Die Identität des Helden (Gottfried von Straßburg, Tristan)

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Einführung

In diesem Artikel soll auf die Identität des Helden im höfischen Roman eingegangen werden. Ziel dieses Artikels ist es, neben der Erläuterung um die allgemeine Begrifflichkeit der Identität in diesen Romanen, die einzelnen Stufen der Identität herauszuarbeiten, was insbesondere mit dem Augenmerk auf Tristan veranschaulicht werden soll.

Des weiteren sollen, anhand der Tristanidentität, die verschiedenen Forschungspositionen erläutert werden, so dass man sich einen guten Überblick von der Thematik und auch Komplexität der Identität eines Helden in den höfischen Romanen machen kann.

Bedeutung der Werke Köhlers und Lukàcs

In dem bekannten Werk Ideal und Wirklichkeit in der höfischen Epik von Erich Köhler wird die Problematik um die Identität eines höfischen Helden behandelt. Diese Thematik warf in der Mediävistik eine Individualitätsdiskussion auf, die bis heute mit immer neuen Positionen weiter genährt wird.

In diesem Zusammenhang muss auch der Name des ungarischen Philosophen Georg Lukàcs fallen, da dieser mit seinem Buch Theorie des Romans in der Forschung eine Lawine ins rollen brachte, die sich mit der Frage um die Deutung des Helden beschäftigte, nämlich, ob der Held als problematisches Individuum zu betrachten sei. So sagt Lukàcs über das mittelalterliche Epos folgendes : "In dieser Welt ist die Totalität eine brüchige oder ersehnte, und die Verse Wolframs oder Gottfrieds sind nur lyrischer Schmuck ihrer Romane [...]." [1]

Lukàcs ist der Auffassung, dass der Held, im mittelalterlichen Roman, durch seine stetige Suche nach dem Sinn seines Daseins, wie auch auf der Suche nach seinem Ich die verschiedenen Etappen seiner Selbstfindung durchläuft, und all diese Faktoren letztlich zur Herausbildung eines problematischen Individuums führen. Im Großen und Ganzen beschäftigt sich die Theorie Lukàcs`mit der Totalisierung der zerfallenden bürgerlichen Gesellschaft.[2] Köhler griff diese Kriterien von Lukàcs`auf, und ließ, mit Hilfe des Tristanstoffes, ein neues Bild von der mittelalterlichen Gesellschaft entstehen.

Identität und ihre Problematik

Um den Begriff Identität und die mit ihm einherhergehende Bedeutung gänzlich einordnen zu können, müssen Grenzen gezogen werden. Insbesondere sind an dieser Stelle die Begriffe Individualität und Identität von einander abzugrenzen. Diese Abgrenzung wurde in der Vergangenheit vernachlässigt, sodass die Individualität als implizierendes Moment der Identität gedeutet wurde.

An dieser Stelle sei der Name Erik H. Erikson zu nennen, der sich mit der Untersuchung von Identität beschäftigte und im Zuge dessen auf die Problematik um die Begrifflickeit, wie auch Komplexität der Identität stoß. So hat sich die Forschung die Ergebnisse Eriksons als Grundlage für die hiesige Identitätsproblematik genommen und formte zwei Sachverhalte, nämlich zum einen die kollektive Identität und zum anderen die personale Identität. Die kollektive Identität beschäftigt sich, im Hinblick auf den Tristanroman mit der höfischen Gesellschaft, sowie deren Ideale und Ansichten, hingegen meint die personale, oder auch persönliche Identität das eigene Bewusstsein, wie auch die Fähigkeit dieses beizubehalten.[3]

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die menschliche Identität kein festes Konstrukt darstellt, sondern mit dem Wandel wächst und es nur so überhaupt möglich ist, dass sich die Identität ausprägen und formen kann. Der Mensch entwickelt sich bewusst, wie auch unbewusst, beeinflusst durch die unterschiedlichsten Faktoren und Gegebenheiten.

Identität als Prozess im höfischen Roman

Die Identität des Helden, so wie der Leser ihn währens des Lesens kennenlernt ist nicht konstant das gleiche Gebilde, denn der Held eines höfischen Romans passiert gewisse Etappen und durchläuft verschieden Prozesse, die letztlich seine Identität formen.

So liegt zwischen dem Beginn eines Romans und seinem Ende der Weg des Helden, welchen er geht um zuguterletzt in einem anderen Licht dazustehen. Einleuchtend ist natürlich, dass der Held diesen Weg nicht zufällig gehen wird, obgleich er die Hürden nicht leichfertig überwinden kann, sodass sich gewisse Züge seiner Fähigkeiten und seines Gemüts bereits frühzeitig kristallisieren.

Der Weg, den der Held im Zuge des Romans hinter sich lässt ist mit der Krise des Helden verknüpft, was nicht zuletzt zur Bildung und Prägung seiner Persönlichkeit führt. Anhand dem Beispiel Tristans ist die Wandlung vom treuen Untergebenen Markes bis letztlich zum starken Gegenspieler ein Zeichen dieser Wandlung. Diese Strukturen kennzeichnen einen höfischen Roman.[4]

Zum einen kann der Held von außen, also durch die kollektive Gruppe und die mit ihr verbundenen Ansichten geprägt werden, hingegen, auf der anderen Seite aber auch durch seinen Werdegang, der einen Raum erschafft, in dem sich nur der Protagonist aufhält und so die Möglichkeit bekommt, sich von der Gesellschaft abzuheben und ihm allein Entfaltungsmöglichkeiten bereitstehen.[5]

Identität im Tristanroman

  1. Lukàcs, Georg: Theorie des Romans. Ein geschichtsphilosophischer Versuch über die Formen der großen Epik. Darmstadt 1982. S.51.
  2. Hermann, Henning: Identität und Personalität in Gottfrieds von Straßburg Tristan. Hamburg 2006. S.21.
  3. ebd. Hermann: Identität. S.65ff.
  4. ebd. Hermann: Identität. S.78f.
  5. ebd. Hermann: Identität. S.98f.