt zu halten, ein Lehen sollte unteilbar sein.[Noltze 1995: S. 221] Die Nachgeborenen standen in diesem Fall vor der Wahl sich dem Erstgeborenen unterzuordnen, also seine Vasallen zu werden und von ihm dafür Land zu Empfangen sowie möglicherweise eine Nebenlinie zu gründen oder auf Reisen und Abenteuer zu gehen und ihr Glück (in Form einer erbenden Tochter oder Belohnungen durch Herrscher) in der Ferne zu finden.[Althoff 1990: S. 60] Gerade im Frankreich des 12. Jahrhunderts verbreitete sich die Primogenitur wegen der Bedeutung des Lehenwesens zusehens, im deutschen Reich war es hingegen nicht so durchgreifend, vor allem da hier die Lehensstruktur noch eine andere war und die Herrscher stärker auf die eigene Hausmacht aufbauten und deswegen nicht so sehr auf die militärische Unterstützung ihrer Lehensnehmer angewiesen waren.[Noltze 1995: S. 221] Im Heiligen Römischen Reich wurde die Primogenitur für Kurfürsten 1356 in der Goldenen Bulle Karl des IV. festgelegt.

Teilung

Eine Aufteilung oder gar Realteilung des Erbes ist eine andere Herangehensweise. Dabei wird das Erbe unter allen Erbberechtigten aufgeteilt, entweder möglichst gleich und gerecht(Realteilung) oder mit merklichen Unterschieden, aber immer noch so, dass jeder Erbberechtigte einen einigermaßen akzeptablen Teil erhält. Die Realteilung war gerade im Frühmittelalter sehr verbreitet, die Merowinger unterteilten ihre Königreiche per Prinzip unter allen Söhnen auf. Die Söhne Ludwig des Frommen kämpften so lange miteinander bis sie das Frankenreich schließlich am 10. August 843 im /Vertrag von Verdun aufteilten. Auch Heinrich II., der König von England, Herzog der Normandie und von Aquitanien und Graf von Anjou, wollte sein Erbe unter seinen Söhnen aufteilen. Je früher die Söhne geboren waren desto größer waren die zugeteilten Ländereien, seinem Erstgeborenen versprach er die Königsherrschaft, unter den Söhnen und auch gegenüber dem Vater, der diese Herrschaften erst nach seinem Tod abgeben wollte kam es zu mehreren Kriegen und Kämpfen, in welchen sich schlussendlichRichard I. (Löwenherz) durchsetzte und zum neuen König von England ernannt wurde, sein Bruder Johann wurde sein Stellvertreter und trotz interner Kriesen, mangels eigener Nachkommen, sein Nachfolger.

Ganerbschaft

[Noltze 1995: S. 221]

Frauen

Frauen waren im Hochmittelalter üblicherweise selten herrschend und erbten auch nur in Ausnahmefällen den Besitz.[Goetz 2009: S. 24] Einer dieser Ausnahmefälle war wenn die Familie über keine Söhne verfügte, dann war die Tochter eine sogenannte Erbtochter die den ganzen Besitz der Eltern nach deren Erbfall in die Ehe brachte. Ein bekanntes Beispiel dafür ist Gertrud von Sachsen die Erbtochter Kaiser Lothars III.. Sie wurde die Frau des Herzogs von Bayern, Heinrich dem Stolzen, nach dem Tod ihres Vaters Lothar III. ging dessen Herzogtum Sachsen an Heinrich über, welcher dadurch eine Zeit lang im Besitz zweier Herzogtümer war. Ansonsten herrschten sie zumeist wenn der Ehemann in einer noch kinderlosen Ehe verstarb, regierungsunfähig wurde, die Erben noch zu jung waren um das Erbe anzutreten, oder das Erbe nach dem Tod eines unverheirateten aber regierenden Sohnes an die Mutter zurückfiel. Ein Fall von Frauenherrschaft ist die Regentschaft der Gräfin Johanna I. von Flandern die ihre Grafschaft lange Zeit selbst verwaltete, während ihr Mann in Gefangenschaft war. Eine Ausnahmeerscheinung aber doch vorhanden waren so genannte Kunkellehen, Lehen welche in matrilinearer Linie oder gemischt vererbt werden.

Erbfälle im ‘‘Parzival‘‘

Anschouwe

Gandin

Der Gralskönig

Parzival

Bretane

Utependragun

Ithers Ansprüche

Artus

Literaturangaben

<HarvardReferences /> Althoff, Gerd: Verwandte, Freunde und Getreue: zum politischen Stellenwert der Gruppenbindungen im früheren Mittelalter, Darmstadt 1990. [*Althoff 1990]

Delabar, Walter: Erkantiu sippe unt hoch geselleschaft. Studien zur Funktion des Verwandtschaftsverbandes in Wolframs von Eschenbach Parzival, Göppingen 1990. [*Delabar 1990]

Goetz, Hans-Werner: Verwandtschaft im frühen Mittelalter (I): Terminologie und Funktionen, in: Gerhard, Krieger: Verwandtschaft, Freundschaft, Bruderschaft: soziale Lebens- und Kommunikationsformen im Mittelalter, Berlin 2009. [*Goetz 2009]

Noltze, Holger: Gahmurets Orientfahrt: Kommentar zum ersten buch von Wolfram 'Parzival' (4,27-58,26), Würzburg 1995. [*Noltze 1995]

Pratelidis, Konstantin: Tafelrunde und Gral: die Artuswelt und ihr Verhältnis zur Gralswelt im ‚Parzival‘ Wolframs von Eschenbach, Würzburg 1994. [*Pratelidis 1994]

Wolfram von Eschenbach: Parzival. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/New York 2003.

Quellen