Der musikalische Held Gottfrieds.

Aus MediaeWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Rolle des Spielmanns am Hof in Gottfrieds Zeit

Hannes Kästner betont den besonderen Stellenwert der Musik in Gottfrieds Tristan Roman. Neben dem kämpferischen Heldentum ist Spielmannskunst für die Haptfigur Gottfrieds nicht von geringere Bedeutung. Tristan wird in der Literaturforschung als ein wichtiges Beispiel für den sozialen Aufstieg des Spielmannes im Zusammenhang mit der Entwicklung der Kunstszene in der mittelalterlichen Lebensrealität um 1200 gesehen. [Kästner 1981:2] Die neue Wertschätzung des Spielmannes in dieser Zeit wird eng mit der Ausbreitung des Minnesangs gesehen.

Die Spielleute und Sänger in Hofstellung oder in Begleitug eines Fürsten (die höfische Spielleute) heben sich ab von den Unterhaltungskünstlern der unteren Kategorie (die fahrenede Musiker und Sänger) in der Zeit um 1200. Das Verlangen der Adelsschicht nach Unterhaltung ermöglicht den Dichtern und Musikern nicht-adeligen Standes eine Anstellung an einem Hof zu bekommen, womit sie auch ihre soziale und rechtliche Position verbessern können. Die adelige Familien werden als Förderer der spielmännischen Kultur gesehen. Der höfische Spielmann, der die Kunst des Minnesangs beherrscht, hat in Gottfrieds Zeit eine herausgehobene Position und eine besondere Wertschätzung. [Kästner 1981:10-13]



Der musikalische Held Tristan

Schon als Kind lernt Tristan Musik auf Saiteninstrumenten bis zur Vollkommenheit:

Under disen zwein lernungen
der buoche unde der zungen
sô vertete er sîne stunde vil
an iegelîchem seitspil.
dâ kêrte er spâte unde vruo
sîn emezekeit sô sêre zuo,
biz er es wunder kunde.

(V. 2095-2099)[1]

(Neben dem Studium/ der Bücher und Sprachen/ widmete er viele Stunden/ allen Arten des Saitenspiels./ Darauf wandte er von früh bis spät/ soviel Fleiß,/ bis er es vorzüglich konnte.) [Krohn 2009: 133]

In der Jagdszene, nachdem Tristan die Kunst des Entbästens demonstriert hat, zeigt er sich als virtuoser Hornspieler:

und als diu rotte gar în kam,
Tristan sîn hornelîn dô nam
und hürnete alsô rîche
und alsô wunneclîche,
jene alle, die dâ mit im riten,
daz die vor vröuden kûme erbiten,
daz s'ime ze helfe kâmen
und alle ir horn nâmen
und hürneten vil schône
mit ime in sîme dône.
er vuor in vor ze prîse,
si nâch in sîne wîse
bescheidenlîchen unde wol.
diu burc diu waart gedoenes vol.

(V. 3209-3222)

(Als die Gruppe drinnen war,/ nahm Tristan sein Horn/ und blies so prähtig/ und wunderbar,/ daß alle, die mit ihm ritten,/ vor Freude gar nicht erwarten konnten,/ ihm zu Hilfe zu kommen./ Alle nahmen ihr Horn/ und bliesen sehr schön/ mit ihm seine Melodie./ Er spielte ihnen herrlich vor,/ sie folgten seinem Spiel/ geschickt und kunstvoll./ Die Burg war voll mit ihrem Klang.) [Krohn 2009:199]

Diese Szene ist sehr bedeutend. Im Mittelalter war Hirschjagd die edelste Art des Jagens mit besonders strengen Regeln, zu denen auch das Hornspiel gehörte. Mit seinem Hornspiel anerkennt Tristan seine innere Zugehörigkeit zur Elite der adeligen Gesellschaft. [Kästner 1981: 51] Tristan zeigt sich als überlegener Jagdkünstler und Hornbläser, womit er auch König Markes Sympathie gewinnt und von ihm die Einladung bekommt, an seinem Hof zu bleiben. So wird der Held an Markes Hof eingeführt.




Die Bedeutung der Musik für die Handlung


Anmerkungen

  1. Zitierung mit Versangabe im Folgenden aus Gottfried von Straßburg: Tristan. Nach dem Text von Friedrich Ranke neu herausgegeben, ins Neuhochdeutsche übersetzt, mit einem Stellenkommentar und einem Nachwort von Rüdiger Krohn. Bd. 1–3. Stuttgart 2009 (RUB 4471-4473).




Literatur

<HarvardReferences />

  • [*Krohn 2009] Gottfried von Straßburg: Tristan. Nach dem Text von Friedrich Ranke neu herausgegeben, ins Neuhochdeutsche übersetzt, mit einem Stellenkommentar und einem Nachwort von Rüdiger Krohn. Bd. 1–3. Stuttgart 2009 (RUB 4471-4473).
  • [*Hollandt 1966] Hollandt, Gisela: Die Hauptgestalten in Gottfrieds Tristan. Berlin 1966.
  • [*Kästner 1981] Kästner, Hannes: Harfe und Schwert: der höfische Spielmann bei Gottfried von Straßburg. Tübingen 1981.