Âventiure im Parzival (Wolfram von Eschenbach, Parzival)

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Âventiure im Allgemeinen

Die Âventiure im mittelalterlichen Roman nimmt eine zentrale Stellung ein. Das Wort leitet sich aus dem Lateinischen [adventura] ab und hat den eigentlichen Wortsinn [das Ereignis, das Geschehnis, die Begebenheit]. Geprägt wurde der Begriff in seiner heutig gebräuchlichen Verwendung durch die höfischen Romane von Chrétien de Troyes. In diesen wird die Âventiure als Abenteuer oder auch Bewährungsprobe beschrieben, welche den Ritter durch dessen Bestehen in seiner Ehre steigern soll. In einem solchen Fall begibt sich der Ritter auf die Suche nach einer Herausforderung die er bestehen möchte und ist somit nicht durch den Zufall, sondern von seinem eigenen Willen geleitet. Die Âventiure-Fahrten werden oft als gefährliche Wettkämpfe gegen entweder andere Ritter oder märchenhafte Wesen wie Riesen oder Zauberer beschrieben. Sie gehören zur Ausbildung eines Ritters und dessen Weg zum ehrenhaften Adeligen. Es gehört zu dessen Aufgaben sich durch Errungenschaften und besiegte Gegner in seiner Ehre zu steigern und somit sein Ansehen am Hofe zu stärken[Bautier 1999].

Âventiure im Parzival

Die Abenteuerlust

Im ersten Buch in Wolframs von Eschenbach Roman Parzival werden Gahmurets Abenteuer und Ritterfahrten beschrieben, in welchen er unzählige Kämpfe bestreitet und letztendlich eine Âventiure-Fahrt auf sich nimmt, bei der er den Tod findet. Nachdem Gahmuret die Königin Belacane durch Kämpfe von der Belagerung befreit und diese anschließend heiratet, ergreift ihn erneut die Lust auf Abenteuer und neue Herausforderungen:


Belacane (Wolfram von Eschenbach, Parzival) (54, 17-20)[1]


Original Übersetzung
dâ was der stolze küene man,

unz er sich vaste senen began.

daz er niht rîterschefte vant,

des was sîn freude sorgen phant.

Der stolze, kühne Mann blieb dort,

bis ein Sehnen wild über ihn kam.

Es gab hier keine ritterlichen Abenteuer mehr für ihn,

deshalb hatte Unzufriedenheit und Trauer die Hand auf sein Glück gelegt.

Die Turniere

Im zweiten Buch wird zu Beginn die Vorbereitung auf die Âventiure beschrieben. Es wird ein detaillierter Einblick in die Ausstattung des Ritter Gahmurets und seiner Gefolges, sowie deren Einzug in die Stadt Toledo gegeben. Bedeutend für eine Âventiure-Fahrt sind die militärischen Mittel in Form von Pferden, Waffen und Knappen (70, 14 - 72, 16). Der Wettkampf um Ehre wird in diesem Teil durch ein [Das Tjostieren im Parzival|Turnier]beschrieben, an welchem zahlreiche Ritter gegeneinander antreten und somit um Ruhm kämpfen:


(69, 13-18)

Original Übersetzung
von knappen was umb in ein rinc,

dâ bî von swerten klingâ klinc.

wie si nach prîse rungen,

der klingen alsus klungen!

von spern was grôz krachen dâ.

Um ihn war ein Zaun von Knappen,

und davor jenes Klingklang, das die Schwerter machen.

Wie wenn man eben kämpft um Ruhm,

so klangen ihre Klingen.

Von Speeren war da auch viel Krach;

Der Kampfeswille

Im Laufe seiner Âventiure-Fahrten werden Gahmurets erfolgreiche Kämpfe immer wieder erwähnt, um die erworbene Ehre und sein Streben nach Ruhm darzustellen. Wie die folgende Textstelle zeigt, ist Gahmurets Ehrgeiz und Kampfeswillen ein entscheidender Faktor für seinen Erfolg und gleichzeitig Voraussetzung für das Bestehen einer Bewährungsprobe:


(81, 5-8)

Original Übersetzung
Swie Gahmuret wær ouch mit klage,

doch heter an dem halben tage

gefrumt sô vil der sper enzwei;

So traurig Gahmuret nun auch war,

so hatte er doch an diesem halben Tage

schon eine solche Menge Speere zerbrochen


(101, 21-23)

Original Übersetzung
Er hete werdekeit genuoc,

dô in sîn manlîch ellen truoc,

hin über gein der herte.

Er hatte edlen Ruhm genug erworben,

als ihn männlich wilde Lust zu kämpfen

fortzog übers Meer in den Krieg.

Parzival auf Âventiure

Im weiteren Verlauf des Romans kommt es schließlich zu einer Bewährungsprobe Parzivals. Im Kampf zwischen den Heeren von Clâmidê und Parzival wird dieser zu einem Zweikampf aufgefordert. Während dieser Auseinandersetzung kommt es zum Waffenstillstand und die beiden Ritter tragen ihren Kampf auf dem Platz des Gerichtskampfes aus. Im Kampf um ein Ehrenwort für Gurnemanz besiegt Parzival Clâmidê und erlangt dadurch Ehre:


(213, 3-7)

Original Übersetzung
'neinâ, werder degen balt.

dîn êre wirt sus drîzecvalt

vast an mir rezeiget,

sît du mich hâst geneiget.

wâ möht dir hôher prîs geschehen?

Nein, du edler, kühner Mann.

Dein Ruhm hat sich

an mir verdreißigfacht,

da du mich gedemütigt hast.

Wo könnte dir noch mehr Ehre geschehen?

Fazit

Wie oben in den Beispielen erkennbar wird, waren die Âventiure-Fahrten eines Ritters im mittelalterlichen Roman von entscheidender Bedeutung. Sie begleiteten ihn sein ganzes Leben lang und kennzeichneten seinen heldenhaften Weg. Oftmals war das Bestehen einer Bewährungsprobe mit dem Gewinn von 'hant und lant' verbunden. In diesem Sinne gewann ein Ritter auf diese Weise seine Frau und sein Land. Ohne die Âventiure war es nicht möglich an Ehre zu gelangen und das Erbe eines anderen Herrn zu gewinnen. Auch in Wolframs von Eschenbach Roman durchläuft Parzival im Laufe seines Lebens die ein oder andere âventiure und wird dadurch in seinem Charakter und seiner Lebensweise geprägt.

Forschungsliteratur

  1. Alle folgenden Versangaben beziehen sich auf die Ausgabe: Wolfram von Eschenbach: Parzival. Text und Übersetzung. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/ New York 2003.

<HarvardReferences /> [*Bautier 1999]Bautier, Robert-Henri: Lexikon des Mittelalters. München 1999.

[*Bumke 2004]Bumke, Joachim: Wolfram von Eschenbach. 8. Auflage. Stuttgart/Weimar 2004.

[*Kühn 1997]Kühn, Dieter: Der Parzival des Wolfram von Eschenbach. Frankfurt am Main. 1997.

[*Gephart 1991] Gephart, Irmgard: Geben und Nehmen im "Nibelungenlied" und in Wolframs von Eschenbach "Parzival". Düsseldorf 1991.

[*Hasty 1990] Hasty, Will: Adventure as social performance: s study of the German court epic. Tübingen 1990.

[*Neukirchen 2006]Neukirchen, Thomas: die ganze "aventiure" und ihre "lere". Heidelberg 2006.

[*Reichert 2007]Reichert, Hermann: Wolfram von Eschenbach, "Parzival" für Anfänger. Wien 2007.

Quellenverzeichnis

<HarvardReferences/>


[*Bautier 1999] Bautier, Robert-Henri: Lexikon des Mittelalters. München 1999.

<references>