Gahmuret und Herzeloyde (Wolfram von Eschenbach, Parzival)

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Nachdem Gahmuret Belacane zurüchgelassen hat, besteitet er viele Kämpfe und kommt schließlich zu seinem Cousin nach Spanien, mit dem er auf Ritterfahrt fährt. Sie reisen nach Wâleis, wo die Königin Herzeloyde ein Turnier veranstaltet. Sie ist verwitwert, da ihr vorheriger Ehemann im Kampf ums Leben kam. Um einen König für ihre beiden Königreiche zu finden, hat sie sich selbst als Preis für den Sieger des Turniers ausgesetzt.

Das Turnier in Kanvoleis

Zu dem Turnier sind die berühmtesten und heldenhaftesten Ritter geladen. Gahmuret zieht mit einer großen Schar, mit Lärm und Pracht in die Stadt ein (höfslîchen durch die stat, der helt begunde trecken, die slâfenden wecken. 62,27ff) [1]. Er wird von vielen Schaulustigen und auch von der Königin sehr bewundert. Die Turnierteilnehmer sind nach Verwandtschaft aufgeteilt, es kämpfen zwei große Parteien gegeneinander (zur detaillierten Beschreibung der Turnierteilnehmer siehe [Bumke 2004: S. 49f.]
Bevor das Turnier jedoch beginnt, treten einige Ritter in Vorkämpfen gegeneinander an. Gahmuret, der ebenfalls an den Vorübungen teilnimmt, besiegt alle, die gegen ihn antreten.

Der Liebesbrief der Amflîse

Nachdem Gahmuret die ersten Kämpfe beendet hat, reitet er zu seinem Zelt zurück. Dort wird er von Boten der Königen Amplîse empfangen. Diese Überbingen einen Brief der Königin von Frankreich. Die Königin hat sich in Gahmuret verliebt und bietet ihm ihre Hand und ihr Land an. (Kum wider, und nim von mîner hant, krône, zepter unde ein lant. daz ist mich an erstorben: daz hât dîn minne erworben 77, 1ff) Dafür schenkt sie ihm Truhen voller Kostbarkeiten. Die Konkurrenzsituation zur Königin Herzloyde spricht sie offen an:

ine ruoche obez diu künigin siht: Mag die Königen dort es ruhig sehen, was kümmert's mich?
ez mac mir vil geschaden niht. Es kann mir nicht viel schaden.
ich bin schœner unde rîcher Ich bin schöner als sie und mächtiger
unde kan och minneclîcher und liebenswerter, und ich weiß besser als sie
minne enphân und minne gebn Liebe zu empfangen und Liebe zu geben.
wiltu nâch werder minne lebn Wenn du nach wirklich edler Liebe leben willst,
sô hab dir mîne krône so gehört sir meine Krone,
nâch minne ze lône sie soll der Lohn der Liebe sein.

Nachdem Gahmuret den Brief empfangen hat, reitet er zurück zu den Kämpfen und besiegt weitere Ritter. Da nach diesem Vorturnier schon die meisten Ritter besiegt und in Gefangenschaft sind, wird das geplante Turnier abgesagt und Herzeloyde erklärt Gahmuret zum Sieger.

Die Liebesforderung der Herzeloyde

Nachdem Herzeloyde die Vorkämpfe für beendet erklärt und das Turnier abgesagt hat, reitet sie zu Gahmurets Zelt, um ihn kennenzulernen. Als Herzeloyde und Gahmuret sich hinsetzen, ist sie sofort "gefangen von seiner Liebe" (84,1), nimmt ihn in den Arm und zieht ihn zu sich heran. (er saz für sie sô nâhe nidr, daz sin begreif und zôch in widr, anderhalb vast an ir lîp 843ff) Diese Geste "ist für eine adelige Dame, die in der Öffentlichkeit Zurückhaltung zu üben hat, sehr ungewöhnlich." [Hartmann 2000: S.197]
Im starken Gegensatz zur lichten, hell strahlenden Herzeloyde (84, 14ff) steht allerdings Gahmuret, der von Traurigkeit niedergedrückt wird. (wan daz grôze jâmer unders sluoc 84, 16). Sein Kummer erklärt sich einerseits aus den schlechten Nachrichten aus Anschouwe, die ihm über seine Verwandten gebracht worden sind, und andererseits von der Sehnsucht nach Belacane, seiner Frau. Herzeloyde fordert nun "mit süßer Bitte von ihrem Herzen" (von herzen eine süeze bete 86,30) ihr Recht an Gahmuret ein. Weil die Gedandten der Ampf1îse aber ebenfalls auf Gahmuret einreden und ihn für Ampflîse gewinnen wollen, will Herzeloyde ihr Recht vor Gericht einfordern und bittet Gahmuret so lange zu bleiben.

Der Gerichtsspruch

Am nächsten Morgen fordert Herzeloyde erneut die Ehe von Gahmuret. Dieser wehrt ab und verwendet seine Traurigkeit und seine Sehnsucht nach Belacane als Argument. Herzeloyde verlangt von Gahmuret, die "Mohrin zu lassen, wo sie ist" (94, 13f) und auch die Königin von Frankreich, der Gahmuret viel zu verdanken hat, zu vergessen. Gahmuret weist darauf hin, dass kein Turnier stattgefunden hat, das er hätte gewinnen können, doch das Gericht gibt Herzeloyde schließlich recht.

Die Ehe mit Herzeloyde

Bevor Herzeloyde und Gahmuret heiraten, verlangt er von ihr, ihn zu Turnieren fahren zu lassen, wenn er dazu Lust verspührt. Andernfalls würde er den alten Trick anwenden und von ihr, wie von Belacane fortlaufen (sô kan ich noch den altel slich, als dô ich mînem wîbe entran 96, 30f.)

Quellennachweise

  1. Alle folgenden Versangaben beziehen sich auf die Ausgabe: Wolfram von Eschenbach: Parzival. Text und Übersetzung. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/New York 2003.

<HarvardReferences /> Forschungsliteratur:

[*Bumke 2004] Joachim Bumke: Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., Stuttgart/Weimar 2004.

[*Hartmann 2000] Heiko Hartmann: Gahmuret und Herzeloyde. Kommentar zum zweiten Buch des Parzival. Wolfram von Eschenbach. Band 1. Herne 2000.