Wolfram von Eschenbach (Biographie)
Die Spekulation über Eschenbachs Herkunft:
Wolfram von Eschenbachs Existenz ist nicht historisch belegt. Somit kann man vermuten, dass er nicht aus dem hohen Adel stammte. Es ist festzuhalten, dass Epiker wie Eschenbach in den meisten Fällen von niederem Stand waren und diese selten in Chroniken und ähnlichem aufgenommen wurde. Alles was die Forschung über Eschenbach weiß, stammt aus seinen Selbstaussagen, Aussagen von Zeitzeugen und von nachfolgenden Autoren.
Eschenbach selbst sprach sehr oft von sich selbst in seinen Werken. Er sprach über seine Familie, seine Lebensbedingungen und Beziehungen zu Frauen, Förderern, anderen Autoren und Lehnsherrn.[Bumke 2004: S.1] Im Parzival bezeichnet er sich des öfteren als armen Mann. Inwiefern diese Aussagen von Eschenbach allerdings der Wahrheit entsprechen, lässt sich leider nicht überprüfen. Nur historisch belegte Herrscher oder Personen lassen sich einordnen.
Der Name „Wolfram von Eschenbach“ ist auf jeden Fall bezeugt. Zum einen nennt sich der Autor selbst in seinen Werken so und wird auch von anderen Autoren mit diesen Namen angesprochen. Man vermutetet, dass Eschenbach aus dem fränkischen Ober-Eschenbach stammt, das südöstlich von Ansbach in Oberfranken liegt. Die lässt sich aus verschiedenen Orten vermuten, die im Umkreis der Ortschaft Eschenbach liegen, und mehrfach in den Texten Wolframs von Eschenbach erwähnt wurden, wie beispielsweise Abenberc (nhd. Abenberg) oder Tolenstein (nhd. Dollenstein).[Bumke 2004: S. 2] Einen weiterer Bezugspunkt zu dieser Ortschaft findet man im „Jüngere Titurel“, wo Eschenbach als „friunt von Blienvelde“ bezeichnet wurde. Im Eichstätter Lehnbuch ist ein „Wolfram von Plienuelt“ eingetragen, der womöglich der Dichter Wolfram von Eschenbach sein könnte, da sowohl das Gebiet Eschenbach und Pleinfeld zum Lehnbesitz des Bistums Eichstätt zählte.[Bumke 2004: S. 2]
Einen direkten Verweis auf eine Herkunft gibt Eschenbach nur einmal und das im Parzival-Epos. Dort schreibt der Erzähler „wir Beier“, was bedeutet, dass er sich als Bayer bezeichnet. Das fränkische Eschenbach gehörte nie zu Bayern, allerdings lässt sich auch vermuten, dass Eschenbach sich eine Zeit lang als Bayer ausgab, als er dort gedichtet hatte.
Auch das Grab von Eschenbach ist umstritten. Angeblich liegt es im Frauenmünster in Eschenbach. Das Grab zeigt ein Wappen mit einem Krug auf Schild und Helm. Dieser Wappen ist allerdings fragwürdig, da in der Großen Heidelberger Liederhandschrift ein anderes, älteres Wappen verzeichnet ist. Auf einer Zeichnung, wo er als Ritter dargestellt wird, wird seine Ausrüstung von zwei braunen Beilen auf rotem Untergrund geziert. Weiters ist auch die Grabinschrift problematisch. 1608, nachdem Hans Wilhelm Kreß das Grab gesehen hat, hielt er die Grabinschrift fest: Hie ligt der Streng Ritter herr Wolffram von Eschenbach ein Meister Singer. Die Inschrift zeigt, dass das Grab erst später entstand und somit nicht das Originalgrab von Eschenbach sein kann. Die Ausdrücke „Meistersinger“ und „Strenger Ritter“ sind Begriffe des 14. Jahrhunderts, also weit nach Eschenbachs Beisetzung.[Bumke 2004: S. 2-4]
Eschenbachs Stand
Wolfram von Eschenbach wird bis in die neueste Forschung als Ritter bezeichnet. Dies passiert vor allem, weil er in der Liederhandschrift Heidelbergs als Ritter abgebildet ist und auch von Zeitzeugen als Ritter und hêrre bezeichnet wurde. Wolfram selbst bezeichnet sich selbst auch des öfteren als Ritter im Parzival. Er gibt seine „ritterlîchiu sicherheit“ (Parzival, 15,12)[1] und spricht von seiner Schwertweihe. Er weigert sich sich primär als Dichter zu bezeichnen, weil er Frauen mit seiner Muskelkraft und Männlichkeit erobern will und nicht durch seine Dichtung.
Ob Eschenbach ein Ministerialer war, lässt sich nicht nachweisen. Auch lässt sich nicht sagen, ob er ein Vorfahr der Eschenbacher Adelsfamilie war. Es lässt sich allerdings aus seinen Werken schließen, dass er kein Unfreier war, da er des öfteren in seinen Werken schwört, was ein Unfreier nicht kann. Es wird vermutet, dass Eschenbach seinen Ritter- oder seinen Freiherrnstand erst nachträglich erhielt.[Bumke 2004: S. 4-5]
Bildung
Eschenbach bezeichnet sich selbst als ungebildeter Analphabet. Im Parzival schreibt er: ine kan decheinen buochstap. Dâ nement genuoge ir urhap: disiu âventiure vert âne der buoche stiure (Parzival, 115,27-30). Allerdings muss man diese Aussage mit der Sicht des Mittelalters untersuchen. Gebildet war man damals nur wenn man eine Schule besucht und die Fächer des Trivium studiert hat. Allerdings hatten auch Laien am Hof und adlige Frauen Schrift- und Sprachkenntnisse wie sie Gebildete hatten. Es lässt sich vermuten, dass auch Eschenbach zu dieser Sparte gehörte. Ein Gebildeter wie Hartman von Aue oder Gottfried von Straßburg war er aber sicher nicht. Dennoch achtete er streng darauf nie die Formel „ich las“ zu verwenden. In jedem seiner Werke hört er ständig von dem was er schreibt.
[Bumke 2004: S. 6]
Eschenbach besaß viele Kenntnisse der Medizin, der Kosmologie, der Astronomie, der Naturkunde und der Geographie. Viele Namen, Orte und Gegenstände lassen sich auf zeitgenössische Quellen zurückführen, mit denen Eschenbach wahrscheinlich gearbeitet haben könnte.[Bumke 2004: S. 7]
Eschenbach über andere Autoren
In seinen Werken erwähnt Eschenbach des öfteren andere bekannte Autoren seiner Zeit. Im „Willehalm“ wird Heinrich von Veldeke von ihm als „mîn meister“ (Willehalm, 76,14)[2] bezeichnet. Er beklagt im „Parzival" Veldekes Tod und lobt des öfteren dessen Werke.[Bumke 2004: S. 10]
Hartmann von Aue ist für Eschenbach der Begründer der deutschen Artusepik. Im Parzival wendet er sich an einer Stelle direkt an Hartmann von Aue und bittet ihn, dass die Figuren Ginvoer und König Artus ihn nicht verspotten: mîn hêr hartman von Ouwe, frou Ginover iwer frouwe und iwer hêrre der künc Artûs, den kumt ein mîn gast ze hûs, bitet hüeten sîn vor spotte (Parzival, 143,21-25).[Bumke 2004: S. 10]
Gottfried von Straßburg wird nie in einem Werk von Eschenbach erwähnt.
[Bumke 2004: S.11]
Auch Walther von der Vogelweide wurde mehrfach im Parzival und im Willehalm erwähnt. Eschenbach teilte die Kritik Vogelweides an der Hofhaltung des Landgrafen Hermann von Thüringen. Im Willehalm wird Vogelweide von Eschenbach als „wehleidiger ausgehungerter Minnesänger“ verspottet. Auf jeden Fall war Vogelweide zu dieser Zeit sehr bekannt, was ihn für Eschenbach wohl würdig machte in seinen Werken aufgenommen zu werden.[Bumke 2004: S.11]
Seine Gönner
Einer der größten Gönner für Eschenbach war der Landgraf Hermann von Thüringen. Sein Hof war ein Zentrum für höfische Dichtung. Der Landgraf erzählte Eschenbach anscheinend die französische Vorlage von Willehalm, was ihm eine Erwähnung im Prolog einbrachte: lantgrâve von düringen Herman tet mir diz maere von im bekant(Willehalm,3,8-9). Auch im Parzival wurde er namentlich erwähnt. Allerdings beklagt der Erzähler dort, den Zustand des Hofes: von Düringen fürste Herman, etslîch dîn ingesinde ich maz, dazûzgesinde hieze baz. Dir waere och eines Keien nôt, sît wâriu milte dir bebôt sô manecvalten anehanc, etswâ smaehlîch gedranc ut etswâ(Parzival, 297,16-23). Die häufigen Erwähnung Hermanns von Thüringen lassen Vermuten, dass er zu den Auftraggebern Eschenbachs zählte.[Bumke 2004: S. 13-15]
Ein weiterer Gönnerkreis befand sich im fränkisch-bayerischen Gebiet. Zu diesem Gebiet zählen mehrere Personen, wie der Graf von Wertheim[Bumke 2004: S. 15]], die Markgräfiin von Haidstein[Bumke 2004: S. 17] und Heinrich von Rîspach[Bumke 2004: S. 18]. Außerdem erwähnte Eschenbach noch eine anonyme Frau, die laufend als „ein wîp“ bezeichnet wurde. Inwiefern es sich hier um eine reale Person, zu deren Ehren er den Parzival schrieb handelt ist fraglich. Die Frau kann auch nur eine Erfindung Eschenbachs ohne reales Vorbild sein sein.[Bumke 2004: S.18-19]
Wirkung
Wolfram von Eschenbach wurde bereits zu Lebzeiten als einer der größten Dichter bezeichnet.[Bumke 2004: S. 29] Nur wenige Dichter hatten soviel Einfluss auf kommende Jahrhunderte wie er. Die Epiker des 13./14. Jahrhunderts teilten sich in die Wolfram- und in die Hartmann-Gottfried-Schule ein. Von diesen Dichtern profitierten ihre Nachfolger. Wolframs Werke beeinflussten nicht nur den höfischen Roman, sondern reichten auch in andere Sparten wie Heldenepik, Geschichtsdichtung und Reimchronik. Seine Werke wurden jahrhundertelang kopiert und die unfertigen Epen wurden weitergeschrieben. Im Laufe des Mittelalters wurde auch Eschenbach zur literarischen Figur und bekam Auftritte im „Fürstenlob“ und im „Rätselspiel“.[Bumke 2004: 30-31]
Werke
Von Eschenbach sind uns heute noch neun Lieder und drei Epen erhalten.
Bei den Liedern handelt es sich vorwiegend um höfische Tagelieder, der Rest sind Minnelieder.
Die erhaltenen Epen sind „Parzival“, das in Fragmenten erhaltene „Titurel“ und der unvollendete „Willehalm“[Bumke 2004: S. 19]
Fußnoten
- ↑ Alle Versangaben beziehen sich auf die Ausgabe: Wolfram von Eschenbach: Parzival. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/New York 2003.
- ↑ zitiert nach Bumke 2004, S. 10.
Literaturverzeichnis
<HarvardReferences/>
[*Bumke 2004] Bumke, Joachim: Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., Stuttgart/Weimar 2004 (Sammlung Metzler 36).