Die Isolde-Charaktere (Gottfried von Straßburg, Tristan)
Charakterisierung
Isolde nimmt im "Tristan"-Roman Gottfrieds von Straßburgs in mehrfacher Hinsicht eine wichtige Rolle ein. Denn dieser Name bezeichnet drei individuelle Charaktere der Handlung im Tristan.
Königin Isolde von Irland
Königin Isolde wird bei Gottfried zuerst in der Morolt-Episode erwähnt. Weiter spricht Gottfried von ihren vielfältigen positiven Eigenschaften und Künsten. Tristan, der den Bruder der Königin, Morolt besiegt hat, wurde von ihm im Kampf mit einem vergifteten Schwert schwer verwundet. Im Sterben teilt Morolt Tristan mit, dass bis auf seine Schwester Isolde, ihm nun kein Arzt mehr helfen kann. Als Tristans Körper durch die Giftwunde langsam dahinsiecht, denkt er an den Wahrheitsgehalt von Morolts Worten und beschließt bei Königin Isolde Hilfe zu suchen:
diu wîse Îsôt, diu schoene Îsôt
diu liuhtet alse der morgenrôt
Tristan der sorchafte man
hie gedâhte er z'allen zîten an
und wiste wol: solt er genesen,
daz enkünde niemer gewesen
wan eine von ir liste,
diu disen list dâ wiste,
diu sinnerîche künigîn (V. 7291 - 7299)
In diesem Tristan-Zitat wird deutlich, dass Tristan, wie auch sämtliche Nachbarländer bereits von Königin Isoldes reichlichen Tugenden, vor allem von ihrer Weisheit, ihrer Schönheit und besonders ihren außergewöhnlich gut ausgeprägten Heilkräften gehört hat. Tristan weiß, dass wenn er geheilt werden will, er Königin Isolde von Irland überzeugen muss ihm zu helfen. Obwohl er Rache befürchtet gelingt ihm das auch, da er sich mit der falschen Identität des kranken Spielmanns Tantris tarnt und so wird er von Isolde geheilt. Isolde besitzt erstaunlich viele Tugenden, da sie und ihre Tochter Isolde, ein selbst sehr gebildeter, geschickter Priester, der sich auch auf feines Benehmen und höfische Erziehung versteht, seit ihrer Kindheit in allen seinen Künsten fleißig unterrichtet. Das auch ihre Tochter in allen Künsten beständig Unterricht erhält, zeigt wie wichtig Isolde diese Dinge sind. An sie gibt Isolde auch ihre Heilkunst weiter. Und sie verpflichtet Tristan die junge Isolde nach seiner Genesung in allem was er kann zu unterweisen. Isolde rettet Tristan nach einem Drachenkampf sogar ein zweites Mal das Leben. Durch ihre Schläue befreit sie sich und ihre Angehörigen im gleichen Zug von dem betrügenden Truchsessen und erreicht mit ihrer Besonnenheit eine Heirat ihrer Tochter Isolde mit Tristans Onkel, dem reichen König Marke.
Die junge Isolde von Irland
Die junge Isolde von Irland ist die Tochter der Königin Isolde von Irland. Wie ihre Mutter ist auch sie mit vielen Tugenden ausgestattet. Sie wird als "vollkommen" beschrieben. Als Tristan nach einiger Zeit wieder an Markes' Hof zurückkehrt, lobt er Isolde in den höchsten Tönen. Er vergleicht sie mit der berühmten Helena:
ine geloube niemer mê,
daz sunne von Mycêne gê.
ganzlîchiu schoene ertagete nie
ze Criechenlant, si taget hie. (V. 8273 - 8276)