Das Entbästen (Gottfried von Straßburg, Tristan)
Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Jagdepisode (V. 2759-3378) und untersucht den Gebrauch des Verbes entbesten bei Gottfried von Straßburg.
Die Jagd
Der Erzähler vermittelt Tristans und Markes Zusammentreffen durch eine Gelegenheit, die Tristan als Kulturbringer in Erscheinung treten lässt: die Jagd. Der höfische Tristan sieht im Wald Markes Leute, die einen Hirsch zerlegen wollen. Dabei behandeln die Jäger den Hirsch wie ein Schwein:
Nu daz der hirz gevellet wart,
der dâ jegermeister was,
der stracte in nider ûf daz gras
ûf alle viere alsam ein swîn
Als nun der Hirsch getötet worden war,
legte der Jägermeister
ihn in das Gras nieder
auf alle viere, wie ein Schwein.
(V 2788-V 2791)
Die übliche Sitte in Markes Königreich ist die Beute zu enthäuten und danach in vier Teile zu spalten. In Tristans Land wird ein Hirsch entbästet. Niemand kennt diese Technik in der Jagdgesellschaft: trût kint, waz ist enbesten? (V2820). Gerne demonstriert Tristan der Jagdgesellschaft die Kunst des Entbästens (V 2862 - V 2920): er trennt nacheinander die Vorderläufen, dann die Hinterläufen, entäutet den Hirsch und dann trennt die Brust mit drei Rippen von beiden Seiten dazu vom Rücken. Danach werden die Rippen und der Panzen mit dem Gedärm abgetrennt.
Am Ende des Enbästens werden die Brust, die Vorderkeulen, Flanken, Läufe übereinander gelegt:
sus was der hirz enbestet,
diu hût billiche entlestet.
die brust, die büege, sîten, bein,
daz haete er allez über ein
vil schône dort hin dan geleit.
hie mite sô was der bast bereit.
Nach dem Enbästen demonstriert Tristan auch die Kusnt der Furkie und Curie während die begeisterte Jagdgesellschaft dem schönem Fremden zuschaut. Am Ende der Jagdepisode wird Tristans Jagdkunst auch dem König vorgeführt, womit Tristan Markes Sympathie gewinnt.
Waz ist enbesten?
Das Verb enbesten und das Substantiv Bast werden von Gottfried als Jagdtermini gebraucht, als seien sie in der deutschen zeitgenössischen Jagdkultur gang und gäbe. Die beiden Wörter sind jedoch nicht in die deutsche Jagdsprache eingegangen. (Vgl. Schmid, S. 155-160). Die beide anderen Wörter Furkie und Kurie sind dagegen echte Fachausdrücke, die in der Romanliteratur des 14. Jahrhundert vorkommen und erklährt werden. [1]
Literatur
Gottfried von Straßburg: Tristan. Nach dem Text von Friedrich Ranke neu herausgegeben, ins Neuhochdeutsche übersetzt, mit einem Stellenkommentar und einem Nachwort von Rüdiger Krohn. Bd. 1-3- Stuttgart 2009 (RUB 4471-4473).
Schmidt, Elisabeth: Natur und Kultur in der Jagdszene von Gottfrieds "Tristan" in: Der "Tristan" Gottfrieds von Straßburg: Symposion Santiago de Compostela, 5. bis 8. April 2000, hg. von Christoph Huber und Victor Millet, Tübingen: Niemeyer, 2002, S. 152-166.
- ↑ Furkie ist in Frankreich im 14.Jahrhundert als Jagdsitte belegt. Curie kommt im Yvain und im Perceval bei Chrétien vor. Vgl. Schmid S.155