Parzival und Feirefiz
Dieser Artikel thematisiert die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Halbbrüder Parzival und Feirefiz.
Schwerpunkte sind die Familienkonstellation, die Charakterzüge der beiden Männer, deren äußeres Erscheinungsbild sowie das Leben vor und nach dem ersten Aufeinandertreffen. Anhand dieser genannten Aspekte werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Parzival und Feirefiz aufgezeigt.
Die erste Begegnung
Parzival und Feirefiz treffen das erste Mal in einem Wald aufeinander. Allerdings weiß zu diesem Zeitpunkt weder Parzival noch Feirefiz wer sich in der Rittermontur gegenüber überhaupt verbirgt. Und so kommt es zu einem ehrwürdigen Kampf zwischen den beiden Männern. Da beide sehr gut im Tjostieren sind, konnte dadurch noch kein Sieger ermittelt werden und der Kampf verlagerte sich von den Pferden runter auf den Boden. Dort kämpfen die beiden mit ihren Schwertern gegeneinander. Die Schläge des Heiden treffen Parzival mit einer starken Wucht. Feirefiz schöpft Kräfte für den Kampf aus der Liebe zu Secundille und aus der Magie der Steine seiner Rüstung, die ihn mit neuen Kräften versorgen. Auch Parzival schöpft neue Kräfte für den Kampf aus seiner Liebe zur Königin. Nach einem intensiven Kampf auf Augenhöhe entscheidet wohl die Hand Gottes über das Ende des Kampfes. Denn das Schwert von Parzival zerspringt und daraufhin wendet auch Feirefiz sein Schwert von Parzival ab. Der Heide bekennt Parzival seinen Respekt gegenüber seinen Kampfkünsten und fragt diesen nach seinem Namen und seiner Herkunft. Parzival verweigert eine Antwort und daraufhin macht Feirefiz den Anfang. Er stellt sich Parzival als Feirefiz von Anschevîn vor. Daraufhin erwidert Parzival, dass auch er ein Anschevîn ist und er angeblich einen Bruder aus dem Heidenland haben soll. Er bittet Feirefiz doch seinen Helm abzunehmen damit er ihn erkennen kann. Bevor die Männer jedoch ihre Helme abziehen, wirft Feirefiz sein Schwert in die Wildnis, denn er möchte, dass sie die gleichen Chancen haben. Feirefiz fragt Parzival woran er denn seinen angeblichen Bruder erkennen würde. Dieser antwortet: „ Als ein geschriben permint, swarz und blanc her unde dâ.“ (747, 26-27). Feirefiz bestätigt, dass er dieser ist und beide ziehen schnell ihre Helme ab und legen ihre Feindschaft mit einem Kuss ab. ( XV. Buch; 735, 4-753, 9)
XV. Buch (752, 6-10)
Wil ich der wârheit grîfen zuo,
beidiu mîn vater unde ouch duo
und ich, wir wâren gar al ein,
doch ez an drîen stücken schein.
In dieser Textstelle sagt Feirefiz, dass Parzival, ihr gemeinsamer Vater und er das gleiche Wesen waren. Sie erscheinen nur in drei Gestalten.
Diese Feststellung soll als Ausgangspunkt dienen, um einen Vergleich zwischen den beiden Halbbrüdern zu ziehen. Denn diese Textstelle als Ausgangspunkt zeigt sehr schön, dass es sehr wohl einige unbekannte Prallelen und mit Sicherheit auch Unterschiede zwischen den beiden Männern geben wird.
siehe auch: Parzival und Feirefiz
Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Gebrüder
Lebensweg vor der ersten Begegnung
Äußeres Erscheinungsbild
Feirefiz wird als ein gewaltiger Herr beschrieben, der sehr starke Muskeln hat. Seine Rüstung ist sehr wohlhabend und sein Waffenrock besteht zum Beispiel aus einem edlen Stoff, der mit hochwertigen Steinen besetzt ist (735, 17-30). Auf dem Helm trägt er ein totes Ecidemôn, das ihn vor giftigen Würmern beschützt. Sein Pferd ist mit dem seltenen und kostbaren Brokatstoff ausgestattet( 736, 10). Parzival wird ebenfalls als ein sehr schöner bzw. gut aussehender Mann beschrieben, der eine Rüstung sowie Speer und Schild bei sich trägt (733, 24-28). Äußerlich unterscheiden sich die beiden Brüder in ihrer Hautfarbe. Parzival ist ein heller Hauttyp und sein Halbbruder ist dunkelhäutiger. Denn Feirefiz seine Mutter stammt aus dem Orient und ist dunkelhäutig. Parzival beschreibt die Haut seines Bruders folgendermaßen:
als ein geschriben permint | Wie ein beschriebenes Stück Pergament |
swarz und blanc her unde dâ. | schwarz und weiß durcheinander. |
Auffällig ist bei dem äußeren Vergleichsaspekt, dass Parzival bezogen auf sein rein körperliches Erscheinungsbild immer wieder als sehr hübsch beschrieben wird. Bei seinem Halbbruder bezieht sich die Beschreibung Eschenbachs überwiegend auf dessen prachtvolle Ausrüstung bzw. Kleidung. Denn diese ist sehr kostbar und unübertreffbar.
Eine auffällige Gemeinsamkeit ist, dass die beiden Halbbrüder alleine durch ihr äußeres Erscheinungsbild eine sehr große, positive Aufmerksamkeit erlangen. Feirefiz vorerst durch seine außergewöhnliche und kostspielige Kleidung und Parzival durch seine Gestalt.
Charakterzüge
Familie
Im Parzival von Wolfram von Eschenbach spielen die Verschwandtschaftsmotive eine bedeutsame Rolle. Die meisten Figuren, die in der Dichtung vorkommen, sind miteinander verwandt. [Bumke 1991: 139] So sind es auch Feirefiz und Parzival. Ihr Vater ist Gahmuret und somit stammen sie von Mazadan ab.
Nach der Auffassung des mittelalterlichen Rechtsverständnisses liefen die legitime Herrschaft und genealogische Kontinuität über die männliche Verwandtschaft. Die Familientraditionen setzen sich vom Vater über den Sohn fort. Jedoch ist die geschilderte Grundlinie im Parzival meistens gestört. Die Abweichungen von der besagten Grundlinie treffen ebenfalls auf die Halbgeschwister zu. Beide lernen ihren leiblichen Vater nicht kennen und hinzu kommt, dass Parzival auch nicht die Herrschaft, der vom Vater geerbten Länder, antritt. [Bumke 1991: 140] Die chronologische Familienabfolge besagt, dass Feirefiz Gahmurets erst geborener Sohn ist. Diesen bekommt er mit seiner damaligen Frau Belacane, die aus dem Orient stammt. Parzival wird von Gahmurets zweiter Frau Herzeloyde geboren. Eine weitere Gemeinsamkeit der beiden Ritter ist, dass sie gegen Ende des Epos heiraten. Parzival nimmt Condwiramurs zur Frau und Feirefiz heiratet die Gralsträgerin Repanse de Schoye.
Unterschiedlich sind die Gründe der beiden Halbgeschwister, weshalb sie ohne ihren Vater aufwachsen. Feirefiz und seine Mutter Belacane werden von Gahmuret verlassen, weil er zum einen nach neuen Abenteuern strebt und weil Belacane nicht christlichen Glaubens ist. Herzeloyde und Parzival verlieren Gahmuret, weil dieser im Kampf gegen Ipomidôn stirbt. Gemeinsam haben die Männer wiederum, dass sie ihren ehrwürdigen Vater bei einem Trost verloren haben.
Lebensweg nach der ersten Begegnung
Nach der ersten Begegnung reiten die Halbbrüder gemeinsam zurück ins Lager nach Joflanze. Dort werden sie schon erwartet und es erfolgt Feirefiz zu Ehren ein großes Fest. Die Halbgeschwister sind die ganze Zeit beieinander. Am Tag darauf erscheint Cundrîe und verkündet Parzival, dass er zum Gralskönig berufen ist und eine Person mitbringen darf. Feirefiz darf Parzival begleiten. Nach der Ankunft in Munsalvaesche stellt Parzival die erlösende Mitleidsfrage und wird zum Gralskönig ernannt. Dort trifft er auch endlich wieder auf seine Frau Condwiramurs, die ebenfalls zur Gralsburg gerufen wurde. Die unterschiedlichen Religionszugehörigkeiten der beiden Männer bringen einen großen Unterschied und dementsprechende Folgen mit sich. Denn der Heide Feirefiz kann den Gral aufgrund seines heidnischen Glaubens nicht erkennen. [Bumke 1991: 142] Zum einen aus diesem Grund und noch viel aufgrund seinen Gefühlen bzw. der Minne gegenüber der Gralsträgerin Repanse de Schoye, entschließt sich Feirefiz zum Christentum konvertieren zu möchten. Dieser Entschluss ist bei Feirefiz durch die Minne zu Repanse de Schoye schnell gereift. Nach der Taufe heiratet Feirefiz die ehemalige Gralsträgerin und geht mit ihr nach Indien. Dadurch entsteht zum zweiten Mal eine genealogische Verbindung zwischen der Mazadan- und Titurelsippe. [Bumke 1991: 141] Ab diesem Zeitpunkt gehen die Halbbrüder lokal gesehen, getrennte Wege. Feirefiz ist im Vergleich zu Parzival auch unbeständiger in seiner Minne. Parzival liebt seit dem ersten Treffen seine Frau. Feirefiz hingegen liebt lange Zeit die orientalische Königin Secundille. Hält dieser Minne aber nicht stand und vergisst sie sehr schnell als er Repanse de Schoye zum ersten Mal trifft. Im Unterschied zu Parzival ist Feirefiz mehrfach der Treuelosigkeit gegenüber seiner vorigen Minne schuldig. Gemeinsam haben die Halbgeschwister, dass die innerliche Unruhe bzw. Unwissenheit nach dem anderen Familienmitglied und dessen Aufenthalt durch das Aufeinandertreffen endlich gestillt wird. Auch die bisherige Rastlosigkeit im Leben der beiden wurde durch ihr Treffen beseitigt. Denn Parzival war krampfhaft auf der Suche nach dem Gral und Feirefiz auf der Suche nach seinem Vater. Allerdings können beide ihren Vater nicht mehr treffen, weil er vor längerer Zeit verstorben ist. Beiden bleiben nur die zahlreichen Geschichten über ihn als Erinnerung.
Fazit
Literaturverzeichnis
<HarvardReferences />
[*Bumke 1991] Bumke, Joachim. Wolfram von Eschenbach, Stuttgart/Weimar 1991.
▲ Alle Versangaben beziehen sich auf die Ausgabe: Wolfram von Eschenbach: Parzival. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/New York 2003.