Tristan und die Pilger (Gottfried von Straßburg, Tristan)
Die Begegnung Tristans mit den beiden Pilgern ist der Beginn der Lügen, auf die er immer wieder zurückgreifen wird.
Inhalt
Nachdem Tristan von den Norwegern, die ihn entführt hatten, am Strand von Cornwall ausgesetzt wurde, irrt er in dem ihm unbekannten Gebiet umher, bis er auf zwei Pilger trifft. Diese erkennen sofort seine gute Erziehung und sein angenehmes Wesen und wollen sich deshalb seiner annehmen. Allerdings traut Tristan ihnen nicht ganz und erfindet aus diesem Grund eine Lügengeschichte, um seine wahre Identität zu verschleiern. Er erzählt ihnen, dass er zu einer Jagd eingeladen war, aber von seinem Pferd umgeworfen und druch den Wald gezogen wird. Aus diesem Grund hat er die Jagdgesellschaft verloren und da er sich in dem Land nicht auskennt, weiß er auch nicht, wo er sich befindet. Daraufhin bieten ihm die Pilger an, ihn nach Tintajol, der Hauptstadt des Landes mitzunehmen. Unterwegs unterhalten sie sich, allerdings ist Tristan immer darauf bedacht, nicht zu viel von sich preiszugeben, was ihm durch seine höfische Erziehung auch gelingt, wofür ihn seine Begleiter sehr bewundern.
Das Aussehen der Pilger
Als Tristan die beiden Pilger zum ersten Mal gewahr wird, hat er ihre Kleidung noch nicht gesehen, an der man sofort erkennt, dass es sich um Pilger handelt:
- "die selben wallenden man
- die truogen unde haeten an
- lînkappen unde solhe wât,
- diu wallaeren rehte stât,
- und ûzen an ir waete
- mermuschelen genaete
- und vremeder zeichen genuoc." (V.2629-2635)
Daran wird ersichtlich, dass es sich bei den Männern eindeutig um Pilger handelt, da sie Zeichen tragen, die nur Pilger haben. Nur durch ihr Aussehen vermitteln sie auch Vertrauen, was an Tristan erkennbar wird, der sich erst vor den ihm unbekannten Männern fürchtet. Sein Vertrauen erwacht erst, als er sie als Pilger identifiziert hat:
- "Nu s´ime begunden nâhen
- und er ir dinc erkande
- an staben und an gewande,
- zehant erkande er wol ir leben
- und begunde im selben herze geben." (V.2660-2664)
Daraus wird deutlich, dass das Bild das von Pilgern im Mittelalter besteht, ein positives ist und dass von diesen Männern generell keine Gefahr erwartet wurde. Das lässt erkennen, dass Pilger oder auch Mönche eine gute Stellung in der Gesellschaft einnahmen und ihnen Respekt und Vertrauen entgegengebracht wurde. Dennoch lässt sich bei Tristan eine gewisse Vorsicht beobachten, denn auch wenn er den Pilgern vertraut, ist er dennoch vorsichtig genug, sich ihnen vollkommen anzuvertrauen. Aus der Textstelle geht aber hervor, dass es Tristan zu einem gewissen Grad erleichtert, zu erkennen, dass es sich bei den beiden Männern um "gotes knehte" (V.2640) handelt. Genauso wie man Tristan seine vornehme Herkunft ansieht, erkennt man auch an den Pilgern, zu welchem Stand sie gehören und wem sie dienen.