Benutzer:V. Kirchner

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Übersetzung für Woche 2: Winterlied 10 (Strophen I-VIb)

Mittelhochdeutsch Übersetzung
Dô der liebe summer Als der liebe Sommer
urelopu genam, Abschied nahm,
dô mouse man der tänze da musste man ganz auf die Tänze
ûfm anger gar verphlegen. auf der Wiese verzichten.
des gewan sît kummer Daher hatte Herr Gunderam
der herre Gunderam: seither Kummer:
der mouse ouch sîn gestänze Dieser musste nun auch sein Großgetue
dô lâzen under wegen. auf der Strecke lassen.
der ist bickelmeister disen winder. Der ist der Aufseher beim Würfelspiel diesen Winter:
œder gouch ist in dem lande ninder; Nirgendwo ist ein törichterer Dummkopf im Land;
sîn rûmegazze kaphet zallen zîten wol hin hinder. Sein Schwert (Räume die Gasse) gafft immer weit zum Hintern.

Waz er an den meiden Was er an den Mädchen
wunders dâ begât, Wundertaten verübt,
ê daz mîn vrouwe Schelle noch ehe meine Herrin Glocke
volende ir gebot! ihr Verbot vollendet!
erst vil unbescheiden, Er ist sehr rücksichtslos,
wan swelhe er bestât, welche er auch immer belagert,
diu wirt von slegen helle die wird von Schlägen hell
und mîdende den spot; und verzichtet auf Verspottung;
dâ von lâzen alle ir smutzemunden, aus diesem Grund sollen alle ihr Schmunzeln lassen,
des die jungen niht verheln erkunden! von dem die jungen Leute nicht lassen können!
des hât ir hant von solher meisterschefte dicke enphunden Von der Prügel hat ihre Hand viel abbekommen !

immer, sô man vîret, Immer, wenn man feiert,
sô hebent sî sich dar dann machen sie sich auf,
mit einer samenunge, mit einer Gesellschaft,
den ich wol schaden gan. denen ich von Herzen Schaden gönne.
Werenbreht der lîret, Wehrenbreht, der spielt auf der Leier,
sô sumbert Sigemâr. während Sigemâr geigt.
daz in dâ misselunge, Dass ihnen ein Missgeschick passiert,
daz læge et eben an! das wäre genau angemessen!
daz sich doch vil lîhte mac verrîden: Dass sich doch viel Helligkeit wenden kann:
wellents ir getelse niht vermîden, Wenn sie ihre Zügellosigkeit nicht unterlassen wollen,
sich mugen zwêne an mîner weibelruoten wol versnîden. dann können sich zwei an meinem Gerichtsschwert sehr verletzen.

Kœme ich zeinem tanze, Käme ich zu einem Tanz,
dâs alle giengen bî, bei dem sie alle mitmachten,
dâ wurde ein spil von hende da entstünde ein Spiel mit beiden Händen
mit beiden ekken zuo. mit beiden Schwertschneiden dabei.
lîhte geviele ein schanze, Vielleicht würde ein Wurf fallen,
daz vor mir lægen drî. sodass drei vor mir lägen.
ich hielte ez âne wende, Ich hielte es für unabwendbar,
verbüte ez einer vrou. außer es würde einer unterbinden.
sige und sælde hulfen mir gewinnen, Übermacht und Glück halfen mir zu gewinnen,
daz si halbe müesen dan entrinnen. dass sie zur Hälfte davon laufen müssen.
nu ziehen ûf und lâzen in ir gogelheit zerinnen! Nun zieht das Schwert und lasst ihre Ausgelassenheit verrinnen!

Sîne weidegenge Seine Jagden
die verewent mich grâ, die lassen mich grau werden,
swenn er verwendeclîchen immer wenn er hochmütig
vür mîne vrouwen gât. für meine Dame geht.
trîbet erz die lenge, Wenn er es auf Dauer treibt,
bestât er danne dâ, wenn er dabei bleibt,
man hilft im ûz der kîchen, dann hilft man ihm aus dem Asthma (schweren Atmen),
daz der vil riuwic stât. sodass er sehr schmerzerfüllt steht.
er und etelîcher sîn geselle, Er und einige seiner Getreuen,
den ich tanzent an ir hant ersnelle, wen ich davon tanzend an ihrer Hand erwische,
des sî gewis, ich slahe in, daz sîn offen stât ein elle! der kann gewiss sein, ich schlage ihn, dass ein Arm offen steht!

Im hilft niht sîn treie Ihm hilft weder sein Wams
noch sîn hiubelhout; noch sein Helm;
ez wirt im in getrenket: Es wird ihm eingeschenkt:
er zuhte ir einen bal. er entriss ihr einen Ball.
erst ein tœrscher leie; Er ist ein närrischer Laie;
sîn tumbelîcher muot sein törrichter Verstand
der wirt im dâ bekrenket. der wird ihm da zu Fall gebracht.
wil er vür Riuwental Wenn er mal im Jammertal
hin und her sô vil gewentschelieren, so hin und her streift,
er wirt wol zezeiset under vieren. dann wird er gewiss zerzaust.
her Werenbreht, waz mag ich des, wirt im der umberieren? Herr Werenbrecht, was kann ich dafür, wenn etwas für ihn abfallen wird?

Die wîl ich die klingen Solnge ich die Klinge
um mîne sîten trage, an meiner Seite trage,
sô darf mir durch mîn sumber so kann niemand mein Geflecht
niemen stechen nieht. durchtrennen.
er mouz vil wîte springen: Er muss sehr weit galoppieren:
begrîfe ichn mit dem slage, erreichte ich ihn mit dem Schlag,
ich slahe in, daz er tumber ich schlüge ihn, sodass der Törichte
schouwet nimmer lieht. nie wieder Licht erblicken würde.
ich hilf im des lîbes in den aschen ich befreie ihm seinen Leib in die Asche
und slah im mit willen eine vlaschen, und schlage ihn mit Gefallen mit einer Flasche,
daz im die hunt daz hirne ab der erde müezen naschen. sodass ihm die Hunde das Hirn von der Erde naschen können.

Her Nîthart hât gesungen, Herr Neidhart hat so gesungen,
daz ich in hazzen wil dass ich ihn hassen will,
durch mînes neven willen, wegen des Willens meines Onkels
des neven er beschallt. dessen Neffen er beleidigt.
lieze ers unbetwungen! Ließe er es ohne Zwang!
es ist im gar ze vil. Es ist ihm gänzlich zu viel.
enpflæge er sîner grillen Kultivierte er seiner Grillen,
und het ouch der gewalt! und hätte auch er Macht!
ez ist ein schelten, daz mich freuden letzet. Es ist eine Kritik, die mich meiner Freude beraubt.
wirt diu weibelroute mir gewetzet, wirst du Gerichtsschwert mir gewetzt,
ich trenne in ûf, daz man wol einen sezzel in in setzet. ich trenne ihn auf, sodass man gut einen Sessel in ihn setzen kann.

Übersetzung für Woche 3: Sommerlied 4 (Strophen I-V)

Mittelhochdeutsch Übersetzung
Heid, anger, walt in fröuden stât; Heide, Wiese, herrscht immer in Freuden
diu hânt sich bereitet mit ir besten wât, sie haben sich mit ihrem besten Gewand gekleidet,
die in der meie hât gesant. die ihnen der Mai geschickt hat.
sî wir alle Sie und wir alle
frô schalle! jubeln glücklich!
sumer ist komen in diu lant. Der Sommer ist ins Land gekommen.

Wol ûz der stuben, ir stolzen kint, Ganz aus den Stube, ihr übermütigen Kinder,
lât iuch ûf der strâze sehen! Hin ist der scherfe wint lasst euch auf der Straße sehen! Vergangen ist der beißende Wind
unde ouch der vil kalte snê. und auch der kalte Schnee.
hebt iuch balde Macht euch schnell
zuo dem walde! zum Wald auf!
vogelîn singent, den was wê. Die Vöglein singen, denen ging es schlecht.

Diu sint ergetzet leides gar. Die sind gänzlich vom Leid getröstet.
ir sult mirz gelouben! nemt sîn selbe war, Ihr sollt es mir glauben! Nehmt sein Wesen wahr,
waz der sumer erzeiget hât! was der Sommer enthüllt hat!
er will rîchen Er wird
sicherlîchen sicher
manegem boum mit loubes wât. manchen Baum mit einem Laubkleid schmücken.
Die nû vor grôzer huote megen, Die, die jetzt von den großen Hüten haben wollen,
die suln balde ir bestez vîrtacgwant an legen die sollen bald ihr bestes Feiertagsgewand anlegen!
lâzen sich dar inne ersehen! Sie lassen sich darin erblicken!
wir suln schouwen Wir sollen
vor den ouwen vor die Felder schauen,
maneger hande bloumen brehen, wo manche Hände Blumen pflücken,

Swie Riuwental mîn eigen sî, Obwohl das Jammertal mein Eigentum sei,
ich bin disen sumer aller sorgen frî, bin ich diesen Sommer von allen Sorgen befreit,
sît der winter ist dâ hin. seit der Winter vorbei ist.
ich will lêren Ich will
die jungen êren den Jungen echte Freude lehren:
freude: dar nâch stêt mîn sin. Danach steht mir der Sinn.

Übersetzung für Woche 4: Sommerlied 18

Mittelhochdeutsch Übersetzung
„Uns will ein sumer komen“, „Es wird ein Sommer zu uns kommen“,
sprach ein magt: „jâ hân ich den von Riuwental vernomen. sprach ein Mädchen: „ ja das habe ich von dem vom Jammertal gehört.
jâ will ich in loben. Wahrhaftig, ich will ihn ehren.
mîn herze spilt gein im vor vreuden, als ez welle toben. Mein Herz springt vor Freuden, als ob es toben wollte.
ich hœr in dort singen vor den kinden. Ich höre ihn dort vor den Kindern singen.
jâne will ich nimmer des erwinden, Ja ich will nicht, dass es aufhört,
ich springe an sîner hende zuo der linden.“ ich springe an seinen Händen zu den Linden.“

Diu muoter rief ir nâch: Die Mutter rief ihr nach:
sî sprach: „tohter, volge mir, niht lâ dir wesen gâch! Sie sprach: „Tochter, gehorche mir, handle nicht voreilig!
weistû, wie geschach Weißt du, was
dîner spilen Jiuten vert, alsam ir eide jach? deiner Spielgefährtin Jiute letztes Jahr geschah, was ihre Mutter erzählte?
der wouhs von sînem reien ûf ir wempel, Ihr Bauch schwoll von seinem Tanzen an
und gewan ein kint, daz hiez si lempel: und sie bekam ein Kind, das sie Lempel nannte:
alsô lêrte er sî den gimpelgempel.“ Auf diese Weise lehrte er sie den Gimpelgempel (Tanz).“

„Muoter lât iz sîn! „Mutter lasst es sein!
er sante mir ein rôsenschapel, daz het liehten schîn, Er schickte mir einen Rosenkranz, der hat hell geleuchtet
ûf daz houbet mîn, auf meinem Kopf,
und zwêne rôten golzen brâhte er her mir über Rîn: und zwei rote Schuhe brachte er mir über den Rhein:
die trag ich noch hiwer an mînem beine. die trage ich dieses Jahr an meinem Bein.
des er mich bat, daz weiz ich niewan eine. Worum er mich bat, das weiß nur ich.
jâ volge ich iuwer ræte harte kleine.“ Deshalb folge ich euerem Rat kein bisschen.“

Der mouter der wart leit, Der Mutter, der war es leid,
daz diu tohter niht enhôrte, daz si ir vor geseit; dass die Tochter nicht zuhörte, was sie ihr prophezeite;
iz sprach diu stolze meit: Es sprach die stolze Jungfrau:
„ich hân im gelobt: des hât er mîne sicherheit. „Ich habe ihn zum Mann genommen: Dafür hat er meine Zusage (mein Wort).
waz verliuse ich dâ mit mîner êren? Warum soll ich damit meine Ehre aufgeben?
jâne will ich nimmer widerkêren, Ich werde nicht wieder heimkehren,
er mouz mich sîne geile sprünge lêren.“ er muss mir seine fröhlichen Sprünge beibringen.

Diu muoter sprach: „wol hin! Die Mutter sprach: „Los!
verstû übel oder wol, sich, daz ist dîn gewin: Fährst du wohl oder übel, sieh, das ist dein Preis:
dû hâst niht guoten sin. du hast keinen guten Verstand.
will dû mit im gein Riuwental, dâ bringet er dich hin: Willst du mit ihm ins Jammertal gehen, dann bringt er dich hin:
alsô kann sîn treiros dich verkoufen. das heißt, sein Tanzlied kann dich verkaufen/preisgeben
er beginnt dich slahen, stôzen, roufen er beginnt dich zu schlagen, zu verletzen, zu prügeln
und müezen doch zwô wiegen bî dir loufen.“ und trotzdem müssen zwei Wiegen bei dir laufen.“

Übersetzung für Woche 5: Winterlied 24

Mittelhochdeutsch Übersetzung
Sumer, dîner süezen weter müezen wir uns ânen: Sommer, auf dein liebliches Wetter müssen wir verzichten:
dirre kalte winder trûren unde senen gît. Dieser kalte Winter bringt uns Trauer und Sehnsuchtsschmerz.
ich bin ungetrœstet von der lieben wolgetânen. Ich bin von der lieben Schönheit nicht getröstet.
wie sol ich vertrîben dise lange swære zît, Wie soll ich diese lange schwere Zeit,
diu die heide velwet unde mange bloumen wolgetân? die die Heide und manche prächtige Blumen bleich macht, verbringen?
dâ von sint die vogele in dem walde des betwungen, daz si ir singen müezen lân. Daher sind die Vögel im Wald besiegt, sodass sie ihr singen lassen müssen.

Alsô hât diu vrouwe mîn daz herze mir betwungen, Ebenso hat meine Herrin mein Herz bezwungen,
daz ich âne vröude mouz verswenden mîne tage. sodass ich meine Tage ohne Freude verbringen muss.
ez vervæhet niht, swaz ich ir lange hân gesungen; Es nützt nichts, was ich ihr lange gesungen habe;
mir ist alsô mære, daz ich mêre stille dage. Mir ist das ebenso gleichgültig, dass ich in Zukunft still schweige.
ich geloube niht, daz sî den mannen immer werde holt: Ich glaube nicht, dass sie den Männern jemals wieder zugetan sein wird:
wir verliesen, swaz wir dar gesingen unde gerûnen, ich unde jener Hildebolt. Wir verschwenden das, was wir auch singen und flüstern, ich und jener Hildebolt.

Der ist nû der tumbist under geilen getelingen, Der ist jetzt der dümmste unter den übermütigen Bauernburschen,
er und einer, nennt man den jungen Willegêr: er und einer, den man den jungen Willegêr nennt:
den erkunde ich disen sumer nie von ir gedringen, Den konnte ich diesen Sommer nie von ihr wegdrängen,
sô der tanz gein âbent an der strâze gie entwer. wenn der Tanz gegen Abend an der Straße kreuz und quer ging.
mangen twerhen blic den wurfen sî mich mit den ougen an, Manch unbesonnenen Blick warfen sie mir mit ihren Augen zu,
daz ich sunder mînes guoten willen vor in beiden ie ze sweime muose gân. sodass ich entgegen meines guten Vorsatzes vor ihnen beiden das Weite suchen musste.

Wê, daz mich sô manger hât von lieber stat gedrungen Ach, dass mich so mancher von einem lieben Ort verdrängt hat
beidiu von der guoten unde ouch wîlent anderswâ! hier von der Schönen und auch früher anderswo!
œdelîchen wart von in ûf mînen tratz gesprungen. Widerwärtige Sprünge machten sie zu meinem Ärger.
ir gewaltes bin ich vor in mînem schophe grâ. Von ihrer Macht bin ich vorher auf meinem Kopf grau.
doch sô neic diu guote mir ein lützel über schildes rant. Dennoch grüßt mich die Schöne ein bisschen über den Schildrand hinweg.
gerne mugt ir hœren, wie die dörper sint gekleidet: üppiclîch ist ir gewant. Gerne sollt ihr hören, wie die Bauerntölpel gekleidet sind: Überflüssig ist ihre Kleidung.

Enge röcke tragent sî und smale schaperûne, Sie tragen enge Röcke und schmale Skapuliere (Überwurf beim Ordensgewandt),
rôte hüete, rinkelohte schuohe, swarze hosen. rote Hüte, Schnallenschuhe, schwarze Hosen.
Engelmâr getet mir nie sô leide an Vriderûne, Engelmâr tat mir nie so Schmerz an Friderune an,
sam die zwêne tuont. Ich nîde ir phellerîne phosen, wie die zwei es tun. Ich bin neidisch auf ihre Seidenbeutel,
die si tragent: dâ lît inne ein wurze, heizet ingewer. die sie tragen: darin liegt eine Wurzel die heißt Ingwer.
der gap Hildebolt der guoten eine bî dem tanze; die gezuhte ir Willegêr. Davon gab Hildebolt der Schönen eine beim Tanz; Willegêr entzog sie ihr.

Gern west ich, wie es die torpper vnter einander trachten. Gerne wüsste ich, wie sich die Bauerntölpel untereinander bemühen.
sie trugen peckkelhauben, darczu lange swert. Sie trugen Brustharnische, dazu lange Schwerter.
ir spottigkait, ir laster sie gar zu laster brachten: Ihre Spottlust, ihr Laster brachten sie vollkommen in Schande:
des wurdens durch die goller mer denn halb gewert. Dagegen wurden sie durch den Brustharnisch nur halb geschützt.
sie stritten mit einander einen ganczen summer langen tag. Sie stritten miteinander einen ganzen Sommer, Tag für Tag.
das ir geläße sahe herre Neithart, do er in dem vas bey dem wein lag. Dass sie sich verletzen, das sah Herr Neidhart, als er in dem Fass bei dem Wein lag.

Sagte ich nû diu mære, wie siz mit ein ander schuofen, Würde ich jetzt erzählen, wie sie miteinander taten,
des enweiz ich niht: ich schiet von danne sâ zehant. so weiß davon ich nichts: ich machte mich sogleich alsbald davon.
manneglîch begunde sînen vriunden vaste ruofen; Jeder fing an, seine Freunden laut zu rufen;
einer der schrê lûte: „hilf, gevater Weregant!“ Einer, der schrie laut: „Hilfe, Gevatter Weregant!“
er was lîhte in grôzen nœten, dô er sô nâch helfe schrê. Er war wahrscheinlich in großer Gefahr, weil er so sehr nach Hilfe schrie.
Hildeboldes swester hôrte ich eines lûte schrîen: „wê mir mînes bruoder, wê!“ Hildebolts Schwester hörte ich plötzlich laut schreien: „Weh mir, mein Bruder, weh!“

Dô kam schiere ein getelinc geloufen von dem strîte: Da kam sogleich ein Bauernbursche angelaufen von dem Streit:
den frâgt ich der mære. „Willeher mit ellen streit. Den fragte ich nach dem Vorfall. „Will er mit den Ellen kämpfen.
Hildeboltes schapperûn der ist zerzerret wîte Hildeboltes Kapuzenmantel, der ist sehr zerrissen
und dar zuo sîn enger roc wol drîer spannen breit.“ und dazu sein enger Rock gewiss drei Spannen breit.“
daz geschach umb eine wurzen, die man ûz der hende ir brach. Das geschah wegen einer Wurzel, die man ihr aus den Händen riss.
des engalt vil mangiu spæhiu hûbe, die man bî dem tanze zerzerret ligen sach. Dessen strafen sehr viel Weisheit Köpfe, die man bei dem Tanz vernichtet liegen sah.

Wâ bî sol man mîn geplätze hinne vür erkennen? Wodurch soll man mein Gesang künftig erkennen?
hie envor dô kande man iz wol bî Riuwental. Früher, da konnte man es gut an „Jammertal“.
dâ von solde man mich noch von allem rehte nennen: Danach sollte man mich noch mit allem Recht nennen:
nust mir eigen unde lêhen dâ gemezzen smal. Jetzt ist mein Eigentum und Lehen dort ermessen klein.
kint, ir heizet iu den singen, der sîn nû gewaltic sî! Kind, ihr nennt denjenigen, der singt, der jetzt die Macht hat!
ich bin sîn verstôzen âne schulde: mîne vriunt, nu lâzet mich des namen vrî! Ich bin ohne Verschulden dort vertrieben: Meine Freunde, jetzt nennt mich nicht mehr danach!

Ich hân mînes herren hulde vloren âne schulde: Ich habe die Gunst meines Herren ohne Verschulden verloren:
dâ von so ist mîn herze jâmers unde trûrens vol. Daher ist mein Herz so von Leid und Traurigkeit erfüllt.
rîcher got, nu rihte mirz sô gar nâch dîner hulde, Mächtiger Gott, jetzt verschaffe mir ganz nach deiner Gnade Recht,
manges werden friundes daz ich mich des ânen sol! viele werden sich freuen, dass ich es aufgeben muss!
des hân ich ze Beiern lâzen allez, daz ich ie gewan, Alles, was ich je erworben hatte, das habe ich alles in Bayern gelassen,
unde var dâ hin gein Ôsterrîche und wil mich dingen an den werden Ôsterman. und fahre hinweg, in Richtung Österreich und ich will danach streben, Österreicher zu werden.

Mîner vînde wille ist niht ze wol an mir engangen: Der Wille meiner Feinde hatte keine guten Auswirkungen an mir:
wolde ez got, sîn mähte noch vil lîhte werden rât. Wollte es Gott, so werden seine Mächte vielleicht noch Abhilfe.
in dem lande ze Œsterrîche wart ich wol enphangen Im Land Österreich wurde ich gut aufgenommen
von dem edel vürsten, der mich nû behûset hât. von dem edlen Fürsten, der mich jetzt bei sich aufgenommen hat.
hie ze Medelicke bin ich immer âne ir aller danc. Hier in Medelicke bin ich künftig ohne ihr aller Lob.
mir ist leit, daz ich von Eppen und von Gumpen ie ze Riuwental sô vil gesanc. Mir ist es leid, dass ich im „Jammertal“ so viel von Eppen und vom Hüpfen gesungen habe.

Her Nîthart hât uns hie verlâzen als diu krâ den stecken, Herr Neidhart hat uns hier verlassen, wie die Krähe den Pfahl,
diu dâ hinne fliuget unde sitzet ûf ein sât. die dahinfliegt und auf ein Saatfeld sitzt.
ez sol ein man mit fremden frouwen niht ze vil gezecken, Es darf ein Mann,
der der wâren schulde an sîner keine vunden hât. der die Wahrheit bei sich nicht erlangt hat, mit unerreichbaren Damen nicht zu viel Scherz treiben.
er niez sîn tegelîche spîse (der hât er dâ heime genouc), Er aß sein gewöhnliches Essen nicht (davon hat er daheim reichlich),
lâz Hildebolten mit gemache! Ez was ein eichel, die er bî im in dem biutel truoc. Lass Hildebolt in Ruhe! Es war eine Eichel, die er bei sich im Beutel trug.

Rädelohte sporen treit mir Fridepreht ze leide, Radförmige Sporen formt Fridepreht mir zum Leide,
niuwen vezzel hât er baz dan zweier hende breit. neue Fesseln hat er, genau zwei Hände breit.
rucket er den afterreif hin wider ûf die scheide, Wenn er das Band (den Schwerthalter) wieder auf die Schwertscheide zieht,
wizzet, mîne vriunde, daz ist mir ein herzenleit! wisset, meine Freunde, dann ist mir das ein Leid.
zwêne niuwe hantschuoh er unz ûf den ellenbogen zôch. Zwei neue Handschuhe zog er bis auf den Ellbogen hoch.
mugt ir hœren, wie der selbe gemzinc von der lieben hiuwer ab dem tanze vlôch? Wollt ihr hören, wie derselbe Gemsbock von der Lieben dieses Jahr vor dem Tanz floh?

Er gap versengelt wol, rehte als im wær an gebunden. Er lief gewiss davon, geradewegs als er gefesselt worden wäre.
ein swînes blâse, alsô man den wilden hunden tuot. Eine Schweineblase, wie man sie den wilden Hunden lässt.
ofte brach er sînen zelt, als sî doch wol befunden, Oft unterbrach er seinen Schritt, wenn sie ihn auch wirklich bemerkten,
Hatze und Pletze und jeniu ir gespile Hademuot. Hatze und Pletze und jene, ihre Freundin Hademuot.
frâget Engeltrûten, wiez læg umbe ir bruoder Fridebreht! Engeltrut fragte, wie es um ihren Bruder Fridebreht steht!
„ach ach, er hât verrenket sich vor vorhte“, alsô hât si mir geseit, „der tœrsche kneht.“ „Ach ach, er hat sich vor Angst verdreht“, so hat sie mir erzählt, „der dumme Knabe.“

Sach ab ieman jene mit der gickelvêhen täcken? Sah jemand den mit der bunten Decke?
die tregt er ûf der hende und klopfet ûf sîn niuwez swert: Die trägt er in den Händen und klopft auf sein neues Schwert:
dâ mite er uns des nahtes ab der gazzen will erschrecken. Damit will er uns nachts aus der Gasse heraus erschrecken.
der selbe dünket sich noch mêr dan drîer bônen wert, Derselbe hält sich noch für mehr als drei Bohnen wert,
als er danne gerûzet unde gedræset, der vil übele man, wenn er dann nicht grüßt und (schnaubt), der wirklich schlimme Mann,
und im sîn täcke ringeleht erklinget dem gelîche, als er trage ein goller an. und ihm seine mit Schnallen verzierte Decke erklingt ebenso, als ob er einen Brustharnisch trüge.

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