Autobiografische Elemente (Ulrich von Liechtenstein, Frauendienst)

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Ulrich von Liechtenstein, dessen Existenz historisch belegt ist, erzählt im Frauendienst aus der Ich-Perspektive von seinem Leben als Ritter und Minnesuchender. Erstmals wird diese Einheit von Autor und Erzähler von der ersten von Ulrich verehrten und namenslos bleibenden Dame geäußert: deswar ich pin des harte vro, daz her Ulrich ist ritter hie warden [...] ich meine den von Liehtenstein. (FD 44,5-8) [1] Zwar enthält der Frauendienst zahlreiche fiktionale Elemente , einiges ist aber historisch belegt und dem tatsächlichen Leben Ulrichs von Liechtenstein entnommen. Im Folgenden wird zunächst einmal das Leben des historischen Ulrichs nachgezeichnet, um einen Anhaltspunkt dafür zu bekommen, welche Elemente daraus zu welchem literarischen Zweck übernommen wurden.

Autobiografie und Autofiktion

was genau bedeutet Autobiografie? Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, um von dieser Gattungen zu sprechen? Was genau ist Autofiktion und wie grenzt sie sich von der Biografie ab?

Kurzer Überlick zum Forschungsstand

Zunächst wurde der Frauendienst vor allem auf seinen historischen Wahrheitsgehalt hin untersucht, was bedeutet, dass reale von fiktiven Begebenheiten unterschieden werden sollten. Die aktuelle Forschung ist dazu übergegangen, eher die Gesamtaussage des Werks vor dem Hintergrund seines literarischen Wertes und seiner Aussage zu betrachten. Auch hierbei spielt aber der Einsatz von Fiktionalität immer noch eine wichtige Rolle.

historisch-biografische Elemente

Die historische Person Ulrich von Liechtenstein

Kindheit und Jugend

Ulrich von Liechtenstein wurde etwa zwischen 1205 und 1208 geboren. Sein Vater Dietmar III. und seine Mutter Gertrud hatten noch vier weitere Kinder: Otto, Dietmar IV. von Offenburg, Hedwig und eine namentlich unbekannte Schwester.[Dopsch 1999: 100/101] Sein Bruder Dietmar wird auch im Frauendienst bei Kampfszenen und Turnieren erwähnt (FD ). Ebenso wird der Tod des Vaters als Grund für die Heimreise nach Liechtenstein angeführt. (FD 35,5-36,4) Dietmar III. starb 1218,[Dopsch 1999: 100/101] was, vorausgesetzt die historischen Daten sind richtig, nicht ganz mit Ulrichs Version im Frauendienst übereinstimmt. Demnach war er vor dem Tod seines Vaters sowohl im Dienst der Dame und wuohs in daz zwelfte jar (FD 12,2) als auch im Dienst des Markgrafen Heinrich von Österreich, bei dem er vier Jahre verbrachte (FD 35,3-4). So gesehen müsste der literarische Ulrich mindestens sechzehn Jahre alt gewesen sein, laut historischen Daten kann er bis zum Tod des Vaters aber maximal das Alter von dreizehn erreicht haben.

In die Erzählung übernommene und ausgelassene Details

Was aus Ulrichs Leben findet sich wo/wie und zu welchem Zweck im Text wieder? Welche Auswirkung hat dies auf die Art des Erzählens und allgemein auf die literarische Gesamtaussage?

Wahrheitsbeteuerungen im Text

welche Aussagekraft haben diese, wo genau kommen sie zu welchem literarischen/erzähltechnischen Zweck vor?

Primärtext

  • Spechtler, Franz Viktor (Hg.): Ulrich von Liechtenstein. Frauendienst, Göppingen 1987.

Forschungsliteratur

  • Chinca, Mark: Der Frauendienst zwischen Fiktivität und Fiktionalität. Probleme und Perspektiven der Forschung, in: Linden, Sandra/Young, Christopher: Ulrich von Liechtenstein. Leben-Zeit-Werk-Forschung, Berlin/New York 2010, S. 305-323.
  • Kartschoke, Dieter: Ich-Darstellung in der volkssprachlichen Literatur, in: van Dülmen, Richard (Hg.): Entdeckung des Ich. Die Geschichte der Individualisierung vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Köln/Weimar/Wien 2001, S. 61-78.
  • Müller, Jan-Dirk: Ulrich von Liechtenstein, in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon Bd. 9, Berlin 1995, Sp. 1274-1282.
  • Müller, Jan-Dirk: Lachen - Spiel - Fiktion. Zum Verhältnis von literarischem Diskurs und historischer Realität im "Frauendienst" Ulrichs von Lichtenstein, in: von Bloh, Ute/Schulz, Armin (Hgg.): Minnesang und Literaturtheorie, Tübingen 2001, S. 1-38.
  • Peters, Ursula: Frauendienst. Untersuchungen zu Ulrich von Liechtenstein und zum Wirklichkeitsgehalt der Minnedichtung, Berlin 1970.
  • Rischer, Christelrose: wie süln die vrowen danne leben? Zum Realitätsstatus literarischer Fiktion am Beispiel des Frauendienstes von Ulrich von Liechtenstein, in: Hahn, Gerhard (Hg.): Grundlagen des Verstehens mittelalterlicher Literatur. Literarische Texte und ihr historischer Erkenntniswert, Stuttgart 1992, S. 133-157.
  • Spechtler, Franz Viktor: Probleme um Ulrich von Liechtenstein. Bemerkungen zu historischen Grundlagen, Untersuchungsaspekten und Deutungsversuchen, in: Auer-Müller, Michaela/Müller, Ulrich/Schmidt, Siegrid (Hgg.): Gesammelte Abhandlungen zur deutschen Literatur des Mittelalters, Göppingen 2006, S. 253-264.
  • Spechtler, Franz Viktor: Ulrich von Liechtenstein. Urkunden und Zeugnisse zur Biographie des Autors des ersten Ich-Romans in deutscher Sprache, in: Auer-Müller, Michaela/Müller, Ulrich/Schmidt, Siegrid (Hgg.): Gesammelte Abhandlungen zur deutschen Literatur des Mittelalters, Göppingen 2006, S. 265-272.

Textnachweise

  1. Spechtler, Franz Viktor (Hg.): Ulrich von Liechtenstein. Frauendienst, Göppingen 1987, 44. Wann immer der mittelhochdeutsche Text zitiert wird, wird diese Ausgabe benutzt.

<HarvardReferences />

  • [*Dopsch 1999]Dopsch, Heinz: Zwischen Dichtung und Politik. Herkunft und Umfeld Ulrichs von Liechtenstein, in: Spechtler, Franz Viktor/Maier, Barbara (Hgg.): Ich - Ulrich von Liechtenstein. Literatur und Politik im Mittelalter, Klagenfurt 1999.