Transzendenz und Immanenz - Parzivals Verschwinden während der Gawan-Passage

Aus MediaeWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

In diesem Artikel wird die Gawan-Passage einer näheren Betrachtung unterzogen, um das "unsichtbar" werden Parzivals vor der Frage der Transzendenz-Immanenz-Frage zu betrachten. Hierbei ist wichtig, dass es nicht um einen Gawan-Parzival-Vergleich gehen wird, sondern viel mehr um die einzelnen Träger von Transzendenz im Parzival um im Vergleich festzustellen, ob auch Parzivals Lebensweg Zeichen der Transzendenz trägt. Hierbei wird an erster Stelle ein Theorieblock zu Transzendenz - Immanenz stehen, um auf dieser Grundlagen die Analysen zum Parzival zu beginnen.

Transzendenz und Immanenz

Die Begriffe Transzendenz und Immanenz sind komplementär zueinander und beschreiben eine Wirklichkeit, die sich in zwei Teile aufteilt: Unter Immanenz wird die erlebbare Wirklichkeit verstanden, während unter den Begriff der Transzendenz die Wirklichkeit fällt, die außerhalb der unmittelbar erlebbaren Wirklichkeit liegt. Das lateinische Wort "transcendere" bedeutet soviel wie "überschreiten, übersteigen" und verweist auf die Grenze, die überschritten wird, wenn Immanenz zu Transzendenz wird. Je nach Auffassung und Kontext kann Immanenz auch durch Begriffe wie Existenz, Dasein und Erleben ersetzt werden. Der komplementäre transzendente Begriffe zu Existenz wäre dann eine Existenz, die außerhalb der eigenen liegt - ohne deshalb nicht existent sein zu müssen. Im lateinischen Mittelalter wird der Begriff geprägt und vor allem im Zusammenhang mit religiösen Überlegeungen verwendet. So steht Immanenz im religiösen Kontext für die menschliche und erlebbare Welt, während das Transzendente die übermenschliche und göttliche Welt beschreibt. Doch dieses Begriffspaar kann in unterschiedlichen Kontexten verwendet werden, sodass das die beiden Begriffe, je nach Auffassung, immer wieder etwas anderes benennen können. [Handwörterbuch Philosophie 2003: vgl. Art. Transzendenz]

Textanalysen

Ausgangssituation vor dem Abschied vom Artus-Hof

Parzival sagt sich von Gott los und wird von Cunnewâre de Lalant unter anderem mit folgenden Worten verabschiedet:

grôz kumber iwer werdekeit __________ Das Unglück, das Euren Adel getroffen hat, __________
gît mir siufzebærez leit. __________ macht mich seufzen und weinen. __________ 332, 27-28


Hierbei fällt auf, dass sie im Mittelhochdeutschen "iwer werdekeit" sagt und somit einen Begriff nutzt, der nahelegt, dass es im Gegensatz zur neuhochdeutschen Übersetzung, nicht um etwas feststehendes geht, sondern um etwas das im Begriff ist zu entstehen, bzw. noch entstehen wird. Im folgenden Abschnitt wird Parzival als "ganerbe" (333,30) bezeichnet. Auch hier fällt wieder auf, dass der Begriff nicht eindeutig ist und ihn nicht als einzigen Erben auszeichnet, sondern Parzival "nur" als Mit-Erben bezeichnet. Auch hier steht also der Status Parzivals noch nicht fest, sondern legt nahe, dass erst noch etwas geschehen muss, das ihn als den würdigen Erben ausweist. Diese Beobachtungen sind deshalb interessant, weil sie zu Beginn der langen Episode stehen, in welcher Parzival immer wieder aus der Erzählung Wolframs verschwindet.

Parzivals Abwesenheit

In den Büchern VII, VIII, X, XII und XIII taucht Parzival nur vereinzelt selbst auf, der Leser begegnet ihm jedoch trotzdem: So wird immer wieder von ihm erzählt - interessanterweise wird er dabei als der ungenante (383, 25: Ohnenamen) aufgeführt. Diesen Namen, kann man als transzendentes Merkmal ansehen. Er ist schließlich auf Handlungsebene abwesend, wird aber durch die Erwähnung im Text auf Erzählebene präsent. Außerdem wird er bei einem Namen genannt, der ihn aber gleichzeitig namenlos lässt. Dieser paradoxe Umgang mit Parzivals Aufenthaltsort verweist darauf, dass er nicht zu verorten ist und gleichzeitig überall und nirgendwo ist, somit scheint eine permanente Grenzüberschreitung stattzufinden, die dafür spricht, dass Parzivals Verschwinden aus der Handlungsebene duchaus transzendente Züge hat.

Durch den Namen "Ohnenamen" wird jedoch diese Figur nicht als Individuum oder Held des Epos Parzival dargestellt, sondern als eine namenlose Figur, die dadurch wieder ungreifbar ist und unwirklich wirkt. Allein anhand des Namens und der Tatsache, dass er nicht erkannt werden möchte, entsteht also eine paradoxe Situation und Bewertung. schon ein tranzendentes Moment der Grenzüberschreitung zwischen aufgezeigt, dass der der Ungeannte genannt und dadurch eben nicht unerkannt sein kann, jedoch glechzeitig

Das Aufeinandetreffen Parzivals und Trevirizents

Parzivals lange Abwesenheit wird durch eine Episode markant unterbrochen: Das Treffen Parzivals und Trevrizents. Durch dieses Treffen wendet Parzival sich wieder Gott zu. Im Gespräch mit Trevrizent erkennt er zunächst, dass er "ein man der sünde hât" ist. Dies ist ein klares Sündenbekenntnis, das die Voraussetzung dafür schafft Buße zu tun. [Biesterfeldt 2004: vgl. 214]

Laut Knaeble bedeutet für Trevrizent Identitätsverlust nichts Negatives, sondern bringt einen Wechsel in eine andere Ordnung mit sich. Dadurch, dass er aus der höfischen Welt heraustritt und seine höfische Identität aufgibt, erhofft er Gottes Hilfe zu erlangen. Auch Parzival beschreitet diesen Weg, indem der Erzähler ihn aus der höfischen Welt und damit auch aus dem Text des "Parzival" in eine Parallelwelt treten lässt - die unsichtbar ist, da sie eben nicht Teil der erzählten Welt ist und von der man deshalb nur wenig erfährt. Dies ist aber, wenn man es weiterdenkt, paradox, da nur in der erzählten Welt des "Parzival" von dem Wiedererlangen des Grals berichtet werden kann. Doch dieses Heraustreteten aus der höfischen Welt schafft gleichzeitig auch die Voraussetzung dafür, dass Parzival wieder in sie eintreten, auf Sigune und dadurch auf Trevrizent treffen kann, um letztendlich dem Gral ein Stück näher zu kommen.

Fazit

Literatur

Primärliteratur

[* Wolfram von Eschenbach 2003] Wolfram von Eschenbach: Parzival. Studienausgabe 2. Auflage. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit Einführungen zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, Berlin 2003.

Sekundärliteratur

<HarvardReferences /> [*Biesterfeldt 2004] Biesterfeldt, Corinna: Das Schlußkonzept moniage in mittelhochdeutscher Epik als Ja zu Gott und der Welt. In: Wolfram-Studien 18 (2004), S. 211--231.

Weblinks

<HarvardReferences /> [*Handwörterbuch Philosophie 2003]: http://www.philosophie-woerterbuch.de/online-woerterbuch/?tx_gbwbphilosophie_main[entry]=901&tx_gbwbphilosophie_main[action]=show&tx_gbwbphilosophie_main[controller]=Lexicon&cHash=081212318415bcde0de5f20b273f87b4. In: Hg. v. Wulff D. Rehfus. 1. Aufl., Vandenhoeck & Ruprecht / UTB. ISBN 978-3-8252-8208-0. © 2003 Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, Oakville, 15.07.2015.