Schachlied
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Walther von der Vogelweide nimmt in seinem "Schachlied" genannten Lied 81 (in der Zählung Cormeaus)[1] explizit Bezug auf ein Lied Reinmars von Hagenau. Zum besseren Verständnis des "im einzelnen schwer auszudeutend[en]"[2] Textes siehe auch: "Die "Reinmar-Lieder" Walthers von der Vogelweide (Ricarda Bauschke)"
Originaltext nach Cormeau
In dem dône: Ich wirbe umb allez daz ein man
I
- Ein man verbiutet ein spil âne pfliht
- des im nieman wol gevolgen mac.
- er giht, wenne sîn ouge ein wîp ersiht,
- si sî sîn ôsterlîcher tac.
- Wie wære uns andern liuten sô geschehen,
- solten wir im alle sînes willen jehen?
- ich bin der eine, derz versprechen muoz:
- bezzer wære mîner frouwen senfter gruoz.
- dâ ist mates buoz.
II
- ›Ich bin ein wîp [ ] dâ her gewesen
- sô stæte an êren und ouch alsô wol gemuot:
- ich trûwe ouch noch vil wol genesen,
- daz mit selkem stelne nieman keinen schaden tuot.
- Swer aber küssen hie ze mir gewinnen wil,
- der werbe ez mit vuoge und ander spil.
- ist daz ez im wirt ie sâ,
- er muoz sîn iemer sîn mîn diep und habe imz dâ
- und lege ez anderswâ.‹
Übersetzungsvorschlag[3]
Genauso vorzutragen wie [das Lied Reinmars des Alten]: Ich wirbe umb allez daz ein man
I
- Ein Mann erhöht auf eigene Faust den Einsatz in einem Spiel derartig,
- dass schlechterdings niemand mithalten kann. [Wapnewski: "dass alle ihre Zustimmung versagen müssen"[4]]
- Sobald sein Auge eine Frau erblickt, behauptet er,
- sie sei seine Auferstehungsfreude.
- Wie würde es uns anderen Leuten ergehen,
- wenn wir ihm alle zustimmten?
- Ich bin derjenige, der [ihm] widersprechen muss:
- Es wäre besser, meine Dame ["Madame"[5]] sanfter zu grüßen.
- Dies ist die Erwiderung auf das Mattgebot.
II
- ›Ich bin schon immer eine ehrenhafte
- Frau von fröhlicher Natur gewesen.
- Ich gedenke auch, mich weiterhin wohlzufühlen,
- weil mir aus solchem Diebstahl kein Schaden wird.
- Wer auch immer Küsse von mir erlangen will
- der soll sich darum angemessen und mit anderen Spielen bemühen.
- Wenn es ihm auch irgendwann so gelingen sollte,
- dann wird er in meinen Augen immer Dieb sein und mag die Küsse für sich behalten
- und anderswo hinlegen.‹
Quellen
- ↑ nach: Walther von der Vogelweide: Leich, Lieder, Sangsprüche. 14., völlig neubearb. Aufl. der Ausg. Karl Lachmanns mit Beiträgen von Thomas Bein und Horst Brunner, hg. von Christoph Cormeau, Berlin/New York 1996.
- ↑ Hahn, Gerhard: Wer ist “Walther von der Vogelweide”? Zur Einheit seines literarischen Werks, in: Brunner, Horst; Klein, Dorothea; Lienert, Elisabeth; Rettelbach, Johannes (2000): Vom Mittelalter zur Neuzeit. Festschrift für Horst Brunner. Wiesbaden: Reichert.
- ↑ zu verschiedenen Varianten der Übersetzung siehe auch: Bauschke, Ricarda: Die „Reinmar-Lieder“ Walthers von der Vogelweide. Literarische Kommunikation als Form der Selbstinszenierung, Heidelberg 1999 (Germanisch-romanische Monatsschrift Beiheft 115)
- ↑ Wapnewski, Peter (1975): Waz ist minne. Studien zur Mittelhochdeutschen Lyrik. München: Beck, S. 83
- ↑ ebd.