Wappen und ihre Bedeutung (Wolfram von Eschenbach, Parzival)

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Dieser Artikel untersucht die Bedeutung von Wappen in Wolframs von Eschenbach "Parzival". Hierzu wird zunächst das Wappenwesen im Mittelalter allgemein Thema sein, woraufin eine Analyse der wichtigsten Wappen in Parzival folgt.

Das Wappenwesen im Mittelalter

Die Lehre von den Wappen, auch Haraldik genannt, entstand im 12./13. Jahrhundert [Philippi 2004: unter "Geschichte der Heraldik"]. Ein Wappen ist definiert als ein "Zeichen oder ein Symbol bestimmter Farbe, Form oder Darstellung" [Filip 2011: 69]. Für die folgende Wappendeutung ist darüberhinaus entscheidend, dass ein Wappen zur damaligen Zeit zumeist als eine Personifizierung des Besitzers zu interpretieren ist [Filip 2011: 107]. Wappen waren also nicht beliebig ausgewählt, sondern dienten vielmehr als "Erkennungszeichen" [Neubecker 1977: 59]. Kämpfer konnten demnach, beispielsweise bei Turnieren oder Tjosten, anhand ihres Zeichens identifiziert werden [von Volborth 1989: 16]. Wichtig war hierbei, dass man das Wappen schon von weitem erkennen musste, weshalb bei Wappenbildern zwar verzierte, jedoch eher einfache Symbole zentral sind, wie zum Beispiel ein Herz oder eine Blume [Neubecker 2007: 70-71].

Bedeutung ausgewählter Wappen in "Parzival"

Anker (Gahmuret)

Das mehrmals erwähnte Wappenzeichen Gahmurets, Parzivals Vater, ist ein Anker. Letzterer steht für die "Suche nach festem Grund" [Bumke 2004: 45], welche angesichts der Rastlosigkeit des Ritters (54, 18) [1] wie auf diesen zugeschnitten zu sein scheint.

Gahmuret tauscht das väterliche Wappen (Panther) gegen die Abbildung eines Ankers aus (14, 12 ff.). Hieran lässt sich eine beabsichtigte Distanzierung von seiner Familie väterlicherseits erkennen [Bumke 2004: 45]. Gahmuret wählt sich sein Wappenzeichen also selber, "zur Hoffnung passend, die ihn trieb" (14, 16). Dieses ihn vorantreibende Streben ist eines nach einem festen Sitz und nach einem Land, welches er regieren kann. Doch das gelingt ihm an dieser Stelle nicht, er muss seine "Wappenlast immer weitertragen" (15, 2).

Taube (Gral)

Eine oder mehrere Tauben sind das "Wahrzeichen des Grâls" (778, 24), welches unter anderem an Rüstungen, Schilden, Helmen, Satteln und Fahnen angebracht ist und auf diese Weise als Erkennungszeichen der Gralsritter (800, 2-4) dient. Dieses Wappen repräsentiert im "Parzival" schon seit jeher die Gralsgesellschaft ("Ihre Schilde sind seit alten Zeiten so" (474, 9-10)), denn bereits den Vorgängern Anfortas (Tyturel, Frimutel) galt die Taube als ihr Wappentier (474, 9-10).

In der Heraldik gilt die Taube als "christliche Darstellungsform des Heiligen Geistes" [Oswald 1985: 393]. Dies steht in engem Zusammenhang mit einer Bemerkung Trevrizents zum Grâl in 470, 1-11: Jeden Karfreitag fliegt eine schneeweiße Taube vom Himmmel herab und legt eine Oblate auf den Grâl (bei Wolfram ein Stein), die diesem dann seine Wunderkräfte verleiht (siehe auch Der Heilige Gral). In "Parzival" ist die Taube demnach tatsächlich als eine Art Heiliger Geist anzusehen oder zumindest als ein Stellvertreter von göttlicher Macht. Die Taube stellt eine "Verbindung zum Himmel" [Bumke 2004: 136] und damit zum Göttlichen her. Dies mag für Joachim Bumke unter anderem ein Grund gewesen sein, festzustellen, dass "die Gralgesellschaft unmittelbar von Gott gelenkt wird" [Bumke 2004: 182]. (Mehr zur Symbolik des Grals hier).

Parzivals Wappen?

Es ist interessant, dass Parzival bis zu dem Zeitpunkt da er Herr des Grâls wird, kein Wappen zu haben scheint. Nichtsdestotrotz hat er, dank seiner roten Rüstung, großen Wiedererkennungswert als Ritter. Anstelle eines Symbols auf seinem Schild tritt bei Parzival also die rote Farbe seiner Rüstung. Rot, ein Symbol der Liebe, könnte die Treue verdeutlichen, die Parzival Cundwîr âmûrs gegenüber empfindet: das Rot seiner Rüstung steht hierbei dafür, dass er immer in ihrem Dienst kämpft beziehnungsweise seine Gedanken stets bei ihr sind.

Fazit

Es hat sich gezeigt, dass Wappen in Parzival in hohem Maße an die Identität der Besitzer geknüpft sind. Ferner kann festgehalten werden, dass die genaue Untersuchung von Wappen und Symbolen eine wertvolle interpretatorische Hilfe sein können.


Quellennachweise

<HarvardReferences /> [*Philippi 2004] Heraldik-Heraldry <HarvardReferences /> [*Filip 2011] Filip, Václav Vok: Einführung in die Heraldik. Stuttgart: Franz Steiner Verlg, 2011. <HarvardReferences /> [*von Volborth 1989] von Volborth, Carl-Alexander: Heraldik. Eine Einführung in die Welt der Wappen. Stuttgart, Zürich: Belser, 1989. <HarvardReferences /> [*Neubecker 1977] Neubecker, Ottfried: Heraldik. Wappen - Ihr Ursprung, Sinn und Wert. Frankfurt am Main: Krüger verlag GmbH, 1977. <HarvardReferences /> [*Neubecker 2007] Neubecker, Ottfried: Wappenkunde. München: Bassermann, 2007. <HarvardReferences /> [*Bumke 2004] Bumke, Joachim: Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., Stuttgart/Weimar 2004 (Sammlung Metzler 36). <HarvardReferences /> [*Oswald 1985] Oswald, Gert: Lexikon der Heraldik. Mannheim, Wien, Zürich: Bibliographisches Institut, Meyers Lexikonverlag, 1985.

  1. Alle Textstellen-Angaben aus Wolfram von Eschenbach: Parzival. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/New York 2003.